Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag 13. Januar

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1891 .

Amtliches.

Nagold. Bekanntmachung.

Militiiranshcbuug pro 1891 betreffend.

Aus Grund der deutsche» Wehrordnung vom 22. Novbr. 1888 Regbl. von 1889 S. 5 ff. wird folgendes bekannt gemacht:

1) Die Militärpflicht beginnt mit dem I. Jan. des Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 29. Lebensjahr vollendet und dauert so lange, bis über die Dienstpflicht der Wehrpflichtigen end- giltig entschieden ist.

Nach Beginn der Militärpflicht (s. N. 1) haben die Wehrpflichtigen die Obliegenheit, sich zur Auf­nahme in die Nekrutierungsstammrolle anzumelden. (Meldepflicht.)

Diese Meldung muß in der Zeit vom 13. Ja­nuar bis 1. Februar erfolgen.

2) Die Anmeldung erfolgt bei der Ortsbehörde desjenigen Orts, an we'chem der Militärpflichtige seinen dauernden Aufenthalt hat.

Hat er keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich bei der Ortsbchörde seines Wohnsitzes, d. h. desjenigen Orts, an welchem sein, oder, sofern er noch nicht selbständig ist, seiner Eltern oder Vor­münder ordentlicher Gerichtsstand sich befindet.

3) Wer innerhalb des Reichsgebiets weder einen dauernden AnjcmhaltSvrt noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem -Geburtsort zur Stammrolle, und wenn der Geburtsort im Anstande liegt, in dem­jenigen Orte, in welchem die Eitern oder Familien­häupter ihren letzten Wohnsitz hatten.

4) Bei der Anmeldung zur Stammrolle ist das kostenfrei zu erteilende Geburtszeugnis vor­zulegen, soferne die Anmeldung nicht am Geburts­orte selbst erfolgt.

5) Sind Militärpflichtige von dem Ort, an wel­chem sic sich nach oben Nr. 2 zur Stammrolle an- zumeldcn haben, zeitig abwesend (auf der Reise be­griffene Handlungsdiener, auf See befindliche See­leute re.), so haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot- oder Fabrikherren die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden.

6) Die Anmeldung zur Stammrolle ist in der vorstehend vorgeschriebenen Weise seitens der Mili­tärpflichtigen so lange alljährlich zu wiederholen, bis eine endgiltige Entscheidung über die Dienstpflicht durch die Ersatzbehörden erfolgt ist. Bei Wieder­holung der Anmeldung zur Stammrolle ist der im ersten Militärpflichtjahr erhaltene Losungsschein vor­zulegen. Außerdem sind etwa eingetretene Verän­derungen (in Betreff des Wohnsitzes, Gewerbes, Standes rc.) dabei anzuzeigen.

7) Von der Wiederholung der Anmeldung zur Stammrolle sind nur diejenigen Militärpflichtigen befreit, welche für einen bestimmten Zeitraum von den Ersatzbehörden ausdrücklich hievon entbun­den oder über das laufende Jahr hinaus zurückge­stellt werden.

8) Militärpflichtige, welche nach Anmeldung zur Stammrolle im Lauf eines ihrer Militärpflichtjahre ihren dauernden Aufenthalt oder Wohnsitz nach einem andern Aushebnngs- oder Musterungsbezirk verle­gen, haben dieses behufs der Berichtigung der Stamm­rolle sowohl beim Abgang der Behörde oder Per­son, welche sie in die Stammrolle ausgenommen hat, als auch nach der Ankunft an dem neuen Ort der­jenigen, weiche daselbst die Stammrolle führt, spä­testens innerhalb dreier Tage zu melden.

9) Versäumung der Meldefristen (oben Nr. l, 6 und 8) entbindet nicht von der Meldepflicht.

10) Wer die vorgeschriebenen Meldungen zur Stammrolle oder zur Berichtigung derselben unter­läßt, ist mit Geldstrafe bis zu 30 ^ oder mit Haft bis zu 3 Tagen zu bestrafen. Ist diese Versäumnis durch Umstände herbeigeführt, deren Beseitigung nicht in dem Willen des Meldepflichtigen lag, so tritt keine Strafe ein.

