In ganz Preußen sind öffentliche Vorstellungen der Magnetiseure verboten worden.

Um dem Branntweingenuß nach Möglichkeit zu begegnen, sind die sämtlichen Bahnhof-Restauratio­nen auf den Preußischen Staatsbahnen ange­wiesen worden, vom 15. September d. I. ab in den Wartsälen 3. und 4. Klasse eine Tasse guten warmen Kaffee ohne Milch und Zucker zum Preis von 10 Pfennigen an das Publikum abzugeben.

Vor wenigen Tagen ging durch die Blätter eine kleine Geschichte, nach welcher Prinz Wilhelm von Preußen in einer Jnstruktionsstunde geäußert haben sollte, einen Menschen, der in einem öffentlichen Lokale über das Reich schimpfe oder sich unehrerbietig über den Kaiser ausspreche, werfe man am besten einfach hinaus. Die Erzählung ist richtig, nur ist sie schon vor einem halben Dutzend Jahren passiert, als der Prinz noch Hauptmann war. Sie ist damals schon durch alle Blätter gegangen.

Aus Danzig liegt ein Telegramm vor, daß der Prinz-Regent Albrecht in Vertretung des Kai­sers nicht dorthin kommen wird. Alle Festvorberei­tungen sind deshalb eingestellt.

Königsberg, 8. Sept. Gestern abend stürzte die Decke des Anatomiegebäudes, in welchem ein Stock­werk aufgebaut wurde, ein. Nach den bisherigen Er­mittlungen sind sieben Personen verunglückt, von denen drei den Verletzungen bereits erlegen sein sollen.

Braunschweig, 5. Sept. Die hier aus- gebrochene Trichinosis nimmt noch immer an Umfang zu, die Zahl der Erkrankten wird jetzt schon auf über 120 angegeben. Glücklicherweise sind es durch­weg nur leichte Fälle, lebensgefährlich ist bis jetzt, so weit bekannt, niemand erkrankt. Die Erkrankten haben in der ersten Hälfte des August rohes Fleisch und frische Mettwurst von dem betreffenden Schläch­ter bezogen.

Schweiz.

Bern, 5. Sept. Liebknecht schilderte vor ei­ner großen Versammlung in der Burgvogteihalle zu Basel Lassalle's Thätigkeit und bezeichnete das So­zialistengesetz als nur fördernd für die Sozialde­mokratie.

Oesterreich-Ungain.

Wien. Die Waffenfabrik wurde zu 150000 Gulden Pönale verurteilt wegen verspäteter Abliefe­rung der ersten Partie der Repetiergewehre.

Prag, 4. Sept. Am 11. September findet in Warnsdorf eine altkatholische Synode statt, an der sich nebst anderen auch der Reichsratsabgeordnete Professor Bendel aus Wien und der Geheimrat Pro­fessor Dr. v. Schulte aus Bonn beteiligen werden. An die Synode wird sich dann eine Konferenz der Altkatholiken in Nordböhmen anschließen.

Frankreich.

Paris, 5. Sept. Am Samstag wurde die Kasse des Credit Mobilier (Place Vendome) erbro­chen und die in derselben befindlichen 92000 Fr. entwendet. Es wird vermutet, daß der Dieb ein Angestellter der Gesellschaft ist.

Paris, 6. Sept. Der Herzog Andiffret-Pas- quier erklärt in einem Briefe an den royalistischen Waudcrredner Dewitt, die Zeit sei gekommen, sich offen zum Königtum zu bekennen, und dem Lande durch die Monarchie Philipp's Ruhe und Gedeihen wiederzugeben.

Die in Paris erscheinende ZeitungPetit Journal" ist in Elsaß-Lothringen, wo dieselbe etwa 20000 Abonnenten besitzen soll, vom Ministerium feit Samitag bis auf Weiteres verboten worden.

Das Resultat der französischen Probe- mobil m a ch u n g wurde in einem gestern in Paris abgehaltenen Ministerrate als ein sehr günstiges er­klärt. Kriegsminister General Ferron erstattete ein­gehenden Bericht über den Mobilisierungs-Versuch, welcher als vollkommen gelungen zu bezeichnen sei. Der Minister zeigte auch an, daß er den um dieses Gelingen verdienten Generalslabschef Brillot zum Di- visions General Vorschlägen werde.

