Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Lberamts-Bezirk Nagold.
! Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners-S tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier /ro > ^».1» (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 — 4,
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Dienstag den 12. Dezember
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Nagold.
An die Ortsvorsteher, die monatlichen Dienstberichte der Bezirksstraßen- >
Wärter betreffend.
Die Ortsvorsteher werden hiemit angewiesen, den Bezirksstraßenwärtern zur Einsendung der mo- ! natlichen Dienstberichte je Bezirkswertzeichen zur Verfügung zu stellen. i
Den 10. Dezember 1888. !
K. Oberamt. Or. G u g e l.
" Tages-Reuigkeiten.
Ten Bericht über den gestrigen liturg. Gottesdienst können wir wegen Mangels an Raum erst in nächster Nummer erfolg en lassen. _
^ Nagold, 10. Dez. Bei der jüngstens in
Stuttgart abgchaltenen Versammlung des württem- bergischen Zweigvcreins des „Evangelischen Bundes" zur Wahrung der deutschen protestantischen Interessen konnte von einem bedeutenden Wachstum und regen Leben des Vereins in allen Ständen und über das ganze Land hin berichtet werden. Der Verein will hinarbciten auf einen engeren Zusammenschluß aller Evangelischen, ohne Unterschied der Richtung, zur gemeinsamen Pflege der Güter der Reformation und des evangelischen Glaubens und Lebens, wie zur gemeinsamen Aluvehr etwaiger jesuitischer und römischer Angriffe und Uebergriffe. Daß unter anderem der ehrwürdige Prälat Klaiber, eben bei der Landesversammlung, sich mit Wärme aussprach für die Notwendigkeit solch eines Bundes in unseren Tagen und in unserem Lande, bürgt gewiß auch dafür, daß der Geist des Friedens und der Verträglichkeit mit den katholischen Mitbürgern und Mitchristen den Verein stes leiten wird.
Stuttgart, 6. Dez. Trotz des mehrmaligen Hin- und HcrsckncbcnS zwischen beiden Kammern konnte über das landwirtschaftliche Nachbarrechtsgesctz keine Einigung erzielt werden; die Vorlage ist deshalb gefallen. Der Hauptdifferenzpunkt und schließlich der einzige war der Art. 21. Hier standen sich die Landwirtschaft, für welche die zweite Kammer eintrat, und der Wald, welcher seine Vertreter bei den Standesherren hatte, schroff gegenüber, insbesondere bei der Frage der Grenzbäume und der übcrhängendcn Zweige. Die zweite Kammer hatte schließlich der ersten Kammer das Entgegenkommen bewiesen, daß sie den ganzen Art. 21 aus dem Gesetze strich, um so die den Wald betreffenden Vorschriften durch eine eventuell später cinzubringende Novelle zu regeln und es einstweilen bei dem bestehenden Recht zu lassen. Aber die erste Kammer war damit nicht einverstanden. Zhre Mitglieder, die beim Waldbesitz in erster Linie interessiert sind, stimmten das Gesetz mit 21 gegen 2 Stimmen (diejenigen des Ministers v. Sarwey und des von ihm vertretenen Herzogs Maximilian von Württemberg) nieder. Der Finanzminister v. Renner, welcher auch der ersten Kammer angehört, enthielt sich der Abstimmung, was nur damit zu erklären ist, daß er, als an der Spitze der Verwaltung der großen Staatsforsten stehend, den Wald nicht benachteiligen lassen wollte. Uebrigcns ist eS ein recht einseitiger Standpunkt, immer, wie es bei der Beratung des landwirtschaftlichen Nachbar- rcchtsgesetzes geschehen ist, v»n einem Gegensatz des Waldes und der Landwirtschaft zu sprechen, der in Wirklichkeit, da Grundbesitzer doch meistens Feld und Wald haben, gar nicht existiert. Wenn die erste Kammer geglaubt, die Abgeordneten würden schließlich doch noch nachgeben, so hatte sie sich schwer getäuscht. Die zweite Kammer nahm die Mitteilung von der Abstimmung der Standesherren, die in der vorliegenden Frage ihre gesetzgeberischen Fähigkeiten in kein besonders günstiges Licht gestellt haben, mit Ruhe entgegen und wird von dem Ergebnis der k. Regierung in einer Sonder- adrcsse Mitteilung machen. — Auf eine Anfrage des Abg. Nast entwickelte heute der Minister v. Schund die Grundgedanken eines dem nächsten Landtage zugehendcn Gesetzes über die Armengesetzgcbung, insbesondere über die Vergrößerung der Landarmenverbände, die sich mit den vier Kreisen des Landes decken sollen. — Der Präsident der Abgeordnetenkammer v. Hohl richtete bei Schluß der heutigen Sitzung an das hohe Haus einige Worte des Abschiedes, worauf ihm die allerscitige Anerkennung für seine vorzügliche Leitung der Geschäfte ausgesprochen ward.
