Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oderamts -Bezirk Nagold.
82.
Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet viertel- jährl. hier (ohne Trägerlohn) 80 ^s, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 ^
Monats-Abonnement nach Verhältnis.
Samstag 13. Juki
Insertions-Gebühr für die Ispaltige Zeile
aus gewöhnl. Schrift bei einmaliger Einrückung 9 ff, bei mehrmaliger je 6 ff. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.
1895.
Auf das 3. Quartal kann der
„Gesellschafter"
Gestorben: Joh. Killgus, res. Schultheiß, Schömberg, O.A. Freudenstadt. Christ. Machtholf, Pfarrer a. D., Balingen, früher in Unterjettingen.
Naturerscheinung war eine Summe von Wirbelwinden,
(Tromben) mit Hagelbildung. Auch der sonst gewöhnlich nach Gewittern folgende Nachregen fehlte. Nach einer Dauer von 10 Minuten, vom ersten Windstoß an gerechnet.
Amtliches.
Nagold.
An die gemeinschaftlichen Aemter.
Durch den furchtbaren Hagelschlag am r. d. Mts. sind die Gemeinden Rohrdorf, Mindersbach, Pfrondorf, Nothfelden, Schönbronn, Esslingen, Wildberg besonders stark betroffen worden.
Auf der Feldmarkung Effringen allein, wo das Dinkel- und Gerftenfeld fast ganz vernichtet wurde, ist der Schaden von Sachverständigen auf mindestens 80,000 ^ berechnet worden. Die Gemeinden Eb- hausen und Emmingen wurden nur auf einem Teil der Feldmarkung betroffen.
Der in diesen 9 Gemeinden durch den Hagel- ffchlag verursachte Gesamtschaden ist auf mindestens 250,000 ^ abgeschätzt. Sehr viele ärmere und weniger bemittelte Familien haben säst den ganzen Frucht-Ertrag eingebüßt und sehen bange der Zukunft entgegen.
Erst kürzlich hat sich die Opserwilligkeit im Bezirk zu Gunsten der Ueberschwemmtsn im Oberamtsbezirk Balingen in edler Weise bethätigt.
Wir dürfen daher vertrauen, daß die Einwohner der vom Hagel nicht oder nur wenig betroffenen Gemeinden des Bezirks, den schwer geschädigten Be- Hirksangehörigen gerne hilfreich beispringen werden, und ersuchen die betreffenden gemeinschaftl. Aemter, Sammlungen für die Hagelbeschädigten des Bezirks zu veranstalten und das Ergebnis an das Königl. Dekanatamt einzusenden.
Den 10. Juli 1895.
K. gemeinschaftliches Oberamt:
Vogt. Dieterle.
Nagold. . > -
Bekanntmachung. ^
Für die Ueberschwemmten im Oberamt Balingen sind aus nachstehenden Gemeinden des Bezirks Nagold die beigesetzten Beträge bei der Oberamtspflege als Bezirks-Sammelstelle eingekommen:
Altensteig Dorf (Gemeindekasse) 40 ^ — -ff Alt-Nuifra.
Beihingen .
Bösingen .
Emmingen.
Fünfbronn.
Gültlingen.
Mindersbach Oberthalheim Walddorf .
Wildberg .
. . . 18
- „
. . . 43
- „
. . . 76
75 „
. . .135
. . . 50
—
. . .200
70 „
. . . 64
75 ..
. . . 80
. . .109
02 „
. . .221
55 ..
Zus. 1038 ^ 77 H
Gebern herzlichen Dank aus.
Nachdem der Oberamtsbezirk Balingen den Nachrichten aus den öffentlichen Blättern zufolge außerordentlich reich mit Gaben bedacht worden ist, haben wir Erhebungen darüber eingeleitet, ob nach dem Willen der Geber die in den einzelnen Gemeinden «rsammelten Gaben nicht für die H «gelbe schädigten im Gvrramtsvezirk Nagold verwendet werden dürfen.
Den 11. Juli 1895.
K. gemeinsch. Oberamt:
Vogt. Dieterle, A.-V.
Deutsches Reich.
