Bekanntmachung.
Die über die Gemeinden Effringen, Gültlin- aen, Sulz und Wildberg wegen der Maul- und Klauenseuche verfügten Maßnahmen (Gesellschafter Nr. 162 von 1894 und Nr. 1 von 1895) bleiben bis'auf Weiteres in Kraft, was die Ortsvorsteher der betr. Gemeinden alsbald in ortsüblicher Weise zur öffentlichen Kenntnis zu bringen haben.
Nagold, 9. Jan. 1895.
K. Oberamt. Vogt.
Nagold.
An die Ortsvorsteher.
Das Schneebahneu betreffend.
Die Ortsvorsteher werden angewiesen, dafür zu sorgen, daß die Nachbarschaftsstraßen stets ordnungsmäßig gebahnt sind und daß von den Straßenwärtern nach ihrer Instruktion Answeichestcllen angelegt werden.
Das Oberarm erwartet, daß keinerlei Anlaß zu Beschwerden gegeben wird. Etwaige Säumnis müßte streng gerügt werden. Die Frohnmeister sind hierauf hinzuweisen.
Den 10. Januar 1895.
K. Oberamt. Vogt.
Gestorben.
F. Leib brand, Stadtacciser a. D,, Inhaber der silbernen und goldenen Zivilverdienstmedaille, Tübingen. Christian Breckle, Aldingen a. N. Friedrich Keck, Lan- desprodnktenhändler, Eßlingen.
Tages-Umigii eilen.
Deutsches ileich.
IV. 6. Nagold, 10. Dez. Für Vogelfreunde. Der Winter treibt viele nützliche Vögel in die Nähe menschlicher Wohnungen und sie verdienen gewiß, gastlich empfangeil und bewirtet zu werden. Jedermann ist im Stande, ohne nennenswerten Aufwand an Mühe sein Scherflein für sie beizutragen. Allerlei Küchenabfälle, besonders Fett- u. Talgteilcheu, Fleisch- und Brodstückchen, gekochte Kartoffeln re. finden in ihnen dankbare Abnehmer. Man lege jene Stoffe nur auf Fensterbretter, Balkons, Dächer, nachdem der Schnee vorher beseitigt oder streue sie hie und da aus die Höfe, in die Gärten oder aus die Straße. Ein Stück Speck oder Fett, an einem Bindfaden zwischen zwei Bäumen aufgespannt, schützt besonders viele der am meisten durch den Winter bedrängten Insektenfresser vor dem Hungertode. Auch empfiehlt sich die Aufstellung eines häufig neu zu füllenden Gesäffes mit Wasser, dessen Mangel bei Frost für die Vögel besonders empfindlich ist. Weniger einfach ist die Anlage von eigentlichen Futterstellen, und sie geschieht selten in zweckentsprechender Weise.
Tübingen, 10. Jan. Nachdem schon eine Anzahl kleiner, durch ihre Lage an Wafferläufen begünstigter Städte sich ihre eigenen Elektrizitätswerke geschaffen haben, geht man nunmehr auch in Tübingen von privater Seite aus mit dem Gedanken um, die Wasserkraft des Neckars zur Erzeugung von Licht und Kraft aus elektrotechnischem Wege auszunutzen. Mühlenbesitzer Schnaith hegt die Absicht, auf seinem Anwesen ein Elektrizitätswerk zu errichten, und der hiesige Gewerbeverein hat, um das Interesse weiterer Kreise an diesem Unternehmen wachzurufen, einen Stuttgarter Fachmann gewonnen, der am nächsten Donnerstag die Frage der Errichtung eines Elektrizitätswerkes in einem Vortrage beleuchten wird.
Calw, 9. Jan. Auch in unserem Bezirke scheinen der Aufstellung einer demokratischen Kandidatur Schwierigkeiten zu begegnen. Herr Adlerwirt Dingler, der zuerst in Aussicht genommen war, hat aus Altersrücksichten abgelehnt. Voraussichtlich wird Gastwirt Heid „zum Engel" in Calw aufgestellt werden.
