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lose und kranke Taglöhner, ihre Kinder zum Betteln anzuhaltc», und aus jungen Bettlern und abgedienten Soldaten wurden später meist Betrüger, Diebe und Räuber, kurzweg Jauner (Gauner) genannt. Die Schwarzwälder Bauern ließen sie ungehindert gewähren, aus Furcht, sie möchten ihnen das Haus anzünden, falls man sie verraten würde. Deshalb bekam das fahrende Volk auf den entlegenen Dörfern sogar Unterschlupf, Speise und Branntwein; sür einkehrende Landstreicher war ein besonderes Eßgeschirr bereitgestellt.
Die Stelle des heutigen Landjägers nahm früher der B e t t e l v o g t ein. dem zur Zeit der Kirchweihe zur Abtreibung der Kuchenbcttler (besonders der Wiid- berger) noch einige Männer zur Unterstützung beigegeben wurden. Da die Bettrl- vöate nicht viel auSrichtelen, wurden von Zeit zu Zeit Generalftreifen gegen „Bettler, Jauner und Vaganten" unternommen, die nach Art einer Treibjagd vor sich gingen. Die Pässe, Straßen und Brücken wurden von je 6 Mann besetzt. D'e Bürgerschaft verteilte sich in 4 Gruppen, die nach den Anweisungen eines Obmanns (Wachtmeister und Forstknechte) vorgingen. Sie sollten nicht aus der Straße bleiben, sondern sich auf Felder und Wälder verteilen, Mühlen und Einöden fleißig durchsuchen, und waren angewiesen, besonders auf die großen Tannen zu sehen, „wohin sich das Gesindel reteriere (verstecke)."
Der schlimmste Jauner zu Herzog Karls Zeilen war der im Jahr 1787 in Sulz a. N. Hingerichtete Zigeuner Hannikel. Es wurde ihm nachgewiejen, daß er bei seinen Diebsfahrten und Raubzügen Geld und Waren im Betrag von 41 614 Gulden erbeutet batte. Er suchte auch unsre Gegend heim und verübte Einbrüche in Neuweiler, Aichhalden, Einberg und Calw. Aus der Walkerei der Calwcr Zeughandlungskompagnie stahl er mit seinen Spießgesellen zu deren Bekleidung einen großen Ballen Tuch.
König Friedrich führte die L a n d r e < t e r , die Vorläufer der Landjäger, ein. Sie standen unter einem Gendarmerieleutnant in Calw und wurden in Land- süseliere und Landdraqoner eingeteilt. Sie hatten nicht nur die Aufgabe der Bettcl- vögte, sondern waren vor allem auch Steuer- und Grenzzollaufseher, die darüber wachen mußten, daß nichts Unverzolltes vom „Ausland" (Baden) hereinkam. In Monakam und Unterreichenbach waren Zollstationen, wo „beim Eintritt ins Reich" von allen Waren eine Abgabe zu bezahlen war. Weil die Landreiter die Hälfte des Strafgeldes erhielten, so waren sie sehr scharf und im Volk als Schindcrsknechte verhaßt. Im Jahr 1808 holte eine Frau von Unterreichenbach 3 Pfund Tabak und 7 Pfund Hanf in Pforzheim, ohne die Waren an der Grcnzzollstation zu verzollen; sie wurden ihr abgenommen („konfisziert"), und außerdem hatte sie für jedes vom „Ausland" bezogene Pfund Tabak 5 Gulden Strafe zu bezahlen, denn Pforzheim galt bis zur Errichtung des deutschen Zollvereins, durch den endlich diese Zollschranken fielen, als Ausland! Ein Mann von Neuhausen im Badischen, der in Unterlengenhardt eine Kub gekauft und nicht verzollt hatte, wurde bei Monakam erwischt, die Kuh samt Kalb „für gnädigste Herrschaft" (d. h. den Staat) konfisziert, versteigert und um 32 Gulden verkauft, wovon der Landreiter 16 erhielt.
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