Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

M 90

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 .6, außerhalb des Bezirks l ^ 20 4. Monats-Abonnement nach Verhältnis.

Samstag 1. August

Insertions-Gebühr für die Ispaltlge Zeile aus

gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 4.

Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1891

Amtliches.

K. Oberamt Nagold.

Bekanntmachung.

Behufs Herstellung eines Abschlags für den Umbau der Klostermühlfloßgasse in Wildberg wird am nächsten Montag den 3. August von nachts 12 Uhr an von der Wasserstube in Erzgrube an abwärts bis Wildberg Stelle gemacht werden. Die beteiligten Ortsvorsteher werden beauftragt, die betreffenden Werksbesitzer hievon alsbald mit der Weisung in Kenntnis zu setzen, daß über den Sonntag den 2. August die Floßgassenfallen gezogen bleiben müssen und daß diese Fallen nur durch diejenigen Personen geschlossen werden dürfen, welche die Stelle besorgen. Pünktlichste Einhaltung dieses Auftrags muß erwartet werden.

Nagold, 29. Juli l891.

K. Oberamt. Or. Gugel.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung

von Unterrichtskurfen im Hufbeschlag.

Um Schmieden die Vorbereitung zu der durch das Gesetz vom 28. April 1885, betreffend das Husbeschlaggewerbe, vorgeschriebenen Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Gewerbes zu ermöglichen, finden an den Lehrwerk­stätten für Hufschmiede in a) Heilbronn, b) Reut­lingen, o) Hall, ct) Ulm und e) Ravensburg drei­monatliche Unterrichtskurse im Hufbeschlag statt, welche am Dienstag den 15. Sept. 1891 ihren Anfang nehmen.

Die Anmeldungen zur Aufnahme in einen dieser Kurse sind bis 17. Aug. d. I. bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte be­findet, vorschriftsmäßig einzureichen.

lieber die Aufnahmebedingungen s. Beilage zum Staatsanzeiger Nr. 172.

Stuttgart, 15. Juli 1891. I. V.: Schittenhelm.

Die Bezirksfchulverfammlung

findet nicht am 5. August sondern 4. August in Ebhausen statt.

Nagold, 27. Juli 1891.

K. Bezirksschulinspektorat. Schott.

Die Schulstelle in Oberhaugstett wurde dem Unter­lehrer Bauer in Magstadt, Bez. Böblingen, übertragen.

Hcrges-Weuigkeiten.

fsi Nagold, 30. Juli. (Schumannfeier im Seminar.) Den gestrigen Tag als den Todestag des Komponisten Schumann (fi 29. Juli 1856) wählte Musikoberlehrer Hegele, um ein Schumann­konzert im Seminarfestsaal zu veranstalten. Wir lernten dabei den berühmten Tondichter von ver­schiedenen Seiten kennen: bald thuts ihm das junge Grün der wiedererwachenden Natur oder der in den Blumen spielende Sonnenschein an, bald schwelgt er in einer stillen klaren Mondnacht und es ist ihm, als hätte der Himmel die Erde still geküßt; dann wieder versetzt er sich an die Ufer des Niel, wo die Lotosblume dem Mond in Lieb' und Liebesweh ent­gegenzittert; jetzt führt er uns 2 schneidige Grena­diere vor; dann stimmt er ein übermütiges Wander­burschenlied an, ja er weiht uns sogar in das ge­heimnisvoll romantische Zigeunerleben ein. Aber auch in Tönen ohne Worte redet er gar beweglich zu unserm Herzen, wenn auch das gewöhnliche Men- schenkind sich jene nicht immer klar zu deuten ver­

mag. Wir sind von Dank erfüllt gegen Oberlehrer Hegele, der uns den schönen Abend bereitet, wol­len aber auch die Verdienste des trefflichen Barito- nisten, Herrn Reallehrers Müller, sowie die Einzel­leistungen der Seminarmusiklchrer Hornberger und Wurster auf Orgel, Klavier und Violine hervor­heben, nicht zu vergessen die wohlgeschulten Chöre und Orchesterstücke der Zöglinge. Auch ihnen wird dieserSchumannabend" in gutem Andenken bleiben.

