Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag. Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 -l, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20

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Dienstag 26. Mai

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gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

1891 .

HZestelkungen

auf den

Gesellschafter"

für den

Monat Juni

nimmt jede Poststelle und die Postboten entgegen.

Amtliches.

K. Oberamt Nagold.

Aushebung der Militärpflichtigen.

Gemäß Z 69 Ziffer 6 der Wehrordnung wird hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß die diesjährige Aushebung der Militärpflichtigen am 18, und 19. Juni d. I. stattfinden wird. Die Zeit, zu welcher die einzelnen Militärpflichtigen bei der Aus­hebung zu erscheinen haben, wird denselben später noch speziell eröffnet werden.

Zugleich wird dararn hingewiesen, daß Anträge auf Zurückstellung oder Befreiung vom aktiven Dienst im Aushebungstermin nur noch angebracht werden kön­nen, soferne die Veranlassung zur Reklamation erst nach Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ist und daß solche Gesuche spätestens im Aushebungs­termin anzubringen sind. Auch genügt eine aus­schließlich mündliche Reklamation nicht, ein Erscheinen von Anverwandten u. s. w. im Aushebungstermin ist somit wertlos, wenn nicht vorher eine schriftliche Reklamation vorliegt. Des Weiteren wird darauf aufmerksam gemacht, daß niemals Familienverhältnisse halber eine Designierung zum Train mit kurzer Aus­bildung stattfindet und daß diesbezügliche Gesuche zu unterlassen sind.

Den 18. Mai 1891.

_ K. Oberamt. Pr. Gugel.

An die Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung.

Bei Prüfung der vierteljährlichen Beitragsab­rechnungsurkunden pro ultimo März d. I. hat sich ergeben, daß viele Ortsbehörden die für den Einzug der Versicherungsbeiträge gemäß H 56 der Vollz-- Verfügung vom 24. Okt. 1890 zum Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz zu berechnenden Ein­zugsgebühren von 4°/» trotz der Vorschrift des H 17 der Geschäftsanweisung 8 für die Ortsbehörden nicht erhoben haben.

Da die spätere Nachholung der Gebührenerhebung )ie Kontrolle des Beitragseinzugs sehr erheblich er» chwert, so wird den Ortsbehörden die Einhaltung )er bestehenden Vorschrift mit dem Bemerken einge- chärst, daß der Herr Bezirksvertreter angewiesen ist, Beitragsabrechnungs-Urkunden, in welchen die Ein­zugsgebühren nicht berechnet sind, zur Berichtigung zurückzugeben.

Für diesmal sind die in der ersten Abrechnungs­periode nicht erhobenen Gebühren nachträglich pro ultimo Juni zu verrechnen. Da ferner manche Orts­behörden sich bei Vorlegung der Beitragsabrechnungs- Urkunden und Liquidationen über den Markenverbrauch etwas lässig zeigen, so ist der Herr Bezirksvertreter weiter angewiesen worden, gegen die Säumigen jedes­mal die Hilfe des Oberamts in Anspruch zu nehmen.

Nagold. 22. Mai 1891.

_ K. Oberamt, vr. Gugel.

An die Ortsbehörden für die Arbeiterversichemng und

an die Krankeukassen des Bezirks.

Da schon mannigfach irrtümlich bezahlte Ver­sicherungsbeiträge der Jnvaliditäts- und Altersver­sicherung an dir Beteiligten zurückerstattet, um an

der Bertragslieferung m Abzug gebracht oder direkt bei der Versicherungsanstalt zum Ersatz augemeldet worden sind, ohne daß die Quittungskarten einge­fordert und die irrtümlich verwendeten Marken ver­nichtet worden wären, so werden die Ortsbehörden und die Krankenkassen angewiesen, bei Zurückerstattung irrtümlich bezahlter Beiträge stets wie bei sonstigen Berichtigungen der Beitragserhebung (Z 15 der Ge­schäftsanweisung ^ für die Krankenkassen und H 23 der Geschäftsanweisung 8 für die Ortsbehörden) die Quittungskanen von den Versicherten einzufordern, um die irrtümlich verwendeten Marken durch einen Ungültigkeitsvermerk zu vernichten.

