Amts- und Intelligenz-Blatt flir den Obrramts-Bezirk Nagold.

si.

Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Don­nerstag und Samstag, und kostet viertel- jährl. hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1.20 ^ Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Dienstag 30. April

Insertions-Gebühr sür die Ispaltige Zeile aus gewöhnl. Schrift bei einmaliger Ein­rückung 9 ^f, bei mehrmaliger je 6 ^s. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1895.

Nachsteh. Kandidaten wurden u. a. bei der niederen Post- und Telegraphendienstprüfung für befähigt erklärt: Eugen -Dorfschmid von Nagold, Eugen Haug von Haiterbach, Fried. Ru eff von Sprelberg, OA. Nagold, August Mohr und Karl Walz von Calw und Hermann Rettich von Herrenberg.

Gestorben: Gottlob Geh ring, Schüler der K. Ackerbauschule in Hohenheim, 18 I., Ostelsheim. Schult­heiß Weber in Pleidelsheim, 42 I., Renningen. Privatier Metzger, ehemaliger Besitzer und Herausgeber desOber- schwäbischen Anzeigers", 52 I.. Ravensburg. Karl Graf v. Tausfkirchen, außerord. Gesandte und bevollm. Mini­ster am Hof in Stuttgart, 70. I.

Hages-Weuigkeiten.

Deutsches Reich.

(. Tübingen, 27. April. Dieser Tage wird mit dem für den Bezirk Tübingen hochwichtigen Brückenbau bei Altenburg begonnen, welcher die links mit den rechts vom Neckar liegenden Ortschaften in besseren nachbarschaftlichen Verkehr bringt. Mit diesem Brückenbau wird zugleich die Korektion der Neckarthalstraße Kirchentellingsfurt-Pliezhau- sen, Erhöhung des Pesiers auf ca. 170 m Länge verbunden. Die Straße ist demzufolge aus einige Wochen gesperrt.

Stuttgart, 25. April. In einer von etwa 600 "Personen, darunter die Reichstagsabgeordneten Dietz mnd Blos, besuchten Versammlung faßte die sozial­demokratische Partei heute abend folgenden Beschluß: Die Arbeiterschaft Stuttgarts erachtet den bekannten Beschluß des Stuttgarter Liederkranzes als einen Akt politischer Unduldsamkeit, dazu angethan, ihr die Gleichberechtigung mit den übrigen politischen Parteien zu versagen und sie als gehaßte und ge­fürchtete Vertreterin der Interessen der Arbeiterklasse zu schädigen. Es ist daher den Arbeitern und der übrigen, jede politische Vergewaltigung verurteilenden Einwohnerschaft vorzuschlagen, die Verweigerung des Lokals der Liederhalle mit einer allgemeinen Sper­rung zu beantworten. Zu diesem Zwecke soll die Mitgliederliste des Liederkranzes in geeigneter Weise veröffentlicht werden, um die Arbeiter in den Stand zu setzen, bei ihren Einkäufen und Aufträgen ihre Interessen gleichermaßen zu wahren, wie dies der Liederkranz für gut befand. Gleichzeitig soll der -Boykott über jede Brauerei verhängt werden, die der Liederhalle Bier liefert. Diese Resolution fand einstimmig Annahme und es wurde zur Durchführung des Generalboykotts eine 7gliedrige Kommission ge­wählt. Von Bierbrauer Dinkelacker lief ein Schreiben an die Versammlung ein mit der Mitteilung, daß sie seit 20. ds. kein Bier mehr an die Liederhalle liefere und dies auch nicht thun werde, solange der Boykott andauert.

Ulm, 26. April. Zur Reichstagsersatzwahl im 14. Wahlkreis schreibt derJpf": Für die Katholiken des Bezirks giebt es nur eine Parole und zwar für die erste Wahl: Zentrum! Zählkandidatur Gröber! Für die etwaige Stich­wahl: Strengste Wahlenthaltung!

Kaltenbronn, 25. April. Der Kaiser hat abends drei Hähne, der Erbgroßherzog einen erlegt.

Kaltenbronn, 26. April. Heute Morgen hat nur der Kaiser einen Hahn geschossen. Das Wetter ist günstiger.

Wiesbaden, 24. April. Die Rheinlands beab­sichtigen, zur 25jährigen Jubelfeier der Neuerrichtung Les deutschen Reiches eine gemeinsame Feier am Na­tionaldenkmal am Niederwald am 1. Sept. zu begehen.

