Hages-Neuigkeilen.

Deutsches Neich.

chch Stag old, 4. Juli. Konzert Neumeister. Diesmal brachte unser alljährlicher beliebter Gast Franz Neumeister, Violinvirtuas, als Begleiter einen Baritonisten, Herrn Hofopernsänger Schäzle und den eigenen Sohn, Herrn Hugo Neumeister, Pianist, mit nach Nagold. Herr Franz Neumeister, dessen Violine anfänglich unter dem Einfluß der schwülen Temperatur zu leiden hatte, zeigte sich in seinem alten Glanze namentlich in dem ungarischen Tanz von Brahms. Herr Schäzle konnte anfangs nicht so recht zur Geltung kommen, teils weil man den Text nicht gut verstand, teils weil er, n ie im blinden Geiger v. Proch, zu sehr von der Violine gedeckt wurde; aber allmählich gewann das Publikum doch Fühlung mit ihm, besonders in Wolframs erstem Gesang aus Tannhäuser v. Wagner, einer Arie aus Kreutzers Nachtlager von Granada und demOb sie wohl kommen wird" v. Breyer. H. Hugo Neu­meister, der mit verständnisvoller Zurückhaltung be­gleitete, zeigte in einer schönen Fantasie für Klavier, von ihm selbst komponiert, daß er, was eleganten Anschlag und angenehme Abrundung des Spiels betrifft, seit seinem letzten Auftreten hier vor einigen Jahren sich wesentlich vervollkommnet hat.

ff- Haiterbach, 30. Juni. Das Jahresfest, des Bezirksvereins für verwahrloste Kinder und das des Hilfsbibelvereins fand gestern nach­mittag hier statt. Die gottesdienstliche Feier nahm um 2 Uhr seinen Anfang. Sie wurde eingeleitet durch einen frisch gesungenen 3 stimmigen Frauenchor - (Weide Herr, doch deine Herde). Stach dein Ge­meindegesang hielt H. Stadtpf. Stockmaier von hier die Festpredigt über Matth. 18, 14: Also auch ists vor eurem Vater im Himmel nicht der Wille, daß jemand von diesen Kleinen verloren werde. Red­ner verbreitete sich über Zweck und Aufgabe des Vereins, deren Lösung als ein wesentlicher Teil der inner» Mission zu betrachten ist. Daß hiezu beson­dere Jahresfeste abgehalten werden, wird mit dem Hinweis auf unser Württ. Gesb. Nro. 45 Vers 7 begründet, und weil es sich empfehle, ja notwendig sei, unsere Kinder und ihre Pflegeltern durch solche Jahresfeiern zu erfreuen und aufzumuntern. Auch bieten diese Feste Gelegenheit, 1) den Kindern im­mer wieder ans Herz zu legen, wie sie sich Gott und ihren Pflegeeltern gegenüber zu verhalten haben, daß sie ihr Leben nach dem Willen und den Gebo­ten Gottes einrichten, daß sie Kinder Gottes werden sollen; 2) unsere Pflegeeltern an ihre übernommenen Pflichten zu erinnern, namentlich an tz 1 und 2 der Statuten. Nachdem noch der Bericht über die letzte Jahresrechnung des Vereins (s. unten) ver­lesen war, trat H. Stadtpf. Dieterle von Nagold in den Kreis der Vereinskinder. Er legte seiner katechistischen Unterweisung die Textworte Luc. 2, 4952 zu Grunde und benützte dieselben, den Kin­dern das Lebensbild des 12jährigen Jesusknaben als mustergiltiges Vorbild vor Augen zu führen und sie zu ermahnen, demselben stets nachzuleben. Der dritte Redner, H. Pf. Groß von Bösingen hatte es über­nommen, die Sache des Hilfsbibelvereins zu ver­treten. Er hatte feiner Ansprache das Schriftwort 1 Petri 1, 25 zu Grunde gelegt: Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit,das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist". Bibelsache und Kinderfest, sagte der Redner, lassen sich ganz gut vereinen. Pflegeeltern und Pflegekinder können den Pflichten, die ihnen von den beiden Vorrednern aufs Neue ans Herz gelegt worden sind, am besten Nach­kommen, wenn sie dazu aus dem Worte Gottes ihre Kraft holen. Aus dieser Ouelle haben auch die bei­den Männer, deren Gedächtnis der heutige Tag ge­weiht ist, Kraft geschöpft. Wort Gottes ist alles das, wo Gott mit uns redet, nicht nur in der hl. Schrift, auch in der Statur und im täglichen Leben, es ist überall, wo der Geist Gottes weht; dies ist allerdings vornehmlich in der hl. Schrift der Fall. Man hört freilich sagen, das Wort Gottes sei so schwer zu verstehen, daß manchmal Studierte sich vergeblich den Kopf zerbrechen. Und doch ist es auch Thatfache, daß oft einem einfachen Weib der Sinn einer Schriftstelle aufgeschlossen und klar ist, während sie einem Gelehrten als ein Buch mit 7 Siegeln er­scheint, was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt, ein kindlich Gemüt. Es hängt eben davon ab, daß der hl. Geist uns das richtige

