Das Grab ist meiner Ellern, ist meiner Mutter Grab."

Und Helle Tränen hüpften die Wangen ihr herab.

»Wie kann sichs besser fügen?" versetzt der arge Vogl,

»Gehst du nicht um mit Lügen, wie ihr mich öfter belogt,

So wächst dir aus dem Grabe das Glück durch deinen Meist." »Nur Nesseln sch ich wachsen und blühen rot und weiß." - »Schon recht, aus diesen Nesseln, wenn du es recht beginnst,

Läßt sich ein Faden drehen, ein wundersames Gespinst.

Doch Tränen müssen rinnen, daß du den Faden tränkst,

Die wirst du wohl gewinnen, wenn du der Ellern denkst.

Dann web' aus diesen weißen das Totenhemd für mich.

Und aus den roten magst du das Brauthcmd weben für dich.

Bist du erst Frau, das Spinnen ist dann auf einmal aus,

Dann kommen andere Sorgen für Tisch und Bett und Haus.

Drum sollst du mir erst weben die beiden Hemden fein/

Eh' ich die fertig sehe, geb ich den Willen nicht drein."

So ging er fort hohnlachend von der bestürzten Maid,

Sie fand sich kaum die Stufen herab im Herzeleid.

Da kam sie zu dem Grabe, an Hoffnung ganz verarmt,

Sic warf sich hin mit Schluchzen, es hält' ein Stein sich erbarmt.

Und als die Sterne blinkten vom tiefen Himmelsdom,

Noch lag sie auf den Knien, noch floß der Tränen Strom,

Da fühlt sie sich die Stirne berührt von sanfter Hand:

Das war das Nockenweibchen, das freundlich neben ibr stand.

»Geh heim, du arme Dirne, geh und vertraue mir!

Dir soll geholfen werden: die Hemden spinn ich dir."

Da rauste sie die Nesseln und fügte Haus zu Haus,

Dann lief sie schnellen Schrittes den Nockenselsen hinaus.

Nun sah man alle Morgen dort überm Bett der Murg Das Nockenweibchen sitzen vor ihrer Felscnburg,- Sie liest das Nädchen schwirren und sang ein Zaubcrlied,- Es wähnt der Bogt zu irren, als er die Spinnende sieht.