—t. Ebhausen, 9. Juli. Heute wurde Joh. Mich. Deines, Schullehrer a. D. hier beerdigt. Viele Kollegen des Bezirks gaben dem Verstorbenen das Geleite zum Friedhof; insbesondere aber bewies diehies. Bewohnerschaftdurch die zahlreiche Beteiligung bei dem Leichenbegängnis ihres langjährigen, treuen Lehrers, daß sie ihn liebte und ehrte, wie er es durch seine gute Amtsthätigkeit wie durch seinen liebenswürdigen persönlichen Umgang mit jedermann verdient hatte. Herr Pfarrer Eberbach schilderte in ergreifenden kr-orren oen festen christlichen Charakter des Dahingeschiedenen, der ausgestattet mit reichen Gaben des Geistes und Gemüts, als Lehrer und Bürger aber so einfach und schlicht seinen Gang durchs Leben ging. H. Bezirksschulinspektor Dieterle hob am Grabe des Entschlafenen hervor, wie derselbe ein Lehrer von Gottes Gnaden gewesen fei, der darauf aus war, seine Schüler nicht blos gut zu unterrichten, sondern auch zu erziehen, daß sie tüchtige Menschen und Himmelsbürger werden sollten. Im Namen der Schüler und Lehrer von hier legte H. Schullehrer Steinle einen Kranz am Grabe des Verstorbenen nieder, H. Schullehrer Dölker einen im Namen der Lehrer des Bezirks, H. Schullehrer Haug einen im Namen der vielen unständigen Lehrer, die an der Seite des Verstorbenen hier thätig waren und von ihm so manche weise Lebensregel mit auf den Weg bekamen. Ein vierstimmiger Choralgesang der Lehrer beschloß die ernste, würdige Trauerfeier für den Dahingeschiedenen, der ein trefflicher Lehrer und ein wackerer, entschieden christlicher Mann war, dem die hiesige Einwohnerschaft ein treues Andenken bewahren wird.
,'' Wildberg, 9. Juli. Das schreckliche Naturereignis vom 1. Juli, dessen die Bewohner des Nagoldthales und Umgegend gewiß noch lange gedenken werden, verdient wohl auch noch einige Bemerkungen. Es ist vielleicht nur von Wenigen bemerkt worden, daß schon am 30. Juni eine Wolkenbildung zu Stande kam, die ebenso, wie tags darauf, alle Vorbedingungen zur Hagelbildung in sich trug. Es war abends ^ffll Uhr ein vollständig klarer Sternenhimmel, drückende Schwüle, 20° R., nicht die geringste Luftbewegung. Plötzlich bildete sich gegen Süden eine kleine Wolke, die sich, um sich selbst drehend, mit unheimlicher Schnelligkeit vergrößerte, rasch über die Stadt heraufzog. Ein Wirbelwind braust daher, die Häuser erzittern, es fallen ein paar auffallend große Tropfen Wasser, ein einziger heftiger Donnerschlag und schon ist die Windhose über die Stadt hinweggebraust. An der Wand des Eckbergs bricht sich die Wolke, sich schnell verteilend, ruhig blickte wieder vom klaren Himmel der Mond. Plötzlich erstrahlte, den Berg krönend, ein lang gezogener Silberstreifen, der die prismatischen Farben kaum erkennen ließ, es war das seltene Bild des Mondregenbogens; der ganze Vorgang dauerte kaum S Minuten. Es drohte also schon am Vorabend eine große Gefahr, die wohl nur dadurch abgewendet wurde, daß die Temperatur etwas abgekühlt war. Das vernichtende Gewitter vom 1. Juli setzte sich zusammen aus einer Summe von Wirbelwinden. Die Spuren dieser Wirbel lassen sich sehr interessant in den Wäldern des Nagoldthales von Wildberg bis Calw verfolgen. Man beoabachtet mindestens ein Dutzend, teils größerer, teils kleinerer, oft ganz kreisrunder Platten, auf denen viele Hunderte der stärksten Baumstämme entwurzelt, die Gipfel abgedreht sind, der ganze Platz wie abrastert daliegt. Gleich daneben stehen die Bäume, abgesehen vom Hagelschlag, unversehrt. Personen, die im Freien vom Gewitter überrascht wurden, erzählen, daß solche Wirbel das Heu hoch in Sie Luft mitgerissen und abgedrehte Baumkronen weit mit forttrugen. Man befand sich während des Gewitters nicht unterhalb, sondern innerhalb desselben. Der Luftdruck war so stark, daß man kaum atmen konnte. Auffallend war das Fehlen stärkerer Blitz- und Donnerschläge. Die ganze verheerende
auf ein Eisfeld, ein Leichentuch unendlicher Hoffnungen.
