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1740, zu Beginn des österreichischen Erbfolgekriegs, zogen die Franzosen durch unfern Bezirk nach Bayern, um mit den Bayern gegen Österreich zu kämpfen (auch Friedrich d. Gr. hatte sich mit ihnen gegen Österreich verbündet). Ins Lager nach Ditzingen und Untertürkheim mußte ihnen Heu und Stroh geliefert werden, das sie jedoch bezahlten. 1744 erging der Befehl, einer französischen Armee bei Rastatt Haber, Heu und Stroh zu liefern. Es gelang Calw, die Lieferung auf mehrere Ämter zu verteilen. Doch mußten noch 624 Scheffel Haber, 2244 Zentner Heu und 58^/2 Klafter Holz geliefert werden, ein Drittel davon vom Ämtlein Zavelstcin; beide Ämter mußten 8222 Gulden umlegen. 1745 zogen wieder Franzosen durch das Calwer Amt, und es mußte ihnen Proviant ins Lager nach Dätzingen und Darmsheim geliefert werden. Der französische Marschkommistär wohnte in Liebenzell und bezahlte Ouartier- und Vorspannkosten (12 Kreuzer für das Nachtquartier.). Auch die Kaiserlichen kamen in den Bezirk; in Decken- pfronn lag ein „kaiserlich-portugallisches Kmassierregimcnl", das nach Böhmen zog.
21. Die Lalwer Hanäelsunternehmungen.
1. Geschichte des Calwer Zeughandcls.
(Nach Nrtur Schott in <lem Sammelwerk „Herzog Karl Lugen unä seine Zeit".)
Die Lage der Stadt gestattet nur einen beschränkten Ackerbau. Schon frühe waren deshalb die Bewohner aus Handel und Gewerbe angewiesen. Zur Zeit der Reformation waren unter den Calwer Handwerkern besonders die Weber, die Tuch- und Zeugmacher vertreten. Ein Bericht vom Jahr 1625 sagt, die Stadt sei viel mehr denn halb mir Webern besetzt, man spinne, webe und färbe daher so schön als irgend sonst wo. Ihre Zahl nahm rasch zu. Im Jahre 1654 beschäftigten sich bereits ^/g aller Handwerker, insgesamt gegen 422 Personen, mit der Herstellung von Zeugen. In einem Jahr wurden gegen 72 222 Stücke zu je 12 Ellen verfertigt. Es waren glatte, wenig gewalkte Stoffe aus Schafwolle, ähnlich unfern zur Zeit fabrizierten Damentuchen, die im 16.— 18. Jahrhundert auch zu Herrenkleidern verwendet wurden. Die in Württemberg erzeugte Wolle hätte nur für ein Vierteljahr den Bedarf gedeckt, die übrige mußte eingeführt werden, ebenso die Farbmittel. Die ländlichen Kleinmeistcr, die sich in den Schwarzwaldtälern mit Zeugweberei befaßten, lieferten ihre Zeuge nach Calw zum Färben. Die Färber trieben dann hauptsächlich den Zeughandel, der ihnen so hohen Gewinn abwars, daß Calw stets zu den reichsten Städten Württembergs zählte. Von einem Tuchmacher namens Hans Schauder wird erzählt, daß er es mit 122 entlehnten Gulden zu einem Vermögen von 24 222 Gulden gebracht habe. Doch wurde ihm sein Reichtum zum Verhängnis: von beutegierigen Soldaten wurde er am Schreckenstag des 22. September 1654 lebendig geröstet. Der rührige Johann Valentin Andrcä konnte in der Stadt am Anfang des Dreißigjährigen Krieges gegen 122 222 Gulden für notleidende Glaubensgenossen sammeln, ein Beweis, wie wohlhabend die Stadt war. Auck das Färberstist vom Jahr 1621, eine von Färbermeistern zusammengebrachte Stiftung zu Kirchen- unk Schulzwecken, zeugt hievon. Die er-