W ei de n, 26. April. Heute wurden im Fuchsmühler Prozeß beide Sachverständige, die Forstmeister Gischler und Brenner in sehr eingehender Weise vernommen. Das Gutachten lautet dahin, daß sich die Angeklagten allerdings gegen das Forststrasgesetz strafbar gemacht haben, weil sie ohne Anweisung und dann auch Nutzholz gefällt haben. Ein forstwirtschaftl. Schaden sei nur in geringem Maße entstanden. Derselbe berechnet sich auf ca. 1200 ^ Nach der Abgabe der Gutachten begann das Plaidoyer des Staats­anwalts. Derselbe beantragt folg. Strafen: Gegen sämtl. Holzrechtler für die Teilnahme am 29. Okt. 4 Monate, für -die Teilnahme am 30. Okt. 5 Monate, für die Teilnahme

an beiden Tagen zusammen 6 Monate Gefängnis, für Dienst­boten und sonstige Abhängige und in anderm Abhängig­keitsverhältnis Stehende 3 Monate Gefängnis, für Minder- jähre und Kinder 7 Tage Gefängnis. Freisprechung nur für Josef und Johann Stock und für Josef Vogel, weil diese drei die Aufforderung des Bezirksamtmanns wegzugehen nicht gehört haben.

In einemZur Kritik unseres Versamm­lungswesens" überschriebenen Artikel desVor­wärts" ist folgende Bemerkung enthalten:Gerade der größte Blövsinn, mit Pathos vorgetragen, spricht oft am meisten an." Diese Beobachtung ist in der That durchaus zutreffend und erklärt zu einem guten Teil die Erfolge der sozialdemokratischen Agitation!

Jena, 26. April. DasWeißens. Kreisbl." erhielt gestern von befreundeter Seite einen Brief aus Kleinpopo vom 15. März, wonach einige Tagemärsche von Kleinpopo entfernt ein Aufstand unter den Eingeborenen ausgebrochen war. Die Station Misahöhe soll überfallen worden sein. Aus Kamerun wurde ein Kriegsschiff herbeigerufen.

Zu dem Gerücht über eine Demission des Reichskanzlers Hohenlohe wird von informierter Seite gemeldet, es sei anzunehmen, daß Fürst Hohen­lohe nach seiner ganzen Vergangenheit an seinen Rücktritt nur denken könnte, wenn die klerikale Um­sturzvorlage ihm aufgezwungen werden sollte. Ein solcher Zwang wäre nur durch einen der Centrums­arbeit zustimmenden Bundesratsbeschluß möglich, ein solcher ist aber vollständig ausgeschlossen.

An eine Einführung des Umlegekragens bei der Armee ist, wie Berliner Blätter berichten, nicht zu denken, da das Urteil der mit dem Probe­versuch der neuen Uniform beauftragten Truppen­teile sich üMiviegend gegen denselben ausgesprochen hat. Der Kragen sehe sehr unmilitärisch aus, schütze den Hals bei Kälte weniger als der Steh­kragen und erfordere, mehr Wert auf die Binde zu legen als bisher.

Einefür die Seefischerei wichtige Beachtung hat sich während des letzten Winters an der west­preußischen Ostseeküste machen lassen. Die Fischer der Danziger Bucht, die bisher niemals im Winter den Heringsfang betrieben hatten, haben im abge­laufenen Winter diesem Fange obgelegen und dabei recht günstige Ergebnisse erzielt. Allerdings sind die Ergebnisse in erster Reihe durch die Möglichkeit der Erreichung des Fischereihafens von Hela erzielt worden. Man hofft, daß es auch für die Folge gelingen wird, den Hering während des Winters zu sangen. Es würde dies zur Beseitigung der Nahrungssorgen, die den dortigen Fischer gegen Ende des Winters oft drücken, erheblich beitragen.

Deutscher Reichstag. (75. Sitzung.) DerReichstag hatte am Dienstag seine Arbeiten wieder ausgenommen mit der Beratung der Zolltarifnovelle. Dieselbe wurde am Mittwoch fortgesetzt. Der Zollsatz für Waren, aus unedlen Metallen wurde nach den Kommisstonsbeschlüssen unverändert angenommen. Eine sehr eingehende Debatte, an der sich Abgeordnete aller Parteirichtungen beteiligten, entspann sich über die Regierungsvorlage betr. Zollerhöhung auf Honig von 20 auf 36 d. h. für künstlichen Honig, während der Zoll auf Honig in Waben unverändert auf 20 normiert bleiben'soll. Die Beschlüsse der Kommis­sion decken sich mit der Regierungsvorlage. Schließlich wurde ein Antrag Letocha,(Zlr.) auch den Zoll für Waben­honig auf 36 zu erhöhen, angenommen. Es folgte die Beratung über Zollerhöhungen auf Kakaobutter und Baum- wollsamenöl; erstere wurde genehmigt, die Entscheidung über die zweite nach längerer Dauer auf Donnerstag ver­tagt. (76. Sitzung). Nach Erledigung eines schleunigen Antrags auf Einstellung des Strafverfahrens gegen den sozialdemokratischen Abgeordneten Schmidt (Sachsen) setzte das Haus die Beratung der Zolltarifnovelle bei der Posi­tion Baumwollsamenöl fort. Nach sehr lebhafter und ein­gehender Debatte, an der sich die Abgeordneten Herbert, Bachem, Hammacher, Richter, Kardoff und Kanitz hervorragend beteiligten, wurde ein Antrag Wenders sowie ein Antrag Stumm angenommen auf Widerherstellung der

