Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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1891
Amtliches.
Nagold. Bekanntmachung. An die Ortsbehörden für die Arbeitervrrsicherung, betreffend die Jnstruierung der Altersrentengesuche. Da die Akten über Altersrentenansprüche bisher vielfach unvollständig bei dem Oberamt eingekommen sind, so werden unter Bezugnahme auf die 75 und 157—159 des Reichsgesetzes vom 22. Juni l889, betr. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung und die W 15—22 der Vollzugsverfügung vom 24. Okt. 1890 zu diesem Gesetz über die Jnstruierung der Altersrentengesuche nachstehende Vorschriften erteilt:
1) Die Akten sind nicht nur kurzer Hand an das Oberamt einzusenden, sondern jedesmal mit einem Beibericht vorzulegen, welcher die durch § 75 Abs. 1 des Reichsgesctzes -vorgcschriebene gutachtliche Aeußerung enthält.
2) Es genügt nicht, wenn die Rentengesuche namens der Antragsteller vorgelegt werden; vielmehr sind sie stets von den letzteren selbst zu unterzeichnen.
3) Die anzuschlicßende (letzte) Quitinngskarte des Versicherten muß so viele Beitragsmarken enthalten, als Wochenbeiträge für den Versicherungspflich-
tigen nach der Zeit der Anmeldung des Nentenanspruches zu berechnen sind. Wenn z. B. der Renlenansprnch am 19. Jan. d. I. (am Anfang der vierten
Kalenderwoche angemeldet wird, so sind vier Wochenmarkcn einzukleben, weil dem Versicherten vier Wochenbeiträge für die Zeit nach dem 1. Januar 1891
ungerechnet werden.
4) Die Belege für den Rentenanspruch dürfen nicht in einem Aktenstück vereinigt werden, sondern sind je einzeln dem Gesuche beizuschließen. Insbesondere ist auch die standesamtliche Geburtsurkunde (der Taufschein) nicht aus dem Rentengesuch selbst beizusetzen, sondern besonders auszufertigen. Ebenso sind Zeugnisse verschiedener Arbeitgeber von einander zu trennen.
5) Aus den Arbeits- oder Dienstzeugnissen, welche sich auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes (1. Jan. 1891) beziehen, muß genau ersichtlich
sein, wie viele Wochen der Versicherte in den Jahren 1888, 1889 u. 1890 jährlich bei den einzelnen Arbeitgebern gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt war, und welchen Lohn oder Gehalt er in dieser Zeit pro Woche thatsächlich und nicht nur durchschnittlich bezogen hat, da bei der Rentenberechnung für die Zeit vor dem 1. Jan. 1891 der thatsächlich seit dem 1. Jan. 1888 bezogene Lohn oder Gehalt zu Grund zu legen und auf 141 Wochen zu reduzieren ist. Dabei ist zu beachten, daß für die Zeit vor dem 1. Jan. 1891 nachgewiesene Krankheit oder Arbeitsunterbrechungen während eines dauernden Arbeits- oder
Dienstverhältnisses zu einem bestimmten Arbeitgeber zwar für die Berechnung der 141 Wochen, während welcher ein Versicherter im Sinne des tz 157 des
Reichsgesetzes beschädigt gewesen sein muß, nicht aber für die Berechnung der Rentensteigerung nach ß 159 des Reichsgesetzes in Betracht kommen. Wenn z. B. ein Versicherter im Jahre 1888 50 Wochen in einem dauernden Arbeitsverhältnisse zu einem bestimmten Arbeitgeber gestanden, aber nur 40 Wochen gegen einen Wochenlohn von 12 gearbeitet hat, und >0 Wochen krank war oder die Arbeit unterbrechen mußte, so werden ihm für das Jahr 1888 nicht 50x12, sondern nur 40x12 Jahresarbeitsverdienst berechnet, während die 50 Wochen bei Berechnung der 141 Wochen des Arbeitsverhältnisses im Sinne des tz 157 des Reichsacsetzes voll gezählt werden.
Wenn für eine bestimmte Zeit nicht der Wochenlohn, sondern der Taglohn angegeben ist, so ist jedesmal zu bemerken, ob der Taglohn auch für die Sonntage bezahlt wurde.
6) Wenn der Lohn oder Gehalt in Geld und Naturalbezügen (freie Kost, Kleidung, Wohnung) besteht, so ist für die Zeit vor dem 1. Jan. 1891 jedesmal der Wert der Naturalbezüge anzugeben, auch ist die Berechnung dieses Wertes vom Oberamt zu kontrollieren und zu begutachten.
7) Wenn bei Gemeindcdiensten oder sonstigen Anstellungsverhältnissen der Jahresgehalt gering ist, insbesondere nicht einmal ein Drittel des ortsüblichen Tagelohns gewöhnlicher Tagearbeiter erreicht, so ist stets noch genau anzugeben, aus welchen Einkommensquellen der Gesuchsteller seinen Lebensunterhalt bestreitet, ob er etwa noch eigenes Vermögen besitzt, oder ein selbständiges Gewerbe betreibt, oder ob er sonstige Lohnarbeiten verrichtet und welches Einkommen er seit dem l. Jan. 1888 aus solchen Betrieben oder Arbeiten bezogen hat.