Dabei sind die Quittungskarten in allen denje­nigen Fällen, in welchen sie nicht mehr zur Einklebung von Marken verwendet werden, sei es, weil der bisher Versicherte aus der Versicherung ausgeschieden ist oder weil er die betreffende Quittungskarte nicht mehr benützen kann, nachdem ihm eine neue Karte ausgestellt worden ist, mit den vierteljährigen Bei­tragsabrechnungs-Urkunden an den Bezirksvertreter zur Vorlegung an die Versicherungsanstalt einzu­senden, wogegen die Protokolle über die Rückerstattung der Beiträge bei den Rechnungsakten als Belege zu verbleiben haben, wenn nicht ein Ersatz der Auslagen beansprucht wird, wie dies vom Bezirksvertreter geschieht.

Nagold, 22. Mai 1891.

K. Oberamt. 8r. Gugel.

Die niedere Justizdienstprüfung haben u. a. bestanden: Gottlob Killingcr von Rohrdorf, Heinrich Guoth von Effringen, Theodor W anner von Herrenberg, Emil Grimm von Horb.

Hages-WeuigkeiLen.

Deutsches Weich.

Altensteig, 21. Mai. Sicher allein dastehend ist bei der verhältnismäßigen Jugend unseres Volks­schulwesens der Fall, daß ein und dieselbe Stelle 147 Jahre lang jedesmal vom Vater quf den Sohn überging. Am 1. Mai wurde Schullehrer Schlack in Altensteig-Dorf pensioniert. Mit ihm geht die Stelle auf eine andere Linie über, da der letzte Erbe vom Hause Schlack keinen Sohn hinterläßt, der die vom Jahre 1744 stammende Tradition weiterführen könnte. (N. Tagbl.)

Die Schwurgerichtssitzungen für das II. Quar­tal beginnen im Sprengel Tübingen Dienstag den 30. Juni, vorm. 9 Uhr. Zum Vorsitzenden ist ernannt Landgerichtsdirektor v. Reuß.

Stuttgart, 20. Mai. (Landtag.) Heute begannen im Abgeordnetenhause die mit Spannung erwarteten Verhand­lungen über den Gesetzentwurf betr. die Ortsschulbehörden. Dieser Gesetzentwurf ist eine Konsequenz der Annahme des Gesetzes betr. die Kirchengemeinden durch die Kammern, weil durch dasselbe der Kirchenkonvent in den meisten Gemeinden beseitigt wird. Was in dem neuen Gesetzentwurf am meisten auf Widerspruch stößt, ist der Vorschlag, daß in größeren Städten mit mehreren Volksschulen die Ortsschulaufsicht einem oder mehreren Ortsschulaufsehern ohne die Verwaltung eines Pfarramtes übertragen werden kann. Die heutige General­debatte eröffnete der Berichterstatter Dr. v. Göz, welcher sich mit dem Vorschläge der Regierung ganz einverstanden erklärte und beantragte, im Interesse der Deutlichkeit zu sagen, die Schulaufsicht könne einem oder mehreren Schulaufschern ohne die Befähigung zu einem Kirchenamt übertragen werden. Außerdem beantragte Dr. v. Göz namens der Kommission noch hinzuzufügen, daß die Ortsschulaufseher der Konfession der ihnen unterstellten Volksschullchrer angehören müssen. Mitberichterstattcr v. Probst betonte namens der Kommisstons­minderheit, daß das Bedürfnis der Einsetzung der Laien- schulaufficht nirgends begründet sei, daß unsere württemb. Volksschule unter der geistlichen Schulaufsicht zu dem geworden.

was sie ist. Die einzige Konzession, welche Probst, und mit ihm die Minderheit der Kommission, die durchweg aus Ka­tholiken besteht, wie die Majorität aus Protestanten, daß sie in größeren Städten die Ortsschulaufsicht auch solchen Geist­lichen übertragen wollen, welche in dem betr. Orte mit einem Kirchenamt nicht betraut sind. Der Abg. Schnaidt begrüßte seinerseits den Rcgierungsvorschlag mit Freuden, während der Abg. Nußbaumer, der Lehrer ist, als Katholik auf dem Standpunkt der Minderheit steht. Minister v. Sarwey stellte den Regierungsentwurf als durchaus harmlos dar und be- zeichnete ihn als ganz auf dem Boden des Volksschulgesetzes von 1836 stehend. Der Minister betonte sodann, daß das ganz mit der geistlichen Schulaufsicht einverstanden ist. Die Erziehung in unserer Schule müsse gegründet sein auf dem Geist des Christentums und von diesem Grundsatz weiche auch der Entwurf nicht ab, was er wolle, sei nur, der Ver­waltung die Machtbefugnis zu erteilen, einem sich etwa er­gebenden Bedürfnis zu begegnen. Anwendung finden werde der viel kritisierte Vorschlag außer auf Stuttgart (wo übrigens schon ein gewisser Ausnahmezustand besteht) noch auf Ulm und Heilbronn. Daß der katholische Oberkirchenrat sich gegen den Regierungsvorschlag erklärt, findet der Minister begreiflich. Nach ihm ließ sich noch Domkapitular v. Rieß über die Her­anbildung der katholischen Geistlichen zu Schulaufsehern aus, worauf man die Sitzung abbrach. Eine heute eingekommene Nachforderung für weitere Beiträge zu Korporationsstraßen nahm man mit Beifall auf.

