derates, deren Amt Ehrenamt ist, wie das der Stadtverordneten in Deutschland, haben sich eigen­mächtig je 60« Frks. Gehalt zugelegt und die Re­gierung hat diese offenbare Ungesetzlichkeit zugegeben. Die Gemeindcratsmitglieder aber lassen sich außerdem noch ihre kleinen dienstlichen Ausgaben aller Art aus der Pariser Stadtkasse vergüten. Wenn einer dieser Stadträte außerhalb der Sitzungen nach dem Rathaus kommt, läßt er sich außer Droschken auch noch das Frühstück bezahlen. Der Syndikus von Paris hat sich nun veranlaßt gesehen, den Höchst­preis eines solchen Frühstücks auf 9 Frks. festzusetzen, denn die Stadtväter verwandten, trotz aller radtkal- republikanisch-sozialistischen Gesinnungstüchtigkeit, 25 bis 30 Frks. und selbst mehr auf dasselbe, speisten also auf Stadtkosten vom Teuersten und Besten. Böse Zungen sagen sogar, manche Gemeinderäte machten sich jedesmal im Rathause irgend etwas zu schaffen, wenn sie umsonst gut frühstücken wollten.

Italien.

Rom, 10. Jan. Der Papst hat den Antrag, zwischen dem Kongostaat und Portugal Schiedsrichter zu sein, angenommen.

Holland.

Einer niederländischen Gerichtszeitung zufolge scheint in den asiatischen Kolonien Hollands die Folter noch immer zum gerichtlichen Verfahren zu gehören. Die Einheimischen, die Frauen nicht aus­genommen, werden durch Schläge und anhaltendes Festbinden zu einem Geständnis gezwungen, das sie dann später selbstverständlich als unfreiwillig bezeichnen. In diesem Falle sind die Gerichtsdicncr und Be­lastungszeugen stets darüber, daß eine Folter nicht stattgefunden hat. Der Richter vermutet dann zwar das Gegenteil, kann aber nicht der Wahrheit auf den Grund kommen.

Spanien.

Aus Madrid wird derN. Fr. Pr." berichtet: Zu den hervorstechenden Eigenschaften des königl. Kindes von Spanien gehört nebst großer Herzens­güte eine durch nichts zu bändigende Lebhaftigkeit und gute Laune. Nicht geringe Mühe kostete cs, die kleine Majestät, welche es nicht gewöhnt ist, den Ausbrüchen ihrer Heiterkeit Zügel anzulegen, in der Kirche an die nötige Ruhe zu gewöhnen. Erst die ernsthafte Miene der königlichen Mutter vermochte den Kcsnig Alfonso XIII. in den geweihten Räumen die angemessene Ruhe zu bewahren und in der That legt der kleine König jetzt sein Gesichtchen in ernste Falten, sobald er die Kirche betritt. Als der König nun vor einigen Tagen zum ersten Maie einer Pre­digt beiwohnte und der Prediger in lautem Tone seine Rede begann, malte sich in den Mienen des jungen Königs zuerst lebhafte Bestürzung, dann größte Entrüstung über den frevelhaften Mann, welcher sich erkühnte, die Ruhe des heiligen Ortes durch sein lautes Sprechen zu stören und schließlich legte die junge Majestät den Zeigefinger an das Mündchen, um dem Frevler ein wiederholtes ener­gischesPst! Pst!" zuzurufen. Die Anwesenden hatten Mühe, ihre Heiterkeit über diesen spontanen Ausbruch des königlichen Unwillens zu verbergen."

^...Portugal.

Der m Lissabon tagende portugiesische Ar- betterkongreß, beschickt von etwa 300 Vertretern aller gewerkschaftlichen Syndikate, beschloß einstimmig, am 1. Mai d. I. nicht zu arbeiten, sondern Versamm­lungen zu Gunsten des «ständigen Normalarbeits­tages abzuhalten.

England.

London, 7. Jan. Es verlautet nunmehr ganz bestimmt, daß der deutsche Kaiser in der ersten Woche des August der Königin einen Besuch abstatlen werde und einige Tage in London zu verweilen beabsichtige. Möglicherweise, so heißt es, wird der Kaiser auch von seiner Gemahlin begleitet sein.

Amerika.

New-Iork, 9. Jan. Wie ein Telegramm des World" aus Pineridge meldet, wurde die zur Um­zingelung des indianischen Lagers von den Generalen Brooke und Cary eingeleitete Truppenbewegung ^ vollendet. Unweit Pineridge wird ein krie­gerischer Zusammenstoß erwartet.