Fast alle Blätter schwelgen heute in Begeiste­rung über den glänzenden Erfolg des Mobil­machungsversuches. Er habe bewiesen, daß Frankreich heute vollständig schlagfertig sei, in 12 Tagen 1 200 000 Mann an die bedrohte Grenze werfen und 8 Tage später eine weitere Million Streiter hinter dieser Mauer aus Menschen aufstellen könnte.

Der Bahnhof von Toulouse fertigte am Montag 175 Militärzüge ab. Der Konzentrierungs­plan ist im letzten Moment geändert. Der Sammel­

punkt ist jetzt Castelmaudary. In Billefranche und Umgebung mußten die ankommenden Truppen viele Stunden lang auf ihre Quartierzettel warten, weil die Maires nicht wußten, wo Platz sei. Zwei Pro­zent der Reservisten haben sich nicht gestellt. An meh­reren Orten kam es zu boulangistischen Kundgebungen. Reservisten brachten Hochrufe auf den General aus. Eine Einigung zwischen England und Frankreich wegen der Suezkanal-Frage und den neuen Hebriden- Jnseln soll nahe bevorstehen. Der Herzog von Audiffret-Pasquier erklärt in einem offenen Schreiben, nur die Monarchie der Orleans könne dem Lande Ruhe bringen. Damit hat's wohl noch gute Weile. Belgien.

In Belgien will die Ruhe nicht wiederkeh­ren, des zählenden Stoffes ist dort zu viel angehäuft. Die Fischer von Ostende beharren auf ihrer Weige­rung, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, da sie mit Recht fürchten, auf offener See Gewaltthätigkeiten von Seiten der Engländer ansgesetzt zu sein. Da­rum liegt der Fischhandel Ostendes nahezu darnieder. Die Engländer kommen nicht mehr dahin, aus Be­sorgnis, an Leib und Leben geschädigt zu werden und ihre Ware nicht loszuwerden, da kein Ostender Arbeiter sich zu der Ausladung hergibt, und die Belgier gehen nicht auf den Fang; die vorliegenden Aufträge können daher nur ungenügend oder gar nicht ausgeführt werden. Daß diese Situation die schon herrschende äußerst gereizte Stimmung unter den Fischern nur erhöhen kann, unterliegt keinem Zweifel, und es ist durchaus nicht undenkbar, daß man demnächst von ernsten Vorkommnissen zu hören bekommen wird.

Holland.

Rotterdam, 8. Sept. Die hies. Sozialisten hatten gestern Abend im Volkskaffeehause eine Fest­lichkeit für den Sozialistenführer Domela Nienwenhnis vorbereitet. Als letzterer mit mehreren Anhängern vor dem Kaffeehause erschien, suchte die auf der Straße versammelte große Volksmenge den Eintritt zu hin­dern, so daß die Polizei den Weg erst frei machen mußte. Die Menge griff darauf das Kaffeehaus mit Steinwürfeu an, riß die daran befindliche rote Fahne herab und verbrannte dieselbe auf der Straße. Trotz des Abwehrens der Polizei drang die Menge in das Kaffeehaus und demolierte dasselbe vollständig. Die Sozialisten waren inzwischen aus dem Hause geflüch­tet. Die antisozialistischen Kundgebungen dauerten den ganzen Abend fort; erst um Mitternacht gelang es, die Ruhe wieder herzustellen.

Italien.

Rom, 5. Septbr. Man meint hier, die von Italien bei den Mächten vertretene Anschauung, den Dingen in Bulgarien freien Lauf zu lassen, werve um so eher siegen, als England seine Botschafter in Wien und Konstantinopel angewiesen hat, Italiens bulgarische Politik zu unterstützen.

England.

London, 3. Sept. Ein orkanartiger Sturm, begleitet von heftigen Regengüssen, wütete gestern über Süd-England. In Kent wurden Tausende von Hopfenstangen vom Winde umgeweht und im mittle­ren Teile wurde die Ernte vielfach gänzlich vernichtet.

