Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
W 65.
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Dienstag den 5. Juni
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1888 .
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Tagss-Neriigkciteir.
Deutsches R-iL.
sEingeseudct.) Bor 10 Jahren noch konnte die, 'Nagold mit Recht ein fischreiches Wasser ge-^ nannt werden, heute verdient dieselbe diese Bezeich- j nung in keiner Weise mehr, man kann stundenlang Fluß ans- und Fluß abwärts wandern, ohne auch ^ nur einen Fisch zu erblicken. Fragt inan nach der Ursache dieser Verarmung, so können verschiedene Grunde angeführt werden. In erster Linie ist cs ; die rücksichtslose Ausbeutung von Seiten der Fischc- rcibcsitzcr und Pächter selbst, welche, ohne im Geringsten für Nachzucht zu sorgen, so bald der Wasscr- stand und die Temperatur cs erlauben, jeden Sonntag zum Fischen benützen, und wird in der Regel alles genommen, groß und klein, denn nehme ichS nicht, nimwts der Nachbar, damit werden allcnsallsige Bedenken beschwichtigt. Begünstigt wird dieser Raubsang ungemein durch die in neuerer Zeit angelegten großen Wasscrstuben, in welchen die Nagold bei kleinerem Wosscrslandc stundenlang total abgcipcrrt werden kann. Am Sonntag vormittag nun werden neben diesen großen staatlichen Wasserftubcn den Fluß entlang auch die Stellfallen der Wasserwerke in gut organisierter Weise gezogen und wenn das Wasser verlausen, wieder gleichzeitig gesperrt. Dadurch entstehen Stellen von 3—4 Stunden, regelmäßig nachmittags gegen 2 Uhr eintretend, in welcher Zeit tbatsächlich kein Tropfen Wasser mehr läuft, und sell st die sonst tiefen Stellen im Fluß, welche den Fischen einige Zuflucht bieten, werden nahezu trocken gelegt. Ta ist cS freilich kein Wunder, wenn schließlich das letzte Fischlein hcrausgczogen wird, besonders wenn inan bedenkt, daß diese Manipulation von, fehl ^ bis in den Herbst hinein jeden Sonntag Wiederholt wird. In zweiter Linie ist cs der Fischdiebstahl, welcher in ungeniertester Weise betrieben wird, teilweise von Leuten in geachteter Lebensstellung. Da wird auf alle Arten den Fischen nachgestellt, mit Legangeln, sogenannten Aalschnüren, Fischfallen und selbst mit betäubenden Mitteln, neuerdings soll sogar mit Sprengmitteln operiert worden sein. Wenn hier keine Abhilfe getroffen, und die Fischerei in dieser Weise fortgesetzt werden kann, so ist in absehbarer Zeit, zum Schaden der Interessenten selbst, ein Fisch in der Nagold zur Rarität geworden. Abhilfe wäre leicht Zu treffen und zwar 1) durch daS Verbot der Sonn- tagSfischcrei mit strenger Durchführung, wenn auch nur für einige Jahre; 2) sollte bei der Verpachtung mehr ans die Person des Pächters als aus einen hohen Wasscrpacht gesehen und die Bedingung an den Pacht geknüpft werden, daß jährlich so und so viele Fische eingesetzt werden müssen. Freilich sollte diese Bestimmung auch den gewerbsmäßigen Fisch- waffcibesitzerir vor geschrieben werde» können; 3) eine schärfere Controlc der Fischhändler und der zum Verkauf kommenden Fische der Fisehereitrcibendcn und des FischwasscrS überhaupt; 4i Verbot des unbefugten FallenziehenS, namentlich de» staatlichen Stauvorrich- tungen. , In dieser Weise gchandhabt, wäre in wenigen Jahren zum Nutzen aller Beteiligten der Fisch- j
reicht«,!, der Nagold wiederhergestellt, und damit der Zweck dieser Anregung erreicht.
