25. Zühnekreuze.
Du einsam Kreuz am wegcsranv, was magst du wohl bedeuten?
Ziel jemand hier durch Mörderhand vor längst vergangenen Zeiten?
Kat Reue oder Sühne dich errichtet fern hier oben?
Du stimmst so ernst, so feierlich, geheimnisvoll umwobcn.
F. ralwer, Kirchhcim u. T.
An Wegen, Waldsämnen und Hügeln treffen wir hie und da moosbedeckte, oft halb eingesunkene und zurückgeneigte Steine in Kreuzform. Sie werden mit allerlei Namen bezeichnet: Schweden-, Franzosen- und Pestkreuze. An diese stummen Zeugen der Vergangenheit knüpfen sich allerlei Sagen und Erinnerungen. Aber meist verstehen wir die Formen und eingehauenen Zeichen dieser alten Male nicht mehr zu deuten, obwohl sie früher etwas so allgemeines und Bekanntes waren, daß sie meist keinerlei Inschrift, keinerlei Erklärung und urkundliche Beglaubigung brauchten. Meist waren es Sühnekreuze, welche Mörder an der dem Tatort nächsten Weg- fcheide setzen lasten mußten. Oft sind sie auch Denkzeichcn an der Stätte eines Un- glücksfalls. Als eigentliche Grabstätte haben sie wohl nie gedient. Sie gehen teilweise bis ins IZ. Jahrhundert zurück; die letzten stammen aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts. Bis zum Jahr 15Z0 mußten die Mörder im Altwürttembergischen ZO Seelenmeffen für den Ermordeten lesen lasten und diesem ein Stemkreuz, vornehmen Leuten ein Bildstöcklein oder gar eine Kapelle errichten. Kreuze aus späterer Zeit sind keine Sühnekreuze mehr, sondern Male zur Erinnerung an Unglücksfälle. Die älteren Kreuze sollten die an ihnen Vorübergehenden veranlassen, für des Getöteten Seligkeit ein Gebet zu sprechen. Auch haben wir hier wahrscheinlich den letzten Rest eines uralten Glaubens vor uns, nach welchem der gewaltsam um das Leben Gekommene den Hinterbliebenen schaden könne, wenn er sein Recht nicht bekomme und nicht gerächt worden sei.
Die Zeichen deuten den Beruf oder das Geschlecht des Getöteten an. Eine altdeutsche Pflugschar z. B. sagt uns, daß es sich um einen Bauern handelt (auch auf den ältesten Grabsteinen in Kentheim zu sehen), eine Kunkel ist das Kennzeichen des weiblichen Geschlechts, daher die Benennung „Kreuz der Spinnerin" bei Zavelstein. Die Maße der Kreuze sind fast immer dieselben.
Im Bezirk Calw finden sich heute noch zahlreiche solche Kreuze. Am Weg von Ostelsheim nach Gechingen steht gleich hinter dem Dorf an der Abzweigung nach Stammheim eine Gruppe von Z Kreuzen, ein viertes lugt halb versteckt aus den Dornhecken im Sohlengrund hervor. Durch den Bau eines Hauses zwischen dem Gasthof zum Adler und dem Bahnhof Ostelsheim wurde ein Sühnekreuz entfernt und in die Rückwand der Scheune eingemauert. Alle 5 Kreuze haben als Kennzeichen eine Pflugschar. Ein ähnliches Kreuz steht bei der Turnhalle von Otten- bronn am Wege nach Neuhengstett. — An der Straße von Stammheim nach Calw treffen wir in der Nähe des Orts 2 Kreuze. Eines davon ist etwas schlanker als die gewöhnlichen Wcgkreuze; ein eingehauenes Wappen mit einem Rabenkopf läßt vermuten, daß hier ein Ritter fiel. — Wo der Feldweg von Stammheim nach Calw