ausgeflogen und ist auch nicht wieder aufgefunden worden.

Fulda, 4. Nov. Zum Bischof von Fulda ist Herr Stadtpfarrer Weiland von Wiesbaden gewählt.

Berlin. Vor einigen Tagen meldete die Kammerfrau der Kaiserin Augusta, daß der Arzt schon längere Zeit im Vorgemache warte, um sich nach dem Befinden der hohen Frau zu erkundigen. Die Kaiserin sagte:Teilen sie dem guten Doktor in meinem Namen mit, ec möge getrost zu seinen anderen Patienten gehen. Ueber mein Befinden kann er sich auf das Genaueste aus den Bulletins unter­richten , die von meinem Sohne aus Baveno kom­men. Lauten die Berichte günstig, fühle ich mich stark und frisch wie ein junges Mädchen, schlechte Nachrichten über Fritz treffen mich bis ins innerste Mark."

Der Bundesral hielt am Donnerstag eine Sitzung ab. Im neuen Etat sind an Einnahmen aus der Branntweinsteuer etwas über hundert Mil­lionen Mark in Aussicht genommen. die Nach­steuer hat etwa sieben bis acht Millionen Mark ergeben.

Berlin, 4. Nov. Der Ertrag der Nachsteuer für Branntwein wird auf 18 Mill. geschätzt; hier­von dürften 10 Mill., die bar bezahlt sind, dem lau­fenden, die anderen 8, da für^ö Monate kreditirt, dem Etat pro 1888/89 zu Gute kommen. Die Herauszah­lungen an die Bundesstaaten belaufen sich auf etwa 266 Mill., wovon 108 Mill. ans die Branntwein­steuer, 20 Millionen auf die Stempelabgaben, für Wertpapiere rc., der Rest auf Zölle, Tabaksteuer und Aversen kommen.

Berlin, 4. Nov. Der Landwirtschaftsrat be­schloß mit allen gegen drei Stimmen die Verdoppe­lung des Roggenzolls und Weinzolls.

Berlin. Zahlreiche Zeitungshausierer, welche lügnerische Nachrichten über Kaiser Wilhelm's Be­finden ausschrieen, wurden verbaftet.

Die Aeltesten der Berliner Kaufmann­schaft setzten auf die Entdeckung der Person, welche am Dienstag nachmittag Rohrpostkarten mit lügneri­schen Angaben über das Befinden des Kaisers zur Berliner Börse sandte, 1000 aus.

Ueber das Befinden des deutsckien Kron­prinzen erfährt die medizinische ZeitschriftLancet" unterm 1. November aus zuverlässiger Quelle: die Entzündung des Kehlkopfes habe nachgelassen, die Stimme sei klarer und kräftiger, das Allgemeinbe­finden vortrefflich und der Appetit gut. Der Kron­prinz schlafe gut und mache täglich Spaziergänge, wenn die Witterung günstig sei.

Im September wandelten aus Deutschland 8135 Personen aus, in den verflossenen 9 Monaten dieses Jahres 80762 Personen. Im vorigen Jahre waren die betreffenden Zahlen 9138 und 61 734.

Der Lehrer an der königl. Ritterakademie zu Liegnitz, Professor Dr. Brosin, der sich in hervor­ragender Weise an der Agitation für Feuerbestattung beteiligt hat, ist vom Provinzial-Schulkollegium zu Breslau zum sofortigen Austritt aus dem Liegnitzer Fcuerbcstattungsverein, dessen Vorsitzender er war, veranlaßt worden. Eine Beschwerde des Dr. Brosin an den Kultusminister wegen der an ihn ergangenen Verfügung ist abgewiesen worden.

Aus Schlesien, 2. Nov. Der große Sozia­listenprozeß zu Breslau, von dem früher berichtet wor­den ist, nimmt am 7. ds. seinen Anfang. 38 Per­sonen sind angeklagt, sozialistische Schriften verbrei­tet oder zur Verbreitung verleitet zu haben, welch letzteres nach der neuesten Reichsgerichtsentscheidung gleichfalls straffällig ist.

Oesterreich-Ungarn.

Die Czechen bringen die Regierung in aller­lei Verlegenbeiten. Das System Taaffe wackelt in allen Fugen und man darf mit Recht darauf ge­spannt sein, wie lange der famose Ministerpräsident sich noch halten wird. So erschien in Prag heute von einer angeblich namhaften Persönlichkeit eine czechijcbe Broschüre, betitelt:Das österreichische Bünd­nis mit Deutschland." Dieselbe wendet sich gegen das Bündnis und sucht nachzuweisen, daß Deutsch­land allein aus demselben Vorteil ziehe. Nicht Ruß­land sondern Deutschland sei der größte Feind Öster­reichs. Die Mehrzahl der österreichischen Völker sei gegen die Allianz, am entschiedensten die Czechen, denn sie wüßten, daß sie einen erneuten Sieg Deutsch­lands über Oesterreich mit ihrer Existenz bezahlen

müßten. Daher rühre ihre Sympathie für Rußland und Frankreich, von denen sie durch die Niederwer­fung Deutschlands ihre Rettung erwarten. Man sieht, wie der Haß gegen Deutschland die österreichi­schen Feudalen zu immer gewagteren Sprüngen ver­anlaßt , ob die Monarchie darunter leidet, ist den Czechen und ihren Anhängern gleichgültig.

