einen Schritt näher gerückt, indem jetzt die Legionskaserne, in welcher die Sammlungen der Zentralstelle für Handel und Gewerbe untergebracht sind, und deren Umbau für die Zwecke des Landesgewerbemuseums von verschiedenen Seiten befürwortet wurde, definitiv frei wird. Es ist bereits so gut wie beschlossene Sache, daß das neue Stuttgarter Rathaus auf dem Platze der alten Legionskaserne zu stehen kommen soll. Das neue LandeSgewerbemuseum soll nach dem Regierungs- cntwurf einen Aufwand von ca. 2^4 Mill. Mark erfordern, eine Summe, welche die Finanzkommission zu hoch fand und daher den Antrag stellte, der Bauaufwand solle nicht mehr als IP 4 Mill. Mark kosten. Mit diesem Sparsystem drang die Kommission aber nicht durch. Man nahm einen Antrag des Frhrn. v. Varnbüler an, welcher allerdings auch Sparsamkeit befürwortete, aber die Regierung doch nicht an obige Summe band und außerdem der Regierung nahe legte, in dem neuen Gebäude auch die nötigen Räumlichkeiten für die Zentralstelle für die Landwirtschaft (Ausstellungsräume für landwirtschaftliche Maschinen re.) zu reservieren. Einstweilen genehmigte die Kammer nur die Kosten für die Vorarbeiten und Grunderwerbungen zur Arrondierung des Areals im Gesamtbeträge von 217000 Die Regierung hatte 222000 angesctzt. ES sollen 0 Konkurrenzpreise ausgeschrieben werden: 1 L 5000 2 ä 3000 und 2 L 1500 An den
Baukosten für das neue LandeSgewerbemuseum soll der Erlös aus dem dem Staate gehörigen Platz der Legionskaserne in Abzug gebracht werden. Es sind das mindestens 1 Million Mark. — Der heutige Beschluß wegen des Neubaues eines Landesgewcrbemuscums wurde mit 77 gegen 4 Stimmen (Becher, Haug, Schnaidt, Lang) gefaßt.
Stuttgart, 3. Juni. Die heutige Sitzung der Kammer der Abgeordneten ward vollständig in Anspruch genommen von der Debatte über die Aufbesserung der Gehälter der Expeditoren und Obcrpostsckretäre I. El., wofür die Regierung 29894 ^ exigiert hatte. Die Kommission wollte nur eine Aufbesserung im Betrage von 17 400 ^ bewilligen, während der Abg. Uhl die Ansicht eines Teils der Abgg. zum Ausdruck brachte und die dahin ging, die Ausgabe rundweg abzulehncn mit Rücksicht auf die Finanzlage. Uhl forderte die Regierung dagegen auf, bei diesen Beamten einen anderen Aufrückungsmodns eintreten zn lassen. Keiner dieser Vorschläge vermochte aber die Majorität des Hauses zu erlangen, welches vielmehr einen von Nußbanmer und v. Bagnato gestellten Antrag annahm, wonach diese Beamten statt der bisherigen 6 , in 7 Gehaltsklassen eingeteilt werden sollen, deren höchste 3000 deren niederste 2400 ^ bezieht. Die Durchführung dieses Planes erfordert einen Mehraufwand von 27800 defferiert also gegen den Regierungsentwurf nicht sehr wesentlich. Die Kammer hat durch den heutigen Beschluß ein Unrecht gut gemacht gegen eine Beamtcnkategorie, welche sich in einer wirklichen Notlage befand.
Stuttgart, 4. Juni. In der zweiten Kammer ward heute das sog. Anpassungsgesetz beraten, welches den Zweck hat, einen Uebcrgangsznstand zu schaffen, durch den die größeren Städte in die Lage versetzt sind, für die Gewerbetreibenden eine Steuererleichterung bei den Gemeindeumlagen eintreten zu lassen. Die Regierung hatte vorgeschlagen, daß das Anpassungsgesetz nur Anwendung finden solle in Gemeinden mit über 5000 Einwohnern; die Kammer dagegen beschloß nach längerer Debatte die Ausdehnung auch auf Gemeinden bis zu 3000 Einwohnern und zwar soll das Gewerbekataster nicht blos zu Lasten der Gebäude, wie die Regierung vorgeschlagen, sondern auch zu Lasten des Grundkatasters erleichtert werden können und zwar um 15 pCt. Weitergehende Anträge, deren sowohl hinsichtlich des Prozentsatzes (20 pCt.) und hinsichtlich der Ausdehnung des Gesetzes auf alle Gemeinden des Landes vorhanden waren, wurdenabgelchnt.
