der Kommission prämiirten Pferde, Rindvieh, Schafe und Schweine vor. Für Pferde und Stutfohlen wurden 28 Preise vergeben, für Rindvieh 77, für Schafe 16 und für Schweine 19, im Ganzen 138 Preie. Im Anschluß an die Prämiierung wurden noch zwei Rennen geritten.
S t u t t g a r t, 29. Sept. Wie ein hiesiges Nachrichtenbureau mitteilt, übernimmt Karl Schmid, Lehrer an der evangelischen Volksschule hier, Leiter der Zeitschrift „Das Lehrerheim", auch Leiter eines hiesigen Knabenhortes, die Redaktion des Beobachters. Die Leitung des „Lehrerheims" soll Herr Schmid beibehalten.
Feuerbach, 24. Seht. Heute Mittag hat ein 19jähriges Dienstmädchen am hiesigen Bahnhofvorplatz ein 1—2jähriges Kind ausgesetzt und sprang dann in den gleich darauf die Station passierenden Schnellzug hinein, ohne das Kind, welches jämmerlich weinte, mitzunehmen. Ob ein böswilliges Verlassen des Kindes oder sonst eine Absicht vorliegt, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Von Nachbarn wurde das hinterlassene Kind inzwischen in Verpflegung genommen. — Das Kind ist heute (25.) von seinen Eltern (einem Schneidermeister in Stuttgart) wieder abgeholt worden. Die Dienstmagd des Letzteren wurde, wie man hört, mit dem Kinde und mit einem 20^-Stück versehen, um Einkäufe zu machen, fortgeschickt, zog es aber vor, mit Geld und Kind zu verduften. Dieser ungetreue Dienstbote (aus Weil im Dorf gebürtig) wird sich wohl nicht zu lange seiner goldenen Freiheit erfreuen.
Frankfurt a. M. Wie aus Belgrad gemeldet wird, hat der deutsche Gesandte daselbst den Handelsvertrag mit Serbien gekündigt.
Osnabrück, 28. Sept. Im Friedenssaal des Rathauses erklärte der Reichskanzler, die Kriegsfurcht sei unbegründet. Keine Macht wolle den Frieden stören. Die französisch-russische Annäherung sei nur der Ausdruck vorher schon bestehender Verhältnisse. Auch die Verhältnisse im Innern, um die der Kaiser sich bemüht, würden, wennschon vielleicht erst nach Jahrzehnten, einen befriedigenden Abschluß finden.
Ein heiliger ungenützter Rock befand sich vor Zeiten auch in Loccum. Wie die Stadtchroniken von Bremen und Loccum erzählen, brachte der Erzbischof Waldemar, als er 1217 vertrieben wurde und sich in das Cistercienserkloster Loccum zurückzog. den ungenützten Rock Christi (vostoin Salvatoris), welcher bisher im Dom zu Bremen verehrt worden war, nach Loccum und ließ ihn in der dortigen Kirche an einer durch ein weißes Kreuz bezeichnten Stelle einmauern. Von diesem Kleid heißt es in den Chroniken, daß es „dem Jesuskind vom Himmel geschickt ward, ungenützt (inoonsntilw) , wunderbar gefärbt, bald lang, bald kurz wurde und mit dem wachsenden Leib wuchs". Im 16. Jahrhundert wurde das ganze Kloster Loccum protestantisch. Seitdem hat man von dem heiligen Rock in Loccum nichts mehr gehört; er ist, wie bemerkt wird, entweder protestantisch geworden oder verschollen. Gegen den Trierer Rock und seine „altehrwürdige" Ueber- lieferung treten außer dem Loccumer noch mehrere andere als Zeugen auf, die ebenso wie der von Trier Ansprüche auf Echtheit erheben, eine noch altehrwürdigere Ueberlieferung aufzuweisen haben, sich auf zum Teil weit besser beglaubigte Urkunden stützen, Wunder gewirkt haben und von Rom als echte Röcke Christi anerkannt worden sind.
Berlin, 27. Sept. Das Gerücht von dem Zusammentreffen des Kaisers Wilhelm mit dem Zaren in Ostpreußen ist unbestätigt geblieben. Der Zar soll dem Prinzen Friedrich Leopold versichert haben, er werde einen Besuch in Berlin machen, sobald die Dispositionen Kaiser Wilhelms es gestatten.
Berlin, 28. Sept. Vier Offiziere und elf Untervsfiziere gehen als Ersatz nach Ostafrika.
Wie gestern der Reichskanzler v. Caprivi in Osnabrück, so hat vor einigen Tagen auch der preußische Handelsministcr Frhr. v. Berlepsch beruhigende Worte über die Erhaltung des Friedens gesprochen. Die beste Bürgschaft für den Frieden sei der mit dem der Nation übereinstimmende Wille des Kaisers den Frieden zu erhalteu.