Die Ortsvorstcher werden beauftragt, vorstehen­des in ihren Gemeinden bekannt" zu machen.

Den 4. Jan. 1891.

K. Oberamt. Or. Gugel.

Die erledigte Stelle eines Generalsuperintendenten von Tübingen wurde dem Oberkonsistorialrat Dr. v. Witt ich in Stuttgart unter Belastung desselben bei dem Evangelischen Konsistorium in der Eigenschaft eines außerordentlichen Mit­glieds, sowie als Delegierten bei der Kultministerial-Abteiiung für Gelehrten- und Realickmlcn, übertragen.

Tagcs-WeuigkerLen.

, AeutscHesWeicH.

^ Nagold. (Eingesandt.) Der imGesellschafter" Nr. 5 bekannt gemachte Beschluß des Gcwerbeschul- rals, betreffend Verlegung der Unterrichtszeit in der Fortbildungsschule, hat mehr Staub ansgewirbelt, als zu erwarten war, nachdem die über die Sache be­fragte öffentliche Versammlung in derTraube" sich mit allen gegen 2 Stimmen für die geplante Neuerung ausgesprochen hatte. Der Gewerbeschulrat war deshalb einigermaßen befremdet über von einer größeren Anzahl Meister Unterzeichnete Eingabe gegen die getroffene Verbesserung. Denn daß Lehrlinge, die nach Angabe des Meisters morgens 5 Uhr auf­stehen, abends von Us8st-IO Ubr nicht mehr mit Nutzen unterrichtet werden können, dürfte kaum be­zweifelt werden können. Noch größer wurde die Verwunderung bei einer Durchsicht der Namen der Unterzeichner. Da war ein Meister gegen die Sache unterschrieben, der in derTraube" mit lauter Stimme dafür eingetreten war. Andere hatten sich unterzeichnet, deren Lehrlinge gar nicht von der gemachten Aenderung betroffen werden. Ferner wurde in der Eingabe behauptet, man habe ein Versprechen nicht gehalten, das man in derTraube" gegeben habe, denjenigen, die nicht einverstanden seien, bei einer späteren Versammlung Gelegenheit zu geben, ihre Ansicht auszusprechen. Und doch muß jeder, der in jener Versammlung anwesend war, (und das waren viele der Unterzeichner) wissen, daß bezüglich einer anderen, damals von Herr Hang aufgeworfenen Frage (betreffend die Sonntagsschule) Vertagung auf später beschlossen wurde, während die vorliegende Frage durch die Abstimmung (mit Gegenprobe) doch wohl als erledigt gelten konnte. Es i nrfte somit als begreiflich erscheinen, daß der Gewerbeschulrat auf die Eingabe sich dahin aus-

daß von dem zufolge der Aufforderung der Kömgl. Kommission für die gewerblichen Fortbil­dungsschulen gefaßten Beschlüsse nicht schon wieder abgegangen werden könne, zumal auch andere Städte, nach Berichten der Blätter, immer zahlreicher mit Verlegung der Nachtschule auf eine frühere Zeit Vorgehen. Da wäre es doch eigentlich eine Schande gewesen für Nagold, zuerst in öffentlicher Versamm­lung fast einstimmig eine Maßregel gutzuheißen und dann auf Grund einer Eingabe von Meistern, die damals teilweise zugestimmt, den kaum gefaßten Be­schluß wieder rückgängig zu machen. Auch wird sich der i

