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bühren" zu erinnern. Wir können diese heute noch Nachlesen, da sic die Regie­rung drucken ließ. Auch wurden einige Bußtage angeordnel. Durch Belehrung und Predigt legte sich nach und nach die Erbitterung des Volks und die nächt­liche Beunruhigung der Kinder.

18. Oie Raubkriege Luäwigs XIV. unä äie zweite Zer­störung Calws 1692.

Durch die Raubkriege Ludwigs XIV. wurde auch unsre Gegend schwer heimgesucht. 1688 wurden von Stadt und Amt Liebenzell unter Bedrohung )(XD Gulden erpreßt. Viel schlimmer aber war das Schicksal Calws in den folgenden Jahren.

Kaum batte sich die Stadt Calw durch den großartigen Aufschwung ihres Gewerbes und Handels von den Drangsalen des ZOjährigen Krieges erholt, so wurde sic von einer abermaligen Zerstörung heimgesucht. Im Jahre 1692 rückten die Heere Ludwigs XIV. über den Rhein und bedrohten das schon 4 Jahre früher von den Franzosen gebrandschayte Herzogtum Württemberg zum zweiten- male. Der Vormund des minderjährigen Herzogs Eberhard Ludwig, Herzog Friedrich Karl, machte einen vergeblichen Versuch, die Feinde abzuwebren. Er­würbe am 17. September bei dem unweit Pforzheim gelegenen Dorfe Drisheim geschlagen und gefangen. Nun fielen die feindlichen Horden ungehindert in das wehrlose Land ein. Schon am Tage nach dem unglücklichen Treffen wurde das schöne Kloster Hirsau in Brand gesteckt und fiel samt dem prächtigen Jagdschloß in Trümmer. Auch Calw sollte dasselbe Schicksal erleiden.

Es war der 19. September, ein finsterer, dunkler Tag! Von Ötisheim rückte französisches Kriegsvolk, erst in geringer Zahl, bald in immer stärkeren Haufen heran. Jetzt war guter Rat teuer.Fort!" hieß es,der Franzos kommt!" Die Sturmglocken heulten, alles rannte wirr durcheinander, und vor Schrecken wußte keines, was es tun wollte. Ein reicher, angesehener Mann trug mit ängstlicher Sorgfalt seine Katze unter dem Arm in der Meinung, es sei seine Geldschatulle. Schließlich suchte die ganze Bevölkerung ihr Heil in der Flucht auf den Calwer Wald und ins Gäu. Eine Frau schildert, wie sie bei Nacht mit ihren Kindernin das bittre Elend geflohen" undwie eS auf allen Bergen mit Leuten geloffen, als wenn eine Herde Schafe getrieben worden," daß dieEltern ibre Kinder verloren und , kems ums andre gewußt habe. Still war s in der Stadt, als die Feinde erschie­nen, kein Mensch, kein Tier in den Gasten zu sehen. Die meisten Einwohner hatten die Stadt mit Hinterlassung ihrer Habe schon am 17. September verlassen, um nicht das Schicksal ihrer Voreltern von 16Z4 zu erleiden. Helle Lohe flammte auf über den Giebeln und Dächern, während die Feindemit Poltern und Schlagen, mit Sacken und Packen, mit Fortschlcppcn des Raubes" in den Straßen der Stadt Hausen und toben, ja sogar aufgegriffene Bürger gezwungen werden, selbst Feuer anzulegen. Ein Augenzeuge berichtet über die Zerstörung seiner Vaterstadt:De» 17. September sind wir das erstemal von den Franzosen in die Schrecken gejagt