Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberanlts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- ) tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier ( /Vo 1 ^ (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 .E — 4,
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Amtliches.
Nagold.
Flotzfperre.
In Betracht des gegenwärtigen niedrigen Wasser- standes, bei welchem der Betreib der Mühlen und sonstigen Wasserwerke durch unbeschränkte Ausübung der Flößerei zu sehr gestört werden muß, wird der Floßbetrieb auf der Nagold bis auf weiteres (d. h. bis die Wasserstandsverhältnisse dieses Flusses sich gebessert haben werden) in der Weise beschränkt, daß aus den Wasserstuben ab Altensteig und bei Mon- hardt die Flöße nur an den 3 Wochentagen Dienstag, Donnerstag und Samstag abgehen dürfen.
Zuwiderhandlungen werden mit der gesetzlichen Strafe geahndet werden.
Den 8. Oktober 1887.
_ K. Ober amt. Amtm. Marquart, A.-V.
ÄnUK. Ortsschulinfpektorate.
Die Wchrlisten sollen spätestens bis 15. Oktober in den Händen des Unterzeichneten sein.
Nagold, 7. Okt. 1887.
K. Bezirksschulinspektorat. _ Schott. _
Gestorben: Den 6. Okt. zu Stuttgart Hofsänger
a . D. Franz Jäger, 66 .I. a. _
Die Pariser Presse.
Eine der bedenklichsten Folgen des Auftretens des Generals Boulanger ist unzweifelhaft das Entstehen einer üppigen Revanche-, Haß- und Kriegs- litteratur in Paris. Ihr ist hauptsächlich all' das ^ zuzuschrcibcn, worüber sich Deutschland zu beklagen hat. Die Hetze gegen die Deutschen und die Aus-! schnüffelung von Spionen, so schreibt man der „Voss.! Ztg. ans Paris, werden hauptsächlich von boulangisti-! schen Blättern, France, Jntransigeant, Defense nationale, Petit Journal re., betrieben. Es ist nicht leicht derselben entgegen zu treten, denn Jeder, welcher dies thut, setzt sich der Gefahr aus, selbst als Spion, als Prussien, als Verräter behandelt und gehörig zerzaust zu werden. Die übrigen Blätter vermögen daher kaum mehr, als sich gleichgiltig zu verhalten und das Treiben der boulangistischen Trabanten nicht mitzumachen. Nur Blätter, welche ihrer Leserschaft ganz sicher sind, wie z. B. der „Figaro", wagen dann und wann, entschieden gegen den Spionenwahn und die Deutschenhetze aufzutreten.
Unter solchen Umständen haben natürlich die Hetzer u. Schnüffler ein leichtes Spiel. Die „France" schnüffelt jeden Tag einige deutsche Geschäftsleute auf, um sie als Spione anzuklagen. Sie gibt Namen und Adressen an, und macht es allen Franzosen zur heiligen Pflicht, jede Verbindung mit diesen Leuten abzubrcchcn. Die Pariser Korrespondenten deutscher Blätter werden fast allwöchentlich an den Pranger gestellt, verleumdet, der Rache der Patrioten empfohlen. Was ist dagegen zu machen? Nichts. An die Aufnahme einer Berichtigung ist in den meisten Fällen nicht zu denken. An ein anderes Blatt sich wenden, ist wegen der weiter vorn erwähnten Umstände ebenso unmöglich. Bei den Gerichten ist kein Schutz zu fin
den; einesteils ist das Preßgesetz so gestaltet, daß kaum eine Klage von Erfolg begleitet sein kann, an- dernteils faßt die „France" ihre Anklagen auch geschickt genug, um den stumpfen Waffen des Gesetzes keinen verletzbaren Punkt zu bieten. Obgleich diese Hetze nur von verhältnismäßig wenig Blättern betrieben wird, ist sie doch ungemein erfolgreich. Seit dem letzten Kriege haben sich die Franzosen in einen solchen Spionenwahn hineingelebt, daß Niemand davon frei bleiben kann. Hat doch selbst der sonst so verständige „Temps" — ebenso auch der Generakstab — sich den Kopf darüber zerbrochen, daß bei der Probemobilmachung kein einziger deutscher Spion aufgespürt worden ist, weshalb denn auch der Generalstab die Vermutung von sich zu geben müssen glaubte, der deutsche Generalstab lasse durch die Berichterstatter von auswärtigen Blättern spioniere».
Neben den bekannten politischen Tagesblättern gibt es noch eine Anzahl kleiner, namentlich militärischer Blätter, welche an dem boulangistischen Strange ziehen.
