/ der am Schlüsse deS Festes vorgenommenen Verkauf ^ des Christbaums. Das ganze aber ist allseitig als ein schönes gelungenes und gemütliches Fest bezeich­net worden. dessen Dauer bis in die Mitternacht hineinging und jeden Teilnehmer vollauf befriedigte.

* Nagold, 27. Dez. Von den Chrinbaum- feiern hatte die des hies. Liederkranzes bisher wohl Xam meisten Zugkraft, aber noch nie hatten die Mit- / glieder desselben mit ihren Familien sich so zahlreich cingefunden wie gestern, manche konnten nur notdürf­tig sich ein Plätzchen erobern. Die Feier verlief aber auch in schönster, gelungenster, heiterster Weise. Die­selbe wurde durch die Hymne:Leih aus deines Himmels Höhen" eingeleitet, welche jeden durch den herrlichen Vortrag ernst und feierlich stimmen mußte. Das hieraus folgende Barytonsolo, Ringerl und- serl, vorgetragen von Hrn. Barthel, erregte schon mehr eine heitere Stimmung und erntete allgemeinen Bei­fall. Die folgenden Nummern, ein Quartett und der Chor:Im schönsten Wiesengrunde", sowie auch das Tenorsolo:Weihnachtslied", gesungen von Hrn. Prä- parandenlehrer Staiger, erfreuten sich nicht weniger des verdienten Applaus. Besonders angenehm berührte das Ohr die alte Volksweise des Chors:Im schön­sten Wiesengrunde". Nachdem der Christbaum fast im himmlischen Glanze erstellt war, begrüßte densel­ben in kräftigem Chor das Volkslied:O Tannen­baum". Hieran reihte sich die Gabenverlosung, die manches Kuriosum und Launige bot: Wirten wurde Bier. Metzgern Schweinsfüßchen, Kaufleuten Porte­monnaies. Cigarren rc. beschert; die obligaten Deckel­gläser waren zum Glück diesmal weniger vertreten.! Dem Physiognomist war hiedurch reichlich Gelegen-! heit gegeben, die Eindrücke der Befriedigung und des ^ Unmuts zu studieren und wahrzunehmen. Nach der Verlosung erfreuten uns die lieben Sänger noch durch 2 Chöre, 1 Tenor- u. 1 Barytonsolo und durch ein! komisches Duett:Des Schlossers Brautfahrt" , von ^ den HH. Barthel und Staiger gelungen vorgetragen,! welches die Anwesenden zur ungezwungensten Heiter- > keit und zu stürmischem Beifall hinriß. Den Schluß ! bildete das Trinklied:Pflanzt die Gläser auf den Tisch". Der Löwenanteil an dem Gelingen dieser schönen Feier gebührt natürlich den Sängern, die ihren unverdrossenen Fleiß und Eifer für den Gesang da- ^ durch bekundeten; auf nicht geringeres Verdienst hiebei! hat auch Anspruch der Direktor des Vereins, Herr Musik-Oberlehrer Hegele, durch dessen unermüdliche kunstverständige Leitung nur die gehörten Leistungen i möglich waren. !

Stuttgart. (Militärisches.) Wie all-^ jährlich haben auch Heuer wieder bei der hiesigen Garnison zahlreiche Beurlaubungen der Mannschaften über die Weihnachtsfeiertage stattgefunden. Man darf wohl annehmen, daß mehr als die Hälfte der ganzen deutschen Armee diese Zeit im Urlaub in der Heimat zubringt. Eltern- und heimatlose Soldaten feiern das Weihnachtsfest in der Kaserne. Die Weihnachts­geschenke für dieselben werden aus den disponiblen Mitteln der Regimenter (Ueberschuß bei den Kanti­nen rc.) bestritten. Zu Weihnachten sollen nämlich sämtliche Soldaten der deutschen Armee ans den oben­genannten Mitteln beschenkt werden. Beurlaubte er­halten die Gaben entweder vor ihrer Abreise oder nach der Rückkunft. Für die Unteroffiziere des Hee­res werden noch besondere Feiern veranstaltet, wobei je nach dem Dienstgrad Geschenke im Wert bis zu 10 ^ zur Verteilung kommen.

