Der GMschafler.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberavtts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80^, in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 4. Monats- abonnemcnt nach Verhältnis.

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Amtliches.

Nagold.

An die Ortsvorsteher.

Unter Hinweisung auf den Erlaß K. Ministe- ^ riums des Innern vom 21. Juli d. Js., Ziffer 6120 Minist.-Amtsblatt S. 313, werden die Ortsvorsteher veranlaßt, aus dem nach dem Stand vom 31. März d. Js. aufgenommcnen Verzeichnis der Pferdebesitzer die Gesamtzahl der in den einzelnen Gemeinden je- j wcils vorhandenen Pferde zu erheben und binnen 8 Tagen hiehcr anzuzeigen.

Den 4. August 1887.

Kgl. Oberamt. Güntner.

Deutschland

soll nach den neuesten Auslassungen der amtlichen und nichtamtlichen russischen Presse das Karnickel gewesen sein, welches den herrschenden wirtschaftlichen Streit vom Zaune gebrochen hat. Eine wahre Lam­mesgeduld hätte aber dazu gehört, die wirtschaftlichen Angriffe Rußlands auf das deutsche Reich zu ertra­gen. Diese Angriffe sind nicht nur unmotiviert, sic zeugen auch von großer Undankbarkeit. Die Russen spielen sich gern als diejenigen Leute auf, denen Deutschland seine Erfolge von 1870/71 verdankt. Wir sind weit davon entfernt, die Bedeutung zu un­terschätzen. welche die politische Haltung Rußlands auf den Gang der Ereignisse in jenen großen Jah­ren gehabt. Graf Bcnst in Wien hatte bekamttlicki gewaltige Lust, die Schlappe von 1866 damals wett zu machen, und wenn Rußland sich abgeneigt gegen die deutschen Stämme gezeigt, so wäre er vielleicht in seinen Gedanken noch bestärkt worden. Daß er von den Gedanken nicht zur Thal überging, verhin­derte indessen nicht das Czarenreich, sondern die über­aus schnellen und großen Siege. Diese Siege waren das Hauptmittel, welches Deutschlands Feinden den Mut zur Einmischung raubte. Rußland hat hinge­gen aus den deutschen Siegen und Frankreichs Nie­derlagen einen unblutigen, aber sehr wichtigen Erfolg errungen, es gewann durch Zerstörung des Pariser Vertrages die volle Herrschaft im Schwarzen Meer zurück, und diese Herrschaft ist für Rußland eine Lebensfrage. Hat Rußland uns 1870/71 durchseine wohlwollende Neutralität gute Dienste erwiesen, so hat es sich doch dafür sofort in sehr ausgiebigem Maße bezahlt gemacht.

Deutschland hat seit 1871 niemals Rußlands Wege und Pläne gekreuzt. Als nach dem Berliner Kongreß die Petersburger Panslavisten die allergrößte Lust hatten, im Verein mit Frankreich über uns her­zufallen , da gebot der Selbsterhaltungstrieb das Bündnis mit Oesterreich-Ungarn. Daß dieses Bünd­nis keinen aggressiven Charakter hat, beweist seine nun bald zehnjährige unblutige Existenz. Als dann Rußland auf der Balkanhalbinsel eine Politik be­gann, die in keiner Weise den Anforderungen von Recht und Gerechtigkeit entsprach, als Rußland selbst Deutschlands Verbündeten indirekt entgegentrat, da bewahrte die Reichsregierung immer eine ruhige, vor­sichtige und versöhnende Haltung. Was wäre wohl gekommen, wenn Deutschland sein gewichtiges Wort gegen Rußland in Wagschale geworfen haben würde? Eine große .Coalition, bestehend aus Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Großbritanien, Italien, der Türkei und den Balkanstaaten würde sich gegen Rußland und Frankreich gebildet haben und diese Macht hätte nicht nur einen Krieg verhindern, sondern auch Ruß­lands Einfluß im Orient lahm legen können. Die russische Diplomatie hatte sich mit ihrer bulgarischen

Politik gewaltig verrannt und ein kolossales Fiasko erlitten. Deutschlands vermittelnde Stellung erleich­terte dem Zaren den Rückzug und schuf ihm eine neue gesicherte Position. Das sind Thatsachen, die, wenn auch auf keinen großen Dank, doch zum minde­sten auf keine Gegnerschaft Anspruch haben.

