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In Grsellschllstkr.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Meramis-Bezirk Nagold.

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Erschein! wöchentlich 8mal: Dienstag, Donners­tag rmd Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 Pfg., in dem Bezirk 1 Mk., außerhalb des Bezirks 1 Mk. 20 Pfg. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Donnerstag 28. Juni

Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung v Pfg., bei mehrmaliger je 6 Pfg.

1894.

Adorlttemerrts-Giirladrmg

aus den

Gesellschafter"

mit dem Unterhaltungsblatt und dem weiteren Beiblatt:

Schwäbischen Landwirt.

^E^it dem 1. Juli beginnt ein neues vierteljährliches bezw. halbjährliches Abonue- ^ ment und bitten wir alle Abonnenten, ihre I Bestellung sosort zu erneuern, wenn sie eine j Unterbrechung im Bezug vermieden wissen ; wollen. Abonnementspreis s. oben ain .Kopse ^ des Blattes. !

Redaktion u. Liprdition. !

MIHNHI

Amtliches.

Beknnntinachnng.

Nach einer Mitteilung des K. Öberamts Herren­berg vom 25. ds. Mts. wird der auf 3. Juli in Oberjettingen verfallene Uiehmarkt wegen der drohenden Gefahr der Weilerverbreitung der Maul­und Klauenseuche nicht abgehalten.

Nagold, den 20. Juni 1894.

K. Oberamt. Vogt.

Präsident Carnot ermordet!

Der Ermordete, Francois Sadi Carnot, wurde am 11. August 1837 zu Limoges in Mittel­srankreich geboren, bildete sich zuin Ingenieur aus und trat bald als Abgeordneter so sehr hervor, daß er von 188082 Minister der öffentlichen Arbeiten, 188586 Finanzminister wurde. Am 3. Dez. 1887 wählte ihn die sranz. Volksvertretung mit großer Mehrheit zum Präsidenten der dritten französischen Republik. Mit Vorsicht und Mäßigung leitete er die innere und äußere Politik Frankreichs. Leider war es ihm nicht möglich, den Augiasstall gründlich zu reinigen, als den sich die öffentl. Angelegenheiten Frankreichs beim Wilsonskandal und Panamaskandal zeigten. Persönlich friedliebend, bot er doch dem französischen Ehrgeiz bei jeder Gelegenheit das nötige Futter, die französisch-russische Verbrüderung war sein Werk und die Tage von Kronstadt und Toulon bezeichnen die Höhepunkte seiner Präsidentschaft. Erst als die Präsidentenwahl in Sicht und seine Wiederwahl in Frage kam, da stellten sich auch ihm hitzige Ankläger entgegen. Der Tod durch Meuchel­mord hat ihn mitten aus der vollen Wirksamkeit herausgerissen. Am Samstag fuhr er aus dem mit russischen und französischen Fahnen geschmückten Lyo­ner Bahnhof in Paris weg, um Lyon, die zweite Stadt Frankreichs, zu besuchen. Vornehm und würdig repräsentierte er auch hier als Spitze des souveränen Volkes. Im Theater erwartete ihn Festjubel, Freude und Ehre - ahnungslos fiel er, wie einst König Heinrich IV. von Frankreich, dem Dolch des Mör­ders anheim. Der am 14. April 1865 durch Booth wi Theater erschossene Präsident der Ver. Staaten von Nordamerika, Abraham Lincoln, dessen am

2. Juli 1881 durch Guiteau auf den Tod verwun­

deter und am 9. Sept. an seiner Schußwunde ge­storbener Kollege Abraham Garsield und nun Sadi Carnot sind blutige Zeugen dafür, daß nicht nur Monarchen von Gottes Gnaden, sondern auch vom Volkswillen bestellte Präsidenten freier Repu­bliken von Mörderhänden bedroht sind. Weder die freie Regierungssorm noch die persönliche Ehrenhaf­tigkeit und Tüchtigkeit hat diese Staatsoberhäupter geschützt, ihre Mörder konnten in solchen Männern gewiß keineTyrannen" erblicken, die im Interesse desStaatswohles" beseitigt werden müßten. Aber gewisse Bevölkerungsschichten und einzelne Persönlich­keiten sind von einem teuflischen Geist des Hasses beseelt, der dann in solchen Explosionen zu tag tritt. Wehe denen, die diesen Haß mit Wort oder That, bewußt oder unbewußt, noch nähren und schüren! Welche Folgen die Ermordung Carnots für Frank­reich nach fick) ziehen wird wer wollte das heute beurteilen? Die sranz. Republik hat jedenfalls einen ihrer trefflichsten Männer verloren, dessen trauriges Schicksal auch unser Mitgefühl verdient.