Wie wir hören, werden gegenwärtig vielfach Re scrbe­sold atc», welche ihre Präsenz längst abgedicnt haben, zu 8wöchcnllichcm Dienst einbcrufen. Es sind dies zumeist Ocko- nomichandwerkcr (Schuhmacher, Schneider rc.) und glaubt mau dies mit der erneuten Wehrfrage in Verbindung bringen zu sollen, da für die vermehrte Wehrkraft (Landwehr nnd! Landsturm) die erforderlichen Bekleidungsstücke in Vorrat an- ! zufcrtigcn sein dürften. ^

Stuttgart, L2. Dez. Gestern starb zu Karlshöhe l bei Ludwigsburg Pfarrer a. D. Ll. Wilh. Fr. Eberhard P e- § zold im Alter von 90 Jahren. 1850 Pfarrer in Mötzingen, > 1804 pensioniert. (Der zuletzt blind gewordene Greis war! der Vorletzte der unglücklichen Opfer derIdeale und Irr- ^ tümer" ihrer Jugend und mußte 1825 alsDemagog" mit Verurteilung auf dem Aspcrg büßen.

Augsburg, 23. Dez. DieAllg. Ztg." mel- ^ dct: Den in hiesigen Fabriken beschäftigten österrei- ! chischen Reservisten i cs dürfte sich um Urlauber Han- ? j deln) ging soeben die Ordre zu, sich ohne Verzug j

> bei ihren Truppenabteilungen zu stellen. !

Der Franks. Ztg. meldet man aus Paris:! Der Temps erklärt, Rußland versicherte mehreren I Besorgnis zeigenden Mächten, die Truppensendungen ! nach Polen seien jetzt sistiert.

DieKöln. Ztg." meldet, 4 galizische In­fanterie-Regimenter, die in Wien stehen, sowie mehrere Genie-Compagnieen würden nach Ga­lizien verlegt. Zur Kompletierung der Truppen sollen viele Friedensurlauber eingezogen werden.

Berlin. Die Meldungen der deutschen Ge­werbetreibenden zur Beteiligung an der internationa­len Ausstellung zu Melb ourne, welche anfäng­lich nicht gerade zahlreich zu nennen war, hat in letzter Zeit einen erheblichen Umfang gewonnen.

Berlin. Das Geheimnis der diplomati­schen Aktenfälschungen ist immer noch nicht gelichtet. Ein halbamtliches Kopenhagener Blatt be­hauptete bekanntlich zu der Erklärung ermächtigt zu sein, daß keinerlei Mitteilungen von gefälschten Ur­kunden, welche an den russischen Kaiser während des­sen Aufenthaltes in Schloß Friedensborg geschehen sein sollen, durch irgend ein Mitglied des dänischen Königshauses oder durch irgend welche am dänischen Hofe angestellte Persönlichkeit erfolgt sei. Die Köln. Ztg., welche die ganze Sache ans Tageslicht gebracht hat, schreibt dazu:Die Erklärung ist zwar etwas sehr viel umfassend, aber sie drängt immer mehr zur Beantwortung der Frage, wer denn in der That an letzter Stelle dem Zaren die gefälschten Depeschen zugesteckt und so es ermöglicht hat, denselben in ei­ner wichtigen politischen Frage hinters Licht zu füh­ren. Der Einzige, der diese Zweifel mit Zuversicht lösen könnte, ist natürlich der Kaiser Alexander selbst. Da derselbe in der zuverlässigsten Weise von dem Ränkespiel Kenntnis erhalten hat, das man mit ihm gewagt hat, und da trotzdem er keinen Schritt thut, die Personen, die ihn betrogen haben, zu bestrafen, so bleibt nur die Annahme übrig, daß diese Personen so hoch gestellt sind, daß sein Zorn sie nicht treffen kann, daß sie vielmehr ein Recht besitzen, volle Scho­nung von ihm zu verlangen."