** Nagold, 30. Juli. Der gestern hier statt­gefundenen Bezirkssynode ging vormittags 9 Uhr ein Gottesdienst voraus, in welchen sich die Mit­glieder der Synode im Zuge vom Zellersaal aus begaben. An demselben nahmen außer der Schul­jugend auch viele Gemeindeglieder teil. Die Synodal­predigt hielt Stadtpfarrer Weber von Wildberg über das Wort: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein (Römer 8, 31)? Derselbe führte in eindring­licher Weise aus, daß wir uns des herrlichen Trostes der in diesen Worten liege, freuen dürfen; aber auch der Frage, die durch dieses Wort an uns in unsrem Gewissen gerichtet werde, dürfen wir uns nicht ver­schließen; endlich sollen wir uns durch dieses ernste Wort recht ins Gebet Hineintreiben lassen. Nach dem Gottesdienst begannen sogleich die Verhandlungen im Zellersaal mit dem Eingangsgebet von Dekan Schott. Zuerst wurde vie Wahl eines Schriftführers statt des abgegangenen Helfers Finckh vorgenommen. Sie fiel einstimmig (49 von 50) auf den neuernannten Stadtpfarrer Dieterle. Der Vorsitzende trug sodann den Bericht über den religiösen Gang und Stand des Bezirks vor, woran sich ein kurzer Bericht von Pfarrer Werner in Nothfelden über das Befinden und Ergehen der Vereinskinder reihte, lieber einige Hauptpunkte des ersten Berichts wurden lebhafte Debatten geführt, nämlich über die Veröffentlichung der Kirchenopser in den einzelnen Gemeinden sowie eine Zusammenstellung derselben für den ganzen Bezirk, ferner über Sonntagsheiligung, die mehr und mehr in verschiedener Hinsicht in Fluß gebracht werden sollte. Pfarrer Rieber von Hochdorf hielt schließ­lich noch einen eingehenden Vortrag über die Aufgaben, welche das geistliche Amt und der ganze Kirchenge­meinderat in unserer von sozialen Nöten bewegten Zeit haben. Er wünschte, daß die Genannten in den einzelnen Gemeinden sich erkundigen, wie es mit den sozialen Gebrechen steht, daß sie über die Mittel Nachdenken, welche Abhilfe schaffen können, daß sie endlich von dem, was zur Hilfe dargeboten sei, einen guten und treuen Gebrauch machen. Die Debatte beschränkte sich auf die wohlthätig wirkenden Dar­lehenskassen. Um I V, Uhr fand ein gemeinsames Essen in der Post statt. Viele Mitglieder der Synode hörten um 5 Uhr noch das Schumannkonzert im Festsaal des Seminars.

Gültlingen, 28. Juli. (Korresp.) Infolge der im vorigen Jahre stattgefundenen Oberamts­visitation wurden Hr. Schultheiß Wurst und Ge­meindepfleger Müller von hier mit Ehrenzeichen be­dacht. Diese Thatsache gab gestern für die hiesige Bürgerschaft Veranlassung zu einer freudigen Feier. Um 4 Uhr nämlich erschien der Hr. Oberamtmann Dr. Gugel auf dem Rathause und nahm eigen­händig die Dekorierung vor. In seiner vorher er­gangenen Ansprache hob er einerseits die Licht- und Schattenseiten eines Gemeindeamtes hervor, anderer­seits beleuchtete er die Eigenschaften eines deutschen Biedermannes näher, der selbst da, wo die Gedanken sich kreuzen, seine Position mir Anstand zu wahren