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Lyon, 25. Juni. Präsident Carnot nahm gestern Abend an einem Bankette teil und brachte einen Toast aus aus das Wohl der Ausstellung, er beglückwünschte zu dem großen Erfolg und sagte: Ein einziges Herz schlage in allen Franzosen, wenn es sich um die Ehre, die Sicherheit und die Rechte des Vaterlandes handle. Dieselbe Einigkeit verbürge eine Bewegung in der Richtung des Fortschrittes und der Gerechtigkeit, wovon Frankreich der Welt ein Beispiel zu geben habe. Nach dem Bankett for­mierte sich vor dem Handelspalast eine lange Wa­genreihe, Carnots Landauer war der erste Wagen. Neben ihm nahm der Rhonepräfekt. Richaud Platz. Carnots Wagen fuhr 9 Uhr 10 Minuten unter ju­belnden Zurufen der dicht gedrängten Menge ab. Carnot dankte fortwährend grüßend. Plötzlich in der Mitte der langgestreckten Fassade des Kommerz­palastes sprang ein Individuum auf das Trittbrett des Wagens Carnots, welcher sofort hielt. Die Zu­nächststehenden sahen Carnot erbleichen und in den Wagen zurücksinken. Sie stürzten auf ein Indivi­duum los, welches durch einen Faustschlag des Rhone­präsekten aus die Straße herabgeschleuderr worden war. Carnot hatte einen Stich in die Herzgegend erhalten. Neben dem roten Großcordon der Ehren­legion drang das Blut unaufhörlich hervor. Der ! Attentäter wollte entfliehen. Die Menge, anfänglich , wie versteinert, ergriff ihn und hätte ihn zerrissen, wenn nicht eine große Anzahl Polizeiagenten ihn der Menge enirissen hätte. Eine Bedeckung von mehr als zehn berittenen Gardisten brachte den Attentäter, der bartlos, gesenkten Hauptes, mit Jacke und Mütze bekleidet, dahinschritt, nach der Polizeiwache, wo er sofort gefesselt wurde. Der Dolch des Attentäters ist 25 Cent, lang, der Griff ist aus vergoldetem Kupfer. Alsbald erschienen der Rhonepräfekt und andere berufene Perjönlichkeiten. Der Mörder ant­wortete bei der Vernehmung ohne Erregung, aber auch ohne Großsprecherei in schlechtem Französisch. Bei seiner Durchsuchung fand sich ein Arbeitsbuch von 20. Juni 1894 in Paris abgestempelt vor, nach welchem der Attentäter in Monte Visconti (Provinz Mailand) geboren ist. Ter Wagen mit dem verwun­deten Präsidenten fuhr nach der Präfektur. Vor der Präfektur hoben General Bonus, der Rhonepräfekt und der Bürgermeister den Präsidenten aus dem Wagen und brachten ihn in das nächste Zimmer. Die herbeigeholten Aerzte hielten eine Operation für

nötig. Dr. Ollier erweiterte die von Mordstahl ge­machte Wunde, Carnot erlangte dabei die Besinnung wieder und sagte mit deutlicher Stimme zu dem Arzt: Wie Sie mir wehe thun." Die gründliche Unter­suchung ergab eine sehr schwere Verwundung. So­fort wurde eine innere Verblutung befürchtet. Im festlich gefüllten Theater erwarteten Tausende den Präsidenten. Plötzlich verbreitete sich das Gerücht, derselbe sei das Opfer eines Attentats geworden; die Frauen schrieen laut auf. Inzwischen fuhr um 9' Uhr der Wagen mit dem Ministerpräsidenten und dem Präsekten in raschem Gang vor das Theater. Die Menge rief jubelndEs lebe Carnot." Mini­ster Dupuy stand erschüttert aus, winkte mit der Hand und antwortete:Rufet nicht so, der Präsi­dent ist das Opfer eines Attentats." Zuerst herrschte tätliches Stillschweigen, dann schallten von allen Seilen Verwünschungen, und Nachrufe gegen den Mörder. Der Präfekt eilte in das Theater und teilte die Nachricht von der Präsidentenloge aus mit. Zugleich erklärte er die Festvorstellung für unmöglich. Ma­dame Carnot reiste mit ihren beiden Söhnen und einem Arzt um 1 Uhr früh von Paris nach Lyon ab. Die Minister ebenso um 1 Uhr früh von Lyon nach Paris, um Ministerrat zu halten und sofort den Kongreß einzuberufen. Nach beendigtem Ver­hör wurde der Mörder in ein unterirdisches Gefäng­nis gebracht, wobei man Gewalt anwenden mußte. Bei der Todesnachricht wuchs die Aufregung der Volksmenge ungeheuer. Die Massen warfen sich auf einige italienische Restaurant und verwüsteten dieselben. Dann stürmten sie auf das Gefängnis los und verlangten den Tod des Mörders. Die Polizei schritt überall ein. Bald schrie die Menge: Nieder mit den Fremden, hinaus mit den Frem­den!" und randalierte vor dem italienischen Konsu­lat. Als auch hier die Polizei einschritt zogen sich die Massen mit dem Ruf zurück:Es lebe die Armee!"

Tages-Meuigketten.

Deutsches Reich.

Nagold. (Mitgeteilt.) Das Künstler-Konzert, das uns am Dienstag den 3. Juli, abends V»8 Uhr, im hiesigen Kgl. Seminarsaal geboten wird, dürfte uns eine Rühe musikalischer Genüsse bieten. Der Name des Hofmusikus Neumeister ist weit über die Grenzen des Schwabenlandes bekannt; sein Name bürgt auch dafür, daß die beiden Partner, Pianist Hugo Neumeister und Hofopernsänger Ernst Schäzle, welchen ebenfalls der beste Ruf vorangeht, würdig sich der Führung des Meisters der Violine erweisen werden. Da die auswendigen Vorträge der schwie­rigen und effektvollen Trios und Solis des Herrn Neumeister laut auswärtigen Berichten überall große Bewunderung erregen, und dessen Konzerte von der musilliebenden Welt als Kunstgenuß begrüßt werden, so verspricht das gewählte Programm einen genuß­reichen Konzertabend, den sich die hiesigen Musik­freunde nicht entgehen lassen sollten.

Vom Gäu, 25. Juni. In Bondorf hat am letzten Sonntag abend ein 20jähriger Bursche im Wirtshaus seinen Kameraden wegen eines gering­fügigen Wortwechsels durch einen Stich in die Brust lebensgefährlich verwundet. Der Thäter begab sich sofort nach der That auf die Flucht, hat sich aber bald wieder zur Umkehr entschlossen und dem Gericht gestellt.

Tübingen, 25. Juni. Wie verlautet, soll der Brand vom Samstag durch einen 15jährigen Bur-