London, 7. Sept. Bei Beratung über die Posten für die Kolonien im Ziviletat befürwortete Tanner die Uebergabe Helgolands an Deutschland. Der Sekretär der Kolonien, Holland, erklärte, er habe keinen Grund, anzunehmen, daß Deutschland ! Helgoland zu erwerben wünsche; England habe sicher ^ weder die Absicht, noch den Wunsch, sich von Helgo­land zu trennen, er habe nie gehört, daß Deutsch­land darin, daß Helgoland im Besitz Englands sei, eine Drohung gegen sich erblicke.

> Rußland.

! In Petersburg ist eine Broschüre erschie- ! nen, verfaßt vom Fürsten Nikolaus Galitzin, einem ^ Mitglied jener Familie, die in der nächsten Umge- l bung des Zaren und der Zarin die hervorragendste Stellung einnimmt. Die Broschüre, welche die Form ! eines offenen Briefes an denFigaro" trägt, ist eine ^ beißende Abfertigung der französischen Huldigungen ^ an Katkows Grab. In einer russisch geschriebenen ^ Vorrede setzt Fürst Galitzin auseinander, wie Kat- kow, der wiederholt Frankreich einen verfaulenden Leichnam genannt, mit dem man sich nicht verbinden ; könne, das Verhältnis mit Frankreich niemals anders ! als einen nur durch die höchste Notwendigkeit zu ^ rechtfertigenden Zwang betrachtet habe.Das wahre Rußland, sagt er, das heilige Rußland, wie ihr es

mit lächerlichem Ausdruck nennt, das monarchische Rußland kann niemals mit dem roten, atheistischen, sittlich verkommenen Frankreich paktieren. Niemals!"

Warschau, 6. Sept. Polnische Blätter mel­den : Rußland veranstaltet eine Art Probe-Mobilisie­rung. Sämtliche Stellungspslichtige von 1876 und 1879 wurden für 7. bis 8. September einberufen. Zwischen Odessa und Sebastopol wurde versuchsweise die Einschiffung und Ausschiffung des Militärs an­geordnet. Die Kosten der Probemobilisierung betra­gen 10 Mill. Rubel.

Balkan-Halbinsel.

Der von der Türkei unternommene Schritt, den deutschen Reichskanzler zur offiziellen Vermittlung in der bulgarischen Frage zu bewegen, gilt als aussichtslos.

Amerika.

InWashington ist der internationale Aerzte- kongreß eröffnet worden; 5000 Aerzte sind anwesend.

Kleinere Mitteilungen.

(Wetterprophezei un ge n). Der durch seine Sturm­und Erdbebentheorie bekannte Prof. Falb kündigt für den 17. Sept. eine atmosphärische Hochflut, für den 16. Okt. eine heftige Erderschütterung an. Mit diesen keineswegs angenehmen Aus­sichten scheint nun die Prophezeihung eines amerikanischen Astronomen in Verbindung zu stehen. Ueber diese schreibt schon im Jahre 1884 dasN. W. Tgbl.":Der größte Sturm des Jahrhunderts, der sogen. Saxeby-Gall. wird sich am 19. Sept. einstellen, und zwar nach Berechnung des Astronomen des kanadischen Ministeriums Prof. E. Stone Wiggins, wel­cher die Stürme vom 9. März 1883 und 26. Jänner 1884 genau vorhergesagt hat. Der Saxeby-Gall hat zuletzt am 7. Okt. 1869 gewütet und sämtliche Wälder Neu-EnglandS bei­nahe vernichtet, für die Holzindustrie nämlich unbrauchbar- gemacht. Wiggins hat nun ausgerechnet, daß sich dieser heftigste aller Weltstürmc in 5461 Tagen wiederholt, welche am 19. Sept. 1887 ablaufen. Seine größte Kraft wird der Sturm nach Prof. Wiggins Angabe am Nachmittage des 20. Sept. entfalten. Er soll von heftigen Erdbeben begleitet sein, die um die Mitte Oktober in Kalifornien und dem west­lichen Europa eintreten." Zwei Naturforscher kündigen also für die Tage zwischen 17. und 20. Sept. einen argen Stnrno für Mitte Okt. Erdbeben an. Das ist Warnung genug und wir hoffen, daß die meteorologischen Seestationen dieses be­deutsame Sturmsignal rechtzeitig weitcrgeben. Zwar ist noch nicht ausgemacht, daß diese Sturmansagen auch wirklich zn- trcffen müssen; allein aus den Tagebüchern der Secstationen geht hervor, daß selbst die gewöhnlichen Sturmwarnungen sich weit häufiger als richtig erweisen, denn als falsch, und so darf man den Prognosen der beiden Gelehrten wohl er­höhtes Vertrauen entgegenbringen. Trifft das immerhin bös­artige Natur-Ereignis wirklich ein, dann haben wir einen Er­folg der Wissenschaft zu verzeichnen, welcher nicht zu unter­schätzen ist.

