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86. Jahrgang.
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Amtliches.
Kgl. Hbercrmt Wcrgotö.
Bekanntmachung, betr. die Neueinteilnng der
Kaminkehrbezirke Nagold «nd Wildberg.
Gemäß dem Erlaß der K. Kreisregierung Reutlingen vom 19. November 1897 Nr. 11017 werden, nachdem Herr Kaminfeger Klingler senior verstorben ist, die Gemeinden Emmingen, Pfrondorf und Rotfelde« mit Wirkung vom 1. Juli ISIS an vom Kehrbezirk Nagold abgetrennt und dem Kehrbezirk Wildberg zugeteilt.
Bon genanntem Zeitpunkt an hat also Herr Kaminfeger Hoß von Wildberg das Kehrgeschäft in diesen Gemeinden zu versehen.
Nagold, den 17. Juni 1912. I. B.
Amtmann Mayer.
Mahnungen.
Die „France Militaire", das auch in der französischen Zivilbevölkerung mit großer Aufmerksamkeit gelesene sehr einflußreiche militärische Organ, das sich stets durch eine besondere Deutschfeindlichkeit auszeichnet, hat uns vorZurzem etwas über unsere Finanzkrast und ihr Verhältnis zur Wehrmacht gesagt, das wohl beachtet zu werden verdient. Das Aalt schreibt:
„Deutschland hat genügendes Menschenmaterial, um 35—40 aktive Armeekorps auf die Beine zu dringen. Wer da sagt, daß ihm seine Finanzen niemals erlauben würden, diese Menschenquellen auszunützen, beweist, daß er sich in seltsamer Unwissenheit befindet. Durch eine wunderliche Verirrung fährt man bei uns fort, anzunehmen, daß Deutschland arm ist. Das ist ein riesiger Irrtum. Der deutsche Gesamtreichtum ist um ein Fünftel dem Gesamtwerte des französischen Reichtums überlegen, das Kapital, auf den Kopf der Bevölkerung verrechnet, trotzdem bedeutend niedriger jenseits des Rheins wie in Frankreich, weil dort die Bevölkerung viel zahlreicher ist. Dagegen ist das Einkommen fast das gleiche, weil die Kapitalien auf Grund der industriellen Tätigkeit größer und besser angelegt, viel fruchtbringender sind, als bei uns. Und endlich: das deutsche Kapital und Einkommen vermehrt sich mit Schnelligkeit, während das französische Kapital und Einkommen fast in der Entwicklung stehenbleibt."
Dies französische Zugeständnis sollte bei uns doch sehr beachtet werden, man sollte sich bemühen, dem im ersten Sag gegebenen Fingerzeig zu folgen, um so mehr, als man in Frankreich eifrig bestrebt ist, durch umfangreiche Maßregeln, sich die Ueberlegenheit an Menschen und taktischen Einheiten zu sichern, wie der Wehrverein vor kurzem Nachweisen konnte.
Ueber die Ueberlegenheit an Zahl äußert sich aber Generalleutnant z. D. o. Zwehl in den „Jahrbüchern für die deutsche Armee und Marine" wie folgt :
Läßt sich auch nicht sagen, daß die Vorbedingung für den Angriff Ueberlegenheit an Zahl sein müßte, so ist
Mittwoch, dm 19. Juni
doch bei dem heutigen Stande der Wehrfassungen der Großmächte, bei der Gleichartigkeit der Bewaffnung, der Ausbildung und aller technischen Hilfsmittel für den Krieg auf glänzende Erfolge einer Minderheit gegen eine Mehrheit kaum zu rechnen. Mit je größerem Nachdruck das Prinzip der Vernichtung des Gegners durch Umfassung bei nachdrücklichen Angriffen aus allen anderen Teilen des Schlachtfeldes betont werden muß, um so bedeutungsvoller ist neben innerer Tüchtigkeit die Ueberlegenheit an Zahl geworden. Es ist ein ganz vergebliches Bemühen, die koliv ä«8 nombi-88 zu verspotten. Gesunde strategische Grundsätze bauen sich am sichersten auf der Ueberlegenheit an Zahl auf.
Die besitzen wir aber, wie der Kriegsminister in der Budgetkommission vor wenigen Wochen zugeben mußte, und wie der Wehrverein es in seinen Veröffentlichungen wiederholt nachgewiesen hat, allein Frankreich gegenüber nicht mehr, noch weniger natürlich, falls England der Republik in einem Kriege ihren Beistand leistet; insbesondere, da wir gegen Rußland stets 4—5 Armeekorps stehen lassen müssen.