Eine czechiiche Brochure, welche das Zwei­kaiserbündnis bekämpft, ist nach ihrem Erscheinen in Wien konfisziert worden. Wie verlautet, hatte die französische Regierung mehrere hundert Exemplare bestellt.

Frankreich.

In Frankreich bestand im Militär noch viel­fach das Herkommen, daß Rekrutengeprellt", d. h. auf eine Decke gelegt und von den Kameraden in die Höhe geschleudert wurden. In dem neuesten Fall wurde der Unteroffizier. der es gestattet hatte, zu 60 Tagen Haft verurteilt. Es ist jetzt streng ver­boten worden.

Bo ulanger hat am 13. d. M. seinen 30tä- gigen Arrest abgemacht und wird Tags darauf in Paris eintreffen, um sich, den militärischen Vor­schriften gemäß, beim Kriegsminister zu melden. Das wird ein recht erbauliches Wiedersehen geben!

Paris, 3. Nov. Heute kommt in der Kam­mer der Gesetzentwurf, betreffend die Konversion der 4*/z"/g und 4°/oigen Rente in 3°/oige zur Beratung. Die Kommission, deren Berichterstatter Ribot ist, fetzt aus, daß der Finanzminister sich nicht auf die Um­wandlung der 4'/2°/» in eine 4°/ige Rente beschränkt habe. Allein der Staat braucht Geld, viel Geld, für Krieg und Marine; ein Defizit von 100 Millio­nen ist zu decken, und Rouvier will das Geld, wel­ches hiezu nötig ist, nicht durch eine Anleihe und noch weniger durch Erhöhung der Steuern aufbrin­gen, sondern eben durch diese Umwandlung. Zum Verständnis der Konvertierung, welche der französische Staat seinen Gläubigern anbietet, mag folgendes dienen: Die Inhaber von 4'/s°/oiger oder 40/iger Rente können ihr Geld (100 Fr.) bar zurücknehmen, sie können aber auch 3"/ige Rente dafür nehmen zu einem Kurs, der später bestimmt wird, oder aber und dies ist die Hauptsache können sie sich ihren seitherigen jährlichen Zinsbetrag sichern, indem sie soviel Kapital darauf zahlen, als notwendig ist, um in 3°/»igen Menten ihren früheren Rentenbetrag zu beziehen. Der Staat bekommt also bar Geld in seine Kassen und zwar hofft Rouvier 165 Millionen durch jene Aufzahlungen zu erhalten. Die Maßregel Rvu- viers ist nichts anderes als eine verschämte Anleihe. Man bietet den Gläubigern so viel Vorteile, daß sie wohl oder übel denselben Zinsbetrag aufrechterhal­ten, den sie vorher hatten.

Paris, 4. Novbr. Dem General Caffarel wurde gestern in der Conciergerie die Eröffnung gemacht, daß ihm der Orden der Legion aberkannt sei; dieselbe schmetterte den General nieder. Ain 7. Nov. wird er mit seinen Mitangeschuldigten vor dem Zuchtpolizeigericht erscheinen.

Paris, 4. Nov. DerGil Blas" gibt heute die Namen der Minister an, die bei dem Schnebele- schen Vorfälle für wie wider den Antrag Goblets stimmten, an Deutschland ein Ultimatum zu richten. Für den Antrag waren: Goblet, Ministerpräsident, Boulanger, der Marineminister, der Handelsminister und Postminister. Gegen den Antrag stimmten der Präsident der Republik und die Minister des Aus­wärtigen, des Unterrichts, der Justiz, der Bauten, der Finanzen und des Ackerbaues. DerGil Blas" erzählt genau die Debatte des Ministerrats; Goblet hätte davon gesprochen, der Krieg sei unvermeidlich, jetzt könne man den preußischen Anprall mit der Wahrscheinlichkeit des Sieges aushalten, da sich ein patriotisches Fieber des Landes bemächtigt habe. Flourens erklärte sich entschieden dagegen, daß man leichten Herzens" (wie einstens Olivier) sich in die­sen Krieg stürze. Der Präsident der Repubiik gab dem Minister Flourens recht.

In Nancy hatte die Polizei der dortigen Patriotenliga verboten, am Tage Allerseelen an den Kriegergräbern Reden zu halten. Der Verein kehrte sich aber nicht daran und ließ die übliche Nacherede los. In Paris erschoß sich der Agent Luci, des­sen sich der flüchtige General Andlau häufig bei seinen Schwindeleien bediente.