-7- Wildberg, 2. Juni. Heute gab ein großer Tranerzug das letzte Ehrengeleite einem Manne, dem Viele wegen seiner Freundlichkeit, seinem ruhigen verständigen Wesen, seiner Gefälligkeit und Anspruchslosigkeit ein gutes Andenken bewahren werden. Es gilt diese wohlverdiente Anerkennung dem Bäcker und Ochsenwirt Bai er in Wildberg, der durch einen Herz'chlag überraschend schnell im Alter von 52 Jahren mitten aus seiner Thätigkeit abberufen wurde. Möge es seiner Witwe, seinen Geschwistern und übrigen Verwandten zu einigem Trost gereichen, wenn dem Verstorbenen hier öffentlich bezeugt wird, — was auch der Geistliche in schönen Worten am Grabe ge- than Hot, — daß in ihm ein braver Mann heimgegangen ist. Friede seiner Asche!
Stuttgart, 31. Mai. Behufs Besprechung des Entwurfs des neuen Genossenschaftsgcsetzes findet hier am 22. Juli eine vom Verband württcmbergi- scher Genossenschaftsbanken veranstaltete Versammlung statt, an welche sich etwa 50 Gcwcrbebanken des Landes beteiligen werden.
Stuttgart, 1. Juni. Die Abreise des Kö- nigS-paares in die Sommer-Residenz Friedrichshofen ist jetzt auf Ende Juni festgesetzt, da die Majestäten, wie cs heißt, au dem hiesigen großen Musikfest noch teilnchmen.
Pros. Tr. v. Li e b e r m e i st e r in T ü b i n- g e u wurde zum konsultierenden Leibarzt Seiner Majestät des Königs ernannt.
Stuttgart, 1. Juni. Wie der „StaatSanz. für Wiritewlerg" meldet, hak die gestern von den Leiläizlen des Königs, Licbermeister und Fetzer, aus gesuhlte Untersuchung ergeben, daß die schwele akute Eikianknng von dem letzten Winter her erst cubch geheilt und keine krankhaften Rückstände für lie AtmnngSergane hintcilassen haben. Da das Nerveniystcm immer noch angegriffen ist, ist eS notwendig, daß der König sich noch Schonung oufer- leat und von alten Anstrengungen fernhält.
Trotz des sehr gesteigerten Hcnpreiscs haben ans dem Ulmer Heumar kt einige Händler ihre Heu- ladnng in der Mitte stark genetzt, um ein höheres Gewicht zu erzielen. Sic wurden jedoch entlarvt und nun ist die Sache bei Gericht anhängig gemacht.
B r a n d f ä l l e: In T a u t en h ofen (Leut- kirch) am 28. Mai das Gelände des Ockonomen K r n g ; in E u uabcuren Münsingcn) am 30. Mai die Scheuer des Schultheißen Bosch mit sämtlichen Vorräten und Maschinen.
München, 1. Juni. Tie Eröffnung der Kunstausstellung ist um 1l Uhr vormittags programmmäßig durch den Prinzregenten erfolgt; auch diese gewährt einen großartigen Eindruck und ist auf daS Reichste beschickt.
S t r a ß b u r g i. E., 2. Juni. Die amtliche „LaudcSztg." erfährt, cs sei für den Orient Ez'preß- zug eine Erleichterung der Paßkontrolle cinaesührt worden, indem die Reisenden mit direkten Billcts von Paris bis wenigstens München von der Paß- crsordernis befreit seien, wenn sie inncihalb der Rcichslandc den Zug nicht verlassen.