Die bekannten Ausnahme-Maßregeln der russi­schen Regierung gegen die Ausländer in Russisch- Polen sind gegen alle Ausländer gerichtet, aber da zum größten Teil nur Deutsche in Betracht kommen, so heißt es auch hier, auf den Sack schlägt man und den Esel meint man. Die Deutschen sollen fort, weil russischer Konkurrenzneid ihre überlegene Tüch­tigkeit fürchtet, die doch Rußland groß zu machen mit beigetragen hat. Niemals haben auch die Deut­schen in Rußland Feindschaft gegen ihr zweites Va­terland gezeigt. Wenn die russische Finanzverwaltung nun versichert, sie beabsichtige den Verpflichtungen gegen ihre ausländischen Gläubiger, und besonders auch gegen die Deutschen, in vollem Umfange gerecht zu werden, so ist das sehr schön gesagt, aber zu Worten gehören auch Thaten, und diese müßten sich in der Sistierung der antideutschen inneren Politik Rußlands zeigen. Zwei Staaten können absolut nicht in dauernder politischer Freundschaft mit einander leben, sofern nicht auch die beiden Nationen ein enges Band umschließt, und von letzterem kann gegenwär­tig keine Rede sein. Wenn sich die Minister ihrer Freundschaft für einander versichern, so ist das ein angenehmes Zeichen, aber die ganze Freundschaft bleibt eine taube Nuß, wenn die Völker einander ab­geneigt sind. Die Politik des Petersburger Kabinets will die Selbstständigkeit Rußlands auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete Hervorrufen. Das will sie! Aber was thut sie? Sie entfremdet sich ihre natürlichen Freunde und Verbündeten, sie verstopft die reichen Quellen, welche dem inneren und wirt­schaftlichen Leben des Zarenreiches einen neuen Auf­schwung geben könnten, und tötet die Lebenskraft der Nation. In Rußland wird schon manches nur noch künstlich erhalten, stelle man nicht schließlich das ganze Staatswesen noch auf zerbröckelndes Gemäu er.

Tages-Neuigketterr.

Deutsches Reich.

Nagold. (Erwiderung.) Im Gesell­schafter Nr. 91 beklagt einEingesandt aus dem Be­zirk" im Namen der Industriellen (?) densteten Mangel an Eisenbahnwaggon, beziehungsweise in ver­stecktem Sinne die verspätete Belieferung derselben." Um die thatsächlichen Verhältnisse scheint aber der Ein­sender sich wenig zu kümmern, und es gleicht das ganze Wehgeschrei, wenn nicht einem Haschen nach Popularität, doch einem Produkt einer gewöhnlichen Wirtshaus-Krakehlerei, wie man sie leider schon mehr zu beklagen hatte. Es würde zu ausführlich sein, die thatsächlichen Verhältnisse hier zu erklären; möge derEingesandt" sich an denmaßgebenden Ort" wenden, sie werden ihm ebenso daswo der Fehler steckt" klar gemacht werden. II.

In Rexingen (Horb) wurde eine Telegraphenanstalt mit beschränktem Tagesdienst errichtet.

Bei dem Kreisturnfest in Freuden st adt waren aus unserem Leserkreis vertreten: Der Turn­verein Altensteig, Calw, Horb, Herrenberg, Neuenbürg und Nagold.

Tübingen, 3. August. (Erntesegen.) Die warme trockene Witterung kommt dem Erntegeschäft sehr zu statten. Nachdem schon vergangene Woche mit der Einbringung des Roggens angefangen wurde, hat die Ernte nun wohl allgemein begonnen. Die

