Amts- und Intelligenz-Blatt für Sen Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 8. Mai
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A mrLiches.
An die K Lrtsschttlittipektorate.
Dieselben, soweit sie von dem Erlaß Nr. 5539 Amtsblatt S. 3754 betroffen werden, werden ersucht, über erstmalige Einberufung umgehend, über wiederholte jedesmal nach Kenntnisnahme zu berichten.
Nagold, 6. Mai 1888.
K. Bezirksschulinspektorat. Schott.
Tages-Neuigkeiter».
Deutsches Reich.
*Nagold, 7. Mai. Die vor einigen Jahren hier stark grassierende Hühnerseuche (Diphtheritis ?) herrscht gegenwärtig wieder in einem Grade, daß man befürchten muß, daß der ganze Hühnerbestand derselben erliegen werde. Manche Hühnerbesitzer haben den Verlust von 10, 17 und 25 Hühnern zu beklagen. Die angewandten Mittel, Eingeben von Schmalz, Oel, Petroleum w., blieben bis jetzt ohne Erfolg.
— § Nagold. Gestern passierte unsere Stadt eine interessante Persönlichkeit. Der zweite Sohn unseres Reichskanzlers, Graf Wilhelm v. Bismarck, Landrat in Hanau, hat in letzter Woche dem seltenen Waidmannsverguügen des Auerhahnenbalzes obgelegen , kam von Wildbad her in unsere nahegelegenen Waldungen, wo er einige Tage bei Hrn. Böckingin Schernbach geweilt und gestern von hier ab den Rückweg in die Heimat angetrcten hat.
Aus Württemberg. Daß der lange Winter für unsere Landleute manche Unbequemlichkeiten im Gefolge hatte, läßt sich nicht leugnen. Die Klagen darüber sind nur zu berechtigt. Es ist das aber nur ein vorübergehender Uebelstand und berechtigt keineswegs, von einer landwirtschaftlichen Notlage zu reden. Gewiß hat unsere Landwirtschaft mit Schwierigkeiten mancher Art zu kämpfen, aber da, wo die gewohnte zähe Ausdauer des Bauern sich paart mit einem auf rationellen Grundlagen beruhenden Betrieb, bleibt auch der Erfolg nicht aus. Unser Bauernstand zeichnet sich im Allgemeinen durch Anspruchlosigkeit in seinen Bedürfnissen, großen Fleiß und einen tiefgewurzelten Sparsinn aus, so daß er verhältnismäßig leicht über augenblickliche Calamitä- ten wegkommt. Dazu kommen noch die vielen staatlichen Einrichtungen zum Schutze und zur Hebung der Landwirtschaft. Es darf hier nur an die Fruchtzölle erinnert werden, sowie an unsere neue Steuergesetzgebung, vermöge welcher die staatliche Grundsteuer zu Lasten der Gebäude- und hauptsächlich der Gewerbesteuer um über 1 Million herabgesetzt wurde, welcher Betrag sich annähernd verdreifacht, wenn man noch die Orts- und Gemeindesteuerumlagen in Betracht zieht. Eine vorzügliche Handhabe zur Verbesserung ihrer Lage und zur Hebung ihrer Pro- duktionsfähigkeit ist aber der Landwirtschaft durch das Feldbereinigungsgesetz vom 30. März 1886 geboten und es wird auch von den Kennern unserer landwirtschaftlichen Verhältnisse ausnahmslos zugegeben, daß eine allgemeine Durchführung der Feldbereinigung als ein großer Fortschritt zu bezeichnen und für unsere Landwirtschaft von eminenter Bedeutung wäre. Die bis jetzt gemachten Anfänge sind zwar noch nicht sehr umfangreich, aber immerhin beträchtlich genug, um der Sache jetzt schon eine gedeihliche Entwickelung prophezeihen zu können. Unser Bauernstand ist im Allgemeinen Neuerungen gegenüber ziemlich mißtrauisch, tritt aber bereitwillig aus seiner Zurückhaltung hervor, wenn er die daraus entspringenden Vorteile vor Augen sieht. Und deshalb ist vorauszusehen, daß die Feldbereinigung
auch bei uns in absehbarer Zeit als eine vollzogene Thatsachc betrachtet werden kann.