Kleinere Mitteilungen.

In Reutlingen sperrte der Kondi seine Frau, mit welcher er nicht, gerade au Fuß steht, sowie seine Kinder in eine "

ein, ohne denselben Nahrungs- und Heizungsmittel zu reichen. Bereits zwei Tage waren die Unglück­lichen eingesperrt, bis es ihnen gelang, durch einen Zettel, den sie zum Fenster hinunlerwarfen, die Po­lizei in Kenntnis zu setzen, welche sie aus ihrer Lage befreite. M. wurde verhaftet, aber bald wieder in Freiheit gesetzt.

Vom Lande, 8. Jan. (Was ein Volksschul­lehrer seinen Vater kostete.) 1. Das Aspirantenjahr mit Examen 500 2. Die zwei Präparanden-

jahre über Abzug der Staatsstipendien je 400 zusammen 800 3. Drei Seminarjahre über

Abzug der Stipendien je 300 zusammen 900 Summa 2200 ^l. Dazu darf man für Kleider, Wäsche, Taschengeld, Lehr- und Lernmittel im gan­zen noch 300 ^ zurechnen und es ergeben sich 2500 Bei der sehr starken Konkurrenz und den überaus hohen Anforderungen geschieht es sodann sehr häufig, daß ein Aspiranten- od. Präparandenkurs wiederholt werden muß, so daß sich daun die Summe auf über 3000 ^ beläuft. (S. B.)

Berlin. Die Strafkammer des Landgerichts I erkannte heute auf Vernichtung und Einziehung des sozialdemokratischen Liederbuches.

An der Entfernung des Schnees aus den Stra­ßen von Berlin arbeiten gegenwärtig Tag für Tag etwa 9000 Arbeiter und über 1000 Lastwagen. Die Kosten betragen täglich an 10 000 Thaler.

Berlin gab im letzten Jahre über 8 Millionen für das Armenwesen aus; dazu giengen noch 14/r Millionen ein.

Ju Folge des strengen Winters und der da­durch gesteigerten Not in den ärmeren Klassen haben die Schulbehörden in Braunschweig die Einrichtung getroffen, den bedürftigen Kindern der unteren Bür­gerschulen jeden Morgen ein warmes Frühstück in der Schule kostenfrei verabreichen zu lassen.

Eine ähnliche Periode strenger Kälte, wie die letzte, ist bisher im Dezember nur selten vorgekom­men, Zuletzt hatten wir 1879 in der Weihnachts­zeit überaus starkes Frostwetter, welches 4 Tage an­hielt, Am heiligen Abend sank damals die Tempe­ratur auf 17,5 Grad. Ferner herrschte 1855 vom 18.22. Dezember sehr strenge Kälte, die am 21. mit 15,2 Grad ihren Höhepunkt erreichte. Zu beachten ist aber, daß wir in diesem Jahre be­reits in der Zeit vom 14.17. einen Frost hatten, wie solcher seit 1878 an diesen Tagen nicht notiert war. Durchforschen wir die Dezembertemperalur seit 1749, für welche summarische Notizen vorliegen, so finden wir, daß das Jahr 1788 den kältesten Dezember hatte, dann folgt das Jahr 1829 , dann der histo­risch bekannte Dezember 1812.

Ein Doktor der Chemie als-Dieb. Im La­boratorium der Technischen Hochschule der Cbarlot- tenburg bei Berlin sind verschiedene wertvolle In­strumente, deren Anschaffungspreis über 6000 ^ beträgt, gestohlen worden. Des Diebstahls dringend verdächtig ist der Chemiker Dr. Edmund Morgan, welcher flüchtig ist und steckbrieflich verfolgt wird.

(Unverschämt.) In Merzig an der Saar starb unlängst ein angesehener städtischer Beamter. Kurze Zeit nach seinem Tode tauchten nun in der Stadt allerhand Gerichte auf, welche geeignet waren, den ehrenhaften Namen des Verstorbenen zu be­flecken. Die Witwe des Geschmähten erließ nun in den Blättern einen Aufruf und sicherte demjenigen 100 Belohnung zu, der ihr den Urheber so be­zeichne, daß sie ihn gerichtlich belangen könne. Nach kurzer Zeit meldet sich bei ihr ein Schneidermeister, bekennt sich als den Schuldigen und bittet, doch ja von einer gerichtlichen Verfolgung der Sache abzu- sehen. Die Witwe läßt sich hierzu bestimmen unter der Bedingung, daß der Schneidermeister durch eine Zeitungsanzeige Abbitte leistet. Dies geschieht. Nunmehr aber beansprucht der Schneider allen Ernstes jene Belohnung von 100 ^ imt der Be­gründung, daß er ja den Urheber der Gerüchte an­gegeben habe. Die Witwe weigerte sich natürlich, die Belohnung zu zahlen, worauf sie der Schneider kaltlächelnd verklagt hat! Man darf auf die Entscheidung des Gerichts über den wunderlichen Fall gespannt sein.

