von Heimatscheinen vom 13. August 1879 Reg.-Bl. S. 165 fg. hiemit hingewiesen.
Hienach ist namentlich jeweils anzugeben:
1) worauf sich die Württembergische Staatsangehörigkeit des Nachsuchenden gründet (Z 2 des Reichsgesetzes über die Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 Reg.-Bl. 1871 S. 26 der Anlage zu Nro. 1 auf Abstammung, Verheiratung u. s. w.);
2) ob der Ausstellung des Heimatscheins auch sonst kein Hindernis im Wege steht; z. B. die Anwendung prozeßrechtlicher Sicherungsmaßregeln, Sicherstellung der Alimentationspflicht, Militärverhältnisse, siehe Hiewegen namentlich § 7 der obengedachten Ministerialverfügung und Ministerial-Erlaß vom 20. Januar 1882, Minist.-Amtsbl. S. 21 sg., Militärpersonen sind wo immer thunlich zum Ausweis über ihre Militärverhältnisse durch Vorlage ihrer Militärpapicre zu veranlassen.
Die Zeugnisse sind von dem Ortsvorsteher nebst dem Ratschreiber, oder wenn der erstere zugleich! Ratschreiber ist, von ihm und einem Mitglied des Gemeinderats zu unterzeichnen.
Vorschriftsmäßige Formularien sind in der Zaiser'schen Druckerei in Nagold vorrätig.
Den 16. Juni 1887.
K. Oberamt. Amtm. Marquart.
Die zweite Schulstellc in Gültstein (Herrenberg) wurde dem Schullehrer Fick in Mettclberg (Backnang) gnädigst übertragen. !
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 17. Juni. Prinz Wilhelm von Württemberg hat wegen Krankheit seiner Gemah- lin seine Teilnahme an den Londoner Festlichkeiten abgesagt: infolge dessen wird Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar, des Königs Schwager, die Vertretung Württembergs übernehmen.
Würzburg, 16 . Juni. Wie die hiesige „Presse" mel- ! det, wurde auf Requisition von auswärts ein Student der Medizin ans Breslau wegen Teilnahme an einem geplanten Verbrechen des Hochverrats hier verhaftet und nach Breslau gebracht. Derselbe soll sich vor drei Tagen aus Breslau geflüchtet haben. Der Student heißt, dem „Pf. K." zufolge, ^ Macknse. Derselbe gehörte einem Geheimbunde, welcher zu- : meist aus Studierenden (Polen, Russen, Franzosen und Elsässer) bestand, an. Dieser Bund hatte seinen Hauptsitz in Breslau. Als Markuse gewahr wurde, daß man der gehei- men Verbindung ans der Spur sei, flüchtete er sich von dort, : und kam am Sonntag hierher, woselbst er am Montag von s der Polizei in einem hiesigen Hotel ausfindig gemacht wurde. Von der Staatsanwaltschaft in Breslau war hierher berichtet worden, ihn sestzunehmen. In seinem Rcisekoffer fand ^ sich eine Menge aufrührerischer Schriften politischen Inhalts ! und Pläne, ferner ein sechsläufiger geladener Revolver vor. !
Leipzig, 15. Juni. In dem Landesverrats- ! Prozeß erklärte Zeuge Polizeiinspektor Zahn aus Straßburg, ein Franzose, dessen Namen er jedoch nicht kenne, habe ihm resp. seinem Vorgesetzten aus freiein Antriebe die Liste der in den Reichslanden ansässigen Mitglieder der Patriotenliga eingehändigt. Dieser Franzose habe einen Freund in dem Pariser Bureau der Patriotenliga gehabt. !
Leipzig, 18. Juni. Im Prozeß Köchlin-j Claudon u. Gen. verurteilte das Reichsgericht! Köchlin, Blech, Schiffmacher und Trapp wegen vorbereitender Handlungen zum Hochverrat und Teilnahme an einer geheimen Verbindung, und zwar Köchlin zu 1 Jahr Festung (abzüglich der 4 Monate Untersuchungshaft), Blech und Schiffmacher zu je 2 Jahren, Trapp zu 1*/s Jahren Festung. Die anderen Angeklagten wurden freigesprochen.