8) Die Zeugnisse sind stets von der Ortsbehörde zu beglaubigen, wenn sie nicht von einer öffentlichen Behörde unter Beifügung des Dienstsiegels ausgestellt sind.
Diese Vorschriften sind bei Vorlegung der Rentengesuche genau zu beachten. Endlich werden die Ortsbehörden daran erinnert, daß solchen Versicher- ungspflichtigcn, welche ihre Quittungskarte mit einem Rentengesuche vorgelegt haben, eine neue Qnittungskarte unter Aufrechnung der bisher bezahlten Beiträge auszustellen und eine Bescheinigung über das Ergebnis der Aufrechnung zu erteilen ist, da auch Versicherte, welche eine Altersrente empfangen, die Versicher- ungsbeiträge in so lange fortzubezahlen haben, bis sie erwerbsunfähig werden.
Den 4. Februar 1891.K. Oberamt, vr. Gugel.
Die Schttitheitzenämler werden ausgesordert in den nächsten Tagen über die Hebammen ihrer Gemeinden zu berichten: 1) Geburtsort und -Tag,
2) Gehalt aus öffentlichen Kaffen, a) Geld, b) Wert der Naturalien.Nagold, 5. März 1891.K. O.-A.-Physikat Irio n.
Iurn 6. März.
Der Glocken festlich Geläute und der Böller Dröhnen leiten heute einen Tag der Freude für das ganze württ. Volk ern: den 69. Geburtstag unseres in Ehrfurcht geliebten Königs Karl. Und was die allgemeine Freude erhöht, das ist, daß, wie im vorigen Jahr, so auch Heuer es uns vergönnt, das Wiegenfest unseres Monarchen zu feiern, während derselbe in der Mitte seines getreuen Volkes verweilt. Wissen wir doch damit, daß unser König, nachdem er vor 3 Jahren im Süden, in Florenz, von ernster Krankheit befallen war, sich jetzt eines so guten Befindens erfreut, daß auch unser rauheres Klima demselben keinen Eintrag zu thun vermag. Und dies wiederum erfüllt uns mit der am heutigen Tage doppelt die Herzen bewegenden Hoffnung, daß König Karl uns noch lange erhalten bleibe zum Segen des Vaterlandes.
Denn viel haben wir ihm zu danken in den 27 Jahren seiner Regierung, Jahren großer politischer und nicht minder großer wirtschaftlicher Umwälzungen! Was wir dabei in König Karl gehabt, das lebt in Aller Herzen: einen Landesvater, der für seiner Unterthanen Glück und Wohlergehen besorgt ist und der, wie dies sein durchlauchtiger Schwager, Prinz
Hermann zu Sachsen-Weimar, im vergangenen Spätherbst in einer Versammlung alter württembergischer Soldaten aussprach, kein höheres Glück kennt, als auch den Geringsten seiner Unterthanen zufrieden zu machen.
Die Liebe und Verehrung, welche, -Treue um Treue halteud, das wücttembergische Volk seinem König entgegenbringt, hat in den unvergeßlichen Jubiläumstagen des Jahres 1889 einen überwältigenden Ausdruck gefunden. Und fehlen heute naturgemäß der Prunk und die festlichen Veranstaltungen der Jubiläumstage, so schlagen doch heute die Herzen von Alt und Jung, Arm und Reich,' mit gleicher Wärme dem König entgegen und derselbe begeisterte Ruf schallt von den Lippen all der Hunderttausenden: „Heil unserem in Ehrfurcht geliebten König Karl, den Gott segnen, schützen, und uns noch lange erhalten möge!
Seine Königliche Majestät haben dem Landgerichtsrat Freiherrn von Gültlingen in Stuttgart und dem Forstmeister Nagel in Frcudenstadt das Ritterkreuz erster Klasse des Friedrichsordens u. dem Kollaborator Bäuchleam Real- lyceum in Calw den Titel eines Reallchrers verliehen.
Gestorben: Emma Sautter, geb. Walz, in Herrenberg (von Nagold.)
Tages-WeuigkeiLen.
Rottenburg, 2. März. Der hiesigen Stadt wird die Wohlthat der Einrichtung einer Wasserleitung zu teil werden. In dem ca. 2 Stunden von hier entfernten Rommelsthal sind 4 Quellen zu dem Preise von ca. 2000 vsL angekauft worden.
Stuttgart, 2. März. Wir können schon heute die Mitteilung geben, daß der Plan zur Ueber- bauung des Schlußteils der untern kgl. Anlagen im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Neckarbrücke bereits die Genehmigung des Königs gefunden hat. Dieses großartige Projekt hat den König selbst zum Urheber, welcher unablässig bemüht ist, den Interessen seines Volkes und Landes weitgehendste Rechnung ?u tragen. Ebenso gesichert wie die Ueberbauung der unteren königlichen Anlagen zwischen dem Rosenstein und Berg ist die von der Stadt Stuttgart damit in Verbindung gebrachte Eröffnung neuer Bauquartiere auf der Prag, wohin in erster Linie das Schlachthaus verlegt wird. Es sind auf der Prag von der Stadt bereits über 20 Morgen Land, der Morgen durchschnittlich zu 15 000 angekauft worden. Man hat diesen Platz gewählt, um das Schlachthaus durch einen direkten Schienenstrang mit dem Güterbahnhos verbinden zu können.