Schönbronn. (Einges.) Je seltener heutzutage wahre und dauernde Dienstbotentreue ist, desto erfreulicher ist's, wenn solche wirklich da und dort noch zu finden ist, und mit gutem Rechte wird solchen Dienstboten auch die ihnen gebührende Ehre zu teil. So wurde auch der seit 25 Jahren ununterbrochen im Hause der Frau Marie Geigle, Witwe hier, treu dienenden Friedricke Herrmann von Effringen im Austrag ihrer Majestät der Königin das silberne Ehrenkreuz mit dem Ehrendiplom für treue und langjährige Dienste zuteil. Ehre solchem Hause und solchen Dienstboten!
Stuttgart, 17. Jan. Aus Davos wird der rasche Hingang des Oberst a. D. v. Bilfinger gemeldet. Die Nachricht erweckt in weiten Kreisen große Theilnahme mit dem Geschicke des verdienten Offiziers, den eine schwere Krankheit im 47. Lebensjahre dahinraffte. B. war "einer der geschätztesten und beliebtesten württ. Offiziere, der lange Jahre in hervorragenden Stellen im württ. Kriegsministerium als Adjutant des Kriegsministers und später als Abteilungschef der Militär-Abteilung thätig ivar, bis ihn sein zunehmendes Leiden nötigte, aus dem aktiven Dienst zu scheiden.
Stuttgart, 18. Jan. Im Lause des Jahres 1892 93 hat sich die württembergische Staatsschuld um 8 045 893 31 Z vermehrt. Während sie
sich am 31. März 1892 auf 439105174 94 H
belief, bezifferte sie sich am 31. März 1893 auf 448 751400 ^ 25 I. An neuen Anlehen kamen in genannter Periode hinzu 10 710 400 , /^, denen Ablösungen im Betrage von 2 064 500 -// 09 I gegenüberstehen.
Im verflossenen Jahre bestanden in Württemberg 188 gewerbliche Fortbildungsschulen mit zusammen 22 511 Schülern. Der Staatsaufwand für diese Schulen ist auf 182 000 angewachsen; einschließlich des Aufwands der Gemeinden betragen die Kosten dieser Bildungsanstalten ca. 400 000 - //.
Wörishofen, 15. Jan. Im Jahre 1893 haben im Ganzen 10 989 Kranke bei Pfarrer Kneipp Hilfe gesucht.
Der zweite deutsche Taubstummen-Kongreß wird zu Pfingsten in Wiesbaden abgehalten werden. Zu demselben sind bereits zahlreiche Anmeldungen eingegangen.
Essen, 16. Jan. Ein Bergmann hat gestern seine Frau auf schreckliche Art ermordet, indem er ihr den Kopf abhackte.
Eine frühe, aber recht angebrachte Warnung und Mahnung an die Landwirte gehl ja durch die Zeitungen: Es handelt sich um den Abschluß von Hagelversicherungen. Der Schaden, welcher durch Hagelschlag der Landwirtschaft zugefügt wird, ist allerdings ein so bedeutender, daß nicht ernstlich genug daran erinnert werden kann, dem Schaden durch Versicherung bei Zeiten vorzubeugen.
