Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Donnerstag 20. August
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1891
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Die erledigte evangelische Pfarrei Peterzell (Sulz), wurde dem Pfarrer Müller in Breitcnberg übertragen.
Die Schnlstelle in Altburg (Calw) wurde dem Schullehrer Härtterin Schönmünz, dieiuOnolzheim (Crailsheim) dem Schullehrer Schuhmacher in Maisenbach, und die in Hausen a. L. (Reutlingen) dem Unterlehrer Sil- linger in Kuppingen übertragen.
Gestorben: Den 17. Ang. zu Stuttgart Oberst a. D. v. Marchtaler, Ehrenritter des Ordens der w. Krone, Ritter 1. Kl. des Friedrichsordens, 68 I. a.
Wir warten ab.
In Berlin ist der erste Beschluß gefaßt worden, um den Folgen der außerordentlichen Preissteigerung für Broilern entgegenzutrcten. Der Roggen wurde an der letzten Berliner Börse per Monat August mit 239 Mark gehandelt, ein geradezu beispielloser Prcissatz, wie er wohl überhaupt noch nicht daze- wesen ist. Die Notierung für Weizen lautete 240'/? Mark; sie würden noch auszuhalten sein, und es haben ja auch thatsächlich schon höhere Weizenpreise bestanden, wenn nicht eben der Roggenprcis so außerordentlich in die Höhe geschnellt wäre. Daß die Situation keine gieichgiltige mehr ist, zeigt der Beschluß der preußischen Regierung, dem wohl die übrigen Bundesstaaten bald Nachfolgen werden, für Getreide und Ersatzmittel eine erhebliche Herabsetzung der Frachttarife eunreten zu lassen, um auf diese Weise die Verschickung des Brotkornes zu erleichtern und zur Verbilligung der Unkosten des Transportes beizutragen. Zu einem durchgreifenderen Mittel hat sich die Reichsregicrung noch nicht veranlaßt gesehen. Ihren Entschluß, noch die Entwicklung der Marktlage abzuwarten, bevor ernstlich an eine Aenderung der Zollsätze gedacht wird, bestimmt die Annahme, unsere deutsche Ernte könnte unter Hinzunahme fremden Weizens doch dem heimischen Bedarf genügen. Das wird sie allerdings, doch ist nur die Frage, wie sich die Preise gestalten werden. In dem stattgehabten Ministerrate scheint man auch diesen Punkt erwogen zu haben und noch immer die Hoffnung zu hegen, in Rußland würde sich bald eine solche Finanzkalamität geltend machen, daß es unmöglich sein werde, das erlassene Roggenausfuhrverbot aufrecht zu halten. Der Hauptgrund für das Beharren bei den geltenden Zollsätzen ist aber die Rücksichtnahme auf die schwebenden Handelsvertragsverhandlungen. Oesterreich-Ungarn will bekanntlich Deutschland umfangreiche Konzessionen bei seinen Jndustriezöllen machen, wenn Deutschland seine Kornzölle ermäßigt. Geschieht letzteres schon vorher, so erscheint es, nach Annahme der Reichsregierung, nicht als sicher, daß die uns gemachten, d. h. auf dem Papier gemachten, Zugeständnisse nun auch wirklich zur Ausführung gelangen, denn noch ist der neue Handelsvertrag nicht Gesetz, dahin soll es erst in diesem Winter kommen. Es ist erklärlich, daß die Reichsregierung das Aeußerste aufbietet, um das sehr mühevolle Werk der neuen Handelsverträge nicht in der elften Stunde scheitern zu lassen, aber wir werden immer die heute thatsächlich vorhandenen Verhältnisse vor denen bevorzugen müssen, welche vielleicht kommen können. Für jeden, mag er Minister oder Handwerker, Landwirt oder Industrieller sein, steht das fest. Bei den gegenwärtig hohen Getreidepreisen darf es nicht bis zur nächsten Ernte bleiben, so lange es nur eine Spur von Mittel giebt, welches geeignet ist, eine Ermäßigung eintreten zu lassen. Daß die Aufhebung des Roggenzolles heute gar nichts mehr nützen kann, weil wir, so lange das russische Aus
fuhrverbot besteht, keine nennenswerte Roggeneinfuhr zu erwarten haben, erhellt ohne Weiteres. Es würde sich also, das ist der Kernpunkt, darum handeln, ob eine Ermäßigung oder Aufhebung des Weizenzolles eintreten soll und zu welchem Zeitpunkt. Die Reichsregierung kann sich heute noch nicht dazu entschließen; damit ist zu rechnen. Aber es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, daß, wenn eine andauernde Verschärfung der Lage vorhanden bleibt, zu diesem Schritt übergegangen werden muß. Cs kann und wird sich dann auch niemand dagegen sträuben.
