Der Betriebsüberschuß wird zwischen 16 und 17 Millionen Mark betragen.

Stuttgart, 26. Juli. Gestern tagte in Rott­weil die überaus zahlreich besuchte Plenarversammlung der württembergischen Gemeinde- und Korporations­beamten. Als wichtigster Gegenstand der Tagesordnung kamen die Erfahrungen zum Austaüsch, welche man in Württemberg mit der Alters- und Invaliditäts- Versicherung gemacht hat. Es wurden die segensreichen Absichten des Gesetzes gebührend hervorgehoben, im Einzelnen aber auch auf kleine Mängel, die bei der Durchführung zu Tage getreten sind, hingewiesen. Als Vertreter des württembergischen Versicherungs­amts war Regicrungsrat Hutzel anwesend, welcher die liberale Handhabung des Gesetzes seitens der Regierung bezüglich der Rentenverteklung, Versiche­rungspflicht u. s. w. darlegte. Dem Minister des Innern, v. Schmid, sprach die Versammlung ihre Anerkennung aus für die vielen Beweise des Wohl­wollens, die er bereits den Gemeinde- und Korpora­tionsbeamten gegeben, und man gab der Hoffnung Ausdruck, daß er auch die Pensionsfrage bezüglich dieser Beamtenkategorie zu einem befriedigenden Ab­schluß bringen werde. Weiter wünschte man noch eine entsprechende Belohnung derjenigen Gemeinde­beamten, denen die Ausführung der sozialen Gesetz­gebung obliegt und außerdem eine Besserstellung der Verwaltungsaktuare.

Stuttgart, 28. Juli. Der leitende Redakteur des Staatsanzeigers, Professor Wieland, begeht am 5. August sein 25jähriges Jubiläum.

Stuttgart, 28. Juli. In Anbetracht der hohen Einkaufspreise hatten die hiesigen Metzger erst beabsichtigt, zu Anfang dieses Monats den Preis für Mastochsenfleisch, der gegenwärtig 74 ^ beträgt, auf mindestens 80 ^ zu erhöhen, sie haben dies aber nicht gethan mit Rücksicht auf den ohnehin schon sehr geringen Konsum dieser Fleischsorte. Man hofft auch, daß nach der Ernte sich die Vieheinkäufe billi­ger stellen. Neulich wurde von einem hiesigen Händ­ler der Versuch gemacht, Fettochsen aus Italien zu importieren. Der Mann hatte aber ein sehr schlech­tes Geschäft dabei gemacht, weil bei 30 Stück Ochsen die Spesen (Fracht und Zoll) die runde Summe von 3000 ^ ausmachten.

Stuttgart, 28. Juli. Die Nachricht, daß mit der Verleihung des Hnbertusorden an Hrn. v. Mittnacht ein Jahreseinkommen von 4000 fl. verbunden sei, be­stätigt sich nicht. Der bayerische Hubertusorden hat nur eine einzige Kommende mit 4000 fl., drei solche mit je 600 und acht mit je 300 fl. Die Dota­tionen werden überhaupt nur an bayerische Staats­angehörige abgegeben.

Neuenbürg, 27. Juli. Als Kandidat für den Landtag an Stelle des verstorbenen Abg. Bleyer ist von einer Anzahl von Wählern, welche in erster Linie einen Gewerbetreibenden als Vertreter wünschen, Herr C. Commerell in Höfen, Sägwerkbesitzer, ausgestellt worden. Derselbe hat die Kandidatur angenommen.

Aus den Bädern und von allen von Touristen stark aufgesuchten Plätzen kommen fortgesetzt Klagen über geringen Besuch. Schlechtes Wetter und schlechte Zeiten mögen hauptsächlich die Gründe für diese Erscheinung sein. Daß aber auch die fortgesetzten Unglücksfälle auf den Eisenbahnen die Reiselust stark vermindern, ist kaum zu bezweifeln.

Offenburg, im Juli. Hier spielte ein lang­wieriger Monstreprozeß gegen sechsHandelsleute." Im Ganzen waren über Hundert Zeugen und drei Sachverständige geladen. Die Anklage wurde wegen Urkundenfälschung, Betrug, Wucher, Untreue rc. er­hoben. Gestern erfolgte die Urteilsverkündigung. Strafen wurden geschöpft zwischen 6 Monaten Ge­fängnis und 4 Jahren Zuchthaus. Der Prozeß ge­währte einen Einblick in die verwickelten Manipu­lationen und Schachzüge, die angewendet werden, um den Bauern zu hintergehen und auszubeuten, charakterisiert aber auch auf der andern Seite Kurz­sichtigkeit, Leichtfertigkeit und Vertrauensseligkeit der letzteren.