Berlin, 18. Jan. (Deutscher Reichstag.) Am Bundesratstisch Graf Posadowsky, Tr. Miquel und Freiherr von Riedel. Erste Beratung der Weinsteuer.! Staatssekretär Graf Posadowsky erklärt, die verbündeten Regierungen halten die Weinsteuer für durchaus rationell, besonders da sie eine Luxussteuer ist. (Widerspruch.) Auch Reichsrat Buhl habe öffentlich anerkannt, daß die Weinsteuer in dem überwiegenden Teil Deutschlands als Luxussteuer wirke. Ein Haupteinwand gegen die Weinsteuer sei, daß sie auf die Winzer abgewälzt werde und daher einen Teil der Landwirtschaft belaste. Der Wein erhält durch die Behandlung im Keller eine große Wertsteigerung und man braucht nicht anzunehmen, daß der Weinhändler mit Rücksicht auf die Weinsteuer den Winzern geringere Preise zahlt. Der Wein ist am billigsten, wenn er von der Kelter kommt. Ter Kelterpreis ist aber in Württemberg und Baden, trotzdem der Wein dort mindestens gleich hoch besteuert wird, als nach dem vorliegenden Entwurf innerhalb zehn Jahren nicht gestiegen. Ein großer Vorzug der Weinsteuer sei, daß der ausländische Wein auch mit versteuert sei, deshalb werde man im Jnlande edlere Gewächse zu ziehen bestrebt sein. Wenn die Steuer auf die Produzenten abgewälzt wird, so müßte das Land, welches den Wein am höchsten besteuert, auch den billigsten Wein haben, aber gerade in Württemberg, wo der Wein verhältnismäßig am meisten besteuert wird, ist der Wein teurer als in Baden. Er hoffe, auch im Reichstage werde sich eine Majorität für die Vorlage finden. (Be,fall und Widerspruch.) Abg. Schmidt-Elberfeld lfreis. Volksp.) führt aus, in Württemberg sei die Weinsteuer nur eine Ausschankjteuer, die der W,rt bezahle. Wir wollen nicht, daß der kleine Riann in Süddeutschland durch die Weinsteuer gezwungen wird, zum Branntwein überzugehen. Man möge der Vorlage gleich im Plenum ein ehrliches und anständiges Begräbnis verschaffen. Abg. Bürklin (natl.) erklärt, die Weinsteuer führe alle möglichen Belästigungen herbei, Belastungen, ohne einen nennenswerten Betrag zu erbringen. In Süddeutschland ist der Wein Nationalgetränk, nicht bloß ein Getränk der Wohlhabenden. Abg. Buhl (nl.» rechnet den Grenzpunkl, wo die Weinsteuer Luxussteuer zu sein
beginnt, viel höher als es in der Vorlage geschieht. Die Besteuerung trifft auch die billigen Weine. Redner teilt mit, ein Teil der Nationalliberalen sei einer Luxussteuer für teure Weinsorten nicht abgeneigt, die übrigen erklären sich gänzlich gegen die Vorlage. Er beantragt Beratung in der Kommission, v. d. Grüben (kons.) und Braubach (Zentrum) erklären die Vorlage in gegenwärtiger Form sür unannehmbar. Posadowsky bestreitet eine Belastung der Winzer durch die Vorlage. Di eh (Sozialdemokrat) wünscht sofortige Ablehnung. Fortsetzung Freitag.
Berlin, 19. Jan. Der Bundesrat überwies die Anträge des Reichstags aus Revision des Allersund Jnvaliditätsgesetzes, sowie die Gemeindeordnung für Elsaß-Lothringen und das Gesetz betr. Aende- rnng der Gerichtsverfassung und der Strafprozeßordnung an die Ausschüsse.
Berlin, 19. Jan. (Deutscher Reichstag.) Fortsetzung der ersten Beratung des Weinsteuergesetzes. Abg. Zorn v. Bulach (kons.) betont, in Süddeutschland betrachte man den Wein als ein notwendiges Nahrungsmittel. Tie Steuer in der vorgeschlagenen Form würde wie eine Strafe für die Produzenten der Qualitätsweine wirken und außerdem zahllose Prozesse herbeiführen. Der finanzielle Erfolg des Gesetzes ibürde den Belästigungen keineswegs entsprechen. In Frankreich wolle man die Kellerratten, wie man die Weinkontrolleure nenne, los werden, führe man sie nicht in Deutschland ein. (Beifall.) Abg. Köpp (freist Ver.) führt aus, die Steuer würde gerade den Winzer belasten. Wenn von einen, Notstand der Landwirtschaft die Rede sein könne, sei dies vor allem bei den, Weinbau der Fall. Direktor des Reichsschatzamtes Astchenborn erklärt, jdie Befürchtungen der Winzer seien auf ein Mißverständnis zurückzuführen, welches durch die vorzeit. Veröffentlichg. eines Entwurfs hervorgerufeu wurde, der dann nicht zur Vorlage gelangte. Ter Weinbesteuerung stehen keineswegs unüberwindliche Hindernisse entgegen. Die Annahme einer Reichsweinsteuer werde überdies den Einzelstaaten und den Kommunen eine rationelle Besteuerung des Weines ermöglichen. Gamp (Reichsp.) befürwortet die Vorlage. Die Winzer werden nicht darunter leiden, weil das Gesetz das Bestreben fördere, bei Produzenten zu kaufen. Die Kontrollmaßregeln seien verbesserungsfähig. Simonis (Elsäßer) bekämpft die Vorlage, welche ohne Sachverständige von Steuertechnikern ausgearbeitet sei. Darauf wird die Beratung auf morgen vertagt.
