Nach-dem Tode ihres Mannes am 29-Augüst 1883 zog die Mutter zu dem jungen Paare. Wahrscheinlich besorgte sieden Haushalt, während die Frau Stanger in einem Wasch- und Bügelgcschäft arbeitete, um noch etwas zu verdienen, weil durch die Trunksucht ihres Mannes und die verlorenen Arbeitstage der noch zur Verfügung stehende Rest zu sehr verringert wurde. Wie notwendig hätte man gerade jetzt das Geld gebrauchen können! Seine Frau erkrankte und mußte operiert werden.

Im Februar 1889 erkrankte das 5-1/2 jährige Töchterchen Nanette ' Nina an Diphtherie und starb nach 9 Tagen. Insbesondere dieser Todesfall erschütterte den bisher so gleichgültigen Mann auf das tiefste. Er suchte nach Umgang mit besseren Menschen und ging seinen bisherigen Saufbrüdern aus dem Wege. Aber das gelang nicht immer. Schmerzhaft war für ihn, zu sehen, daß sein Bruder Gottlieb auch ein Trinker geworden war. Auf dem Wege zur Besserung gab cs Rück­schläge. Einmal kam cs zu einem Selbstmordversuch. So verzweifelt, war er, so aussichtslos erschienen ihm alle Besserungsversuche * In seiner inneren Not schloß er sich einem Kreise frommer Christen an (Altpietistische Gemeinschaft in Stuttgart). 1900 brachte eine Konferenz mit Gleichgesinnten in Möttlingcn in ihm eine nachhaltige Erinnerung an seinen Heimatort. Es wird kaum mehr jemand.in MÖtt- lingen geben, der sich an den stattlichen Mann*mit dem dunkelblonden Vollbart erinnern kann (Abb.3). 1902 trat er aus der Etuifabrik Bachmann aus und versuchte selbständig zu arbeiten. Es fehlte ihm aber an der nötigen Kenntnis der Geschäftsführung; er kam in Schuldei und mußte aufhören.Eine endgültige Sinnesänderung brachte das Jahr 1906. Stanger wurde schwer gichticidcnd. In schmerzenreichen Krank­heitstagen rang er sich duren Gebet zu einem festen Glauben an eine Besserung und Gesundung durch und überraschend trat eine Heilung ein Eine Heilung durch Gebet und Glauben, das war der künftige Lebens­inhalt Friedrich. Stangers, In diese" Gedankenkreis flochten sich mit einmal Erinnerungen an die einstige Heimat, die erst vor wenige'- Jahren neu geweckt worden waren. Immer deutlicher wurde ihm klar*

Weg vom Stadtleben mit seinen vielfältigen Ablenkungen und hin zu der ländlichen Stille in heimatlicher Umgebung, Dort allein winkt innerer Friede, Heil und Gesundung für Leib und Seele. Gleich im folgenden Jahre wurde der im Innern gereifte Plan Wirklichkeit:

Im Juli 1907 kam der "Heilkundige" Friedrich Stanger mit seiner Familie nach Möttlingen, mit 40 Mark in der Tasche, wie er später einmal äußerte. Er konnte sich in der "Ziegelhüt.te" einmieten. (Abb.2). Der Ziegeleibetrieb war kurz zuvor eingestellt worden. Das Wohnhaus hatte einen zweiten Stock erhalten, so daß schon einige Gäste aufgenommen und Versammlungen abgehalten werden konnten. Die meisten Gäste aber mußten im Dorf' einquartiert werden. Überlegungen um die Zukunft wurden überflüssig. 1900 wurde ihm die Miete gekün­digt, am 25.Dezember auf Januar des folgenden Jahres, wie es in einem Berichte heißt. Was nun? Diese bange Frage mußte beantwortet werden. Nach eingehenden Beratungen mit wohlmeinenden Freunden und opferbereiten Gästen und in der gläubigen Hoffnung auf göttliche Hilfe wurde der Plan gefaßt: Es wird ein neues Haus gebaut, das "Haus im Ährenfeld", wie es Stanger einmal im Traume vorgeschwebt hatte. Im Juni 1909 wurde mit dem Bau begonnen. Das notwendige Baumaterial war in kürzester Zeit herbeigeschafft worden. Von überall her boten sich hilfreiche Hände zur Mithilfe an. In der un­glaublich kurzen Bauzeit von 5 Monaten wurde das Haus erstellt und konnte am 14.November 1909 mit 20-30 Güsten eingeweiht werden ,Abb.6).