Ueber die höchsten Altersstufen in Preußen entnehmen wir derStatist. Corresp " folgende Mitteilungen: Ani 1. Dez 1885 wurden im preußischen Staat 5648 (2081 männliche und 3567 weibliche) Personen gezählt, welche das Alter von 90 Jahren erreicht bezw. überschritten haben. Hier­von befanden sich im Alter von 9095 Jahren 1703 männ­liche und 2766 weibliche Personen, im Alter von 95 -100 Jahren 306 männliche und 641 weibliche, und im Alter von über 100 Jahren 72 männliche und 160 weibliche Personen. In allen Provinzen kommen Personen im Alter von 90 -95 Jahren noch in ziemlich beträchtlicher Zahl vor, ältere Per­sonen dagegen namentlich häufig in den Provinzen Posen, Schlesien (vorzugsweise im Regierungsbezirk Oppeln), West­preußen und Ostpreußen. In Berlin, Sachsen und Hohen- zollern wurden über 100 Jahre alte Personen gar nicht er­mittelt.

London, 9. Aug. In dem berühmten, unweit Lon­don gelegenen Park von Richmond mußten letzte Woche nicht weniger als 9 Hirsche, welche von der Wutkrankheit befallen waren, getötet werden.

Handel L Berkehr.

Rotten bürg, 7. Sept. (Hopfen). Der Zulauf Fremder zur Hopfenpflückc ist auch in diesem Jahre wieder ein außerordentlicher starker. Nach polizeilicher Erhebung sind hier gegenwärtig 4073 auswärtige Personen in Beschäf­tigung, nämlich 849 männlichen und 3229 weiblichen Ge­schlechts. Die Ernte geht rasch ihrem Ende entgegen, da die Quantität sehr zurückschlägt; Qualität ist vorzüglich, darum hofft man aus doppelten Gründen hohe Preise. Händler ha­ben schon 100 ^ angelegt.

Stuttgart, 5. Sept. (Mehlbörse). An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 820 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Mehl Nr. 0 31-31.50, Nr. 1 ^ 28.50 29.5». Nr. 2 ^ 26.5027.50, Nr. 3 24.5026, Nr. 4 21 -23.

Eßlingen, 6. Sept. Auf dem Faßmarkt, der heute hier abgehalten wurde, waren etwa 300 Fässer aufgestellt im Gesamtgehalt von 1300 Hcktol. Es wurde für das Hcktol. 68 bezahlt. Kübel- und Bangcschirr: Butten, Züber, Stan­den, Trichter u. s. w. waren in schöner Ware und reicher Auswahl zu haben; doch war die Kauflust nicht besonders rege.

Ludwigs bürg, 6. Sept. Bei der Versteigerung des Obstertrages der Kgl. Alleen geschätzt zu 1687 Sri. Birnen, wurden 4096 erlöst, das Sri. kostet also im Durchschnitt 2 ^ 43 -i. Infolge des furchtbaren Schnecdrncks nn ver­flossenen Winter kann man im Schönbuch einen Wagen For­chenreis um 20 -> holen. Die Aufräumungsarbciten in den dortigen Forchenkulturen werden noch Jahre lang da uern.

(Hie zu das Unterhaltungsblatt ^ 41. ^

«-r-nlw°rtlich-r R-dnttrur St-inwnndel ii Nnzold. Onii UN»

Bering d-r Ä. w. i!-rächen LuchhnnvUing in Nngcid.