Regierungsvorlage. Danach beträgt nun der Zoll auf denaturiertes Oel 4 auf alles sonstige Cotton Oel (auch rohes) 10 Die Verwendung des Baumwollsamen- öls, das für die Gesundheit schädlich und zur Bereitung der Margarine, die vielfach der Butter betrügerische Kon­kurrenz bereitet, nötig ist, wird demnach teurer, der Markt also weniger damit überschwemmt werden. Es folgte als­dann die Beratung der zweiten von der Kommission bean­tragten Resolution, betreffend Einführung eines Zolles auf Quebrachoholz und andere überseeische Gerbstoffe. Die lange Diskussion über diese Position bot wenig allgemeines Inte­resse. An der Debatte beteiligten sich Köpp, Brockmann, Möller und Buddeberg. Letzterer empfahl besonders den Schälwaldbesttzern ihre Besitzungen akademischer zu bewirtschaften, dann würden sie keine Klagen nötig haben. Herr v. Stumm sei auch Schälwaldbesitzer und ein reicher Mann. Nachdem v. Kardoff noch für die Resolution ein­getreten, vertagt sich das Haus auf Freitag 1 Uhr. Fort­setzung und Branntweinsteuernovelle. Schluß nach 5'/, Uhr.

Berlin. 26. April. Der Reichstagspräsident v. Buol beabsichtigt, die zweite Lesung der Umsturz­vorlage am 1. Mai auf die Tagesordnung zn setzen. Die Duelle zwischen Kotze und seinen Gegnern sollen mit dem neulich stattgefundenen Duell durch­aus noch nicht erledigt sein. Es verlautet, Kotze schieße sich noch mit dem Grafen Fritz Hohenau und dem Prinzen Aribert von Anhalt.

Berlin, 26. April. Zum 25jährigen Jubi­läum des Staatssekretärs v. Stephan hat der Kaiser in eigenem Handschreiben gratuliert. Dem gegen­wärtig auf Reisen befindlichen Jubilar gingen Hun­derte von Glückwunsch-Telegrammen und zahlreiche kostbare Blumenspenden zu.

Berlin, 26. April. Heute nachmittag wurden in der Druckerei desVorwärts" 15000 Exemplare der Maifest­zeitung konfisziert wegen des darin enthaltenen Aufrufs an die Arbeiter.

Frankreich.

Paris. 26. April. Bei dem Festmahl der Ver­treter der Textilindustrie äußerte der Handelsminister: Die Regierung beschäftige sich mit dem Ueberein- kommen mit der Schweiz, welches notwendig sei, vom politischen und wirtschaftlichen Standpunkt. Frankreich habe alles Interesse, seine Interessen in einer mit den Bedürfnissen der französischen In­dustrie vereinbaren Weise zu vertreten.

Spanien.

Madrid, 26. April. Der Anschluß Spaniens an die europäischen Mächte bei den in Ostasien vorzunehmenden Schritten gilt als sicher.

Italien.

Der Prozeß gegen den früheren italieni­schen Ministerpräsidenten Giolitti, den Urhe­ber des Skandals gegen Crispi, hat seinen Austrag gefunden und zwar zu Gunsten des Angeklagten. Der Caffationshof fällte am Mittwoch das Urteil über die Appellation Giolittis. Es hebt den Be­schluß der Anklagekammer auf, sowohl bezüglich der Unterschlagung von Dokumenten wie auch bezüglich der Verleumdungsklage. Für ein weiteres Vorgehen gegen Giolitti bedürfte es daher der Intervention der Deputiertenkammer.

England.

London, 27. April. In der Kohlengrube von Dennp fand gestern eine furchtbare Explosion statt. Von 177 eingefahrenen Bergleuten wurden 164 gerettet.

Englische Blätter verbreiten die Meinung, wenn es zum Aeußersten käme, dürfte Rußland Japan gegenüber den Kürzeren ziehen. Die Japaner würden vielleicht mit überlegener Stärke zu Lande Wladi­wostok angreifen. England werde jedenfalls an einer europäischen Einmischung, Japan die Früchte seines Sieges zu rauben, nicht teilnehmen.

Rußland.

Krakau, 26. April. Nach Warschauer Bläternmeld- ungen wird Generalgouverneur Schuwalow nach Petersburg