Verständnis öffne. Rufe deshalb ihn, l. Bibelleser, um seinen Beistand an, so oft Du Deine Bibel zur Hand nimmst, dann wird er Dich in alle Wahrheit leiten. Lies in der Bibel nicht, wie in einem Ge­schichtenbuch, sonst wird sie Dir langweilig, sondern denke daran, daß sie dazu da ist, uns den Weg zum Leben zu weisen, 2 Tim. 3, 16. 17 und glaube fest, daß alles, was Du in ihr ließest, speziell dich an­geht, dann wird sie Dir gewiß bald das wichtigste und liebste Buch werden. In der ganzen hl. Schrift alten und neuen Testaments ist ja von Niemand die Rede als von Jesu. Und weil Jesus Christus ist gestern und heute und derselbe in alle Ewigkeit, so bleibet auch Gottes Wort in Ewigkeit. Der Be­zirksverein für verwahrloste Kinder hatte vom 29. Juni 1893 bis 28. Juni 1894 einschließlich des Kassenvorrats am 29. Juni 1893 mit 78 ^ 53 I

im ganzen Einnahmen. 1940.69

welche teils von Kostgeldsbeiträgen der Heimatgemein­den, durch einen namhaften Beitrag der Amtskorpora­tion, einzelnen Liebesgaben, Vermächtnissen, sowie durch Kirchenopfer der K. Pfarrämter zusammenfließen. Die Gesamtausgaben betrugen . . 1865.02 -.M

somit Kassenvorrat. 75.67

Aus Anlaß des gestern hier gehaltenen Jahresfestes spendete die Stadtgemeinde Haiterbach als Beitrag zur Bewirtung der anwesenden Bereinskinder und ihrer Begleiter, welche H. Gasthausbesitzer F. Schit- tenhelm z. Löwen in dankenswerter und recht be­friedigender Weise übernommen hatte, die Liebesgabe von 25 -/7. Die Gesamtzahl der in Pflege des Vereins stehenden Kinder beträgt 27, am Jahresfeste haben teil genommen 23. Der Hilfsbibel­

verein Nagold stellt pro 1893/94 seine Rechnung wie folgt:

Kassenbestand am 1. April 1893 . . 150.14

Ertrag der Resormationsfestopfer . . 365.82

Ertrag aus Kollekten u. s. w. . . . 319.19 ^

Erlös aus verkauften hl. Schriften . 761.15 ^

Summe der Einnahmen 1596.30 -45 Dagegen wurden an die Bibelanstalt bezahlt: für bezogene hl. Schriften .... 909.15 -45

für bezogene Bibelblätter .... 120.

für freien Beitrag an die Bibelanstalt 400. -45 an Frachten etc. wurden vorausgabt . 33.36 ^

