Stuttgart, 9. Jan. Heute trat die Kammer der Abgeordneten in die Beratung des Gesetzentwurfs betr. die Verwaltungsresorm ein, Die Generaldebatte er­öffnet,: der Berichterstatter Dr. von Göz, dessen längere Ausführung in dem Satze gipfelte, daß der Entwurf aller­dings nicht das Ideal eines Vcrwaltungsgesetzes sein werde, durch seine Annahme werde die Kammer aber das Bewußt­sein haben, zu der Reform unserer Gemcindeverfassnng in entsprechender Weise beigetragen zu haben. Die Kommission stellte den Antrag, in die Einzelberatung des Entwurfs ein­zutreten und weiter, an die königl. Regierung die Bitte zu richten, sie möge nach Verabschiedung des vorliegenden Ge­setzentwurfs die Codificierung aller auf die Gemeinde- und Körperschafts-Verwaltung bezüglichen Gesetze vornehmen. Energisch zu Gunsten des Entwurfs, der in jeder Beziehung das Richtige treffe, sprach der Abg. v. Lutz, während der Abg. Stälin nur ein bedingter Anhänger des Entwurfs ist und insbesondere auch eine neue Städteordnung in Ver­bindung mit einer neuen Gebührenordnung gewünscht hätte. Außerdem plaidirte Stälin als Abgeordneter für Stuttgart für eine zahlreichere Vertretung der Residenz im Landtage. Nach Stälin erhob sich der Schöpfer des vielbckämpften Entwurfs, der Minister v. Schmid, um darzulegen, daß unsere Eommunalverfassnng sehr wohl einen Vergleich aus- halten könne mit denjenigen der anderen deutschen Bundes­staaten, ein Vorzug, der daher rühre, daß die unsrige noch in dem Verwaltungsedict von 1822 wurzele. Sogar das Jahr 1848 habe an der württcmbergischen Gcmcindeverfassung nichts zu ändern vermocht und auch jetzt handele cs sich nicht darum, grundstürzende Umwälzungen an derselben vor­zunehmen, sondern man müsse sich mit einer Novelle begnü­gen. Auch der von dem verstorbenen Minister v. Hölder ausgearbcitete Entwurf habe die Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher, der Kreisregierungen und der freiwilligen Ge­richtsbarkeit bcibehaltcn. Energisch wendete sich der Minister gegen die Agitation der Volkspartci gegen den Entwurf, die er als eine tendenziöse bezeichnete. Auf die Beibehaltung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorstcher, erklärte der Minister, lege die Regierung den größten, ja entscheidenden Wert. Der Minister gab am Schluß seiner Rede zu, daß der Entwurf auf den ersten Blick wohl einen etwas unscheinbaren Eindruck mache, er gleiche einer Person, von deren Wert man sich erst überzeugt, wenn man sie näher kennen lernt. Nach dem Mi­nister ergriff für die Volkspartei der Abg. K. Haußmann das Wort. Seine Ansicht gebt dahin, daß der Entwurf nicht nur auf den ersten Blick unscheinbar ist, sondern es auch bei näherer Betrachtung bleibe. Da der Minister einige Male auf die konscrvaüven Reformen der badischen Gemeindever­fassung cxemplificiert hatte, so führte Haußmann seinerseits den national-liberalen badischen Dr. Binz ins Gefecht, welcher jene Bewegung bekämpft. Für die Volkspartei sei der Ent­wurf ganz unannehmbar. Redner meinte zum Schluß: Was kommen muß, muß kommen, es wird in Württemberg noch in diesem Jahrzehnt eine freiere Organisation der Gemeinde­verwaltung kommen, die dieser Entwurf uns voreuthält.

Besigheim, 8. Jan. Die Wahl des Oekonomen Essich von Bietigheim in den Landtag wird ange- fochten. Dem ständischen Ausschuß ist der Protest bereits zugegangen. Es sollen bei der Wahl zahl­reiche Fälle von Getränk- u. s. w. Spenden, sowie allerlei Versprechungen zur Erlangung von Stimmen vorgekommen sein.

