zu sehen. Aus dem Rückweg mußte man in der Nähe der Schiffsbrücke bei Kehl durch einen langen, mit Chlor geräucherten Gang gehen. Dies geschah, um die Verschleppung der Rinderpest zu verhüten, die damals im Elsaß wütete.
Aus der Zeit der Belagerung von Paris stammt folgender Soldatenbrief:
„Noisy le Grand, den 6. November 1870. Das Paket vom wohllöblichen Sanitäteverein mit einem Flanellhemd, ein Paar Unterhosen, ein Paar Socken und 25 Cigarren habe ich auf der Feldwach in Brie sur Marne erhalten, wofür ich herzlich danke, da man solche Artikel zur lehrgen Zeit wohl brauchen kann, weil die Nächte kühl sind und oft anhaltendes Regenwetter ist. Das Vaterland weiß seine Soldaten im Feld zu ehren, die Soldaten tun ihre Schuldigkeit auch fürs deutsche Vaterland. Bei Wind und Wetter werden sie nicht verzagen, die Pariser werden ihnen die Zeit nicht zu lang machen. Trotz Mitraiüeusen und Granaten muß Paris unser sein, und Deutschland soll leben, größer und stärker denn jemals. Nochmals herzlichen Dank, aus Wiedersehen hier oder dort! Soldat Holzinger aus Teinach."
An dem fürchterlichen Ringen um Champigny waren auch Calwer beteiligt; die Verlustliste berichtet von 18 Toten und 59 Verwundeten aus unserem Bezirk, darunter war auch der tapfere Holzinger. Tambour Kuraß aus Calw hat sich dabei besonders rühmlich ausgezeichnet. Ein Landsmann schreibt darüber: „Tambour Kuraß erhielt ein eisernes Kreuz. Er ist im Gefecht vom 2. Dezember mit seiner Kompagnie vormarschiert; einem Soldaten, der sehr Angst hatte, übergab er seine Trommel und nahm dessen Gewehr. Ehe er sich aber dessen versah, war seine Kompagnie linke marschiert, und dazwischen drangen schon die Franzosen durch, er aber war gleich besonnen und ging mit unserem Jägerbataillon vor, denn zurück konnte er nicht mehr. Er hatte von dem Soldaten bloß vier Patronen bekommen; als er die verschossen hatte, machte er mit den Jägern einen Bajonettangriff, der ihn aber ganz leicht das Leben hätte kosten können; denn es waren ihrer sechs Mann gegen 24 Franzosen." Eiserne Kreuze erhielten noch: Gottlieb Gacken- hcimcr, Theodor Pfeiffer, Regimentsarzt I)r. Epting von Calw, I. M. Graze von Möttlingen, Hauptmann v. Acker-Calw. Mit der Militarverdicnstmedaille wurden ausgezeichnet: Georg A. Roller von Stammheim, Job. Ulr. Paulus von Deckenpfronn, Ferd. Gehring von Gechingen, Christian Daucher von Möttlingen, Eduard Maier von Hirsau, Karl Andr. Ruof von Teinach. Nach dem Fall von Paris mußte Frankreich endlich Frieden schließen. Im ganzen Reich und auch im Calwer Oberamt wurden FricdenSfeiern veranstaltet, die der überschwenglichen Freude Ausdruck gaben. Fast überall wurden Friedenslinden gesetzt, um auch noch späteren Geschlechtern ein lebendiges Andenken an die große Zeit zu bewahren.
Am 25. Juni 1571 erhielten Calw und die Umgegend Einquartierung von den aus dem Kriege zurückkebrenden Truppen. Um die ruhmreichen Verteidiger des Vaterlandes würdig zu empfangen, wurden die Häuser mit Tannen und Guir- landen geschmückt. Bei der am Eingänge der Stadt errichteten Ehrenpforte hatten sich die bürgerlichen Kollegien aufgestellt: auf beiden Seiten der Straße drängte sich eine ungeheure Menschenmenge. Endlich - es war schon Mittag — rückte ein Bataillon mit klingendem Spiel, unter Böllerschüssen und Glockenläuten m