Zur Beteiligung deutscher Bankiers an der neuen russischen Anleihe erläßt der allgemeine deutsche Verband folgende Erklärung: „In einem Augenblick, wo Rußland immer größere Truppenmassen
I an der deutschen Grenze aufhäuft und die russischen I Rüstungen eine Gefahr für den Frieden Deutschlands zu werden drohen, kann eine neue russische Anleihe nur als eine weitere Rüstungsmaßregel aufgefaßt werden. Wir haben kein Recht gegen die Begebung einer solchen neuen russischen Anleihe von auslän- bischen Börsen Einspruch zu erheben, aber wir haben ein Recht zu fordern, daß das deutsche Kapital sich von einer solchen direkt oder indirekt gegen Deutschland gerichteten Anleihe fernhält. Wenn es wahr ist, daß ein Berliner Bankhaus sich an dieser Anleihe beteiligt und wenn etwa der Versuch gemacht werden sollte, einen Teil dieser russischen Anleihe in Deutschland unterzubringen, so ist es Pflicht der öffentlichen Meinung, durch die schärfste Stellungnahme das vaterlandslose Gebühren eines Teils der Bankwelt in Schranken zu halten. Würde es ein französischer Bankiers wagen, in diesem Augenblick sich an einer deutschen Anleihe zu beteiligen? Wann endlich wird das Nationalgefühl auch bei uns so stark sein, daß, wer den Schutz unserer Gesetze genießt, auch — und es sei auch nur aus Furcht, — so handelt, wie es dem gemeinen Besten frommt und nicht den Privatvorteil über die Interessen des Landes stellt?"
Wie die „Nat.-Ztg." zuverlässig erfährt, werden im nächsten Militäretat erhebliche Erhöhungen der ordentlichen, fortlaufenden Ausgaben nicht verlangt werden. Dagegen sind wieder beträchtliche Mehrforderungen im Extraordinarium zu erwarten.
Wenn die von der „Nordd. Allg. Zeitung" mitgeteilten Ziffern über die preußische Weizenernte richtig sind, und es liegt kein Grund vor, daran zu zweifeln, so übertrifft die diesjährige Weizenernte die vorjährige um bald eine Million Doppelzentner. Dadurch wird aber das Getreidcmanko, das die Roggenernte ergeben hat, erheblich abgeschwächt und verringert sich von 3Vr Millionen auf 2^z Millionen Doppelzentner für Preußen. Betrachtet man nun das Gesamtergebnis der deutschen Ernte, so dürfte sich dieses in Süddeutschland noch erheblich besser stellen, als in Preußen allein. Mit Recht weisen deshalb die „Münchener Neuesten Nachrichten" darauf hin, daß bei dieser Sachlage die hohen Preise an den Getrcidemärkten sicherlich nicht allein aus den Getreidezöllen zu erklären, sondern zum guten Teil auch der Spekulation zuzuschreiben sind. Dies erkennen jetzt auch schon einzelne freisinnige Blätter an.
Der Wind am russischen Hofe hat sich gedreht! Die „Köln. Ztg." bringt nachfolgende, hochinteressante Zeilen: „Wenn man den Versicherungen hervorragender Russen glauben dürfte, wäre in den russischen maßgebenden Kreisen auf das Hochgefühl der Kron- städter Verbrüderungsfeste rasch eine etwas katzen- jämmerliche Stimmung gefolgt. Insbesondere der Zar befinde sich jetzt, da der Begcistcrungsnebel gewichen sei, in einer Stimmung, welche dem Ueber- schwang des republikanischen Jubels wenig günstig sei. „Was wollen Sie", so bemerkte eine russische Persönlichkeit, welche in der Lage ist, die Denkweise einflußreicher Kreise zu kennen, „wenn uns die Republikaner um den Hals fallen, können wir ihnen doch nicht ins Gesicht spucken. Jedenfalls denken wir nicht daran, uns mit dieser Gesellschaft allzutief einzulassen." Dann behielte man in Petersburg wenigstens reine Finger.
Die Versöhnung im Hause Hannover. Das Wiener Salonblatt meldet: Prinzessin Friederike von Hannover, Gemahlin des Oberstallmeisters der Königin von England von Pancel-Rommingen, welche wegen ihrer nicht standesgemäßen Heirat, in Ungnade gefallen war, ist nach mehr als zehnjähriger Abwesenheit in Gmunden zum Besuch ihrer Mutter, der Königin-Witwe Marie von Hannover angekommen. Diese und die königliche Familie haben der Prinzessin einen wahrhaft herzlichen Empfang bereitet und ihr zu Ehren wurden in der ver- gangenen Woche mehrere kleine Feste und Ausflüge arrangiert.
Der das Elsaß bereisende Berichterstatter des „Gaulois" meldet aus Straßburg folgende Erklärungen des Reichstagsabgeordneten Petri: „Wie ivürden eine Annäherung Frankreichs und Deutschlands als den Anbruch einer besseren Zeit für die ganze Welt begrüßen. Die Vereinigung Elsaß-Lothringens mit dem deutschen Reiche ist eine geschichtlich feststehende Thcitsache. Wir wünschen, daß an ihr von keiner Seite gerührt werde. Selbst die Elsaß-Lothringer,
welche ihre jetzige Lage zurückweisen, wollen meist keine Aenderung, da eine solche nur durch einen blutigen Krieg möglich wäre, unter welchem wir, wie er auch ende, am furchtbarsten zu leiden hätten. Lieber deutsch bleiben, als Krieg!"
