Durchzug des Muetesheers
In dem Dorf Baiersbronn im Murgtale liegt ein sehr alter Hof, der heißt nach einem früheren Besitzer noch immer der „Martis- bauerhos". Er soll zu dem ehemaligen Kloster Reichenbach gehört haben. Im untern Stock des Hauses befindet sich ein Gewölbe, durch welches um Weihnachten regelmäßig das Mueteshccr mit Hundegebell und gewaltigem Getöse zu ziehen pflegte. Sobald der Hausknecht es kommen hörte, mußte er nur schnell Tür und Klappe des Gewölbes öffnen, dann fuhr es sausend hindurch. Einmal aber verspätete sich der Knecht, worauf ihm fast der halbe Finger von den durchziehenden Unholden abgeschnitten wurde. Eine Stimme aus dem Muetesheer ries jedoch: er solle nur einen roten Faden um den Finger binden. Und sowie er das getan, hörte das Bluten auf, und der Finger war wieder heil.
In demselben Hause hingen aus dem Dachboden drei alte Ochsen- köpfe mit den Hörnern, wie einige glauben, zum Schutze gegen das Muetesheer.
Das Muetesheer tanzt
In Calmbach erzählte man früher: Zwei Musikanten ausZavcl- stein spielten einmal in einem benachbarten Dorfe auf der Kirchweih und begaben sich nachts noch vor 12 Uhr aus den Weg nach Hause. Da begegneten ihnen zwei Reiter/ die sagten, sic sollten doch mit ihnen gehen. Das taten sie denn auch, und bald kamen sie in ein vornehmes Wirtshaus, woselbst Herren und Damen aus goldenen Bechern tranken. Die Spielleute bekamen gleichfalls aus solchen Bechern zu trinken und mußten dann spielen, während die ganze Gesellschaft tanzte. Als die beiden endlich müde wurden, sagten sic heimlich zu einander: „Wenn wir für unser Spiel nur einen solchen Becker erhielten!" und unbemerkt schob jeder einen Becher in seine Tasche. Bald darauf über- mannte sie der Schlaf, und sie schlummerten in einer Ecke des Zimmers ein. Als sic am andern Morgen erwachten, lagen sie oben auf dem Galgen bei Weil der Stadt. Anstatt der Becher aber hatte jeder den Huf eines Kuhfußes in der Tasche. Da erkannten die Spiclleute, daß sie einer Hexenversammlung oder dem Muetesheer aufgcspielt hatten. Entsetzt zerschlugen sie ihre Geigen, und seit der Zeit haben sie nie und nimmer wieder aufspielen wollen. E. M-i-r.
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