Belgien.

Brüssel, 4. Nov. Auch Holland lehnte die Teilnahme an der Pariser Weltausstellung ab.

Brüssel, 5. Nov. DerNord" bestätigt das bevorstehende Eintreffen des Zaren in Berlin. Dänemark.

Der Zar in Fredensborg ist unwohl. Man glaubt, daß er von seinen Kindern angesteckt worden ist und selbst die Masern bekommt.

Italien.

Am Mittwoch gingen in Neapel drei Trans­portdampfer trotz ziemlich stürmischen Wetters mit 115 Offizieren, 3000 Soldaten, und 500 Pferden und Mauleseln nach Massauah in See. Von dort wird gemeldet, die englische Mission an den König von Abessynien habe nichts mit einer Vermittelung zwischen letzterem und Italien zu thun. Wer es glaubt.

England.

London, 5. Nov. Die Polizei schritt Freitag zu einem Angriff auf eine Versammlung der Arbeits­losen, weil Schneider Allmann sie zu thätlichem Vor­gehen gegen die Behörde aufforderte und riet, das nächstemal Messer und Stöcke milzubringen und sie bei der nächsten Gelegenheit aus die Staatskarosse des Lordmayors zu stürzen.

Der verhaftete irische Agitator O'Brien ist aus dem Gefängnis von Cork nach Tullamose fortgeführt. Er weigerte sich, Gefängnistracht an­zulegen und sagte, er wolle sich eher töten lassen, als dies thun, oder die Arbeiten gewöhnlicher Sträf­linge verrichten, mußte sich aber fügen.

Was die Konvention, betreffend die Neutrali­tät des Suezkanales anbetrifft, so steht jetzt schon fest, daß sie die Zustimmung aller europäischen Mächte erhalten wird.

Rußland.

Petersburg, 3. Nov. Großfürst Nikolaus Michailowitsch leugnet durchaus nicht, daß er die bekannte deutschfeindliche Rede gehalten habe. Wohl aber sei der Inhalt derselben entstellt worden, denn er habe den Namen des Zaren nicht genannt. Man glaubt hier allgemein, daß er nach Rückkehr des Za­ren eiuen strengen Verweis erhalten wird.

Petersburg, 4 Nov. Dieser Tage sind die preußischen Uniformen des Zaren nach Kopenhagen abgegangen. Hier zweifelt niemand mehr an der Berliner Zusammenkunft.

Der russische Hofzug, 80 Achsen stark, welcher die Kaiserfamilie aus Kopenhagen abholen soll, wird jetzt an der deutsch-russischen Grenze ein­gefahren. Dem Publikum ist der Zutritt zu den mit dem raffiniertesten Luxus ausgestatteten Wag­gons, die früher der Kaiserin Eugenie gehörten, ver­boten. Daß Fürst Bismarck der Begrüßung der bei­den Kaiser in Berlin beiwohnen wird, ist sehr un­wahrscheinlich.

Von der russischen Grenze wird schon wie­der über eine Grenzverletzung von Seiten russischer Soldaten berichtet. Vor einigen Tagen wollte ein Schmugglertrupp, mit Thee beladen, bei dem Dorf Prawdzisken über die Grenze reiten. Die Russen indeß waren wachsam und hinderten den Uebergang. Da die Schmuggler am Tag nicht über die Grenze konnten, so kehrten sie um und legten die Packete Thee beim Wirt Omelian auf Abbau Prawdzisken ab, der von der Grenze nur 500600 Schritte ent­fernt wohnt. Die russischen Soldaten merkten sich dies wohl, denn am andern Tage erschienen sie be­waffnet in der Behausung des Omelian und ver­langten von der zufällig allein anwesenden Frau die Herausgabe der Ware. Da die Herausgabe ver­weigert wurde, mißhandelten sie die Frau, nahmen den Thee mit Gewalt und brachten ihn auf die Grenze. Hier schossen sie ihre Gewehre ab, worauf ihnen Hilfe vom Cordon herbeieilte. Der Thee, der etwa 300 kostete, wurde von den Russen verkauft. Die Sache ist indeß angezeigt und die Untersuchung im Gange.

Bulgarien.

Sofia, 2. Nov. Die Sobranje genehmigte heute ein Gesetz, welches die Regierung zur Prägung von 3 Mill. Nickelmünzen ermächtigt.

Asien.

Aus Ober-Birmah kommt die Meldung, daß die Räubereien der Insurgenten im Zunehmen begriffen sind. Der Grund liegt in der Hungersnot, welche im Innern des Landes ausgebrochen ist, seit die britischen Truppen die Dörfer verbrannt , die Felder verwüstet und die Transportmittel konfisziert haben, so daß die Eingeborenen gezwungen wurden,