Heilbronn, 8. Jan. Die Nachricht, daß die Volkspartei den R.-A. Rosengart als Kandidaten zum Landtag aufgestellt habe, ist, wie man der „Neck.Ztg." von beteiligter Seite mitteilt, irrig. Die Verhandlungen behufs Gewinnung eines Kandidaten seien dem Abschluß nahe.
Die „N.-L. C." schreibt: Für die württemb. Zentrumspartei ist auf den 17. d. Mts. nach Ravensburg eine konstituierende Versammlung ausgeschrieben worden. Wie wenig berechtigt diese Konstituierung einer kathol. Kampfespartei in dem vierten deutschen Bundesstaate ist, geht allein schon aus der Statistik der kathol. Abgeordneten in dem bisherigen Landtag hervor. Von den 20 volkserwählten katholischen Mitgliedern dieser Versammlung haben
sich nur 5 zu der Bildung dieser besonderen württ. Zentrumspartei zusammengefunden und das trotz des von der ultramontanen Presse dort entwickelten schonungslosen Terrorismus. In der That ist auch durchaus nicht abzusehen, weshalb in einem kirchen- polilisch gar nicht bewegten Lande durchaus eine Zentrumspartei eigens neu gebildet werden soll, in derselben Zeit, in welcher diese Partei anderswo abbröckelt, so besonders in Bayern, wo sie bekanntlich durch die kathol. Agrarbewegung tief zerklüftet und in ihrem Bestände auf das Ernstlichste bedroht ist? Aber vielleicht handelt man da nach dem Grundsatz jenes deutschen Kleinfürsten, der seinerzeit für ^ sein Land „auch eins Eisenbahn haben wollte und ^ wenn sie tausend Thaler kosten würde". !
Dürrmenz-Mühlacker, 7. Jan. Eins gestern^ im Gasthaus zur „Kanne" gehaltene Vectrauensmän- > nerversammlung der Volkspartei war nur schwach i besucht. Der schon von der letzten Versammlung ^ ausgestellte Kandidat, Brauereibesitzer Rieger aus! Mautbronn war nicht anwesend und hatte endgiltig ^ abgelehnt. Da im Bezirk sonst keine passende Persönlichkeit zu finden ist, soll der Versuch gemacht werden, den Redakteur des Beobachters, Schmidt in Stuttgart, zur Annahme der Kandidatur zu bewegen.
München, 10. Jan. Die „N. N." erfahren, daß der Kaiser dein Fürsten Bismarck zum Weihnachtsfest einen gläsernen Pokal mit silbernen Reifen gesandt habe.
Berlin, 8. Jan. Zahlreiche in Berlin anwesende Italiener haben der Tochter des italienischen Ministerpräsidenten Crispi, die morgen ihre Vermählung feiert, ein kostbares Brillantgeschenk übersandt. Aehnliche Geschenke sind von fast allen in europäischen Hauptstädten befindlichen italienischen Kolonien an die Braut gesandt worden. Auch Fürst und Graf Herbert Bismarck haben die Braut mit großartigen Gaben bedacht. Mittwoch veranstaltet der hiesige ital. Botschafter zu Ehren der Vermählten ein Festmahl.
Berlin, 9. Jan. lieber den gestrigen parlamentarischen Herrenabend bei dem Kaiser im neuen Palais wird gemeldet: Der Kaiser habe den geladenen Abgeordneten und den übrigen Gästen die im Muschelsaale ausgestellten Weihnachtsgeschenke der kaiserlichen Familie gezeigt. Im Verlauf des Abends habe der Kaiser in längerer Rede über die Marine gesprochen, deren notwendige Verstärkung er begründete und an der Hand der Karte insbesondere auf die Stationierungsverhältnisse in fernen Ländern, namentlich in der Nähe des chinesisch-japanischen Kriegsschauplatzes hingewiesen. Hierauf fand ein Abendessen statt, woran sich dann eine zwanglose längere Unterhaltung beim Bier anschloß. Der Kaiser ließ die Berliner Gäste durch einen Sonderzug um 12'/s Uhr nachts nach Berlin zurückbringen.