schlechte Witterung des Mai hat glücklicherweise den Halmfrüchten nicht in dem Maße geschadet, als all­gemein angenommen wurde. Sowohl nach Güte wie Menge ist die heurige Ernte vortrefflich. Seit vie­len vielen Jahren konnte die Ernte nicht so trocken eingebracht werden, wie Heuer. Wird die Hitze auch den Feldarbeitern lästig, so freut sich trotzdem Alt wie Jung über den prächtigen Erntesegen. Auch die Kartoffeln sind vorzüglich, freilich wird über den ge­ringen Ertrag geklagt. Der Stand der Weinberge ist ausgezeichnet, die Hopfen haben sich, soweit mög­lich , erholt überschwänglichen Hoffnungen wird man sich nicht hingeben dürfen, der Oehmd-Ertrag ist größer, als man dachte. Gründe genug, den Kopf nicht hängen zu lassen und frohen Muts in die Zu­kunft zu schauen. Die massenhaften Landbrände dürften dagegen eine Warnung angezeigt scheinen las­sen. Es sollen Heuer bereits Hunderte von Fällen von Selbstentzündung des Heus vorgekommen sein. Es ist deshalb sehr rätlich» mastes Futter stark mit Salz einzustreuen. (T. Chr.)

Stuttgart, 3. Aug. Die Stuttgarter deutsche Ver­lagsanstalt vormals Hallbcrger hat die in Berlin erscheinende deutsche Illustrierte Zeitung, deren Konkurrenz ihr sehr un­bequem war, durch Kauf an sich gebracht. Die Deutsche Jllustr. Ztg. soll mitlieber Land und Meer" verschmolzen werden.

Stuttgart, 4. Aug. Wie man hört, wird der Landtag für Württemberg am 13. September zu einer kurzen Session einberufeu werden, um das neue Branntweinsteuergesetz zu beraten.

Reutlingen, 2i August. Heute Abend starb Gustav Alb. Werner, der Begründer der weitbekannten Wohlthätig- keitsanstalten, ged. am 12. März 1809 zu Zwiefalten als ^ Sohn des Kameralverw. und nachherigen Finanzkammerdir.

! und Abgeordn. W., 1834- 1840 Pfarrvikar in Walddorf,

> seit 1840 in Reutlingen, 1884 aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums seiner Wirksamkeit Ehrenbürger von Reutlingen, s Ritter 1. Kl. des Fr.-Ord., 78 I. a. Werners Walten ist ! ein großartiges, wahrhaft denkwürdiges gewesen: der Ersten j einer hat er die Nächstenliebe in wirksamer, umfassender Weise geübt, die Notleidenden, die Gebrechlichen, die Waisen nm sich gesammelt, sic gelehrt und ihnen Arbeit, Verdienst gebo­ten, eine Anstalt nm die andere für sie, für die leidende Menschheit gegründet und opferwillig, selbstlos geleitet. Er hat es verstanden, die Vielen um sich zu scharen in der Ein­ordnung in ein lebensvolles Gebilde, sie festzuhalten in Zucht und Ordnung durch das Gewicht seiner Persönlichkeit. Er - hat praktisch eine Lösung sozialer Uebel bewirkt, wie sie frci- l lich nur durch seine eigenartige Begabung und Hingebung möglich war. Er hat Gutes gethan, wie kein Zweiter in langer Zeit. Tausende zollen ihm ihren Dank ihre Verehrung.

Kaiser Franz Joseph von Oesterreich ist am Dienstag vormittag von Wien in München eingetroffen und von dem Prinzregenten, dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Gisela, seiner Tochter, am Bahnhofe empfangen worden. Heute Mittwoch reist der Kaiser nach Bad Kreuth zur Kaiserin Eli­sabeth.

Mainz. 2. August. Um 7 Uhr heute mor­gen haben die militärischen Uebungen der Luftschiffer- Abteilung ihren Anfang genommen. Der Ballon stieg in der Nähe des neuen Zollhafens mit einem Unteroffizier der Abteilung bis auf 600 Meter in die Höhe, von wo aus topographische Aufnahmen von den Festungswerken und der Umgegend von Mainz gemacht wurden. Die Hauptübungen, an wel­chen sich auch die übrigen Truppenteile der Garnison beteiligen, werden erst Ende dieser Woche stattfinden.

F r a n k su r t a. M., 31. Juli. An den Kugel­sängen des deutschen Schützenfestes wurden 130 Ztr. Bleikugeln ausgegraben und dann verkauft. Gelöst wurden dafür 1700 ^

Folgenden französischen Gewaltstreich gegen dentsche Industrielle berichtet dieStraßb. Post":