Berlin, 22. Dez. Die Weihnachtsgaben, die für den deutschen Kronprinzen aus allen Teilen des Reichs an das Berliner Hofmarschallamt gesandt worden sind, dürfen geradezu zahllos genannt werden. Um nur eins zu erwähnen: es kam mit der Post so viel lebendes Geflügel an, daß es schließlich gar nicht mehr möglich war, auf den Höfen des Berliner Palais und der Potsdamer wie Bornstedter Besitzun­gen die Gänse, Enten, Hühner und Tauben unter­zubringen. Um gegen Erkältungen geschützt zu sein, erhält der Kronprinz seidene und wollene Shawls und Decken in übergroßer Zahl, auch in zierlichen Etuis Bleistift und Papier, um die Konversation ohne Gebrauch der Stimme sich zu erleichtern. Kurz, was nur immer die Liebe zu ersinnen vermochte, ging nach San Remo ab.

Berlin, 23. Dez. Angeregt von einer An­zahl angesehener hiesiger Bürger, wird eine Neujahrs- glückwunschadreffe an den Kronprinzen abgehen, zu welcher Unterschriftsbogen vom ersten Weihnachtstage ab öffentlich aufgelegt werden.

Interessant ist folgende Mitteilung, der sich auch Professor Virchow in Berlin angeschlossen hat. Der bisherige Gang des Leidens läßt der Annahme Raum, völlig geheilt werde der Hals viel­leicht niemals, aber bei regulär fortgesetzter Behand­lung, wie der gegenwärtigen, werde die eigentliche Gefahr sich auf ein Minimum verringern, und der Kronprinz in der Lage sein, allen an ihn herantre­tenden Pflichten zu genügen, die ihm nicht geradezu körperliche Anstrengungen auferlegen. Wird er ge­halten, sich als Patienten sein Lebtag anzusehen, so wird ihn sein Zustand befähigen, nach hoffentlich noch langer Zeit des kaiserlichen Vaters Mühen und Würden auf sich zu nehmen. Selbst die wissenschaft­lich pessimistische Diagnose hat nicht daran denken können und mögen, dem hohen Patienten ein Leben auf Jahre hinaus abzusprechen und soviel Grund vorliegt, das Gutachten dieser Autoritäten zu respek­tieren, genau so viel Grund ist vorhanden, der ge­genteiligen Ansicht zu vertrauen, die ein recht leidli­ches Aufkommen des Kranken erhofft.

Berlin, 23. Dez. DieNat.-Ztg." veröffent­licht nachstehendes Privattelegramm aus Wien vom 23. Dez.:Trotz aller Ableugnungen aus Kopenha­gen bestätigt es sich, daß die Gemahlin des Prinzen Waldemar von Dänemark, Marie eine Tochter des Herzogs von Chartres und vermählt seit dem 22. Oktober 1883 dem Zaren auf Schloß Frc- densborg die gefälschten Aktenstücke überreichte. Hier anwesende Mitglieder der Königsfamilie beklagen dies sehr."

Berlin, 21. Dez. Das Gesetz über Abände­rung des Zolltarifs ist amtlich publiziert worden.

Berlin, 24. Dez. Graf Herbert Bismarck ist zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Titel Ex- cellenz ernannt.

Ein Schulgebäude für Kamerun ist vom Auswärtigen Amt in Berlin bei dem Holzbearbei­tungsgeschäft von F. H. Schmidt-Altona vor einigen Tagen bestellt worden und soll Ende Januar nach Afrika geschafft werden.

Posen, 22. Dez. Den beiden in Paris erscheinenden Polenblättern ist das Postdebit in Oesterreich entzogen.

Posen, 24. Dez. Die Polizei in Zirke ver­bot auch den polnischen Sprachunterricht in Privat­zirkeln, indem es dabei auf die Umgehung des Ge­setzes durch Winkelschulen abgesehen sei.

Schweiz.