Stuttgart, 7. Dez. Die Thronrede, womit Prinz Wilhelm die sechsjährige Legislaturperiode schließt, spricht das Bedauern des Königs aus, persönlich am Erscheinen verhindert zu sein. Sie erinnert an den Hintritt der Prinzessin Marie und an die Ereignisse, welche im Laufe des Jahres vorgefallen. In schmerzliche Trauer sei das Land durch das Ableben der beiden Kaiser versetzt worden. Die freudige Teilnahme des ganzen Volkes, als Kaiser Wilhelm der Vertreter des deutschen Volkes eröffnete, sowie die Begrüßung bei dem Besuche des Kaisers in Stuttgart, ließen erkennen, daß die Einigung der deutschen Staaten durch das Band des Reiches eine treue Stätte im Herzen des württembergischen Volkes gefunden habe. Die Thronrede gedenkt der ersprießlichen Thätigkeit der Stände und spricht denselben Dank und Anerkennung aus. Ein günstiger Einfluß der Reichssteuergesetze auf den Staatshaushalt sei zu erwarten. Alsdann wurde im Auftrag des Königs der Landtag geschlossen.
Stuttgart, 8. Dez. Die Landtagswählen finden dem Vernehmen nach am 9. Januar statt.
Die „Ludw. Ztg." u. a. Blätter berichten: Von seiten der obersten Heeresleitung wurde vor einigen Tagen bei den Kompagnien der Infanterie- Regimenter angefragt, ob sie den Wegfall des Bajonettfechtens bei der Infanterie für wünschenswert erachten würden, da dasselbe mit den Regeln des neuen Exerzierreglements nicht mehr im Einklang stehe und im Falle eines Sturmes auf eine feindliche Stellung es nur ein kurzer Moment sei, wo der Soldat sein Gewehr als Stoßwaffe benützen könne. Ferner erfordere gerade dieser Dienstzweig sehr viele Zeit und auch viel Material; die erzielten Erfolge entsprächen aber bei weitem nicht dem Aufwand an Zeit und Geld, da selbst bei der größten Mühe, die darauf verwendet wird, doch sehr wenig Leute zu wirklich guten Fechtern herangebildet werden können.
Ulm, 5. Dez. Wie wir erfahren, beabsichtigt man in Ulm einen Verein württ. Zeichenlehrer zu gründen. Die Tendenz des Vereins ist in hohem Grade anerkennenswert, sie geht auf wechselseitigen Verkehr und Anregung zur künstlerischen Berufs- thätigkeit und auf Förderung der materiellen Interesses seiner Mitglieder.
Biber ach, 6. Dezember. Den 14 ständigen Volksschullehrern hier wurde eine Gehaltszulage von 100 ^ in der letzten Sitzung des gemeinschaftlichen Stiftungsrats verwilligt.
Hcilbronn, 7. Dez. Die heutige „öffentliche" Sitzung des Gemeinderats, deren Verlauf die ganze Einwohnerschaft mit begreiflicher Spannung entgegensah, wurde von dem Vorsitzenden mit der Erklärung eröffnet, daß die Oeffeutlichkeit ausgeschlossen sei. Die Sitzung soll einen ungestörten Verlauf genommen haben. Der Herr Oberbürgermeister verlas selbst die gemeinderütliche Erklärung, deren Vortrag er gestern verweigerte, auch gab er weitere beruhigende Zusicherungen. Der Friede ist wieder hergestellt.
Brand fälle. In Spaichingen am 7. ds. die Holzwarenfabrik von Baron Türkheim und Franke mit sämtlichen Maschinen.
Karlsruhe, 6. Dez. Gestern Abend ertranken beim Uebersetzen über den Rhein der Bürgermeister, vier Gemeinderäte und.zwei Waldhüter von Altenheim bei Kehl. Ein Gemeinderat konnte sich retten.