Ebenso schlimm sind die seit und durch Boulanger entstandenen Rache- und Kriegslieder. Ihr Inhalt trieft von Blut, von abscheulichen Misfetha- ten, welche die Deutschen an unschuldigen Kindern und wehrlosen Frauen verübt haben, von feigen, verräterischen Hinterhalten, Spioniererei und anderen schönen Dingen. Sie wimmeln von blutdürstigen Drohungen und schmutzigen Schimpfworten. Es ist naturalistischer Patriotismus nach dem Muster Zola's, aber um so bedenklicher, als er sich an die niedrigsten, meist geradezu tierischen Leidenschaften wendet. Die farbigen Titelbilder sind cbensoviele Karikaturen auf Deutschland, freilich mehr noch schmutzig und dumm, als gewöhnlich. Wir wollen kein einziges dieser Machwerke nennen oder näher darauf'eingehen, schon aus Achtung vor dem Leser. Alle Verständigen, die große Mehrzahl der Franzosen, bedauern diese Preßerzcugnisse; aber sie dulden sie, denn sie stehen unter dem Banne des Spionenwahns und der Furcht, als Verräter verdächtig zu werden.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Rottenburg. 4. Okt. Bischof Karl Joseph richtet an die Angehörigen der Diözese Rottenburg anläßlich des bevorstehenden Priesterjubiläums des Papstes Leo XIII. einen bischöflichen Hirtenbrief. Er erinnert an das goldene Priesterjubiläum, das Papst Pius IX. im April 1869 feierte, und geht alsdann zu Papst Leo über, von welchem er n. a. sagt: „Alle Teile der katholischen Welt erfreuen sich zahlreicher Beweise seiner väterlichen Fürsorge und unermüdeten apostolischen Thätigkeit. seines opferreichen Eifers für das Seelenheil aller Stände und Nationen, sowie seiner den ganzen Erdkreis umfassenden Wachsamkeit vom Felsen Petri aus. Ueberakl wird darum sein Name gepriesen, sein Ruhm verkündet, sein Andenken gesegnet, sein Wort in Demut vernommen und alle Herzen schlagen ihm in treuer und ehrfurchtsvoller Liebe entgegen." Nachdem der Brief denOWunsche Ausdruck gegeben, Gott wolle den Papst Leo XIII. noch lange erhalten und reichlich segnen an Leib und Seele, wird schließlich verordnet, daß am 31. Dez. d. I., als an dem Tage, an welchem der heilige Vater vor 50 Jahren die hl. Priesterweihe erhielt, in allen Pfarrkirchen ein feierliches Dankamt gehalten werde.
Stuttgart, 6. Okt. Der württ. Bolksschul- verein hielt heute in der Liederhalle seine Jahresver
sammlung ab und beging gleichzeitig eine Jubiläumsfeier; der Verein, 1838 gegründet, darf nunmehr auf ein halbhundertjähriges Bestehen zurückblicken. Sehr zahlreich war die Beteiligung bei der heutigen Versammlung , etwa 500 Lehrer aus allen Teilen des Landes hatten sich eingefunden. Nachdem die Versammlung die Mitteilungen über die Kassenverhält- uisse des Vereins entgegengenommen hatte, trat man in die Tagesordnung, an welcher die Frage des „Handarbeitsunterrichts für Knaben" stand, ein. Der von der württ. Regierung nach Sachsen, wo der Hand- arbeitsuntericht bereits sehr entwickelt ist, gesandte Seminaroberlehrer Bochterle begründete 11 Thesen, die nach längerer Debatte mit geringen Abweichungen angenommen wurden. In diesen Thesen wird als Zweck des Handarbeitsunterrichts für Knaben Ausbildung der Hand und Hebung des Auges und Ergänzung der erziehenden Thätigkeit, mit welcher die Schule dem Hause Beihilfe zu leisten hat, bezeichnet, die Notwendigkeit einer Eingliederung des Handarbeitsunterrichts in den Lehrplan der Volksschule allerdings verneint, seine Nützlichkeit aber hervorgehoben und der Errichtung von Schülerwerkstätten für Kinder der verschiedenen Schulen das Wort geredet, sowie des Vorgehens der Knabenhorde anerkennend gedacht. ' Der Handarbeitsunterricht soll als Unterrichtsfächer Arbeiten in Papier und Pappe, in Holz (Tischlerarbeiten, Schnitzereien, Drechslerarbei- tcn, sowie Laubsägen als Hilfsarbeit) und Metall umfassen. Bon einem Arbeiten auf Erwerb ist aus erziehlichen Gründen abzusehen. Nur pädagogisch gebildete Lehrer können Handarbeitsunterricht erteilen und ist für die Heranbildung geeigneter Kräfte zu sorgen. Der Besuch der Schülerwerkstätte ist ein freiwilliger und kostenfreier. Die Erzeugnisse der Arbeiten sind Eigentum des Schülers. Zur Herbeischaffung der Mittel für die Schülerwerkstätten sind Gemeinden. Vereine und Private zu gewinnen. Endlich wird noch betont, daß die Schülerwerkstätte Fühlung zu suchen hat nach unten mit der Kinderschule, nach oben mit der Fortbildungsschule.
Stuttgart, 7. Okt. Nach dem so eben erschienenen Jahresbericht der Deutschen Partei sind deren Ortsvereine in 64 Oberamts-Städten von 1885/86 bis 1886/87 von 16 auf 32, in Bezirksorten von 3 auf 8 gestiegen, die Zahl der eingeschriebenen Mitglieder von 2789 auf 5670: Wahlkreisverbände gab es in vorletztem Berichtsjahr 6, jetzt 11. Der Jahresbericht ersucht alle Parteimitglieder darauf hinzuwirken, daß die bestehenden Vereine erhalten und gefördert und daß die Lücken der Organisation im Laufe des bevorstehenden Winters ausgesüllt werden. -- In Crailsheim tagte kürzlich unter dem Vorsitze des Frhrn. v. Wöllwarth die 37. Wanderversammlung württembergischer Landwirke und beschloß, eine Bitte an den Reichstag abgehen zu lassen, derselbe wolle den Zoll für ausländische Gerste von v/L 1.50 auf 3 erhöhen. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Adä sen. sprach sich kürzlich in einer Wählerversammlung in Kirchheim dahin aus, daß die Kornzölle gegenüber der Konkurrenz von Rußland und Ungarn allerdings nicht mehr genügen, daß besonders die östlichen Staaten des Reiches unter dieser Konkurrenz leiden müßten, daß es aber schwierig sei, in der Zahlbestimmung das Richtige zu treffen, weil wir auf die Handelsverträge mit Oesterreich Rücksicht nehmen müßten.
Brandfälle: In Brackenheim am 6. Okt. die Scheuer des I. Schmid und das nebenstehende Wohnhaus des W. Kührer.