Stuttgart, 3. Mai. Der evangelischen Landessyuode ist auf ihr gestriges Huldigungstelegramm von dem König eine sehr gnädige Antwort zugegangen. Der König gibt dem innigen Wunsch Ausdruck, daß die Beratungen der Synode einen gesegneten Verlauf nehmen mögen. Staatsrat Dr. v. Riecke ist zum Präsidenten der Synode ernannt worden. Er erfreut sich allgemeiner Beliebtheit und Hochachtung und ist von gemäßigter Richtung, wegen seiner Schlagfertigkeit und parlamentarischen Uebung (er ist auch vom König zum lebenslänglichen Mitglied der Kammer der Standesherren ernannt) ganz der Mann, die Heißsporne, welche in der Synode sitzen, im Zaum zu halten. (Fr. I.)
In der Landessynode wurde Rektor Dr. Brügel in die ökonomische Kommission gewählt.
Die Verwaltung der Württembergi- schen Staatseisenbahnen hat seit kurzem die Verfügung getroffen, daß die Schaffner für die Folge des Wortes „Fahrkarten" statt „Billets" sich bedienen sollen. Statt „Retourbillets" wird „Rückfahrkarten" gesagt.
Mezingen, 3. Mai. (Eingesendet). Letzten Dienstag abend hatten sich im Hotel Sprandel mit den hiesigen Beamten, bürgerl. Collegien und den Ortsvorstehern der nachbarlichen Bezirksorten auch noch eine Anzahl sonstiger Freunde und Bekannte des bisherigen Herrn Amtsnotar Kraus, der als Gerichtsnotar nach Nagold versetzt wurde, eingefunden, um an dessen Abschieds sei er sich zu beteiligen. Der Scheidende hat sich während seines nahezu 6jährigen Hierseins durch Tüchtigkeit und Liebenswürdigkeit im amtlichen wie im privaten Verkehr, bei seinen hiesigen Mitbürgern sowohl als auch in den seinem Wirkungskreis zugeteilten Bezirksorten alle Achtung und Beliebtheit erworben, so daß wir diesen musterhaften Beamten nur ungerne scheiden sehen. Diesen Gefühlen gaben an diesem Abend auch Herr Stadtschultheiß Caspar und Herr Stadtpfarrer Beck in beredten Worten Ausdruck, denen wir noch den Wunsch beifügen, Herrn Gerichtsnotar Kraus möge es beschieden sein, in seiner neuen Stellung noch viele Jahre glücklich unter seiner Familie zu leben und in körperlicher Gesundheit seines Amtes zu walten.
Rottweil, 3. Mai. Die seit Jahren von der Pulverfabrik Rottweil-Hamburg angestellten Versuche, für Militärzwecke ein möglichst rauchfreies Schießpulver zu finden, sollen nunmehr zu einem befriedigenden Abschlüsse gediehen sein. Man verwendet anstatt der Feuchtigkeit anziehenden Holzkohle eine Korkkohle. Die Fabrik soll, wie die „Augsb. Abendzeitung" meldet, jetzt an die fabriksmäßige Herstellung des Pulvers gehen wollen.
Im Bahnpostamt Mannheim soll eine Geldsendung von 4000 ^ in Gold spurlos verschwunden sein. Trotz eifrigster Nachforschungen konnte über den Verbleib des Geldes nichts festgestellt werden.
Berlin, 3. Mai. Professor Dr. Bardeleben, der gestern morgen zum erstenmal zur Konsultation beim Kaiser zugezogen wurde, erklärte, daß der hohe Kranke in langsamer, aber entschiedener Rekonvaleszenz begriffen sei. Auf die Bemerkung der Kaiserin, „das wäre wohl tröstlich", antwortete der berühmte Kliniker: „Ich glaube wohl, Eurer Majestät einen tröstlichen Ausblick in die Zukunft eröffnen zu können." (Wenn diese Mitteilung nur auch wahr bleibt!)
