Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für Sen Oberamts-Bezirk Nagold.
^ Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- l tag nnd Samstag, und kostet vierteljährlich hier /V« 1 tz »7 (ohne Trägerlohn) 80 -i, in dem Bezirk 1 ^
^ ^ . außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 Blonats-
abonncmcnt nach Verhältnis.
Samstag den 10. September
, Jnsertionsgebühr ftir die Ispaltige Zeile aus ge-! ) wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 <>,! bei mehrmaliger je 6 «l. Die Inserate müssen! spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein. !
1887.
A urt! iche s.
Nagold.
Die neue Bezirksfeuerlösch-Drdnung
wird den Schulthcißcnämtern in den nächsten Tagen in 6 amtlichen Exemplaren (je 1 Exemplar für den Ortsvorstehcr nnd dessen Stellvertreter, 1 Exemplar für die Gemeindepflege und je 3 Exemplar für Feuerwehr), nebst einer Anzahl gedruckter Bitten um Brand- Hilfe zugehen.
Eine Lokalfeucrlösch-Ordnung für die Gemeinden wird von dem Bezirksfenerlöschinspektor entworfen nnd solche seiner Zeit versendet werden, damit die Ortsvorsteher die etwa nötig erscheinenden Aenderun- gen oder Ergänzungen vornehmen und den Entwurf sodann mit Zustimmung des Gemeinderats nach Art. 52 und 53 des Polizeistrafgesetzcs vom 27. Dezember 1871 als OrtSstatut festsetzen und dem Oberamt wegen der Vollziehbarkeits-Erklärung vorlegen.
Den 8. September 1887.
K. Obcramt. Güntner.
N a g o l d.
Bekanntmachung.
Dem
Werkmeister Christian Schuster, Kommandanten der Feuerwehr in Nagold,
ist auf Giuud H 1 Abs. I des Statuis eines Fcuer- wehrdieustclneii,Zeichens vom 20. Dezember 1885 das Ehrenzeichen für langjährige treu geleistete Dienste in der Feuerwehr verliehen morden , was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.
Den 9. September 1887.
K. Oberamt. Güntner.
Tageö-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Nagold, 8. Scpt. (Eiugesendet.) Z u m Brand un glück vom 22. v. Akts. Wenn über eine Gemeinde eine Katastrophe, wie die am vorvergangenen Sonntag erlebte, hcrciubricht, so gilt es, nach Christenpflicht jeden. Bedrängten in der augenblicklichen und späteren Not beizuspringen und nach thun- lichsten Kräften zu unterstützen. Dies ist in hiesiger Stadt geschehen und geschieht in gewisser Hinsicht noch fernerhin. Jeder, auch der „Härter gesottene", bringt sein in der Jugend gelerntes Sprüchlein: „Liebes Kind, laß die Armen nicht Not leiden und sei nicht hart gegen den Dürftigen" wieder in Erinnerung und unterstützt. so gut er kann. Unter den durch das Brandunglück Betroffenen gibt es aber auch Bedürftige, welche nicht gerade an den unentbehrlichsten Mitteln, wie Kleidung, bar Geld und Nahrung zu leiden haben, sondern eine baldigste Wiederherstellung ihres eigenen „H eims" hcrbeisehnen, um ihrem Beruf nachgehen und ihr Handwerk „mit dem goldenen Boden" weiterbetreiben zu können. Das Streben, diesen Wunsch möglichst bald zu erfüllen, gehört auch zu den oben erwähnten Pflichten, ist aber weniger leicht zu erreichen, als mit kaltem Herzen ein warmes Stück Geld in die Hand zu drücken. Hier müssen die maßgebenden Faktoren mit Energie eingreifen. Zunächst sind es die bürgerlichen Kollegien, welche darüber zu beschließen haben, wie und auf welche Art wieder gebaut werden kann und darf, wornach sich auch die Abräumung der Brandstätte (vergl. L.- F.L.O. Art. 35 Abs. 3) richtet. In erster Linie, glaubt Einsender dieses, wäre es nötig, daß an der betr. Stelle der Ortsbauplan festgestellt und eine zweckmäßige Baulinie gezogen würde, denn in 8 7 Abs. 2 der Minist.-Verf. v. 23. Nov. 1882, betr. die
Vollz. der neuen Bau-Ordnung, steht geschrieben: „Tie Gemeindebehörden haben bei dem Wiederaufbau von Häusern oder bei andern geeigneten Anlässen sorgfältig in Erwägung zu ziehen, ob und inwieweit die Verhältnisse eine Aenderung der vor dem Inkrafttreten der neuen Bauordnung bestimmten Baulinie fordern, und hienach das Geeignete zu beschließen." Jedem urteilsfähigen hiesigen Bürger wird cs noch in guter Erinnerung sein, daß ein anläßlich des umfangreichen Brandes vom 15. Dez. j 1878 vorgelegter Ortsbauplan sehr bedauerlicherweise j in einer Sitzung der bürgerlichen Kollegien vom 28.
