Ein Segen ruhte auf dem Hause und seinen Bewohnern.-.,Die Anzahl der Gäste stieg dermaßen an, daß 1912 ein Anbau gemacht werden mußte. Dieses Jahr brachte aber auch für Friedrich Stanger persönliches Leid. Am 26.März starb seine Mutter, die in der Küche und sonst im Hause eine wertvolle Mithilfe geleistet hatte.(Abb. 4). -

Eine weitere Vergrößerung der "Rettungsarche", wie das Haus von "Vater Stanger" genannt wurde, brachte das Jahr 1925. Ein großer Speisesaal wurde gebaut und an Pfingsten 1926 eingeweiht. (Abb.7). Damals waren gegen 100 Gäste anwesend. Leider konnte seine Frau diesen Tag nicht mehr erleben; sie war am 11.März 1925 gestorben.

Der Entstehung der Rettungsarche hat Blumhardts Wirken zweifellos den geistigen Boden vorbereitet. Stanger ist aber durch eigenes Erleben und persönliche Krankheiten zur Heilung durch den Glauben gekommen. Unter seinen Anhängern war aber die Anknüpfung an Blum­hardt sehr werbewirksam. Stanger wies in seinen täglichen Andachten immer wieder darauf hin, wie schlecht und heruntergekommen er war und nur durch Unglück und Krankheitsnot zur Umkehr kam und Hilfe nur durch Jesus, seinen Heiland fand. In den Sprechstunden herrschte Beichte, Handauflegung (auf kranke Organe) und Gebet. Von ihm wurden alle Gäste und Angehörige des Hauses mit dem vertraulichen Du ange­redet. Die Wirkungsweise Stangers und die bekannt gewordenen Heil­erfolge führten der Rettungsarche immer mehr Gäste zu. Oft maßte der Gästewagen (Abb.7) wiederholt am Tage zum Bahnhof Althengstett fahren. Zum Morgen-Mittag- und Abendessen läutete das "Arche­glöckchen" für die Gäste, wie auch für die Einheimischen ein wohl- bekannter Klang. So ganz im stillen konnte die Tätigkeit Stangers nicht bleiben. Dafür sorgten schon die eingetretenen Heilungen.

Von ärztlicher Suite wurde eine Beaufsichtigung und Kontrolle der Heilerfolge verlangt. Stanger wehrte sich dagegen mit der Fest­stellung? "Die Arche ist kein Krankenhaus". Er hatte eine erstaun­liche Erfahrung mit Krankheitsbildern und achtete streng darauf, daß die Aufnahme Lungenleidender, oder mit anderen ansteckenden Krankheiten Behaftender unterblieb. Einigemal wurde er vor Gericht verhört; er blieb aber standhaft bei der genannten Einstellung. Anderer Art waren die Anfeindungen, die von pietistischer Seite kamen und in denen vor satanischen EinfLüseen gewarnt wurde. Allmählich widmete sich Friedrich Stanger nur noch seinen Gästen.

Für alle anderen Arbeiten standen ihm als Helfer die "Brüder" zur Seite. Um 1930 waren die "Möttlinger Brüder" in ganz Deutschland bekannt. An vielen Orten hatten sich sogar aus früheren Besuchern Freundeskreise gebildet. Ihre Verbindung mit der Rettungsarche wurde durch besuchende Brüder gepflegt und durch die periodisch erschei­nende Schrift "Der Bote aus der Rettungsarche" wach gehalten. Auf Ansichtskarten gingen Bilder von der Arche in alle Welt,

In der Nacht vom 27. auf 28.Januar erlitt der fast 75-jährige " Vater Stanger" einen Schlaganfall und war von da an gelähmt. Er ließ sich aber in einem Krankenwagen täglich zu den Andachten führen und hielt alle Tage, bis kurz vor seinem Tode seine Andachten (Abb.5).

Ein letztes, großes Ereignis durfte er noch erleben. Am 21.August 1932 wurde der neue Andachtssaal, zugleich mit neuen Zimmerfluchten eingeweiht. Nun konnten an Jahresfesten und sonstigen Ereignissen neben den Dauergästen auch Tagungsgäste Aufnahme finden. Viele der älteren Möttlinger Einwohner werden sich noch des Bildes erinnern, wie Vater Stanger, im "Chaisle" halb liegend (Abb.8), von seinem Kutscher mit einem Pferde spazieren geführt wurde, für jeden Gruß sich noch bedankend.