Die erste deutsche landwirtschaftliche Ausstellung, welche am 13. Juni abends nach 5tägiger Dauer iu Frankfurt a. M. geschlossen! wurde, hat in jeder Beziehung einen günstigen Ver- j lauf genommen. Vom hellsten, aber erst am letzten i Tag heißen Wetter begünstigt, hatte sie eine wahre j Völkerwanderung, besonders aus Mittel- und Süd-! deutschland, hervorgerufen. Ein Extrazug aus Stutt- > garr und Heilbronn brachte schon am 9. Juni 1100! Landwirte aus Württemberg, welche erst am 11. Juni, j abends mit Extrazug über Hanau, Frankfurt wieder, verließen. Am Sonntag, den 12. Juni, überstieg! die Zahl der Besucher 40000, von welchen 10000- mit Dauerkarten, nahe an 30000 (29 872) mit Ta-^ geskarten L I ^ versehen waren. Der Kostenauf- > wand des Komitees in dem ansehnlichen Betrag von 160 000 ist durch die Einnahmen völlig gedeckt. ! Das Interesse und die Teilnahme an der Ausstellung der durchgängig vorzüglichen Tiere steigerte sich täglich so sehr, daß am Sonntag noch 40 Preise frei
willig gestiftet und geschenkt wurden. Darunter I machte ein Preis mit der Bestimmung als Prämie ! „für den größten Fortschritt in der Landwirtschaft"
! dem Komitee, welches am letzten Tag deshalb eine > außerordentliche Sitzung anberaumen mußte, nicht ! wenig Kopfzerbrechen, um den würdigsten Prämiierten zu finden. Unfälle kamen bei den vortrefflichen Vorsichtsmaßregeln sehr wenig vor. Ein wertvolles Pferd erhielt von einem anderen einen Tritt gegen ! den Leib und ging daran zu Grund. Ein 8 Ztr.
' schweres Schwein verendete. Aber die Krone der Säue englischen Stammes, in Braunschweig gezogen und 11 Ztr. schwer, genannt die schöne Helena, kehrte lebend in ihre Heimat zurück. Die Rückfahrt auf allen Eisenbahnen (bis nach Ostpreußen, Oberbayern , Schlesien und Schleswig-Holstein) ist für alle ausgestellte«: Tiere frei. Die Aussteller haben jedoch für den Transport der Tiere nach Frankfurt und die 8-tägige Fütterung und Wartung erhebliche Opfer gebracht. Besondere Freude erregten die oberbayerischen Tyroler in ihrer Gebirgstracht, mit ihren Hellen Juchzern und fröhlichen Gesängen, denen die prächtigen Algäuer Stiere, Bullen und Kühe mit besonderer Ruhe und Sanftmut unter harmonischem Geläute ihrer Glocke folgten. Die ostpreußischen und holsteinischen Bullen, glänzend im Fell wie die edelsten Pferde, waren die stärksten und wildesten, so daß bei ihrer täglichen Vorführung im sog. Ring regelmäßig außer dem Führer, welche an der Stange und an deren Ende am Nasenring den wilden Ochsen lenkte, noch 3 Husaren mit Stricken das Tier im Zaum halten mußten. Komisch war der Anblick, als ein schwerer Bulle seinen 4 Leitern durch hartnäckiges Stehenbleiben den stärksten Widerstand gegen den Eintritt in den Ring leistete, bis eine junge Bogelsberger Kuh im Vorbeiführen dem gewaltigen Tier einen leichten Pantoffel-Schlag in die Seite versetzre, worauf der Pantosqelheld ihr geduldig und ruhig nachfolgte.
Berlin, 17. Juni. Der Bundesrat wird behufs Festsetzung der Ausführungsbestimmungen zur Branntweinsteuervorlage mit einer kurzen Pause den ganzen Sommer über beisammen bleiben.
Berlin, 17. Juni. Der Reichstag nahm in der gestrigen Abendsitzung in zweiter Beratung die Gesetzentwürfe betr. die Ernennung und Besoldung der Bürgermeister und Beigeordneten Elsaß- Lothringens an. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Windthorst, ob man beabsichtige, Elsaß-Lothringen zu einer preuß. Provinz zu machen, erwiderte der bayer. Bundesbevollmächtigte Graf Lerchenfeld, der Bundesrat werde sich durch keine Provokationen ans seiner Ruhe bringen lassen.
Berlin, 17. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der Justizminister beschied telegraphisch den ersten Staatsanwalt in Elberfeld hieher, um dessen mündlichen Bortrag über die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Barbier Ziethen aus Elberfeld entgegenzunehmen.
Berlin, 17. Juni. In Sachen des Barbier Ziethen teilt die „Kreuzzeitung" mit, sie habe guten Grund anzunehmen, daß die Selbstbezichtigung des Barbiergehilfen Wilhelm sich als eine durch Bestechung erkaufte Lüge Herausstellen dürfte.
Berlin, 18« Juni. Staatsminister v. Bötticher stellte bereits gestern bei Beratung des Seeunfallgesetzes den Schlußstein der sozialpolitischen Gesetzgebung, die Alters- und Jnvaliden-Bersicherung der Arbeiter, in bestimmte Aussicht. Die Schwierigkeiten dieses gewaltigen Unternehmens sind natürlich beträchtlich. Auf welcher Grundlage die Regierung das Werk in Angriff nehmen will, verlautet noch nichts.
Berlin, 18. Juni. Der Reichstag wurde heute geschlossen.
Der persische Schah hat dem Prinzen Wilhelm von Preußen sein Bild in Gold und Brillanten , der Prinzessin den diamantenen Sonnenorden verliehen.
Die „Köln. Bolksztg." meldet aus Paris: Der Nuntius Ruffo Scilla bestätigte auf seiner Durchreise nach London, der Papst denke nicht daran, mit dem Leoninischen Stadtteil sich zu begnügen; er verlange nach wie vor die ganze Stadt Rom zurück.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 18. Juni. Anläßlich der ungarischen Wahlen kam es zu blutigen Zusammenstößen der Parteien. An einzelnen Orten gab es Tote; auch Brandstiftungen sind vorgekommen.