! Febr. 1879 (aus hier nicht näher zu erörternden ^ Gründen) in die Brüche ging. Soll dieser Vorgang ! wiederholt werden? Einsender wünscht und glaubt es nicht. Aber wie machen? Damals kamen die verschiedensten, unberechtigsten und singulärsten Interessen zur Geltung und das große, (wenn auch mit einigen Opfern verbundene) aber auf Jahrhunderte berechnete Projekt einer zeitgemäßen Stadtanlage mußte engherzigen Anschauungen weichen. Nicht mit ganzem Unrecht wurde der damalige Mißerfolg einesteils auch den auseinandergehenden Ansichten hiesiger Techniker zugeschrieben und könnte auch in jetzt vor- ! liegendem Falle eine Disharmonie in dieser Hinsicht wieder eintreten. Andrerseits ist in das Auge zu fassen, daß einheimische technische Berater der Ge- ^ meinde, selbst wenn sie das selbstloseste und unbefangenste Urteil abgeben wollten, von verschiedenen Par- i teien, welche sich verkürzt oder in der Benützung ihres Eigentumsrecht verletzt glauben, verdächtigt werden, Sonderinteressen zu verfolgen oder nach Bcrwandts- oder Bekanntschaftsrücksichten zu handeln. Deshalb wäre es am angezeigtesten, um das Unglück in dem eingangs erwähnten Sinne möglichst rasch zu mildern, wenn die bürgerlichen Kollegien beschließen würden, Hohes K. Minist, d. Innern zu ersuchen, einen geeigneten, erfahrenen und unbefangenen Staats-Techniker abordnen zu wollen, welcher, fern aller Rücksichtnahme, das Beste und Zweckmäßigste für die Neubildung und Entwicklung des abgebrannten Stadtteils, nach vorangegangener genauer Informierung der bürgerl. Kollegien vorschlüge, sodann ein rascher Entschluß gefaßt würde und es denjenigen Brandbeschädigten, welche ernstlich wieder bauen wollen und müssen, ermöglicht wäre, ihre Vorberei- ^ tungen sogleich treffen zu können. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß, wie es anderswo mit Erfolg schon in ähnlichen Fällen gehandhabt wurde, es von Interesse wäre, wenn die Gemeinde das ganze Areal der Brandstätte erwerben und nachher die einzelnen Bauplätze wieder zum Verkauf bringen würde. Nur aus diese Weise könnte (rasches und verständnisvolles Eingreifen vorausgesetzt) es ermöglicht werden, auch derjenigen Brandbeschädigten gerecht zu werden, welche sich unmittelbarer Unterstützung durch Geld und andere Beiträge nicht zu erfreuen haben.
Das „Hotel Herrmann" in Cannstatt ist um den Preis von 137 000 (ohne Inventar) in den Besitz eines Privatmannes übergegangcn. Der Hotelbetrieb wird mit dem 1. Oktober eingestellt.
Brandfälle: In Klein-Eislingen Haus ! und Scheuer des Metzgers Kellenbach; in Frohn- ! st e t t e n ein Bauernanwesen durch Blitzschlag; in ! Wurzach das Anwesen „zum Rößle"; in Bremelau (Münsingen) die Scheuer des Gemeindepslegers Klocker.
München, 7. Sept. Offiziös wird zur raschen Erledigung des Branntweinstcuergesetzes in der Abgeordnetenkammer aufgefordcrt, mit dem Hinzufü
gen , daß ein verspäteter Anschluß für Bayern den Ausfall von 3 Millionen ergeben würde.