Vom Landtag.
p Stuttgart, 18. Juni. In der heutigen Nachmittagssitzung erledigte die Zweite Kammer ohne Debatte die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. den vierten Nachtrag zum Finanzgesetz (Gewährung von Zulagen an Lehrer, an Rettungs- und verwandten Anstalten) nach den Ausschutzanträgen. Bei der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs über das Aussührungsgesetz zur Reichsversicherungsordnung beharrle die Kammer im wesentlichen aus ihren früheren Beschlüssen und beschloß, das für Württemberg errichtete Landesoersicherungsamt bestehen zu kaffen, an Stelle der seitherigen fünf Schiedsgerichte für Arbeiterversjcherung vier Oberoersicherungsämter zu errichten und die Oberversicherungsämter als selbständige Aemter einzurichten und sie nicht an die Kreisregierungen anzugliedern. In der Gesamtabstimmung wurde hierauf der Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Volkspartei angenommen. Dann wurde in die zweite Beratung des Gesetzentwurfs betr. Aenderung der Nummer 94 des Sporteltarifs eingetreten, der mit einigen unwesentlichen redaktionellen Aenderungen nach den Ausschußanträgen genehmigt wurde. Das Gesetz tritt mit Rückwirkung vom 20. August 1911 an mit der Maßgabe in Kraft, daß Rückerstattungen im Betrag unter 20 Mark unterbleiben. Nach kurzen Bemerkungen der Abgeordneten Keil (Soz.), Haußmann (Bp.) und Hässner (Natl.), sowie des Finanzministers wurde ein Antrag Keil vom Hause einstimmig angenommen, in dem die Regierung ersucht wird, die mit der Sporielansetzimg beauftragten Behörden anzuweisen, bei den Tarisnummern mit Rahmensätzen in weitergehendem Maße als bisher auf die Bermögens- und Einkommensteuer-Verhältnisse der Steuerpflichtigen Rücksicht zu nehmen. In der Schlußabstimmung wurde sodann der ganze Gesetzentwurf angenommen. — Hierauf
Kleine Zeitung.
Goethe Wer den Panamakanal.
Im Hinblick auf die bevorstehende Eröffnung des Panamakanals darf man wohl an die Aeußerungen erinnern, die Eckermann am 21. Februar 1827 aus Goethes Munde über dm Kanal hörte. Sie sind ein gänzliches Zeugnis für den weitumfassenden, vorausschauenden Geist unseres großen Dichters. Bei Goethe zu Tisch. Er sprach viel und mit Bewunderung über Alexander von Humboldt, dessen Werk über Kuba und Kolumbien er zu lesen an- gesangen und dessen Ansichten über das Projekt eines Durchstiches der Landenge von Panama für ihn ein ganz besonderes Interesse zu haben schienen. „Humboldt", sagte Goethe, „hat mit gwßer Sachkenntnis noch andere Punkte angegeben, wo man mit Benutzung einiger in den mexikanischen Meerbusen fließenden Ströme vielleicht noch vor- teilhafter zum Ziel käme als bei Panama. Dies ist nun alles der Zukunft und einem großen Unternehmungsgeiste Vorbehalten. Soviel ist aber gewiß, gelänge ein Durchstich derart, daß man mit Schiffen von jeder Ladung und jeder Größe durch solchen Kanal aus dem mexikanischen Meerbusen in den Stillen Ozean fahren könnte, so würden daraus für die ganze zivilisierte und nicht zivilisierte Menschheit ganz unberechenbare Resultate hervorgehen. Wundern sollte es mich aber, wenn die Bereinigten Staaten es sich - würden entgehen lassen, ein solches Werk in ihre.Hände
zu bekommen. Es ist vorauszusehen, daß dieser jugendliche Staat, bei seiner entschiedenen Tendenz nach Westen, in dreißig bis vierzig Jahren auch die großen Landstrecken jenseits der Felsengebirge in Besitz genommen und bevölkert haben wird. Es ist ferner vorauszusehen, daß an dieser ganzen Küste des Stillen Ozeans, wo die Natur bereits die geräumigsten und sichersten Häfen gebildet hat, nach und nach sehr bedeutende Handelsstädte entstehen werden, zur Vermittlung eines großen Verkehrs zwischen China nebst Ostindien und den Bereinigten Staaten. In solchem Falle aber wäre es nicht nur wünschenswert, sondern fast notwendig, daß sowohl Handels- als Kriegsschiffe zwischen der nordamerikanischen westlichen und östlichen Küste eine raschere Verbindung unterhielten, als es bisher durch die langweilige, widerwärtige und kostspielige Fahrt um das Kap Horn möglich gewesen. Ich wiederhole also: es ist für die Vereinigten Staaten durchaus unerläßlich, daß sie sich eine Durchfahrt aus dem mexikanischen Meerbusen in den Stillen Ozean bewerkstelligen, und ich bin gewiß, daß sie es erreichen. Dieses möchte ich erleben, aber ich werde es nicht." Hier offenbart der Dichter sich wahrhaft als ein Prophet, vor dessen Seherblick sich die Geheimnisse der Zukunft entschleiern.
Aus W. T. Steads Selbstbiographie.
In der Juni-Nummer der „Reviews of Reviews" erscheint eine Selbstbiographie des mit der „Titanic" untergegangenen W. T. Stead, in der zahlreiche historische und politische Ereignisse, die vor Jahren die Welt in Aus-
1912
wurde die Weiterberatung der Denkschrift betr. die Ueber- nähme der Bolksschullasten auf den Staat fortgesetzt, wozu eine Reihe von Rednern von der letzten Sitzung her vorgemerkt waren.
