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so erscheinen die tief unten liegenden, von schmucken Gärten umgebenen sauberen Häuser um die Kirche geschart wie die Küchlein um die Henne. In der Mitte der Häusergruppe glänzt der stattliche, vom Längenbach gespeiste Forellensee. Weiter unten im Nagoldtal füllen Neubauten die Lücken zwischen den altersgrauen Häusern und veranschaulichen deutlich das rasche Wachsen und Emporblühen des Städt­chens. Am unteren und oberen Ende des Orts gewahren wir je ein großes, schloß- ähnliches Gebäude, das obere und das untere Bad, jenseits der Nagold den Bahn­hof und viele einladende Landhäuser. Weiterhin schweift das Auge über saftige Matten, dunkle Wälder und tiefe Taleinschnitte.

Ruine Liebenzell im 18. Jahrhundert.

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Die Burgruine darf wohl zu den schönsten in Württemberg gezählt werden. Bemerkenswert ist vor allem der stattliche, 34 in hohe Turm und der 23- m dicke, aus mächtigen Buckelquadern erbaute Mantel oder die Schildmauer. Beide dienten zur Abwehr von Angriffen auf der sonst leicht zugänglichen Bergseite; den­selben Zweck hatte auch der hinter der Schildmauer liegende tiefe Burggraben. An der dem Orte zugekehrten, durch Steilhänge geschützten Seite lagen die Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Wer die Erbauer der Burg waren, ist urkundlich nicht erwiesen, vielleicht die Grafen von Calw oder auch die Grafen Eberftein, die eine Zeitlang im Besitz der Burg waren. Nachdem die Burg kurze Zeit von Dcutsch- herrnordensrittern besetzt war, kam sie 1283 an den Markgrafen von Baden. Die jeweiligen Besitzer hatten Ritter damit belehnt, die auf der Burg hausten. Zur Zeit des Faustrechts trieben sie Raubritterei und gaben dadurch Veranlassung zu der Sage vom Riesen Erkinger, der hier (wie noch an andern Orten Württembergs, z, B. auf Burg Reußenstein im Neidlinger Tal) fein Unwesen getrieben babe» soll.