München, 4. Dez. DerunversöhnlicheHaß einzelner Ultramontanen gegen das deutsche Reich äußert sich wieder einmal in einer geschichtlichen Erinnerung
des ultramontanen hiesigen Blattes des „Vaterlands." Das Blatt erinnert daran, daß Kaiser Franz Josef auf dem italienischen Schlachtfelde die von französischer Seite angebotene Entschädigung in Deutschland mit der Bemerkung zurückgewiesen habe, „er sei ein deutscher Fürst". Hieran knüpft das klerikale Blatt die Bemerkung: „Hätte der Kaiser von Oesterreich damals eingeschlagen: das preußisch-deutsche Reich von heute mit allen seinen Segnungen und Folgen wäre Europa wahrscheinlich erspart geblieben." Wir teilen dieses Pröbchen ultramontanen Nationalstolzes ohne weiteren Zusatz mit; nicht alle Ultramontanen denken so, aber leider doch ein Teil derselben.
Berlin, 5. Dez. Bei der fortgesetzten Beratung des Militäretats fragt Rickert, wenn die angekündigte Revision der Militärstrafprozeßordnung zu erwarten sei. Der Kriegsminister: Die Erwägungen über die Abänderung der Zivilprozeßordnung ermutigen nicht zu der geforderten Revision. Richter weist darauf hin, daß die militärische Gerichtsbarkeit nicht auf militärische Verbrechen beschränkt werde. Böckle (Antisemit) bittet, daß die Militärverwaltung bei dem Ankauf von Landcsprodukten direkt mit den Landwirten in Verbindung treten möge. Das Lieferanten- und Zwischen- händlerwesen sei eine Schmarotzerpflanze am Baume der deutschen Landwirtschaft. Der Kricgsminister erklärt, soweit cs möglich sei, geschehe bereits der direkte Bezug von Getreide re. von den Landwirten. Richter meint, die Armee- Verwaltung müsse dort kaufen, wo cs am billigsten und besten sei. Der Kriegsminister erklärt, die gemachten Erfahrungen mit direktem Kauf vom Produzenten seien bisher die besten gewesen. In der weiteren Debatte, erklärt Kröber (Demokr.,) daß in Bayern oft die Ernte cinregne und Getreide vom Ausland für Militärzwecke bezogen werden müsse. Dies sei Grund genug, die Gettcidezölle aufzuhebe». Das Kapitel „Naturalverpflegung" wird hierauf angenommen. Der Rest des Ordinariums wird ohne wesentliche Debatte erledigt. Morgen Alters- und Invalidenversicherung.
Berlin, 7. Dez. Das im Auswärtigen Amte ausgearbeitete Weißbuch über die ostafrikanischen Verhältnisse wird dem Reichstag schon morgen zugehen. Dasselbe ist außerordentlich umfangreich und enthält zunächst eine historische Darlegung der Ueber- nahme der ostasrikanischen Küste in den deutschen Schutz, sowie der Verhandlungen mit Sultan von Sansibar. Sodann enthält es die Berichte über den Aufstand und die mit dem Auswärtigen Amt darüber gewechselten Depeschen und schließlich die Verhandlungen betreffs Unterdrückung des Sklavenhandels. In letzter Beziehung werden namentlich interessieren ein Brief des Cardinals Lavigerie an den Reichskanzler, sowie die Mitteilung, daß Portugal und Italien sich zur Teilnahme an der Blockade bereit erklärt haben.
Berlin, 7. Dez. Der Generalstabsarzt der Armee, Pros, von Lauer, der langjährige Leibarzt Kaiser Wilhelms I., begeht am 12. ds. sein sechzigjähriges Dienstjubiläum. Der Tag dieser seltenen Feier soll noch von Kaiser Wilhelm I. selbst bestimmt worden sein. Der greise Jubilar, der am 8. Oktober seinen 80sten Geburtstag beging, erfreut sich jetzt wieder eines befriedigenden Befindens. In militärischen wie in ärztlichen Kreisen werden für den Jubilar besondere Kundgebungen geplant.
Der deutsche Reichstag wird nicht nach der jetzigen Session ausgelöst werden. Die Annahme, daß die Regierung die Absicht habe, die Neuwahlen schon im Herbst 1889 stattfinden zu lassen, wird jetzt ganz entschieden für falsch erklärt. Es wird im Gegenteil offiziös versichert, die Regierung denke gar nicht daran, den Reichstag vor Ablauf seines Mandats aufzulösen, es sei denn, daß besondere Umstände dies nötig machen sollten. Es soll vielmehr in der ausgesprochenen Absicht der Regierung liegen, die sozial-politischen Gesetze in dieser, beziehungsweise , in der nächsten Session, welche im Februar 1890