Bern, 21. Dez. Der Nationalrat beschloß die offizielle Beteiligung der Schweiz an der Pa­riser Weltausstellung und bewilligte zu diesem Zweck 425000 Frks.

Oesterreich-Ungarn.

Es wird jetzt behauptet, der Prinz von Co­burg sei mit ausdrücklicher Billigung und Zustim­mung des Grafen von Paris nach Sofia gegangen.

Wien. Die Ratifikationsurkunden über die Verlängerung des deutsch-österreichischen Handelsvertrages sind hier ausgewechselt worden.

Wien. DerPesti Naplo", das Organ der gemäßigten Opposition und zuweilen der Wortführer der ungarischen konservativen Aristokratie, bringt heute einen Leitartikel, in welchem er die Besorgnis aus­drückt. daß in der Wiener Hofburg dem Anscheine nach abermals eine russenfreundliche Strömung Ober­wasser gewonnen habe. Diese Strömung sei ein Feind Deutschlands, ein Feind Bismaick's, ein Feind des neuen Italiens. Sie befürwortet eine Teilungs­politik mit Rußland und die Losreißnng von der Tripelallianz. DerNaplo" protestiert im Namen Ungarns manifestartig gegen das Vordringen dieser Strömung und ruft:Wir Ungarn wollen treue Verbündete Deutschlands sein und fordern solches auch von Oesterreich, da Deutschland uns nur dann treu sein kann, wenn auch wir verläßlich sind; wir verurteilen jede Teilungspolitik mit Rußland und su­chen einzig in der Tripelallianz den Schutz unserer Interessen. Wir hoffen, daß die ungarische Regie­rung in diesem Sinne ihren Einfluß im Marschalls­rat geltend gemacht hat." Der Artikel erregt wegen der mutmaßlich hohen Abstammung Aufsehen.

Wien, 23. Dez. Aufsehen macht eine an­scheinend inspirierte Mitteilung derN. Fr. Pr.", welche erklärt, es scheine ziemlich sicher zu sein, daß unserer Regierung von Petersburg beruhigende Auf­klärungen gegeben worden seien und zwar freiwillig, ohne offiziellen Charakter, da es auch unmöglich war, offiziell in Petersburg anzufragen. Die rus­sischen Truppenverschiebungen seien nur die Konse­quenz der nach dem Türkenkrieg begonnenen Reorga­nisation der russischen Armee. Dieselben hätten durch­aus keinen provozierenden Charakter, sondern ledig­lich den Zweck, vom Baltischen bis zum Schwarzen Meer einen militärischen Grenzcordon zu etablieren. So sollen wenigstens die unserem Botschafter in Pe­tersburg gegebenen Aufklärungen gelautet haben. Die Eröffnungen derN. Fr. Pr." machen den besten Eindruck. Man betrachtet die Situation als wesent­lich geklärt, umsomehr als der Erzherzog Carl Lud­wig und dessen Gemahlin für den Anfang Januar ihre Reise nach Petersburg festsetzten. Die Abreise hängt nur von den Berichten des deutschen Botschaf­ters von Schweinitz ab.

Pest, 22. Dez. DerPesterLloyd" tritt dem Wunscke nach Beseitigung des Prinzen Ferdi­nand entgegen, lleberhaupt will man in magyarischen Kreisen von einer Aenderung des österreichischen Standpunktes bezüglich Bulgariens, wie er bei den letzten Delegationsverhandlungen präzisiert wurde, nichts wissen. Vertreter dieser antirussischen Strö­mung ist in erster Linie Graf Julius Andrassy.

Krakau, 24. Dez. Dem Czas wird über die Stimmung in Rußland berichtet: Es herrsche ein großer Haß gegen Deutschland, nicht gegen Oester­reich. Die Erbitterung gegen Deutschland sei so weit gediehen, daß weder das Publikum noch Offi­ziere in der Trafik eines Deutschen Zigarren kaufen. Es sei möglich, daß ein Krieg gegen Oesterreich nicht unpopulär sein würde, entschieden populär wäre aber