Amberg, 5. Sept. Vom hiesigen Landgericht wurde Wilhelm Hildebrand. Besitzer der Böll- berger Mühle bei Halle an der Saale, wegen Ber- ! gehen gegen das Nahrnngsmittelgesetz zu einer Geldstrafe von 200 ^ verurteilt. Hildebrand verkaufte an mehrere Bäcker in Amberg angeblich reines billiges Roggenmehl, teils als Brotmehl gemischt mit etwas Weizenmehl. Das Mehl enthielt jedoch über 7 pCt. Sau- oder Pjerdebohuenmehl.
Frankfurt a. M., 7. Sept. Der Frkf. Ztg. wird aus Sofia gemeldet: Die Antworten auf die Note der Pforte sind eingetroffen. Oesterreich pro- ! testiert kategorisch gegen Ernrots Mission, desgleichen ! Italien und England; nur Frankreich stimmt zu.
Frankfurt a. M,, 8. Sept. Der Franks. Ztg. wird aus Sofia gemeldet: Die Pforte erbat sich neue Vorschläge Rußlands, da die Mission Ernrots unausführbar sei.
Hamburg, 5. Sept. Das ans Holz hcrgestellte Re- gicrungsgebäudc für Kamerun ist dieser Tage mit dem Dampfer „Lnln Bohlen" nach seinem Bestimmungsort abgegangen. - - Drei schwarze Missionare aus dem Lande der Eweer an der Sklavenküstc haben vor einigen Tagen in der Altonaer Herberge zur Heimat vor Missionsfreunden Ansprachen gehalten, und zwar in gutem Deutsch nnd gewandter Rede. Die schwarzen Missionare haben sich drei Jahre lang in einem württembergischen Dorfe bei einem Pfarre, aufgehaltcn und kehren jetzt als Evangelisten in ihre Heimat zurück.
Berlin, 6. Sept. Der Königsberger Berichterstatter der „Köln. Ztg." schreibt: Dem Kaiser mag der Entschluß, auf den Besuch von Königsberg zu verzichten, schwer genug geworden sein. Wie würde er sich gefreut haben, am späten Abend seines Lebens noch einmal den Ort wiederzusehen, den ihm die ergreifendsten Erinnerungen teuer machen! Da liegt draußen vor der Stadt das überaus einfache, in seiner äußern Erscheinung fast unverändert erhaltene, über alle Maßen bescheidene Landhaus, „Luisenwahl" genannt, wo die Königin Luise, des Kaisers Mutter, in den Zeiten der tiefsten deutschen Schmach so gern und viel weilte und in der Erziehung ihrer Kinder Trost und Hoffnung fand. Ein so inniges Zusammensein, wie es sonst Fürstenfamilien kaum vergönnt ist, fand hier innerhalb der so tief gebeugten und doch im Unglück noch so großen Königsfamilie statt. Wie gern hätte der Kaiser noch ein- i mal den Platz besucht, den ihm die schönsten Erinne- j rungen ans seiner Kindheit geheiligt haben! Und j wie gern hätte er dem Gottesdienst in der alten Schloßkirche wieder einmal beigewohnt, wo er 1861 am Gedenktage der Schlacht bei Leipzig, am Geburtstage seines Sohnes die königliche Krone von Preußen vom Altar nahm und sie auf sein Haupt setzte, die Krone, die er mit ungeahntem Glanze umgeben.
Berlin, 6. Sept. Trotz des entschiedenen Dementi's der Kaiser-Entrevue in Stettin seitens der ! „Nordd. Allg. Ztg." halten übrigens heute „Krzztg.", „Post", „Münch. Allg. Ztg.", Frkf. Ztg." u. a.
! Blätter die Nachricht aufrecht. Nach der „Allgem.
! Ztg." soll der Kaiser mit der Kaiserin am Sonntag ! zur Zusammenkunft mit dem Zaren Alexander in ^ Stettin eintreffen. — Man wirds abwarten müssen.
Berlin, 7. Sept. Wie die „Nationalzeitung" glaubwürdig erfahren haben will, hat der Kaiser noch in den letzten Tagen sich dahin ausgesprochen, daß ihm von der in den Zeitungen ventilierten Zusammenkunft mit dem Zaren nichts bekannt sei.
Berlin, 8. Sept. Die Zusammenkunft des , Kaisers mit dem Zaren ist endgiltig aufgegeben, in- j folge der auS Kopenhagen eingetroffenen Briefe. —