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ganz zerstört worden zu sein. Vom Vogt des Herrenalbcr Klosteramtö Merklingen erfahren wir: „Hüngstett (Althengstctt) hat bei vorigen Friedenszeiten gehabt 12? Bürger, jetzt noch 44, mangeln also 79. An Veloungen liegen noch wüst 471 Morgen. So sein an Gebäuden allda bei Nachtquartieren und Durchzügen abgebrochen worden 15 Häuser und 25 Scheunen, so auch in Anschlag gebracht 4256 fl. Gächingen allda sind bei voriger Friedcnszeit 142 Burger gewesen, nun aber nit mehr als 4ö, mangeln 97, liegen noch wüst 612 Morgen, item sehen an Gebäuden verbrännd und abgebrochen worden als Häuser 26 und 12 Scheun, die sind in dem steuerbaren Anschlag gelegen vmb (um) 45Z2 fl., an übrigen Gebäuden 862 fl." In Simmozbeim fehlten von 125 Bürgern 95, und 692 Morgen lagen „wüst", darunter 14 Morgen „Wüsen, so mit Forchen überwachsen". Nicht in Zahlen ausdrücken läßt sich der geistige und sittliche Schaden, Len das Volk erlitt. Pfarreien und Schulstellen waren oft lange unbesetzt oder wurden notdürftig von Stellvertretern versehen. Dachtel hatte 1642 bis 1652 keinen ständigen Pfarrer mehr; der Pfarrer von Ostelsheim mußte in ? Nachbarortschasten ausbelse». Noch 1654 konnte in Möttlingen, Haugsteti, Kollwangen und Breitenberg keine Schule gehalten werden; die Unterreichenbacher Kinoer gingen nach Liebenzell. Selbst die Amtsstadt Calw batte nur einen Schulmeister: Jörg Widmann, ein Schneider, unterrichtete I I? Knaben und 66 Mädchen. Es bedurfte der Arbeit von Jahrhunderten, bis der alte Wohlstand wieder erlangt und diejenige Stufe der Sittlichkeit und Kultur wieder erreicht wurde, auf der unser Volk vor Ausbruch des Krieges stand.
Das schrecklichste Iabr des großen Krieges war wie für Württemberg überhaupt so auch für Stadt und Bezirk Calw das Jahr 1654; davon handelt der folgende Abschnitt.
16. vre Zchreckenslage äes Jahres 1634.
Vierzehn Tage nach dem Sieg der Kaiserlichen bei Nördlingcn waren diese >im Besitze Stuttgarts. Der Kommandant der württembergsschen Truppen sollte mit Kostbarkeiten beladene Wagen und 5 Kanonen nach Ettlingen geleiten, woselbst ein Teil des schwedischen Heeres lag. Er nahm seinen Weg über Calw. Kaum batte er dieses verlassen, so kam der ihn verfolgende bayerische Reiter- general Johann von Werth vor das Ziegeltor.
Es war am Vorabend des Herbstanfanges. Öfter als sonst hatte es heute die Meister der Stadt Calw von ihrer Werkstatt fortgetricben; da und dort bildeten sich erregte Gruppen um einen Wollarbeiter, der von seinem entlegenen Dörfchen fertige Waren im Städtchen ablieferte und allerband von flüchtenden Württembergern zu erzählen wußte. Aber noch hegte man in Calw keinen Argwohn und dielt auch die aus Stuttgart überkommenen Berichte über unerhörte Greueltaten, vor allem an den Geistlichen, für übertrieben, und der Tag neigte sich zu Ende, ohne daß eine bestimmte, klare Auskunft über die verschiedenen ^zirkulierenden Gerüchte zu erhalten gewesen wäre. Doch noch batten die Gerber