In Wiener maßgebenden Kreisen ist man über
die Vorgänge in Serbien stark beunruhigt; nur die Offiziösen heucheln Gleichgültigkeit.
Schweiz.
Die Hochschule Zürich war noch nie so stark besucht wie gegenwärtig, da sie 524 immatrikulierte Studenten, worunter 53 Damen zählt, die doppelte Frequenz wie Ende der 60er Jahre.
Frankreich.
Die Pariser Blätter bezeichnen den Leipziger Prozeß als „unwürdige Komödie" und äußern die Erwartung, daß alle Angeklagten freigesprochen werden.
Ein Pariser Korrespondent der „Pol. Korr." weiß zu melden, daß in allen politischen Kreisen daselbst die Eventualität des Rücktrittes des Herrn Grovy von der Präsidentschaft der Republik immer mehr ins Auge gefaßt wird, und zwar wegen Mißhelligkeiten in der Familie des Präsidenten , insbesondere in Folge von Zerwürfnissen mit seinem Schwiegersöhne, Herrn Wilson. In Folge dessen werde die Frage der eventuellen Nachfolgerschaft bereits lebhaft diskutiert und werden hierbei fast ausschließlich die Herren Freycinet und Jules Ferry in Betracht gezogen. Bei Ferry werde als spezieller Vorzug hervorgehoben, daß er mehr Stärke des Willens als Freycinet besitze, um die gesellschaftliche Ordnung aufrecht und den Radikalismus in Schranken zu halten. Wenn es sich bestätigen sollte, daß die 3 Gruppen des Senats, welche den bekannten Schritt gegen Boulanger unternommen hatten, bereits für Ferry's Kandidatur gewonnen feien, dann hätte die letztere sehr große Aussichten. Für Ferry spreche auch, daß durch seine Präsidentschaft Mißhelligkeiten mit Deutschland so ziemlich ausgeschlossen würden, und daß Niemand in Frankreich solche Mißhelligkeiten wünsche, vielmehr Alles aufrichtig den Frieden wolle. Alledem liege derzeit noch keine bestimmte Thatsache zu Grunde; aber sicher sei, daß Erwägungen solcher Art die politische Welt beschäftigen und sich hauptsächlich iu der gekennzeichneten Richtung bewegen.
Die militärischen Reformen, deren Weg Boulanger betreten hat, nehmen übrigens auch unter seinem Nachfolger ihren Fortgang. Nach dem Entwurf Boulangers werden jährlich 192000 Rekruten mehr eingestellt, wodurch die Friedensstärke bei dreijähriger Anwesenheit bei der Fahne auf 600 000 Mann sich steigern würde. Hierbei sind Freiwillige und Wiederangeworbene miteingerechnel, und' würde alsdann der Friedensstand 1^/s vom Hundert der Bevölkerung betragen. In diese Vermehrungen sind die Kolonialtruppen nicht inbegriffen, dieselben sollen sich vielmehr aus Freiwilligen ergänzen. Es sei noch bemerkt, daß die vom Dienst ganz oder teilweise Befreiten eine Wehrsteuer entrichten sollen, deren jährliche Einnahme auf mehr als sechs Millionen angegeben wird.
Italien.
Der italienische Kriegsminister brachte in der Kammer eine Kreditvorlage von 20 Millionen ein zu Militärzwecken in Afrika für 1787/88 und für die Bildung eines besonderen Truppenkorps zum Garnisondienste in Afrika. Es darf wohl daraus geschlossen werden, daß die kriegerische Aktion gegen den Negus von Abessynien, die von der italienischen Regierung wiederholt angekündigt worden ist, nun energisch in Angriff genommen werden wird.
Rumänien.
Botuschany, 17. Juni. Der Brand ist bewältigt, gegen 1000 Häuser sind eingeäschert.
Bulgarien-
Sofia, 16. Juni. Prinz Alexander von Battenberg soll auf eine Anfrage der Regenten, ob er geneigt wäre, falls ihn die Sobranje einstimmig wieder wählen würde, den bulgarischen Thron abermals einzunehmen, an die Regentschaft folgende Depesche gerichtet haben: „Enthaltet Euch aller politischen Fehler, welche Eurer Sache nur schaden könnten. Ich werde niemals mehr als Fürst nach Bulgarien zurückkehren, gleichviel, ob mich die Sobranje wiederwählen, gleichviel, ob auch ganz Europa seine Zustimmung dazu geben würde." Die Neigung, ihn zum Fürsten auszurufen, soll aber in den Kreisen der Armee und besonders des ostrumelischen Heeres nicht völlig geschwunden sein.
Aus Sofia meldet man der „Voss. Ztg.": Am Sonntag vormittag fand die feierliche Einweihung der vom Fürsten Alexander erbauten evangelischen Kirche statt. Der Chorgesang begann mit dem Lieblingslied des Fürsten: „Dies ist der Tag