Kissingen, 27. Juli. Gestern kamen acht Herren ans Petersburg hier an, welche im Auftrag der Deutschen in Petersburg dem Fürsten Bismarck eine kunstvolle Adresse überreichten. Heute mittag wurde die Deputation auf der oberen Saline von dem Fürsten in Audienz empfangen. In seiner An­sprache hob der Führer der Deputation besonders

die Verdienste Bismarcks um Hebung des deutschen Ansehens im Auslande hervor. Fürst Bismarck dankte für die ihm erwiesene Aufmerksamkeit und lud dann die Herren zum Frühstück ein.

In Leipzig hat die Schlachthausordnung auch auf Hunde ausgedehnt werden müssen, weil bekannt geworden war, daß ein Gastwirt wöchentlich 34 Hunde geschlachtet hat, deren Fleisch von seinen Gästen übrigens sehr begehrt gewesen sein soll.

Braunschweig, 28. Juli. Der furchtbare Hagelschlag, welcher Braunschweig und Umgegend am 1. Juli heimgesucht, hat einen Schaden von meh­reren Millionen angerichtet.

Berlin, 28. Juli. Die Sozialdemokraten fahren fort, zu boykotten. Unter Umständen boy- kotten sie auch einmal einen der Ihrigen. Die radikalen Berliner Schuhmacher haben den Dr. Lüt- genau geboykottet, weil er ihnen einen Vortrag zu­gesagt, aber nicht gehalten hat. Ihr Beschluß geht dahin, daß der Genannte niemals mehr bei den Schuhmachern sprechen soll. Schrecklich!

Im Reichsamt des Innern zu Berlin fin­den augenblicklich die Schlußberatungen über die Trunkfuchtsvorlage statt. Der Kaiser bekundet, wie die der Regierung nahestehendenBerliner Politi­schen Nachrichten melden, das lebhafteste Interesse für das Zustandekommen des Gesetzes und es wird mit der Publikation so lange gewartet werden, bis derselbe seine Zustimmung zu dem Entwurf erteilt haben wird. Es kann auch sein, daß der am 21. September stattfindenden Jahresversammlung des deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke die Vorlage zur Begutachtung unterbreitet werden wird.

Die Weinzollfrage zwischen Italien und Deutschland dürfte, wie aus Rom gemeldet wird, in der Weise gelöst werden, daß Deutschland nur für Verschnittweine, Most und frische Trauben den Zoll auf ein Drittel ermäßigt, denjenigen für bessere Sorten und in Flaschen aber unverändert beläßt. Damit soll vermieden werden, daß Frankreich die gleichen Vergünstigungen auf Grund des Frankfurter Vertrages erhalte. Gleichzeitig sollen beiderseits bedeutende Frachtermäßigungen ausbedungen werden. Auf dieser Basis ist, wie versichert wird, das Zu­standekommen des Vertrages gesichert.

Bellcrreich-Angsrn.

In der Gemeinde Szalatina im Marmaroser Comitat ist, wie man derN. Fr. Pr." aus Pest meldet, dieser Tage der Turm der vom Bischof neu erbauten Kirche, bei weicher eben das Gleichen­fest gefeiert wurde, aus bisher unbekannten Gründen mit großem Getöse eingestürzt. Nach einem Berichte desMagyar Hirlap" wurden 16 Arbeiter so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird.

Belgien.

Brüssel, 29. Juli. Nach Petersburger Nach­richten übergab der Gemeinderat Petersburgs außer einer jedem französischen Schiff gewidmeten Vase jedem der 120 Seeleute, welche am Stadthausbankett teilgenommen, je einen silbernen Humpen.

England.

London, 27. Juli. Der Kaiser wird am 3. August in Cowes erwartet und wird bis zum Samstag den 8. August, an Bord derHohenzol- lern" im Solent bleiben. Nachdem die Kaiserin und die Prinzen in Harwich an Bord genommen wor­den sind, wird dieHohenzollern" die Rückfahrt nach Deutschland antreten. Der Prinz von Neapel erfreut sich außerordentlicher Beliebtheit bei der könig­lichen Familie. Sein bescheidenes, liebenswürdiges We,en hat besonders die Königin für ihn eingenom­men. Der Besuch in Osborne kam am Samstag zum Abschluß. Die Königin lud den italienischen Thronerben jedoch ein, am Donnerstag nochmals einige Stunden bei ihr zu verweilen. Wahrschein­lich wird die Monarchin ihrem Gast dann persönlich den Bath-Orden anheften.

Rußland.

Petersburg, 29. Juli. Dem amtlichenRe­gierungsboten" zufolge hat der Zar bei dem gestri­gen Diner im Peterhof Trinksprüche auf den Prä­sidenten Carnot, die französische Flotte und insbe­sondere auf das unter dem Kommando des Admirals Gervais stehende Geschwader ausgebracht. Die Mu­sik hat wieder die Marseillaise gespielt.

