Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberarnts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 22. November
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Amtliches.
. Nagold.
Weg- und Brückensperre betreffend.
Die Sperre des Rohnbachthalwcgs (Markung Enzthal) und der im Zuge dieses Vizinalwegs liegenden Brücke über die Enz ist vom 21. d. Mts. ab aufgehoben, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.
Den 19. Nov. 1887.
K. Oberamt. vr. Gugel, A.-V.
Die K. Ortsschulinspektorate und HH. Lehrer werden benachrichtigt, daß die Schulkonferenzdirektion für den Altensteiger Sprengel d em Herrn Professor Wetzel in Nagold übertragen worden ist.
Nagold, 21. Nov. 1887.
K. Bezirksschulinspektorat.
Schott.
Die erledigte evangelische Pfarrei Ocschinge» (Tübin
gen) wurde dem Pfarrer Moser in Ebhansen gnädigst übertragen.
Gestorben: Den 18. ds. M. zu Stuttgart Major Wilhelm August Freiherr von Gemmingen-Guttenbcrg, Abteilungs-Kommandeur im 1. Feldartillerie-Rcgimeut Nr. 13, 44 I. a.; den 18. ds. zu Frendenstadt, Oberamtsarzt Dr. Kau pp, 58. I. a.
Tages-Nettigkeiten.
DkUti'Les Reich.
Stuttgart, 15. Nov. Das Reichsgcsctz gicbt bekanntlich der Landesgcsctzgcbung anheim, die Krankenversicherung der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter in einer den Verhältnissen entsprechenden Weise zwangsweise einznführcn oder diese Einrichtung der freiwilligen Entschließung der Gemeinden bczw. der Amtskörpcrschasten zu überlassen. Allerdings haben bereits eine Anzahl von Gemeinden sich freiwillig zur Durchführung der Krankenversicherung bereit erklärt, bei vielen anderen scheint eine Geneigtheit dazu aber keineswegs vorhanden zu sein. Die Kommission der Kammer der Abgeordneten ist in ihrem soeben erschienenen Bericht der Ansicht, daß der Versicherungszwang sich empfehlen dürfte. Es dürfe bei Einführung der Versicherung nicht über das wirkliche Bedürfnis hinausgegriffen werden, damit die Landwirtschaft nicht mehr wie nötig belastet werde. Um der heuchlerischen Vorgabe von Krankheiten zu begegnen, solle kein Krankengeld bezahlt, nur freie Kur und Verpflegung, in der Regel in einem Krankenhaus, gewährt werden. Auf die kleinen Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe, welche zeitweilig gegen Lohn arbeiten, solle man die Krankenversicherung auch für die Zeit in Wirkung lassen, in der sie in eigenen Betrieben arbeiten. Für diejenigen Arbeiter, welche vorziehcn, ihrer Krankheit zu Hause abzuwarten, dürfte es genüge», wenn die Krankenversicherung freien Arzt und Arznei leistet. Die Kommission wirft die Frage aus, ob nicht die landcsgc- setzliche Krankenversicherung auf sämtliche Dienstboten ausgedehnt werden solle.
Stuttgart, 16. Nov. Ein heute abend etwa um 7 Uhr zuerst bemerkter Brand in der städtischen Lagerhalle an der Seidenstraße nahm, angefacht durch den heftigen Sturmwind, so riesige Dimensionen an, daß inerhalb ^ Stunden der ganze zu der Lagerhalle gehörige Gebäudekomplex vollständig in Asche gelegt war. An eine Rettung des Gebäudes war von anfang an schon nicht mehr zu denken, die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, die angrenzenden Häuser zu schützen, was denn auch mit Aufbietung aller Kräfte gelang, obwohl bereits die Stallungen, wo die Pferde für das städtische Latrinenwesen (die Kurtz'schen Ställe) untergebracht sind, Feuer gefangen hatten. In der Lagerhalle waren sehr bedeutende Quantitäten Hopfen untergebracht, wovon so gut wie nichts gerettet wurde, ebenso verbrannten große Mengen Haber, welche dem Proviantamt gehörten, von beiden verschiedene Tausend Zentner. Auch die in dem verbrannten Gebäude untergebrachten Buden für Meßzwecke gingen in Flammen auf. Das Feuer
griff so rasch um sich, daß die Tante des städtischen
Baumeisters Leser, dessen Wohnung in einem Flügel der Lagerhalle sich befindet, gleich nach 7 Uhr, also eben nach dem Entstehen des Brandes, nur noch mit Mühe gerettet werden konnte. Später drangen noch einmal einige Feuerwehrleute in die Leser'sche Wohnung, um 14 000 in Wertpapieren zu retten, was ihnen auch gelang. Einerseits wird Selbstentzündung des Hopfens angenommen, andererseits vermutet man Unvorsichtigkeit der Arbeiter, die den ganzen Tag in der Halle beschäftigt waren.