Es wäre gut. wenn die Reichsregierung einmal einen Versuch machte, das solide Großkapital zur Unterstützung von Plänen zu animieren, welche der herrschenden Teuerung zwar nicht abhelfen, aber sie doch etwas mindern können. Daß in teuren Zeiten beim Kornhandel tüchtig verdient wird, ist bekannt, aller Notstand reicht nicht bis zu den Taschen der Spekulation. Es wäre doch nicht allzuschwer, ein Kapital von, nun sagen wir 25—30 Millionen Mark, zusammenzubringen und dies in fremdem Weizen, aus den wir ja doch angewiesen sind, anzulegen. Der so in Masse gekaufte Weizen könnte zollfrei emgesührt und dann mit reellem Profit — den muß natürlich jeder Geschäftsmann haben, weiter veräußert werden. An den Produktenbörsen würde man sich wahrscheinlich im Anfänge vor Aufregung auf den Kopf stellen, aber man würde auch schon wieder auf die Beine kommen, und vor allen Dingen wäre die Terminspekulation in Brotkorn tot. Ein solcher Plan wäre auch eine bündige Antwort auf Rußlands Ausfuhrverbot. Man würde dort schnell hellsichtig werden, und wenn nur eine schwache Möglichkeit vorhanden wäre, das Roggenausfuhrverkot wieder auszuheben, so würde es ganz gewiß geschehen. In Rußland herrscht heute ein teilweiser Notstand in Folge Mangels an Feldfrucht, das ist unbestreitbar. Aber in Rußland herrscht noch ein anderer Notstand, und zwar ein totaler, wegen Geldmangels. Die russischen Getreideexporteure, die diesmal ihr Korn im Innern absetzen müssen, fallen bis über die Ohren hinein, denn es giebt kein bares Geld. Die Petersburger Panslavistenblätter mögen sich ruhig ins „Fäustchen lachen" und sagen, man habe dem deutschen Reiche einen ganz gehörigen Streich gespielt; wenn man sich zwei Jahre hindurch dies Vergnügen macht, dann schlägt Deutschland sich immer noch durch, aber drei Mertel der russischen Landwirtschaft sind bankerott. Wir wünschten wohl, auf unserem deutschen Getreidemarkte möchte sich recht bald klarstellen, ob die Preise nichts anderes mehr kennen, als steigen und immer nur steigen, oder ob aus einen Druck nach unten wieder gerechnet werden kann. Wir beginnen jetzt die zweite Hälfte des August, viele Geschäftsleute und Gewerbetreibende fangen an, sich auf die Herbst- und Wintersaison einzurichten. Daß bei andauernden, übertrieben hohen Lebensmittelpreisen das ganze Herbst- und Wintergeschäft sehr schlecht sein wird, ist außer Zweifel, und auch die Landwirtschaft kann nicht alles wett machen, denn sie hat in diesem schlimmen Jahre vielfach Ausfälle genug gehabt. Das ganze deutsche Erwerbsleben wünscht eine baldige Klarstellung der großen Frage: Wie werden sich unsere Existenzbedingungen im Winter stellen? Es hängt viel, alles davon ab, und darum ist es auch erforderlich, daß bald jedermann weiß, woran er ist. Auf einen billigen Winter können wir überhaupt nicht rechnen,
wir sind ja auch schon im vorigen Jahre nicht verwöhnt, aber es kann doch immer noch eine Entwicklung sich geltend machen, welche erträglich für gesamte Bevölkerung erscheint.