Präsident Carnot antwortete:Ich bin tief gerührt durch die Empfindungen, welche Eure Ma­

jestät anläßlich der Anwesenheit unseres Geschwaders auszudrücken geruhten. Unsere tapferen Seeleute werden den herzlichen Empfang nicht vergessen, dessen Gegenstand sie gewesen. Ich danke Eurer Majestät für den Empfang und fühle mich glücklich, darin ein beredtes Zeugnis für die tiefen Sympathien erblicken zu dürfen, welche Rußland und Frankreich vereinen." (Schade, daß der erste Bürger der franz. Republik sich nicht an den Hals des Beherrschers aller Reußen werfen und denBruder"kuß austauschen kann.)

Der Besuch der französischen Flotte in Kronstadt, und die zu Ehren derselben von den Russen veranstalteten Festlichkeiten stellen sich immer mehr als ein fürchterlicher Schwindel heraus. Die Personen, welche bei allen panslavistischen Demon- strationen für die Franzosen voranstehen, sind zum größten Teil Elemente, mit denen kein anständiger Mensch zu thun haben will, und deren Zudringlichkeit selbst den französischen Offizieren lästig geworden ist. Das Empsangskomite hat dann noch dafür gesorgt, daß fortwährend Wutkiselige Haufen bei einander sind, die ununterbrochen »'Wino 1a Uranos!« schreien. Den tollsten Zauber vollsühren dann die panslavistischen Petersburger Journale, welche die Abbildungen der hübschesten französischen Offiziere bringen. Man brüllt, trinkt, läßt sich gegenseitig hochleben, ißt, bis man Magenschmerzen hat, das sind die Kronstädter und Petersburger Festtage zu Ehren der Franzosen, wenig großartig, sehr lächerlich. In demselben Charakter verlief auch ein Festmahl, welches die Petersburger städtischen Behörden zu Ehren der Offiziere des französischen Geschwaders gaben. Wenn nach der dortigen Rührseligkeit die französisch-russische Freundschaft gemessen werden dürfte, so wäre dieselbe riesengroß. Aber in Wahrheit liegen die Dinge ganz anders. Geradezu komisch ist, daß der Zar dem Präsidenten Carnot zu dem Zustande der französischen Flotte gratulierte. Die Einfahrt in den Hafen von Kronstadt war eine der­artige, daß mit Ach und Krach ein Zusammenstoß vermieden worden ist. Dienstag ist der Stab des französischen Geschwaders mit dem Admiral Gercais an der Spitze nach Moskau gereist. Viel Geschrei, viel Sekt und viele Händedrücke! Man fragt sich nur, was im Stillen eigentlich die Beteiligten von dem ganzen Festzauber denken.

Serbien.

König Alexander von Serbien wird nach dem Besuche der Kaiser Alexander und Franz Joseph zu seinem Vater nach Paris kommen und mit diesem gemeinsam in ein Bad reisen.

Kleinere Mitteilungen.

Nachstehende Anekdote vom Deutschen Kaiser wird erst jetzt bekannt. Es war während des Be­suches bei dem englischen Premierminister, Lord Salis­bury, in Hatfield-House. Die Gesellschaft saß gerade beim Dejeuner, als das Halsband der Gemahlin des französischen Botschafters sich löste. Galant sprang derMadame Waddingtonder zunächst befindliche portugiesische Gesandte zu und half der Botschafterin das Halsband wieder zu befestigen. Kaiser Wilhelm rief, als er auch noch den Prinzen von Wales dem portugiesischen Gesandten zu Hilfe kommen sah, lachend aus:Da seht! Portugal will Frankreich erdrosseln und Großbritannien hilft dabei!" eine Bemerkung, welche unter den Tischnachbarn des Kaisers große Heiterkeit hervorrief.

lieber einen Unglücksfall in Gr.-Müritz wird derMecklb. Ztg." gemeldet: Mehrere Badegäste, Erwachsene und Kinder, machten in einem Segel­boote eine Luftfahrt auf der Ostsee. Der Führer des Bootes war der Schiffer Paap, ein sonst durch­aus zuverlässiger Mann. Das Wetter war anfangs schön, aber etwas schwül. Bald verdunkelte sich der Himmel und plötzlich brauste ein Sturm daher. Das Segelboot befand sich ungefähr 100 Schritte vom Lande. Paap erkennt augenblicklich die Gefahr und bemüht sich, derselben durch schleuniges Festmachen der Segel vorzubeugen. Da aber zerbricht der Mast und trifft den Schiffer an den Kopf. Paap fällt besinnungslos über Bord und ertrinkt. Zugleich aber kentert das Boot und die andern fallen eben­falls ins Wasser, versuchen aber sich durch Schwim­men zu retten. Dies wäre wohl gelungen, wenn nicht einem Herrn Friedrichs aus Leipzig, der mit vier Söhnen die Fahrt mitgemacht hatte und der seine Kinder, die wahrscheinlich auch etwas schwim-

«

*

i

4