Stuttgart, 18. Nov. Bei dem Brande der Hopfenhalle ist der Verein sder Vogelfreunde schwer geschädigt worden. Es brannten nämlich sämtliche Käsige, die dem Verein gehörten, mit ab. Die Neuanschaffung wird 6000 ^ kosten.
Stuttgart, 18. Nov. Der König und die Königin reisen am 30. Nov. zum Winteraufenthalte nach Florenz.
Ulm, 19. Nov. Laut einer von gestern datierten Kabinetsordre wurde der Generalmajor v. Haldenwang zum Kommandeur der 24. Brigade, Generalmajor v. Neiße zum Generallieutenant und Kommandeur der 27. Division, Oberst Leipziger L 1a suite des 17. Husarenregiments zum Kommandeur der 27. Kavalleriebrigade ernannt.
Brandfälle: In Magstadt am 16. ds. eine mit Futter und Stroh gefüllte Doppelscheuer, Brandstiftung wird vermutet; in Friedrichshafen am 18/19. Nov. in der Altstadt 7 Häuser, wodurch 14 Familien obdachlos wurden.
Aus Baden wird der „N. Fr. Pr." geschrieben: Der deutsche Kronprinz ist schon einmal, und zwar im Jahre 1872, fünf Monate lang lebensgefährlich krank gewesen. Er wurde von der Krankheit während seiner Anwesenheit in Karlsruhe überrascht , wo ihn, da eine Ueberführung nach Berlin unmöglich war, im großherzoglichen Schlosse seine Schwester, unsere Großherzogin, mit unermüdlicher Ausdauer pflegte. Diese Krankheit wurde damals, ich weiß nicht aus welchem Grunde, geheim gehalten, und cs drangen nur unbestimmte Gerüchte über dieselbe in die Oeffentlichkeit, doch hieß es allgemein, daß „der Kronprinz vollständig heiser fei". Man betrachtete dies als eine Folge der Strapazen des Feldzuges. Bekanntlich sprechen auch die Kaiserin und ihr: Tochter, unsere Großherzogin, so ungewöhnlich leise, daß diejenigen, welche von ihnen inS Gespräch gezogen werden, ihr Hörvermögen ungemein anstrengen müssen, um sie verstehen zu können. Hörte man den Kronprinzen nach seiner Wiedergenesung sprechen, so gewann man manchmal den Eindruck als „schettere" seine Stimme in merkwürdiger Weise. Erst um das Jahr 1874 hatte dieselbe wieder ihren vollen, runden Klang und den bekannten anmutenden Tonfall. Es hat sich sowohl in Basel dem deutschen Konsul als in Karlsruhe der großherzoglichen Familie eine Menge von „Naturärzten" und „Wunderdoktoren" — weibliche ebensowohl als männliche — zur unfehlbaren Heilung des Kronprinzen angeboten, ohne selbstverständlich etwas anderes als freundlichen Dank für den guten Willen zu erzielen.