Heilbronn, 8. Jan. Das Strafverfahren gegen Oberbürgermeister Hegelmaier wegen falscher An­schuldigung und Meineids, begangen im Prozeß Nr. 48 gegen Dr. Lipp, ist lautHeilbr. Ztg." von Neuem ausgenommen worden. Demselben Blatt zu­folge schwebt auch eine Untersuchung gegen Hegel­maier wegen falscher Beurkundung im Amt.

Brandfälle: In Loffenau (OA. Neuenbürg) am 7. Jan. ein Wohn- und Oekonomiegebäude; in Wittendorf (OA. Freudenstadt) die auf der Mar­kung Neuneck gelegene Sägmühle des Schultheißen Beilharz und Genossen.

München, 9. Jan. Ein wahrhaft fürstliches Geschenk, 600 000 hat der ehemalige Zimmer­meister Ehrengut der Stadt München vermacht.

Bezüglich der Ernennung des Reichsgerichts- Präsidenten in Leipzig schreibt man der Post von dort, daß der Staatssekretär von Oehlschläger zwar noch nicht auf diesen Posten berufen sei, daß der Kaiser seinen bestimmten Wunsch zu erkennen ge­geben hat, Herrn von Oehlschläger für das hohe Amt auserkoren zu sehen. Der Bundesrat dürfte sich schon in den nächsten Tagen in der Frage schlüssig machen.

Aus Straßburg wird derAllgem. Ztg." ge­schrieben, daß sicherem Vernehmen nach eine Neu­regelung der Frcmden-Polizei in den Reichslanden durch Einführung von Aufenthaltskarten für dauernd im Land sich oushaltende Fremde erwartet werde. Die versuchsweise gestatteten Erleichterungen des Grcnzverkehrs würden beibehalten und thunlichst weiter ausgedehnt werden. Die Umgestaltung der Fremden-Konlrolle werde, so hoffe man, die Mög­lichkeit bieten, die völlige Abschaffung des Paß­zwanges an der deutsch-französischen Grenze in Aussicht zu nehmen.

Berlin, II. Jan. Bei dem jüngstgeborencn kaiserlichen Prinzen übernahmen Pathenstelle der

Kaiser von Oesterreich, der König von Italien, die Königin Regentin Emma der Niederlande, die ver- wittwete Großherzogin Marie von Mecklenburg, der Herzog von Edinburg, der Herzog und die Herzogin von Connaught. die Herzogin Wera von Württem­berg, der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leo­pold, die Prinzessin Margarethe, Schwester des Kaisers und Graf Moltke.

Letzten Mittwoch, dem Todestag der Kaiserin Augusta, hat im Mausoleum zu Charlottenburg eine Gedächtnisfeier stattgefunden, welcher alle Mit­glieder der Kaiserfamilie, außer der Kaiserin, ferner eine Deputation des Augnsta-Regimems, beigewohnt haben. Das Mausoleum war mit einer Fülle von Blumen geschmückt, die von den Angehörigen der Verewigten daselbst niedergelegt worden waren. Die Rede hielt Konsistorialrat Dr. Dryander. An diese Gedächtnisfeier schloß sich eine zweite bei den Zög­lingen der Augusta-Stistung in Charlottenburg, der die Großherzogin von Baden beiwohnte.

Der italienische Botschafter in Berlin, Graf de Launay, soll, wie von verschiedenen Blättern mitgeteilt wird, beim Neujahrsempfang im Botschaf­terhotel einigen Mitgliedern der italienischen Kolonie gegenüber geäußert haben, es sei nicht unwahrschein­lich, daß der deutsche Weinzoll demnächst eine Her­absetzung erfahren werde.