* *
r Stuttgart, 18. Juni. Gegenüber verschiedenen Meldungen, daß die Tagung des Landtags um acht Tage verlängert werden müsse, verlautet jetzt, daß die feste Absicht besieht, an dem Beschluß des Seniorenkonvents festzuhalten, am 28. d. Mts. die Tagung zu schließen.
Tages-Nerrigkeiterr.
Aus Stadt und Amt.
-1- Altensteig, 18. Juni. Heute mittag verunglückte Holzsäger Schaal dadurch, daß eine Kuh vor seiner Maschine scheute und mit dem Wagen auf die Maschine hineinrannte. Beim Zusammenstoß erlitt Sch. eine schwere Quetschung des linken Arms, so daß er längere Zeit arbeitsunfähig sein wird.
Aus de« Nachbarbezirre», r Calw, 18. Juni. (Einbruch). Wie verlautet, ist dieser Tage in dem Stationsgebäude zu Ostelsheim eingebrochen worden. Dem Dieb ist aber nur ein geringer Kassenbetrag in die Hände gefallen. Es handelt sich vermutlich um den gleichen Gesellen, der auch in Althengstett den bereits gemeldeten Einbruch verübt hat.
Laudesuachrichteu.
x Stuttgart, 18. Juni. Die Lotterie des Württ. Landesvereins vom Roten Kreuz in Verbindung mit dem Verein für Krankenpflegerinnen, die am 31. o. Mts. gezogen wurde, ergab einen Nettogewinn von ca 54000 -H; hiervon wird je ein Drittel dem Verein für Krankenpflegerinnen, der allgemeinen Kasse des Landesvereins und dem neugegründeten Fonds für Versorgung der Schwestern vom Roten Kreuz überwiesen werden. Der Grundstock des letzteren erhöht sich hierdurch aus etwa 37000
Stuttgart, 17. Juni. In den Streitigkeiten der Göppinger Sozialdemokraten wurde gestern auf einer Generalversammlung einstimmig eine Resolution angenommen, wonach die Göppinger „Freie Bolkszeitung" und die Ulmer „Donauwarle" ihren allgemeinen politischen Teil von der Stuttgarter „Tagwacht" beziehen sollen. Die Sanierung des Göppinger Unternehmens soll dadurch her- beigesührt werden, daß der Druck der „Donauwarte" in Göppingen besorgt wird; die Redaktion der „Donauwarte" bleibt in Ulm und wird dort selbständig geführt. Die Sanierung wird vom Parteivorstand und vom Landesvorstand durchgeführt. Diesen Körperschaften wird in allen wichtigen geschäftlichen Angelegenheiten des Göppinger Unternehmens ein entscheidender Einfluß eingeräumt; die Entscheidung über die redaktionelle Haltung der „Donauwarte" und der „Freien Bolkszeitung" bleibt wie bisher den Parteiangehörigen der Verbreitungsgebiete überlassen.
r Tübingen, 18. Juni. (Bon der Universität.) Der Prioatdozent an der hiesigen Universität Dr. E. Ruck hat
regung gesetzt hatten, behandelt werden. So z. B. sagt Mr. Stead über die Haager Friedenskonferenz vom Jahre 1907: „Ich schrieb an alle Zeitungen der Welt und wies aus die Haager Konferenz hin und forderte alle Regierungen auf, die ihre Delegierten instruieren sollten, sich mit praktischen Dingen zu beschäftigen. Bevor ich den Brief versandte, schickte ich ihn an Sir Edward Grey. Dieser ließ mich zu sich kommen und bat mich, in dem B.riefe das, was auf Rüstungen Bezug hat, sortzulassen. Während der Haager Konferenz stand ich mit allen führenden Geistern unter den Vertretern in Verbindung, nur nicht mit den britischen Delegierten, mit denen ich mehr oder weniger in Opposition war wegen der außergewöhnlichen Instruktionen, mit denen sie zur Haager Konferenz erschienen waren. Alles, was mir Sir Edward Grey sagte, was er tun niollte, scheint er den Delegierten gesagt zu haben, nicht zu tun, und anstatt den Wagen des Fortschrittes in der Friedenssache zu führen,
klammerten sich die britischen Delegierten hinten an-
ein abscheulicheres und skandalöseres Mbacle habe ich selten gesehen."
Mit dem Film am Südpol.
Als im vorigen Jahre der englische Kapitän Scott mit seiner Expedition zur Entdeckung des Südpols aufbrach, gesellte sich ihm ein Berichterstatter der „Pall Mall Gazette" zu, der mit kinematographischen Apparaten ausgerüstet war, um die interessantesten Momente der Reise auf dem Film sestzuhalten. Er ist jetzt zurückgekehrt und erzählt in der „P. M. G." von seinen Erfolgen. Er