Berlin, 9. Jan. Nach Mitteilungen aus Abgeordnetenkreisen dauerte der gestrige Kaiservortrag bei dem Herrenabend 2ls Stunden. Der Kaiser beherrschte das Material in staunenswerter Weise! und schloß mit den Worten: „Machen Sie dem! Fürsten Bismarck, dem Begründer unserer Kolonialpolitik, zu seinem 80. Geburtstage die Freude, die für die Flotte geforderten notwendigen Summen zu bewilligen." Bei der Tafel saß Präsident Levetzow rechts, der Abgeordnete Graf Hompesch links vom Kaiser. Der Kaiser soll sich geäußert haben, das Fehlen der Inschrift „Dem deutschen Volke" auf dem Reichstagsgebäude sei nicht seine Schuld. Er habe davon erst durch die Zeitung Kenntnis bekommen.
Berlin, 9. Jan. Hier gehen Gerüchte, daß an Stelle des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe sich Graf Waldersee nach Friedrichsruh begeben werde.
Berlin, 9. Jan. (Deutscher Reichstag. 9. Sitzung.) Am Dienstag Nachmittag nahm der Reichstag seine Arbeiten wieder auf und Präsident von Levetzow widmete den Abgeordneten einen nachträglichen Neujahrswunsch. Die Ernennung des Abg. Prinz Hohenlohe zum Legationsrat wurde durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt, das Mandat ist nicht erloschen. Alsdann wird die vor Weihnachten abgebrochene erste Beratung des Umsturzgesetzes wieder augenommen. Abg. Auer (Soz.) bestritt, daß ein Grund für dieselbe vorhanden sei, kritisierte dann die Sozialgesetzgebung des Reiches sehr abfällig. Die neue Umsturzvorlage solle angeblich kein Klassengesetz sein, aber vorauszusehen sei, daß es nur gegen die Sozialdemokratie werde angewandt werden. Redner geht dann aus die Darlegungen des Staatssekretärs Nieberoing vor Weihnachten ein und stellt in Abrede, daß man aus dieser eine Begründung für die Vorlage herleiten könne. Redner behauptet, die Polizei habe Anarchisten für ihre Zwecke benützt und vevolutionäre Artikel in Anarchistenvlättern schreiben lassen. Wenn man den Sozialdemokraten vorwarf, daß sie von Staatsstreich
reden, so sei das schon von ganz anderer Seile schon geschehen, selbst von konservativen Leuten. Zur Bestrafung von Anarchisten habe der Staat heute schon Machtmittel genug. Der Sozialdemokratie schade dies Gesetz nichts, die werde bleiben, was sie war, sich auch nicht in eine radikale Arbeiterpartei nach englischem Muster umwandeln. Redner bespricht die Einzelbestimmungen der Vorlage und fragt, warum das Duell nicht unter dies Gesetz selber solle. Den Richtern sei durch die Vorlage eine zu große Vollmacht gegeben. Schutz von Religion und Monarchie werde das Gesetz auch nicht bringen, der größte Feind der Monarchie sei in Deutschland der Byzantinismus. Redner ergeht sich dann noch in ausführlichen Betrachtungen über Familie und Eigentum, worauf endlich die Weiterberalung bis Mittwoch vertagt wird, ohne daß ein zweiter Redner gesprochen hätte.