Die merkwürdigsten Gerüchte über alte und neue Vorgänge, die den Fürsten Bismarck berühren oder wenigstens berührt haben sollen, tauchen jetzt in Provinzialblättern auf. So erzählt dieFranks. Ztg.", daß unlängst der Großherzog von Mecklen­burg-Schwerin dem Fürsten Bismarck das Präsidium seines Staatsministeriums angeboten, aber einen ablehnenden Bescheid erhalten hat. Der Großher­zog habe die Absicht, dem gewes. Reichskanzler jenes Amt zu übertragen, schon lange gehabt, jedoch erst das Jubiläum des seitherigen Staatsministers ab- warten wollen. Hinzugefügt wird, der Kaiser habe auf die Nachricht hin, daß die Absicht zur Ausfüh­rung gelangt sei, die von ihm geplante Reise nach Cannes zum Besuch des Großherzogs aufgegeben. DieHallesche Ztg." will ferner erfahren haben, daß der Präsident Dr. v. Simson den ersten Anstoß zu einer Erschütterung des Verhältnisses zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck gegeben habe, indem er nachdrücklich auf die Gefährdung des deut­schen Ansehens durch die Fortführung des Prozesses Geffken hingewiesen habe. Endlich behaupten Pa­riser Blätter, daß zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck beim letzten Neujahrsfest schriftliche Glückwünsche ausgetauscht worden, daß dieselben aber sehr kühler Natur gewesen seien. (Wohl Fabelei!)

Der bisherige Hofprediger Stöcker, der am 1. Januar zurückgctreten ist. wird zunächst eine Rundreise durch Deutschland machen und am näch­sten Sonntag in Magdeburg als Festprediger auf- treten für dasJahresfest der Heidenmission".

Die Sozialdemokratie plant die Errichtung von sozialistischen Arbeitersekretariaten in allen Industrie­staaten, durch welche die Verbindung zwischen den­selben stattfinden soll. Gut wär's, man machte den Versuch. Man würde dann bald Einsehen, daß die internationale Bruderliebe über den Geldbeutel nicht hinausreicht.

lieber die Anwendung des Koch'schen Mittels gegen Tuberkulose liegen jetzt wieder aus einer ganzen Reihe von Heilanstalten in verschiedenen Ländern Berichte vor. Neues bieten dieselben im allgemeinen nicht. Hervorzuheben ist nur. daß man die Impfungen jetzt bei solchen Tuberkelkranken un­terläßt, die sich schon im vorgerückten Stadium des Leidens befinden. Verschiedene Todesfälle infolge von Herzschlag haben zur Vorsicht geraten. Die Errichtung von Heilanstalten für unbemittelte Lungen­kranke soll jetzt energisch betrieben werden.

Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Ansteckung durch Tuberkulose auf der Eisenbahn, die seit der Koch'schen Entdeckung mehr als sonst von Lungen­kranken benutzt wird, welche eine Heilanstalt auf­suchen. haben die zuständigen Behörden angeordnet, daß die Schlafwagen nach jeder Benutzung aufs Gründlichste gereinigt, gelüftet und die Wäschestücke gewechselt werden. Des weiteren hat das Reichs­gesundheitsamt eine gründliche Untersuchung einzelner Personenwagen vorgenommen, um festzustellen, ob und welche Ansteckungsgefahr vorhanden ist. Nach der Feststellung des Tatbestandes werden weitere Maßnahmen erfolgen.

Woraus besteht die Koch'sehe Lymphe? Professor Bernheim in Würzburg, ein Schüler Koch's, veröffentlicht in derGegenwart" einen Aufsatz über Koch's Heilmittel und seine Gegner, in welchem er eine Vermutung über die Herstellungsweise der Lymphe ausspricht. Er glaubr, daß als Grundlage des Mittels Pferdefleisch-Bouillon anzusehen sein dürfte. Pferdefleisch enthält nämlich die meisten löslichen Eiweißstoffe unter allen Fleischgattungen und empfiehlt sich aus diesem Grunde ganz beson­ders. In diese Bouillon wird nun eine Tuberkel- Bazillen-Kolonie eingesetzt, durch welche ein Giftstoff durch Spaltung der Eiweißkörper entwickelt wird. Die Bazillen sterben ab und die den Giftstoff ent­haltende Bouillon wird zur weiteren Beseitigung etwa noch vorhandener Bazillen durch rohes Por­zellan hindurchgepreßt. Nun wird d.ese bereits gist- stoffhaltige Bouillon von Neuem mit einer Bazillen­aussaat beschickt und der Vorgang noch 45mal wiederholt. Diese nun sehr giftstoffreich gemachte Bouillon, der eine halbprozentige Karbolsäurelösung zur Fäulnisverhütung zugesetzt wird, soll das Koch'- sche Heilmittel darstellen. Schon aus diesen Andeu­tungen ergibt sich die ungeheure Mühseligkeit der Bereitung und die geringe Aussicht, das Mittel fabrikmäßig herzustellen. Eine weitere Schwierigkeit liegt nach Professor Bernheim darin, daß man die Bestimmungsmethode für den Stärkegrad des Mittels noch nicht kennt, in welchem dasselbe in jeder Gabe enthalten ist. Die Art der Wirkung stellt sich Bern­heim in der Weise vor, daß durch das von den Ba­zillen abgespaltene Gift die tierische Gewebszelle, welche von den Bazillen angegriffen ist, abstirbt, während die gesund gebliebenen Gewebselemente von dem Gifte nicht angegriffen werden.