Hages-MeuigkeiLen.
Deutsches Weich.
K Haiterbach, 18. Aug. Heute haben wir einen bedauerlichen Unglücksfall zu verzeichnen, der die Beteiligten aufs neue daran mahnt, wie man bei Handhabung von Maschinen nicht vorsichtig genug sein kann. Die von hier gebürtige brave Dienstmagd des Gutspächters T. von Unterschwandorf war bei der Bedienung der Getreidemaschine beschäftigt. Durch einen waghalsigen Sprung wollte sie auf die andere Seite der Maschine gelangen. Sie stürzte aber und geriet mit dem linken Fuß in die Maschine, wodurch ihr von derselben oberhalb der Knöchel 2 Sehnen durchschnitten wurden. Sie ist im hiesigen Spital untergebracht und wird ihr tollkühnes Wagnis bei günstigem Verlauf des Heilungsprozesses mit mehrmonatlicher Arbeitsunfähigkeit zu büßen haben.
L^Ueberberg, 18. Aug. Zu dem Unglücks- sall, über welchen in der Dienstagsnummer berichtet wurde, ist zu bemerken, daß der unter das Fuhrwerk gekommene hiesige Bauer Johannes Jedermann seinen Verwundungen erlegen ist. Durch die eingedrückten Rippen waren innerliche Lebensteile, so namentlich die Lunge schwer verletzt worden. Nach einem zweitägigen, unsäglichen Leiden, das er aber mit einer bewundernswürdigen Geduld und Ergebung in Gottes willen ertrug, starb gestern fast bis zum letzten Atemzug bei vollem Bewußtsein der brave Bauersmann und tapfere Krieger.
Evangelischer Kirchengesang-Verein für Württemberg. Unser Verein feiert das diesjährige Kirchengesangsest am Montag den 24. August in Calw. Vormittags 9 Uhr findet im Vereinshaus die Hauptversammlung statt. (Rechenschaftsbericht, Neuwahl des Ausschusses und sonstige Vereinsangelegenheiten.) Der Zutritt steht jedermann frei. Zur Wahl berechtigt sind die Mitglieder der Ausschüsse, sowie die Vorstände und die Gesaugsdirigenten der dem Landesverein angehörenden Kirchenchöre. Der Festgottesdienst mit Predigt von Herrn Dekan Braun beginnt um 2^j, Uhr. Die Chorgesänge werden von den Kirchenchören Altensteig, Calw (Kirchengesangverein und Schülerchor), Nagold (Seminarchor), Neuenbürg und Sulz a. N. ausgeführt werden. Abends */«5 Uhr sammeln sich die Mitwirkenden und Festgäste zu geselliger Vereinigung in der Turnhalle. (Eintrittspreis 20 -L, soweit Raum ist.) Auf dem Bahnhöfe ist ein Bureau errichtet, wo über alles, auch über gemeinsamen Mittagstisch L 1 ^ 20 in verschiedenen Gasthöfen. Auskunft erteilt wird. Dort, sowie bei Herrn Kaufmann Georgii am Marktplatz sind Eintrittskarten in die Kirche L 50 ^ und Texte mit Programm L 10 zu haben. Die Mitglieder des Landesvereins haben gegen Vorzeigung ihrer pro 1891 ausgestellten Mitgliederkarten überall, auch zu der um 11 Uhr stattfindenden Hauptprobe freien Zutritt. Wir ladeu alle Freunde der Kircheuges ang« Vereinssache zu diesem Feste herzlich ein.
Der geschäftsführende Ausschuß:
Abel. Burkhardt. Eitle. Hegele. Pezold«.
Für das Lokalkomite:
Dekan Braun.