Summe der Ausgaben 1462.51 -45 bleibt noch ein Kassenbestand am 1. April 1894 133.79 -45, welches Ergebnis trotz des trockenen Jahr­gangs und so mancher Not des Rechnungsjahres 1893, 94 ein ganz befriedigendes zu nennen ist. An Bibeln wurden abgegeben: 162 Traubibeln, 178 Schulbibeln, 631 neue Testamente, meist für Kofir- manden zu dem überaus billigen Preis von 20 I das Stück. Von den hl. Schriften wurde ein großer Teil zu herabgesetzten Preisen, manche auch unent­geltlich abgegeben und beträgt der Nachlaß hierauf über 300 . stl So wirkt der Hilfsbibelverein unter­stützt von seinen Freunden nach 2 Seiten segensreich; er beschafft Unbemittelten und Armen hl. Schriften zu herabgesetztem Preis oder manchmal umsonst und unterstützt die Bibelanstalt bei ihren großen Bedürf­nissen, die ihr. durch neue Ausgaben von hl. Schrif­ten erwachsen. Diese neuen Ausgaben von Schul­bibeln, Taschenbibeln und neuen Testamenten in re­vidiertem Text finden auch allgemein Anklang nicht nur in Bezug auf gutes Papier, schönen Druck, hübsche Ausstattung und soliden Einband, sondern auch wegen des überaus billigen Preises. Wir bit­ten auch fernerhin des Hilfsbibelvereins wohlwollend zu gedenken und mitzuhelfen, daß das Wort Gottes immer mehr laufe und Frucht schaffe ins ewige Leben!

Liebenzell, 1. Juli. Die hies. freiw. Feuer­wehr beging heute vom prächtigsten Wetter begün­stigt ein doppeltes Freudenfest, die25jähr. Gründungs- Jubiläumsfeier uu damit verbunden das Fest der Fahnenweihe. Die Feier wurde in der Frühe durch Tagwache und Böllersalven eingeleitet. 11m 8 tlhr versammelten sich die Mitglieder der Feuerwehr, die Festdamen, die bürgert. Kollegien und die übrige Bewohnerschaft im Gotteshause, um einer trefflichen Rede des Hrn. Stadtpfarrers Weitbrecht über Psalm 125, Hoffnung läßt nicht zu Schanden werden; die auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen, son­dern ewiglich bleiben, wie der Berg Zion, Gehör zu geben. Anknüpsend hieran kam Hr. Stadtpfarrer W. aus das Feuerwehrwesen im Allgemeinen und dessen segensreiches Wirken im Brandfalle zu spre­chen. - Gegen ' -12 Uhr schritt die Feuerwehr zu einer Hebung mit sämtlichen Gerätschaften. Beim

Festessen im Gasthaus z. Lamm brachte H. Stadt­schultheiß Schneider auf S. Maj. den König Wil­helm, welcher dem Feuerlöschwesen große Sympathie entgegenbringe, ein Hoch aus, das freudigste Auf­nahme fand. Nach ',-2 Uhr stellte sich in der Bahnhofstraste ein imposanter Festzug auf, 15 schmucke Festdamen schritten 40 Feuerwehren voran. Unter den auswärtigen Feuerwehren befanden sich auch Nagold und Wildberg. Mehrere Corps hatten ei­gene Musik und Tambours mitgebracht. Auf dem Festplatz ergriff H. Stadtschultheiß Schneider das Wort zu einer längeren Festrede, in der er namentlich auch jenen 32 braven Männern gedachte, die vor 25 Jahren die Feuerwehr gründeten und von denen jetzt noch 8 Mann aktiv sind. Denselben wurden in einer besonderen Ansprache die Ehrenerkennungs­zeichen übergeben. Vor der Enthüllung der Fahne, welche mit einem poetischen Spruch durch eine der Festjungfrauen übergeben wurde, sang derLieder­kranz" unter Leitung seines Dirigenten, Hrn. Schul­lehrer Brodbeck, das LiedIch grüße dich ec." und nach der UebergabeBrüder reicht die Hand zum Bunde". Auf dem größtenteils schattigen Fest­platz herrschte eine animierte Stimmung und fröhlich gab sich die Jugend dem Tanzvergnügen hin. Abends fand dann noch Festball im Gasthaus z. Lamm statt. Zum Schluffe darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Wirte der Stadt alles aufgeboten hatten, um die vielen Feuerwehrmänner, etwa 1200 an der Zahl, sowie die Scharen sonstiger Gäste zu befrie­digen. Möge die freiw. Feuerwehr von Liebenzell ferner blühen und gedeihen, damit sie in weiteren 25 Jahren in doppelter Stärke (jetzige Stärke et­was über 70 Mann) zurückblicken kann auf das heutige, so froh verlaufene Fest!