Gewerbeschulrat doch wohl nicht täuschen, wenn er zu den hiesigen Meistern das Vertrauen hat, daß sie nicht blos an die paar Stunden Arbeitszeit den­ken werden, welche der Werkstatt entzogen werden, sondern auch an das Interesse der Lehrlinge und die Wünsche der Eltern. Aus letzteren ergiebt sich überdies die gesetzliche Verpflichtung, den Lehrlingen die Zeit zum Besuch der Fortbildungsschule zu ge­währen. Die betr. Bestimmung heißt wörtlich: (ß 120 der Gew.-Ordg.)die Gewerbcnnternehmer ha­ben ihren Arbeitern unter 18 Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte llnterrichtsanstalt be­suchen, hiezu die, erforderlichenfalls von der zustän­digen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren." Dieser Bestimmung kann man sich aber ehrlicherweise nicht dadurch entziehen, daß man erklärt: Die fest­gesetzte Zeit paßt mir nicht, also darf mein Lehrling die Fortbildungsschule nicht mehr besuchen, sondern muß in die Sonntagsschule.. Sollten wohl in Nagold eine größere Anzahl Männer sein, die auf diese Weise das Gesetz umgehen möchten, und sollten Eltern solchen ihre Söhne gerne anvertrauen?

Stuttgart, 7. Jan. Durch Sammlung zum Königsjubiläum des Sommers 1889 sind bekanntlich etwa 500000 Mark zusammengekommen, deren Zins­erträge zur Förderung von Gewerbe, Handel und Landwirtschaft dienen sollen. Wie verlautet, sollen daraus auch Stipendien zu Reisen befähigter Kauf­leute und Techniker zur Verteilung kommen.

Stuttgart, 9. Jan. Vergangene Nacht ist nach längerem Leiden Kommerzienrat Friedrich Sick, Direktor der Württembergischen Notenbank, im 76. Lebensjahre gestorben.

Stuttgart, 10. Jan. Das Projekt der Er­bauung von gesunden und billigen Familienw 'bnungen, welches der Verein für das Wohl der arveitenden Klassen verfolgt, hat eine sehr bedeutsame Förderung erhalten, indem seine Majestät der König und Jhr.e Majestät die Königin geruhten, an dem 3prozentigen Anlehen, welches der Verein zu dem genannten Zweck ausgiebt, Sich mit dem Betrage von 30 000 vtL zu beteiligen.

Stuttgart, 10. Jan. Einer Ergänzung unserer Notiz über Arbeiterwohnungen teilen wir noch mit, daß die bekannte Möbelfabrik von Georg Schüttle dem Komits einen großen Platz im Scöckach behufs Erbauung von Arbeiterwohmmgen unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat.

Stuttgart, 8. Jan. (Landtag.) Nach 8monatlichcr Pause ist heute der württ. Landtag wieder Zusammen getreten, um seine Hauptaufgaben: die Verwaltunzsreform-Boccage und den Etat zu erledigen, was die Zeit bis Ende Mai jedenfalls in Anspruch nehmen wird. Den Platz als Senior hat an Stelle Egclhaaf's der Abg. Deutler eingenommen, gleich nach ihm folgt der Abg. Probst. Das jüngste Mitglied der Kammer ist jetzt nicht mehr der Abg. Konrad Haußmann, sondern sein Zwillingsbrudcr Friedrich Haußmann. Die Aehnlichkeit der beiden Genannten ist so frappant, daß man sehr genau Hinsehen muß, um sie von einander unterscheiden zu können. Mit dem Archivar der Ständeversammlung, Rc- gierungSrat Gauß, welcher heute sein Pensionsgesuch einge­reicht, wird vom Bocstandstisch des Halbmondsaales ein Mann verschwinden, wela-er seit 1846 im Mittelpunkt unsere» parlamentarischen Lebens gestanden hat und die rechte Hand einer ganzen Reihe von Kammerpräsidenten gewesen ist. Herr Gauß hat es verstanden, während dieser langen Zeit, wo die politischen Gegensätze sich, wie bekannt, manches Mal recht scharf zugespitzt haben, sich mit allen Fraktionen auf einen guten Fuß zu stellen und man steht mit Bedauern den all­seitig beliebten Mann scheiden. Auch die Kammer der Standesherren hat heute bereits ihre Sitzungen abgehal­ten. Es handelte sich in derselben aber um die Beeidigung der ans Lebenszeit ernannten neuen Mitglieder der Prä­sidenten, v. Silcher, v. Weizsäcker und v. KohlhaaS.