Zwischen Kuxhavcn und Helgoland gefährden über 30 Fuß hohe Eisberge die Schiffe; 3 Dampfer sind unweit Kuxhavcn gesunken.

Der Züricher-See ist von Rappersweil bis Meilen zugesroren.

Ein amerikanisches Blatt spricht von dem Reich­tum Schliemanns, dieses solk maäe man, und thut dabei die unantastbare Aeußerung:Er wurde ohne einen Pfennig in der Tasche geboren."

Eine Gemeinde, welche ihre Regierung verklagt, ist die Stadt Perpignan iu Süd-Frankreich. Als im Sommer und Herbst die Cholera in Spanien herrschte, erteilte der französische Minister des Innern den an der Grenze gelegenen Gemeinden den Befehl, jeden von Spanien kommenden Reisenden 3 Tage lang zu überwachen. Perpignan sieht sich nun heute einer ärztlichen Rechnung von 18 000 Frks. gegen­über, welche der Gemeinderat dem Minister des Innern zur Bezahlung einsandte. Da der Minister nur taufenden Frks. Herausrücken will, hat der Ge­meinderat kurz entschlossen, die Pariser Regierung auf Zahlung des ganzen Betrages verklagt.

Vor drei Jahren starb in Ncuiily bei Paris ein Rentner namens Bcnuria, der alle Tage den Tramway Madelain-Bineau benutzt hatte, um nach Paris zu fahren. Er war gegen die Angestellten der Tramway-Gesellschaft sehr freigebig und gab ihnen außer dem täglichen Trinkgeld am 1. Januar jeden Jahres noch Neujahrsgeschenke. Ais er starb, fand man in seinem Testament die Bestimmung, daß er den Kondukteuren und Kutschern aller Fuhrwerke dieser Strecke die Summe von 40 000 Franks ver­macht hatte. Die Zahl der also Bedachten beträgt 40 und mithin sollte Jeder von ihnen nach seiner Anordnung eine Summe von 1000 Franks erhalten. Die Familie des Verstorbenen aber griff das Te­stament an und die Sache kam vor Gericht. End­lich war der Prozeß beendet und die Erben wurden mit der Klage abgewiesen. Dieser Tage nun er­hielten die Kondukteure und Kutscher eine Mitteilung von der Beendigung des Prozesses und die Auffor­derung, sich ihren Anteil abzuholen. Aber weiß man, was nach diesen 3 Jahren Prozeß von diesen 1000 Franks für Jeden übrig blieb? 9 Franks 45 Centimes. Außerdem wurden jedem noch t Franks 45 Centimes für verschiedene Kosten abgezogen. Es ist ein großes Glück", sagte einer der Betei­ligten , daß diese Geschichte demMatin" erzählt hat,daß der Prozeß schon zu Ende ist, denn wenn er noch 6 Monate gedauert hätte, so hätte man von nus noch Geld dazu verlangt."

Musikalische Naturlaute. Ein englischer Musiker veröffentlicht folgende Beobachtungen, die er gemacht haben will. Er habe gefunden, daß das Geräusch, welches von einer größeren Anzahl von Schlittschuhläufern auf vem Eise verursacht werde, bei mildem Wetter der Tonart L-moll entspreche und bei Frost der Tonart H-äur und mitunter da­bei die große Terz erreicht werde. Dazu bemerkt der Redakteur des Blattes in Parenthese:Soeben fällt vor unserer Thüre ein Fleischerbnbe auf die Nase und verabreicht darauf einem anderen Knaben, der ihn gestoßen, eine Ohrfeige. Die beiden Klatsch­laute entprechen der Tonart A-nioll."

Handel und Berkehr.

Bondorf im Gäu, 8. Jan. (Hopfen.) In den letzten Tage» kamen hier wieder einige Hopfenverkäufe zu Stande. Abgesetzt wurden 5 Ballen zu 130-140 per Ztr. nebst entsprechendem Leihkauf. Vorrat noch etwa 70 Ztr. lauter schöne Ware.

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