(Schw. M.)^ '
(*) Wildberg, 10. Juli. Der Schaden, den der Hagel am 1. d. Mts. auf hiesiger Markung an den einzelnen Felderzeugnissen verursacht, ist größer als man anfangs glaubte. Sämtliche Korn-, Roggen- und Gerstenfelder, mit ganz geringen Ausnahmen, müssen abgemäht werden, mit welchem Geschäfte bereits begonnen worden ist. Es gewährt hiebei einen traurigen Anblick, wenn die schön und vielversprechend gestandenen Fruchtfelder, welche in einigen Wochen reif und zum Gebrauch des täglichen Brotes eingeheimst worden wären, auf welches schon so viele Bedürftigen warteten, nun vom Besitzer mit der Grassense und mit Thränen in den Augen, abgemäht werden. Auch der Haber ist bereits vollständig vernichtet und wird nur noch einen kleinen Ertrag abwerfen. Ebenso ist der größte Teil der Hopfen vernichtet und mit den Kartoffeln steht es nicht viel besser. Die Gartengewächse haben sich wieder einigermaßen erholt. Auch in Effringen mit Tröllens- hof sowie in Schönbronn ist von einer Ernte keine Rede mehr. Mancher Familie bis zu 6 und noch mehr Kindern hier und in den genannten Orten ist keine Aehre zum einheimsen geblieben und das vorjährige ist aufgezehrt. Von was nun leben, hört man manch so hartbetroffenen Vater fragen, kein Brot, kein Geld, wohl aber noch Futterschulden von zwei Jahren her. Doch hoffen die so schwer Betroffenen, sie werden von ihren Mitmenschen, welche sich in besseren Verhältnissen befinden, sowie von den bis jetzt vom Hagel verschont gebliebenen Gemeinden nicht verlassen, sondern so viel in dessen Kräften steht, unterstützt werden. Die schwäbische Nächstenhilfe hat sich ja schon oft bewährt und wird auch hier wieder helfend und zur Linderung der Not der zumeist Bedrängten eingreifen.
Herrenberg, 9. Juli. Ueber die Verluste der Vorschußbank in Folge von Fälschungen ist schon berichtet. Der Vorstand der Vorschußbank erläßt zur Angelegenheit folgende Bekanntmachung: Die vorläufige Untersuchung des Vermögens der Bank hat ergeben, daß die vorhandenen Mittel zu Bezahlung der Schulden zureichen und zu Deckung der Einlagen der Mitglieder noch einiges Vermögen vorhanden ist. (Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, beträgt der Gesamtbetrag des Mankos 287 000 ^ Die Red.)
Horb, 8. Juli. Vorgestern hat hier die alljährliche Generalversammlung der Landarmenbehörde für den Schwarzwaldkreis unter dem Vorsitz von RegierungsratHölldampfvonReutlingen stattgefunden. Aus den 5stündigen Verhandlungen hebt der „Schw. M." hervor: Die Genehmigung des Neubaus einer weiteren Scheuer um 21000 ^ und des Ankaufs weiterer 45 Morgen Feld L 600 ^ für die Landarmenanstalt, eines Beitrags von 600 ^ jährlich zur Pastoration dieser Anstalt, jedoch nur bis 1. April 1897. Der höchste Stand der Pfleglinge in derselben war 181. Die Verpflegungskosten für sich allein stellten sich auf 45 -ff und einschließlich der allgemeinen Verwaltungskosten, jedoch ohne Verzir- sung und Amortisation der Schulden auf 60 H pro Tag. Die Jahresumlage pro 1895/96 wurde wie ferndauf 139,000 Mark fest gestellt und schließlich durch Oberregierungsrat v. Bellino die Jahresrechnung pro 1. April 1893/94 abgenommen.