versteht. Hr. Schultheiß Wurst und Hr. Gemeinde­pfleger Müller sprachen hierauf ihren öffentlichen Dank aus für die ihnen zu teil gewordene Ehre. Der Ortsgeistliche, Hr. Pfarrer Le uze, betonte so­dann, es gereiche gewiß Gültlingen zur Ehre, daß nun in der Gemeindeverwaltung 3 Männer sich be­finden, die von Sr. Königl. Majestät öffentlich ge­ehrt wurden. Hr. Ratsschreiber Widmann erfreut sich schon seit längerer Zeit der goldenen Zivilver­dienstmedaille. Nach der offiziellen Feier auf dem Rathause fand noch eine gesellige Unterhaltung im Gasthaus z. Hirsch statt. Hiebei toastierte der Hr. Oberamtmann auf die beiden Jubilare, der Hr. Schultheiß auf Se. Majestät den König Karl, und der Hr. Gemeindepfleger auf den Hrn. Amtsvorstand. Möchte der allseitige Wunsch, die beiden Gefeierten mögen sich ihrer Ehrenzeichen recht lange erfreuen dürfen, in Erfüllung gehen!

Falsches Geld. Vorsicht ist bei der Ver- einnahmung von Thalerstücken, Nickelzwanzigern und Zehnpfennigstücken zu empfehlen, da gefälschte Münzen dieser Art im Umlauf sind. Die Thalerstücke sind falsche preußische Vereinsthaler mit der Jahrzahl 1871, die aus Blei in einer Sandform hergestellt worden sind; die Zwanzigpfennigstücke aus Nickel sind sehr gut nachgeahmt und tragen das Münz­zeichen 1888; die Zehnpfennigstücke bestehen aus Blei und zeichnen das Münzzeichen ^ 1875.

Freudenstadt, 25. Juli. In den letzten Tagen fanden auf dem Kniebis-Paß militärische Uebungen seitens der Rastatter Garnison statt. Der Paß wurde durch eine von Rastatt gekommene Mörser­batterie (4 Mörser) verteidigt und von Infanterie angegriffen.

Äus dem württ. Schwarzwalde, 27. Juli. Ein vor dem Ulmer Gericht verhandelter Prozeß, welcher in erschreckender Weise das wucherische Trei­ben verschiedenerHändler enthüllte, giebtderSchwarz­wälder Bürgerzeituug" zu folgender zeitgemäßen Er­mahnung der Bevölkerung Veranlassung:Möchten doch endlich die kleineren Handwerker und der ge­samte Bauernstand erkennen, daß die Genossenschafts­banken, seien es ländliche nach Raiffeisen'scher Art oder Handwerkerbanken oder Gewerbebanken, dieje­nigen Institute sind, an welche sie sich Vertrauens- voll wenden können, die ihnen zu gesetzlichem Zins­füße und ohne alle Verklausulierung Gelder vor­strecken, und ihnen zugleich Gelegenheit bieten, klei­nere Spareinlagen zu machen. Fort mit der falschen Scham und dem einfältigen Stolze, der sich dagegen bäumt, bei derartigen Instituten Gelder zu erhalten. Was sind die Folgen davon? Man fällt in die Hände unbarmherziger Würgengel nach dem Laup- heimer Muster und schämt sich später, wenn schon man auch die strafbare Handlungsweise dieser sau­beren Burschen merkt, dem Strafrichter Anzeige zu machen aus Furcht vor der Oeffentlichkeit; aus diese Weise geraten Dutzend und Hunderte in unerschwing­liche Schulden und gehen rettungslos verloren."

Stuttgart, 25. Juli. Nach der Schlußab­rechnung der württembergischen Staatseisenbahnen für 1. April 1890/91 haben sich die Einnahmen auf 70 Millionen Mark gesteigert. Da jedoch die Aus­gaben infolge der theueren Kohlenpreise, der Ver­mehrung des Betriebspersonals und -Materials rc. sich gegen das Vorjahr um 5 Millionen Mark er­höhten, die Mehreinnahmen aber nur 2 Millionen Mark ausmacbcn, so ergiebt sich für Heuer ein Manco von rund 3 Millionen Mark gegen das vorige Jahr.