Wie es im Reichstage nach dem Beginn der Session des preußischen Landtages aussehen wird, das läßt sich schon heute sagen, falls der Arbeitseifer der Herren Reichstagsabgeordneten keine Zunahme erfährt. Man kann hie anwesenden Volksvertreter an den Fingern herzählen: Bei den wichtigen Debatten über die Tabakfabrikatsteuer waren oft genug kaum 50 bis 100 Abgeordnete anwesend, und da nun gegen 80 Reichstagsabgeordnete im preußischen Abgeordnetenhause als dessen Mitglieder ihre Diäten einzustreichen haben, kann man sich denken, was für den Reichstag bleibt. Der Reichstag ohne Abgeordnete ist gerade kein schönes Bild, wohl aber etwas anderes. Und dabei haben wir erst die erste ordentliche Session nach den Neuwahlen; wie mag das nun in den kommenden Jahren und Sessionen werden. Nachsitzen lassen kann man doch die Herren wegen ihrer Unpünktlichkeit nicht. Was also nun?
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 18. Jan. Aus Petersburg meldet die „Pol. Corr.": Die Erzielung eines vollständigen Einvernehmens in Betreff des Handelsvertrages zwischen Rußland nnd Deutschland steht nahe bevor, so daß die deutsche Regierung den Vertrag dem Reichstag gegen Ende des Winters werde vorlegen können.
Frankreich.
Es geht nirgends toller zu in der Welt, als in Frankreich, so hat es vor hundert Jahren geheißen, und so ist es heut noch! Jetzt streitet man sich in Paris schon darum, wer die Tochter des zum Tod verurteilten Anarchisten Vaillant erziehen lassen oder gar adoptieren darf. Tie Herzogin von Uzäs, die sich schon einmal als die Protektorin des seligen Boulanger berühmt gemacht hat, will das Kind erziehen lassen „zur Erinnerung an ihren, im schwarzen Erdteil dahingerafften Sohn," und sie hat bereits mit dem Verteidiger Labori Rücksprache genommen, damit dieser den Verurteilten von ihren Absichten in Kenntnis setze und seine Ermächtigung einhole. Madame Säverine, die bekannte Anarchistin, will das Kind ebenfalls erziehen lassen, natürlich in anderer Weise als die generöse Herzogin, und ein Linienschiffskapitän hat aus Nantua telegraphiert, er wünsche es zu adoptieren. Von anderen Anträgen, die offenbar nur der Reklame dienen, ganz zu schweigen. Und bei diesem Wettlans scheint gar niemand zu denken, daß das Kind noch eine Mutter hat, der es von Vaillant gewaltsam entführt worden ist und die doch auch ein Wort mitzureden hat. ,
In der Nacht vom Montag zum Dienstag hat sich in Paris eine ganze Familie/bestehend aus Vater, Mutter und einer 23jährigen Tochter, durch Kohlengas erstickt. Die Familie soll noch reiche Verwandte gehabt haben, die sich jedoch ihrer nicht angenommen haben.
England.
London, 18. Jan. Dem „Standard" wird aus Shanghai gemeldet, daß in der Provinz Urga in der Mongolei durch eine Anzahl Erdbeben mehrere Hundert Personen ihr Leben verloren haben. Viel Vieh ist umgekommen.
Kleinere Mitteilungen.
Gegen eingefrorene Fensterscheiben. Ein praktisches Mittel gegen eingefrorene Schaufenster- Hat ein Stuttgarter Bäckermeister angeweudet. Mißmutig darüber, daß ihm in den kalten Tagen sein Schaufenster total zugefroren und daß dadurch seine schöne Auslage dem kauflustigen Publikum gänzlich unsichtbar blieb, entschloß er sich zur raschen Abhilfe. Er übergießt das Schaufenster mit Spiritus, zündet diesen an, bis ... Nun, man errät den Schluß: bis mit einem Knall das Schaufenster im Wert von 140 in tausend Stücke zerspringt. Lrobutuin cvK.