Wildbad, 30. Juni. Ihre Majestät die Köni­gin machte gestern Abend zwischen 9 und 10 Uhr eine Wagenfahrt durch die Stadt, um die zu Ehren Ihrer Majestät veranstaltete Beleuchtung der Stadt mit Kurplaz und kgl. Badegebäuden, sowie der nächst- gelegeuen Höhen anzusehen. Ueberall wurden Ihre Majestät, welche den ganzen Weg im Schritt fahren ließen, enthusiastisch begrüßt. Heute Vormittag 9 Uhr 55 erfolgte die Abreise Ihrer Majestät mittelst Sonderzugs nach Schloß Friedrichshafen.

Stuttgart, 2. Juli. Heute ist mit den Reno­vierungsarbeiten an dem Stiftskirchenturm begonnen worden. Zu den Kosten derselben, welche sich aus 160 000 ^.55 belaufen sollen, hat die Stadt 75000 -44 beigesteuert.

Stuttgart, 2. Juli. In Anbetracht des Um­standes, daß durch die vorjährige Notlage unserer Landwirtschaft der Viehstand bedeutend dezimiert worden ist, so daß Heuer aus dem Inland der Bedarf entfernt nicht gedeckt werden kann, muß viel Vieh von auswärts importiert werden. Es gelangen gegenwärtig wöchentlich 3 Ertrazüge mit Schlacht­vieh von Hamburg, Berlin und von Budapest hier an.

Cannstatt, 1. Juli. Die Vorarbeiten für den am 14., 15. und 16. Juli d. I. hier stattfindenden württemb. Landesfeuerwehrtag sind in vollem Gange. Bis jetzt haben sich 276 Feuerwehren mit über ca. 10,000 Festteilnehmern angemeldet, darunter 8 Feuer­wehren mit eigenen Kapellen. Man rechnet aus einen Besuch von mindestens 15,000 uniformierten Feuerwehrmännern, da jede württembergische Ge­meinde ihre gutorganisierte und vollständig »infor­mierte Feuerwehr hat und die landwirtschaftlich schöne Lage Cannstatts, im Herzen des Landes und in unmittelbarer Nähe der Residenz gelegen, einen großen Anziehungspunkt ausübt. Die Bedingun­gen für die Festteilnehmer sind aber auch überaus günstige, denn die Kgl. Württ. Generaldirektion der Eisenbahnen hat beschlossen, daß ein einfaches Billet zur freien Rückfahrt innerhalb der Giltigkeitsdauer von 10 Tagen berechtigt, sämtliche Feuerwehrgäste erhalten zu allen geselligen und festlichen Veranstal­tungen, zu der Ausstellung, sowie für den Besuch der'reizenden Königlichen Lustschlösser Wilheima und Rosenstein Freikarten. Die Ausstellung in Feuer­wehrrequisiten, Maschinen und Modellen, die ans das Feuerlöschwesen Bezug haben, soll reichhaltig und interessant werden: alle modernen Errungen­schaften der Feuerlöschtechnik werden hier zur Schau gestellt. Der Festzug wird imposant werden unv eine Länge von etwa 3 Kilometern in Anspruch neh­men. Weder ein deutscher, noch irgend ein anderer Landesfeuerwehrtag hat bis jetzt so viele Festteil­nehmer gesehen.