Berlin, 29. Mai. Der Kaiser erhob seinen langjährigen früheren Adjutanten, Gcncrallieutc nant Mischte, in den Adclsiaird
Bcrl-n, 30. Mal. Bekanntlich wurde von stcisiiiiiigen Blattern die Meldung verbreitet und mit einem gewissen Nachdruck ausiccht erhalten, der Kaiser habe das Gesetz, betreffend die Verlängerung der
Legislatur-Periode nur mit Widerwillen vollzogen- Jetzt wird auch der Münch. „Allg. Ztg." angeblich von „uiiserrichtcter Seite" mitgeteilt, „daß der Kaiser das Gesetz .erst nach länge,em Bedenken vollzogen habe." Es wird in dem aus dem Standpunkt der natioualliberalen Partei stehenden Blatte weiter mitgetciit: „Der Kaiser entschloß sich dazu nur aus das dringende Zureden desjenigen Ratgebers, dem er unter seiner jetzigen staatsmännischen Umgebung am meisten vertrant. Der Monarch begleitete die Vollziehung mit einem Schreiben an Herrn v. Puttkamer, in welchem er den Nachdruck darauf legte, daß die Freiheit des Wahlrechtes nach dieser Maßregel um so sorgfältiger zu achten sei.
Berlin, 31. Mai. Dr. Mackenzie, den heute Prof. Leyden seinen Zuhörern im Kolleg vorstellte, wurde mit dem üblichen akademischen Fußscharren begrüßt, das aber bald durch lautes Zischen über tönt wurde.
Berlin, 31. Mai. Fürst Bismarck war heute bis 5 Uhr beim Kaiser. Um 6 Uhr besuchte der Kaiser erstmals das Mausoleum, ließ sich am Sarge weiland Kaiser Wilhelms nieder und verrichtete ein stilles Gebet. Das Allgemeinbefinden ist vorzüglich.
Berlin, 31. Mai. Nach zuverlässigen Berichten scheint cs sich nicht zu bestätigen, daß der Gesetzentwurf, betreffend die Verlängerung der Legislaturperioden, die allerhöchste Sanktion erhalten habe. Die „Nat.-Ztg." bestätigt dagegen, daß der Kaiser an den Minister v. Puttkammcr in Betreff der Wahlen ein Schreiben erlassen habe, und fügt hinzu, der Minister habe dasselbe mit einer Darstellung seiner auf die Wahlen bezüglichen Thätigkeit beantwortet, wodurch er sich gegen den Vorwurf, der in dem kaiserlichen Schreiben liegen könnte, verteidigt.
Berlin, 31. Mai. In Begleitung des Kaisers nehmen Wcgncr, Mackenzie und Hovell im Schloß Friedrichskron Wohnung. Krause und Leyden fahren täglich nach Potsdam, ebenso abwechselnd Bardclcben und Senator. — Die Kaiserin empfing gestern in Charlottcuburg eine Deputation Berliner Künstler, worunter die Professoren Adolf Menzel, Auto» Werner, Begas und Knaus waren. — Fürst Bismarck hatte um 4 Uhr Audienz beim Kaiser. — Die Erbprinzessin von Meiningen und die Prinzessin Friedrich Karl waren zu Tisch bei den Majestäten. — Der „Rcichsanzciger" meldet: Die Regierungen sind vom Landwirtsehastsministcr Lucius angewiesen, dem asiatischen Stcppenhuhn auf dem forstfiskalischen Jagd- tcrrain vollständige Schonung zuteil werden zu lassen und auch dahin zu wirken, daß die Schonung thun- lichst auf den sonstigen Jagdgebieten gchandhabt werde.
Berlin, l.Juui. Aus Anordnung des Ka i- scrs soll an Stelle der in Preußen gebräuchlichen Bezeichnung der DienslentlassuiigSurkundc mit „Ti- missorinlc" das Wort „Abschied" treten
Berlin. 1. Juni. Die „Post" weist gegenüber der Aeußcruug Goblets, wonach Herr von Tis za nicht das Recht gehabt habe, zu behaupten, daß die französische Negierung nicht in der Lage sei, die Sicherheit ihrer Gäste zu gewährleisten, aus den Empfang hin, den die Pariser am 29. Septbr. 1883 dem Könige Alfons von Spanien bereiteten. Wenn man schon einen Monarchen beleidigt hätte, nur weil er einige Tage Deutschlands Gast gewesen, so werde man noch weniger glimpflich mit Deutschlands Verbündeten verfahren. Würden doch italienische Arbeiter beständig von französischen Arbeitern angegriffen»
Berlin, 1. Juni. Tic Kaiserin meinte, wie