Jedenfalls war Liebenzell eine der sieben Burgen, die Rudolf von Habsburg im Nagoldtale zerstörte. Ob sie im Bauernkrieg nochmals zerstört wurde oder fpäter von selbst verfiel, ist ungewiß. Jedenfalls war sie ums Jahr 1600 bereits eine Ruine. Im Jahr 1841 wurde eine Treppe eingebaut. Die Sage weiß von einem großen Schatz zu melden, der von dem Geiste des Riefen Erkinger bewacht tief unter dem Schutt der Ruine verborgen sein soll. Doch bedarf es keiner Erlösung des gebannten Geistes mehr. Der Schatz hat sich von selbst den Menschen dar- gcboten. Freilich sind es keine alten Dukaten, es sind die warmen Quellen (Kochsalzthermen) von Liebenzell, die schon viele vom Banne der Krankheit erlösten. Die Quellen treten aus einem Granitfelsen zutage. Man nimmt an, daß dieser mit den Granitmaffen Wildbads und Baden-Badens zusammenhängt; es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß der Volksmund Recht hat mit seinem Sprüchlein: „Baden, Wildbad und Zell fließen alle aus einer Quell". Die Wärme des Wassers nimmt von Westen nach Osten ab; in Baden-Baden ist es heiß (70° C), in Wildbad warm (40°), in Liebenzell nur noch lau (25 — 27°). Den Liebenzeller Quellen wird guter Heilerfolg bei Rheumatismus und Gicht sowie bei zarten, nervösen und blutarmen Personen nachgerühmt. Auch bei Magen-, Darm- und Halsleiden haben sie sich bewährt. Besonders werden die Bäder (in Kleinwildbad, eine Viertelstunde oberhalb Liebenzells, im oberen und im unteren Bad) von leidenden Frauen gebraucht. 1922 wurde in den Kuranlagen ein Kursaal, 1925 eine Trinkhalle erstellt, wohin vom unteren Bad Thermalwasscr zu Trinkkuren geleitet wird.
Wahrscheinlich veranlaßten die Heilquellen die Gründung des OrtS. Ausgangspunkt der Besiedlung war wohl die Niederlassung einiger Nonnen, die ihren Besitz nach der seligen Lioba benannten. Der Name des Klösterleins „Lioba Zelle" ging dann später auf den infolge seiner günstigen Lage gegründeten Ort über. Lioba, eine Freundin und Landsmännin des großen Heidenbekehrers Brn'fatiuS, war Äbtissin des Klosters Tauberbischofsheim. Sie starb 779 und wurde neben Bonifatius in Fulda begraben. Liebenzell wurde aber wahrscheinlich erst nach dem Jahre 1100 gegründet. Durch Kauf und Tausch kam die Stadt 160^ mit den Amtsorten Dennjächt, Ernstmühl, Monakam, Unterhaugstett und Unterreichenbach sowie neun andern, jetzt im Oberamt Neuenbürg gelegenen Ortschaften an Württemberg. Die kleine, wenig fruchtbare Markung vermag die Bevölkerung nicht zu ernähren. Deshalb leben die meisten Bewohner vom Gewerbe und Fremdenverkehr, der feine Ursache nicht nur in der reizenden Lage der Stadt und ihrer nächsten Umgebung (Längenbach-, Kollbach- und Monbachtal), sondern vor allem in den Heilquellen hat. Von 1500— 1750 war Liebenzell Modebad; Gelehrte und Fürstlichkeiten aus Frankreich, Schweden, Österreich, Holland und der Schweiz fanden sich hier zusammen. Im Jahr 1719 ließ der württembergische Erbprinz Ludwig Friedrich eine Lindenallee anlegen, die zur Hälfte erhalten, heute noch eine Zierde des Kurparks ist. Auch ein Kurhaus wurde 1727 errichtet. In Liebenzell wurden zwei fürstliche Verlobungen gefeiert, die des Markgrafen Ernst von Baden und die des Herzogs Eberhard III. von Württemberg mit seiner zweiten Gemahlin im Jahr 1665. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Iagdfest veranstaltet. Ein großes Aufgebot von Treibern jagte Hirsche die Bergabhänge herab in den Hof