Äerlin, 10. Jan. (Deutscher Reichstag. 10. Sitzung ) Anwesend ist der Reichskanzler. Der Antrag Auer (Soz.) über Einstellung des Strafverfahrens gegen Stadthagen wird angenommen gegen die Stimmen der Konservativen und Freikonservativen. Hierauf folgt Fortsetzung der Beratung der^Umsturzvorlage. Das Wort ergreift Abg. Stumm, stumm erklärt, die sozialdemokratische Partei bleibe eine revolucionüre. Sie habe den deutschen Anarchismus geboren und stets die anarchistischen Thalen verherrlicht. Die Sozialdemokratie sei nur durch Gewalt zu unterdrücken. Er hatte allerdings das Gesetz schärfer gemacht und den Sozialdemokraten das Wahlrecht entzogen. Wer diese Sozialdemokratie nicht bekämpft, mache sich verantwortlich für die ströme Bluts, wodurch ihre Bahn alsdann führt. Besser wäre statt der Vorlage ein Ausnahmegesetz gewesen. Die Arbeiter müssen gegen die sozialdemokratischen Ausbeuter geschützt werden. (Beifall rechts.) Gröber (Zentrum) hebt die Leistungen der Arbeiterversicherung hervor, während die Sozialdemokratie nichts gethan habe. Aber Gewalt richte nichts aus. Die Wirkung muß von innen kommen. Die Stellung des Zentrums zur Vorlage sei gegeben durch dessen frühere Haltung zum Sozialistengesetz. Er beantragte Verweisung der Vorlage an eine Kommission. Die Bestimmungen des Entwurfs seien vielfach zu unbestimmt. Sind denn die Jesuiten schlimmer als die Umstürzler, welche doch des gemeinen Rechts teilhaftig sein sollen. Redner beleuchtet verschiedene aus der Unbestimmtheit der Vorlage erwachsene Schwierigkeiten. Er bemängelt das Beschlag- nahmerecht der Polizei und erwähnt die Verteidigung eines Aktes der Selbsthilfe seitens des Generals Kirchhofs durch den Kriegsminister, gegen welchen nach der Vorlage durch seinen Kollegen, den Justizminister Bestrafung beantragt werden müßte. (Heiterkeit.) Gröber schließt, es lasse sich keine Scheidewand errichten, zwischen den das Volk vergiftenden Professoren und den Arbeitern, welche die praktischen Konsequenzen aus deren Vortrag zögen. Der Kirche ist üie Hauptaufgabe im Kampfe Vorbehalten. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Staatssekretär Nieberding drückt seine Befriedigung aus, daß der Vorredner sich bereit erklärt hat, mit der Regierung das Gesetz eingehend zu beraten. Die Vorlage wolle lediglich Zucht und Ordnung und sei keineswegs gegen Arbeiter gerichtet. Ein Vertagungsan- trag wurde angenommen. Morgen Fortsetzung. Singer teilt mit, die Geschäftsordnungslommission werde sich am Freitag mit der Erweiterung der Disziplinarbefugnisse des Präsidenten beschäftigen.
Berlin, 10. Jan. Sämtlichen Truppenteilen der preußischen Armee ist eine kaiserliche Kabinetts- ordre durch Verfügung des Kriegsministers zugegangen, wonach die Militärmusiker beim Spielen zu öffentlichen Tanzvergnügungen nicht die Uniform tragen dürfen. Ferner soll den berechtigten Klagen der Civilmusiker über die ihnen durch Militärmusiker gemachte Konkurrenz künftig vorgebeugt werden.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 8. Januar. Nach einer Meldung der „Pol. Korr." aus Rom habe Graf Caserta bestimmt erklärt, daß er auch in Zukunft nichts anders sein wolle, als Graf Caserta und gegen die Ansprache und den Titel Majestät, sowie gegen den Gebrauch dieses Titels in der Adresse von Briefen und Schriftstücken sich verwahrt.
Frankreich.
Paris, 9. Jan. Verschiedene französische Offiziere, Namens Dreyfus haben die Aenderung ihrer Namen erbeten und bewilligt erhalten.
Italien.
Rom, 9. Jan. Der Corriere di Napoli meldet, daß auch der französische Botschafter in Rom, Billot, abberufen werde.
Kleinere Mitteilungen.
Göttelfingen, OA. Horb, 8. Jan. Mitten im Winter bei reichlichem Schnee steht hier zum Ergötzen von jung und alt ein Kirschbäumchen in vollem Blülenschmuck im Pfarrhaus«. Das Bäumchen, das vom Zimmerboden bis zur Decke über 2 Meter hoch hinaufreicht, breitet seine Haupt- und vielen Nebenzweige nach der Decke hin aus.
Hanau, 9. Jan. Unter Hinterlassung bedeutender Schulden und Mitnahme vieler Juwelen ist der Juwelier Schröder in Baden-Baden durchgegangen. Auf seine Festnahme ist eine Belohnung von 400 Rli ausgesetzt. Der hiesige Platz wird d urch Schröders Flucht geschädigt.
Hiezu das llnterhaltungsblatt 'Nr. 2 u. eine Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung (Emil Zaiser) Nagolds
Schützet die Wstliäume gegen Käsen!