Berlin, 4. Mai. Der Kaiser soll jetzt, we
nigstens mit seinen Familienangehörigen und mit den Aerzten fast nur mündlich verkehren. Wenn die Stimme auch ganz leise klinge, so sollen nach dem „Berl. Tgbl." die Worte doch nicht nur durch die Lippenbewegung, sondern phonetisch wahrnehmbar und verständlich sein.
Berlin, 4. Mai. Der Kaiser war heute morgen fieberfrei und zeitweise außer Bett. Die Kräfte nehmen allmählich zu. Bulletins werden bis aus weiteres nicht mehr täglich ausgegeben.
Paris, 4. Mai. Die Gerüchte von der Erschütterung der Stellung Herbettes, des französischen Botschafters in Berlin, erhalten sich.
Berlin, 4. Mai. Die Kaiserin ist abends 10^4 Uhr von der Reise in die Elbgegend zurückgekehrt.
Berlin, 4. Mai. Es ist nunmehr definitiv festgesetzt, daß die Hochzeit des Prinzen Heinrich bis auf weiteres aufgeschoben bleibt.
Berlin, 4. Mai. Karl Schurz wird heute bei dem Reichskanzler speisen; unter den anderen Geladenen sind auch Graf Stolberg-Wernigerode und ^ Graf Doenhof-Friedrichstein.
Fürst Bismarck und Karl Schurz, der Deutschamerikaner, müssen sich einander viel zu sagen gehabt haben, denn ihre Unterredung dauerte über 2 Stunden; so lange Audienz bewilligt Bismarck kaum einem Botschafter. Schurz erzählt, daß der i Kanzler auf die Erhaltung guter Beziehungen zwi- , scheu dem Deutschen Reich und Amerika großen Wert . lege und seine Sympathien für letzteres nachdrücklich I bezeigt habe. Auch Graf Herbert hat auf Karl Schurz einen guten Eindruck gemacht; er habe eine starke und selbstständige Natur, große Lebenserfahrung und Einsicht in dem Zusammenhang der Dinge und sei ein würdiger Schüler seines- großen väterlichen Lehrmeisters.
Berli-n, 5. Mai. Die Aerzte sind mit dem Befinden des Kaisers zufrieden, die Besserung , und Hebung der Kräfte schreitet langsam fort. Der Kaiser blieb bis gestern abend 8 Uhr außer Bett.
Berlin, 5. Mai. Heute wurden zum ersten Male wieder von dem Kaiser Steh- und Gehver- ^ suche gemacht und zeigte sich dabei die erfreuliche Er- i scheinung, daß der Kräftezustand ganz augenscheinlich zum Besseren fortschreitet. Das Fieber war heute in den Vormittagsstunden fast völlig verschwunden, keinesfalls ist aber vor Ablauf von noch 2 Wochen an eine Translokation nach Schloß Friedrichskron zu denken.
Die Königin Viktoria von England richtete ein Schreiben an die Deutsche Kaiserin, in welchem sie ihren Dank für die ihr in Berlin von der Bevölkerung gewordene herzliche Begrüßung ausspricht.
Berlin, 6. Mai. Prinz Wilhelm, ältester Sohn des kronprinzlichen Paares, feierte heute seinen sechsten Geburtstag.
Berlin. Unter dem Vorsitz des Feldprobstes der Armee Dr. Richter hat in Berlin in der Feld- probstei eine Konferenz sämtlicher Militär-Oberpfarrer der deutschen Armee stattgefunden, welche wichtige, das militär-kirchliche Leben betreffende Fragen erörterte. Die Mitglieder wurden am Donnerstag vom ! Kronprinzen empfangen und begaben sich dann in das ! Charlottenburger Mausoleum, wo sie ain Sarge des ^ Kaisers eine stille Andacht verrichteten und einen ! prächtigen Kranz im Namen der gesamten Militär- ! geistlichkeit niederlegten.
, Die Nachricht der deutsch-freisinnigen „Boss.