In Schulpforte bei Naumburg besteht eine gehobene Elementarschule mit einem Schüler und dreffLehrern, nämlich einem Akademiker (Philologen) als Ordinarius, einem Musikdirektor als Gesanglehrer und einem Volksschullehrer als Schreiblehrer. Der Schüler, der jedenfalls sehr klug werden wird, ist erst 7 Jahre alt.
^ Paris, 12. Jan. Aus Erutranuues wird berichtet: In dem kleinen Dorfe Laval wurde am 8. Januar ein schreckliches Verbrechen begangen. Der Pfarrer Fricot wurde gegen 8 Uhr abends, nachdem er eine Abendmahlzeit gegessen hatte, ermordet; der Mörder überfiel ihn im Garten, schlug ihm mit einem furchtbaren Hammerschlage den Schädel ein und warf ihn dann in einen Brunnen. Damit noch nicht zufrieden, sammelte der Barbar, als er hörte, daß der unglückliche Pfarrer in der Tiefe des Brunnens noch jammerce und stöhnte, große Steine und warf sie ihm unter cynischen Zurufen auf den Kopf. Das Verbrechen wurde erst am nächsten Morgen entdeckt. Ter Untersuchungsrichter beschloß zuerst, in der Wohnung des Vikars Bruneau eine Durchsuchung vorzunehmen, da dieser stark im Verdacht stand, an dem Morde teilgenommen zu haben. In der That wurden in der Wohnung des Vikars verschiedene mit Blut bespritzte Gegenstände gefunden, darunter ein Handtuch, das die Eindrücke von fünf blutbefleckten Fingern aufwies, lieber die Herkunft aller dieser Blutflecken befragt, geriet der Vikar in Verlegenheit und wußte nicht, was er antworten sollte. Bald wurde es zur Gewißheit, daß der Mord von ihm allein begangen worden, und daß Raub der Beweggrund gewesen war. In einem dem Vikar gehörenden Kornspeicher fand man nämlich Rententitel, die dem Pfarrer Fricot gehörten. Außerdem wurde ini Besitz Brunneaus eine Summe von 1000 Fr. gefunden, deren Herkunft er nicht zu rechtfertigen wußte. Hier in Erntrammes weiß man überdies, daß der Vikar Bruneau, der nur ein sehr mäßiges Einkommen hatte, seit einiger Zeit in Gesellschaft leichtsinniger Dirnen sehr viel für seine Tiners und andere Vergnügungen ausgab. Bruneau wurde natürlich verhaftet.
lieber den Hofstaat des Kaisers von Rußland giebt ein russisches Blatt, die „Nowoje Wrcm- ja", folgende interessante Daten. Am 1. Januar 1894 bestand dieser Hofstaat ans: 1 Obcrkammer- herrn, 5 Oberhofmeistern, 1 Oberschenken, 1 Ober- Jägermeister, 1 Ober-Hosmarschall, 1 Ober-Vor- schneider, 1 Ober-Stallmeister, 35 Hofmeistern, 17 Stallmeistern, 6 Jägermeistern, 1 Direktor der kaiserlichen Theater, 2 Ober-Zeremonienmeistern; außerdem aus 16 Personen in der Stellung von Hofmeistern, 1 Hofmarschall, 26 Personen in der Stellung von Jägermeistern, 9 Zeremonienmeislern und 8 Personen in der Stellung von Zeremonienmeistern, 173 Personen mit Kammerherrn-Rang, 249 Kammerjunkern, 24 Hofärzten, 23 Hofgeistlichen, 10 Staatsdamen, 4 Kammersräulein mit 180 „einfachen" Fräulein. Leider ist nicht gesagt, was diese Hof-Armee kostet.
In einem Dorf der Umgebung von Petersburg hatte sich eine junge Frau, um das Ausfallen der Haare zu verhindern, dieselben mit Petroleum gewaschen und, um den lästigen Geruch zu vertreiben, sich eine Zigarette angezündet, als das mit Petroleum getränkte Haar plötzlich Feuer fing, wodurch die Frau derartige Brandwunden erlitten hat, daß sie nach 5 Tagen unter entsetzlichen Schmerzen gestorben ist.
(Wie es in Chicago aussieht), das zeig; nachstehende Stelle aus einem dem „Voigtländ. Anzeiger" zur Verfügung gestellten Privatbrief, den