Helgoland, 24. Sept. Man hat mitten auf der Insel Helgoland eine Tiefbohrung nach Wasser angesetzt und ist dabei so glücklich gewesen, bei einigen 40 Meter Tiefe ein schönes, klares und süßes Wasser zu erbohren, das bereits chemisch untersucht und als ganz vorzügliches Trinkwasser befunden worden ist. Wie man hört, soll nunmehr ein Hochreservoir angelegt und ganz Helgoland mit Wasserleitung versehen werden. Als Betriebskraft soll der auf Helgoland so reichlich vorhandene Wind benutzt werden, der einen solid und kräftig gebauten „Vil- lers-Windmotor" betreiben und das Wasser aus der Tiefe von 45 Meter noch auf ein Hochreservoir, im Ganzen auf ca. 60 Meter Höhe befördern wird. Die mit der Ausführung der ganzen Anlagen betraute Firma hat ihre Arbeiten bereits begonnen. Der Windmotor wird auf einem 18 Meter hohen eisernen Turm errichtet, besonders stark gebaut und mit einer eigenen Reguliervorrichtung versehen, die den Motor gegen die gewaltigen Stürme, die über die Insel hinwegfegen, schützen soll. Die Leistung des Pumpwerkes und des Motors ist auf 6000 Lit. Per Stunde berechnet, wofür die Erbauer Garantie leisten.
Aesterreich-Angarn.
Wien, 25. Sept. Für die friedliche Gesinnung des Kaisers Wilhelm gibt ein Zwischenfall, der sich während seines letzten Besuches in Oesterreich ereignete, einen treffenden Beweis. Es war an einem Abend nach den Manövern in Göpf- ritz, man aß an der Tafel des Erzherzogs Albrecht, und da kam das Gespräch, rein informativ', auf die Frage, ob es, von militärischem Standpunkte aus, weise sei, einem verdächtigen Feinde Zeit zur Erhöhung seiner Kraft zu lassen, ob es nicht viel mehr besser, die Entscheidung hcrbeizuführen, che cs dem Feind möglich geworden, alle seine Vorbereitungen zu beendigen. Der Name Rußland wurde zwar nicht genannt, doch Jeder der Anwesenden wußte, wer gemeint war. Der Tischgesellschaft gehörten der deutsche Kaiser, der König von Sachsen, Erzherzog Albrecht und einige hohe deutsche und österreichische Offiziere an. Es wurden Meinungen für und wider geäußert, da sprach Kaiser Wilhelm mit besonderer Betonung, so daß sie auch von Leuten gehört werden konnten, die nicht an demselben Tische saßen, die Worte: „Ich bin entschieden der Meinung, daß die ungeheuere Verantwortlichkeit, welche der Krieg in unserer Zeit auferlegt, alle in der Militärwissenschaft angenommenen Theorien zu Nichte machen muß. Ich würde einen Krieg nicht beginnen, wenn ich wüßte, daß ich, wenn ich ihn aufschiebe, noch ein einziges Jahr, nein, einen einzigen Monat den Frieden sichern könnte, ich würde auf den Sieg meiner guten Sache bauen, auch wenn die Chancen auf beiden Seiten gleich wären nnd ich keinen Vorsprung auf der meinigen hätte. Es ist viel gewonnen, wenn man einige Monate Mehr Frieden hat." König Albert von Sachsen äußerte sich in demselben Sinne und hob hervor, wie oft ein Krieg, der unvermeidlich geschienen habe, durch irgend welche zufällige Umstände vereitelt worden sei, besonders wenn die Diplomatie Zeit zur Intervention gehabt habe; in anderen Fällen habe sich der Krieg und in seinem Gefolge das Elend nicht vermeiden lassen, weil einer der beiden Teile, in der Furcht vor der wachsenden Kraft seines Gegners, plötzlich einen äußersten Entschluß gefaßt habe. Erzherzog Albrecht sprach gleichfalls über die ungeheuere Verantwortlichkeit Derer, die zu einem Kriege treiben wollten, in einer Zeit, wo die Waffen zu einer so mörderischen Vollkommenheit gebracht worden seien, wie jetzt. Das Gespräch, und ganz besonders der Ernst, mit dem Kaiser Wilhelm davon sprach, die Segnungen des Friedens, sei es auch nur noch für eine Reihe von Monaten, zu erhalten, wenn einmal der Krieg unvermeidlich erscheine, machte einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden.
Der Kaiser von Oesterreich hat endlich die vielbesprochene, lang hinausgeschobene Reise nach Prag unternommen. Er ist am Sonnabend daselbst eingetroffen und die Tschechen haben ihm, um ihre, zahlreichen Bübereien vergessen zu machen, einen