Aus Göttingen wird geschrieben: Der Hofbesitzer Aug. Harriehausen aus dem benachbarten Obernjesa ist dieser Tage nach Berlin gereist, um dort ein Mittel zu überreichen, welches nach seiner Aussage gegen den Krebs sicher wirksam sein soll. H. ist von dem Polizeipräsidenten v. Richthofen und von dem Adjutanten des Kronprinzen, dem Major
v. Kessel empfangen worden. Letzterer hat das Mittel dankend entgegen genommen mit der Versicherung, es umgehend dem hohen Kranken übersenden zu wollen. (Solcher Zusendungen und Ratschläge an den Kronprinzen sind es, wie aus San Remo berichtet wird, Legion; gar mancher will ein „untrügliches" Mittel gegen das tückische Nebel besitzen. Jedenfalls wird, mag auch das meiste wertlos sein, die wohlmeinende Ansicht anerkannt werden).
Wegen langjähriger Zulassung von Zolldefrau- dationcn sind in Hamburg 8 Beamte verhaftet worden.
Der Reichs- und Staatsanzeiger" veröffentlicht nachstehende Danksagung des Kaisers: Aus Anlaß der jüngst bekannt gewordenen betrübenden Nachrichten über die Krankheit des Kronprinzen hat sich im ganzen deutschen Vaterland und weit über dessen Grenzen hinaus die wärmste Teilnahme kundgegeben. Nicht nur das schwere Geschick, welches über den künftigen Thronfolger verhängt ist, sondern auch die harte Prüfung, welche dadurch über den Kaiser, wie über das königliche Haus gekommen ist, hat aller Orten tiefes Mitgefühl hervorgerufen. Dasselbe hat in zahlreichen Eingaben, welche nicht nur aus allen Teilen des deutschen Reiches, sondern auch aus dem Ausland, insbesondere aus Oesterreich. Rußland, Frankreich, Belgien, Holland, England, Italien und Spanien bei dem Kaiser in diesen Tagen eingegangen sind, unzweideutigen Ausdruck gefunden. Dem Kaiser werden dabei die verschiedensten Heilmittel und Heilverfahren für den Kronprinzen empfohlen, eigene Lebenserfahrungen bei ähnlichen Leiden mitgeteilt, sowie Ratschläge für die fernere Behandlung des Kranken gegeben. Der Kaiser ist von dieser allgemeinen Teilnahme und Liebe für seinen Sohn tief gerührt und hat befohlen, dies zur Kenntnis aller Beteiligten zu bringen.
Die Kaiserin soll durch die trüben Nachrichten über den Kronprinzen sehr angegriffen sein. Es hat sich, wie der „Elberfelder Zeitung" aus Koblenz gemeldet wird, eine Lähmung des Unterkiefers eingestellt. Die Abreise der Kaiserin von Koblenz nach Berlin wird, sobald es der Zustand der Kaiserin erlaubt, erfolgen.
Prinz Wilhelm soll in allernächster Zeit zum Generalmajor ernannt werden. Man erwartet die Ernennung stündlich. Diese Ernennung steht mit der Stellvertretung des Kronprinzen durch den Prinzen Wilhelm in engem Zusammenhang.
Berlin, 17. Nov. Prof. Virchow verwahrte sich in der Berliner Medizin. Gesellschaft durch eine öffentliche Erklärung gegen die Art Mackenzies, sich mit dem Birchow'schen Gutachten über das Teilchen aus dem Kehlkopf des Kronprinzen zu decken.
Berlin, 17. Nov. Die „Köln. Ztg." bringt heute unter der Marke „Reinen Wein!" eine lange Auseinandersetzung mit der russischen Presse, worin der Beweis geführt wird, daß Rußland mehr Grund habe, Deutschland und speziell Preußen dankbar zu sein, als umgekehrt. Nachdem dies historisch nachgewiesen ist, zählt die „Köln. Ztg." den Dank auf, den Preußen dafür geerntet habe, daß es trotz aller Herausforderungen nicht aufgehört habe, der russischen Politik im Orient seine diplomatische Unterstützung zu gewähren. Der Dank dafür sei gewesen die Verleumdung der deutschen Politik in den Augen des russischen Volkes, die Verhetzung desselben mit Deutschland durch die Presse und in den russischen Ministerien, die Drohungen mit russisch-französischer Koalition, die Ermunterung Frankreichs zum Kriege ge-