Das preußische Schöffengericht in Putzig ver­urteilte den Auswanderungs-Agenten Böttchermeister Gehrmann aus Sodiensitz, welcher den Leuten er­klärte, der deutsche Kaiser sei mit der Auswanderung einverstanden, wegen Werdens von Auswanderern zu 1800 Mark Geldstrafe oder ncun Monaten Ge­fängnis. Gebrmann engagierte Auswanderer für den Agenten Zofa de SantoS in Lissabon, welcher im Solde brasilianischer Kaffeepflanzer steht.

Trier, 7. Jan. Aus der Eifel wird der Saar- und Mosel-Zeitung berichtet, daß bei Mahl­berg unweit Münstereifel ein Steinkohlenflöz entdeckt worden sei. Ob dasselbe einem größeren Lager angehöre, stehe freilich noch dahin. Die Bergbehörde sei benachricht worden. Für die Eifel wäre die Erschließung größerer Kohlenlager ein unberechen­barer Gewinn.

Hamburg, 10. Jan. Die Zahl der Arbeits­losen betragt ungefähr dreißigtausend infolge Unter­brechung der Schifffahrt und der großen Kälte. Es herrscht große Not.

Bellerreich-Ungarn.

Wien, 9. Jan. Eine Verschwörung gegen das Leben des Bulgarenfürsten Ferdinand wurde entdeckt.

Die summarische Zählung der Bevölkerung Wiens am 31. Dez. 1890, (ohne Vororte, Gar­nison und die Bewohner der kaiserlichen Hofgebäude), ergab 809 443 Seelen. Zunahme seit ö Jahren 104 000.

Frankreich.

Die Republik Frankreich gerät immer mehr in die Abhängigkeit Rußlands. Jetzt hat die Regierung sogar beschlossen, dem in Paris verstorbenen Herzog von Leuchtenberg ein offizielles Begräbnis zu berei­ten, weil er Mitglied eines Kaiserhauses und In­haber des Großkreuzes der Ehrenlegion gewesen sei. Die Herren scheinen vergessen zu haben, daß die Herzöge von Leuchtenberg von Nopoleons Gnaden stammen! Der Zar hat übrigens dem Polizeipräfekten Loze in Paris eine goldene Zigarrentasche mit Dia­manten als Neujahrsgeschenk überreichen lassen. Etwa dafür, daß Padlewski durchgewischt ist?

Die Leiche des in Paris verstorbenen Herzogs . Nikolaus'von Leuchtenberg, des entfernten Ver­wandten des Zaren, wird nach Petersburg überge­führt und dort beigesetzt werden.

Jules Ferry, der soeben zum Senator ge­wählt ist, wurde von einem Pariser Journalisten interviewt. Er erklärte, daß er schutzzöllerisch gesinnt sei, aber zu hohe Zölle verwerfe. Der Friede er­scheine heute auf tauge Zeit gesichert, doch müsse Frankreich seine militärische Stellung behaupten und könne in keiner Weise an Abrüstung denken.

Paris. Die Mitglieder des Pariser Gemcin-

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