Stuttgart, 21. Mai. (Landtag.) Auch heute ist man in der Kammer der Abgeordneten noch nicht mit der Debatte über die Schulaufstchtsfrage zu Ende gekommen und namentlich wird auf katholischer Seite sehr energisch, ja leidenschaftlich gegen die Durchbrechung des Prinzips der geistlichen Schul­aufsicht gekämpft. Der erste Redner war heute der cvang. Prälat v. Merz, welcher dem Entwürfe, rcsp. dem Anträge der Kommisstonsmehrheit das Wort redete; der katholische Dekan Kollmann sprach sowohl vom dogmatischen als kirchen­politischen Standpunkt aus gegen den Entwurf. Prälat v. Sandberger verteidigte auch den Entwurf. Wenn man sage, die geistliche Schulaufsicht werde durch ihn in seinen tiefsten Wurzeln erschüttert, so könne man dagegen auch darauf Hin­weisen, daß durch den Entwurf die geistliche Schulaufsicht aufs Neue festgestellt wird. Als der Prälat den Minderheits­antrag, der gegen die Laien sch ulaufficht ist, kritisierte und meinte, in der Begründung desselben wehe nicht die Luft, in welcher die Freiheit eines guten Gewissens gedeihe, hatte er mit dem Antragsteller Probst eine kleine Auseinander­setzung. Eggmann will das Prinzip der geistlichen Schul­aufsicht durchaus nicht durchbrochen wissen, während Frhr. v. Gemmingen auf dem Standpunkt des Entwurfs steht, doch mit der Entscheidung, daß er nicht sagen will ingrößeren Städten", sondernin Städten von mehr als 25 Volksschul­klassen, die einer Konfession angehören" kann die Laienschul- aufficht Angeführt werden. Von den Abgg. Gültlingen, Hafiner, Leibbrand und Hang wurde dann ein Antrag einge­bracht über den Art. 1 Abs. 2, welcher die fakultative Laien­schulaufsicht ausspricht, zur Tagesordnung überzugehen. Nachdem dann noch Prälat v. Ege für den Gesetzentwurf, Egger gegen denselben gesprochen, ergriff noch Gröber das Wort, um in sehr scharfer Weise den Minister anzugreifen. Der Minister scheine den Entwurf gar nicht verstanden zu haben, sonst hätte er ihn nicht einbringen können. Minister v. Sarwey erwiderte seinerseits auch ziemlich scharf und riet Gröber, doch, ehe er wieder solche Behauptungen aufstelle, das Gesetz etwas genauer zu studieren, worauf Gröber sich einen solchen schulmeisterlichen Ton verbat.

Stuttgart, 22. Mai. (Landtag.) Die Debatten über die Vorlage betr. die Ortsschulbehörden, welche auch noch die heutige Vormittagssitzung der Kammer der Abgeord­neten in Anspruch nahmen, lasse» eine scharfe Spitze con- fesfioneller Scheidung hcrvortreten, die in der Hauptsache wohl infolge der gestrigen, gelinde gesagt, lebhaften Rede des ultramontanen Abg. Gröber zum Vorschein gekommen ist. Mit Rücksicht auf diese Rede hob heute der Universitäts­kanzler v. Weizsäcker hervor, daß der heutige Staat die Volksschule in der Hand behalten müsse, denn sie sei sein eigenstes Werk. Mt diesem Satz, meinte der Kanzler, stelle man sich auch nicht in Widerspruch mit der Kirche, sei eS doch die Reformation, die den Staat in seine ganze Würde, die früher oft genug schlecht weg kam, wieder eingesetzt hat. Auf seine dominierende Stellung habe der Staat ein Recht. Halten wir fest, was wir haben. Der ultramontane Abg. Probst war mit dem bekannten Einwand natürlich gleich bei der Hand, daß die Omnipotenz des Staates nur zu einer Vergewaltigung der Minoritäten durch die Majoritäten führen muffe. Und doch gebe es eine moralische, eine persönliche Freiheit, dk der Staat nicht antasten dürfe, wobei die Rechte