Stuttgart, 4. Juni. Bei Gelegenheit der Beratung über die neue Steuerverteilung in der Kammer der Standesherren ward dem Staatsminister v. Renner, welcher in diesen Tagen sein 50jäh- riges Dienstjubiläum feiert, eine herzliche Ovation dargebracht. Hr. v. Renner, welcher seit dem 22. Sept. 1864 an der Spitze des württ. Finanzdepar- temcnts steht, ist gegenwärtig nach dem Fürsten Bismarck der am längsten funktionierende Minister. Der Berichterstatter der ersten Kammer, Staatsrat v. Riecke, nahm Anlaß, das große, seit zwei Jahrzehnten Regierung und Stände beschäftigende Katasterwerk, welches durch die jetzt erledigte Vorlage seinen Abschluß gefunden, als ein bleibendes Denkmal der Regierung Sr. Maj. des Königs Karl und der unermüdlichen Thätigkeit des dem Könige fast seit seiner Thronbesteigung zur Seite stehenden Staatsmi- nisters von Renner zu bezeichnen. Staatsminister a. D. Frhr. v. Linden wünschte Namens des hohen Hauses, dessen Mitglied der Herr Finanzminister ist, diesem Glück zu seiner langjährigen Thätigkeit, welche ihm die Anerkennung, die Hochachtung und das Vertrauen im vollsten Maße in den weitesten Kreisen gesichert habe. Die hohen Herren erklärten ihr Einverständnis niit diesen Worten durch Erhebung von den Sitzen, worauf v. Renner mit einigen Worten dankte.
Stuttgart, 4. Juni. Trotzdem noch eine ziemliche Fülle von Beratungsstoff vorliegt, gedenkt der Landtag doch, wie der Präsident schon mittcilte, mit dem 8. d. Bits, seine Geschäfte beenden zu wollen. Der Landtag, welcher seit dem 23. März beisammen ist, würde hienach eine Dauer von 78 Tagen erreichen.
Stuttgart, 5. Juni. Die Konkurrenz der Privatpost macht sich der Kgl. Post gegenüber ziemlich bemerkbar. Die Weniger - Einnahmen der Kgl. Posten und Telegraphen beliefen sich im Monat April gegen den gleichen Monat des Vorjahrs auf beinahe 6000 Sollte indes die Kgl. Staatspost ihre Tarifsätze für Stadtsendungen ermäßigen, was in nicht zu ferner Zeit zu erwarten sein soll, dann dürften übrigens die Tage der Privatstadtpost auch in Stuttgart gezählt sein.
Stuttgart, 6 . Juni. In der 60. Sitzung der Kammer der Abgg. kamen die verschiedenen Petitionen in Eisenbahnsachen zur Beratung. Berichterstatter ist v. L n tz. Es sind 4 an die Ständeversammlung gerichtete Petitionen eingelaufen, welche sich sämtlich auf die Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen der oberen Neckarbahn und dem Donauthal in der Richtung nach Ulm beziehen. Davon bittet eine Petition (aus Münsingcn) um Erbauung einer Albbahn überhaupt, zwei Petitionen (aus Urach, Münsingen und Metzingen) treten für den Anschluß bei Urach, die letzte Petition endlich (von dem Eisenbahnkomite in Münsingen und Reutlingen) empfiehlt den Anschluß bei Reutlingen. Der Berichterstatter spricht sich zu Gunsten des Anschlusses bei Reutlingen aus, und die Kommission, ohne sich übrigens sämtlichen Ausführungen des Berichterstatters vollständig anzuschließen, stellt den Antrag: Das hohe Haus wolle die 4 Petitionen der K. Regierung zur Erwägung Mitteilen und die Kammer der Standcshcrren zum Beitritt einladen. — Der Berichterstatter verwendet sich noch zn Gunsten der Einbringung einer Vorlage zum Bau einer Zweigbahn von Altenstcig nach Nagold, die nach dem Voranschlag 516000 kosten soll. Es seien schon die Gütererwerbungen für den Bahnbau gemacht. Frhr. v. Gültlingen spricht unter großer Unruhe des Hauses ebenfalls zu Gunsten eines Bahnprojekts Altensteig—Nagold, dabei auf die großen Beiträge hinweisend, welche die einzelnen Gemeinden in Aussicht gestellt haben, und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Linie hervorhebend. Hartranfft (Freudenstadt) tritt auch für den Bau der Linie Altensteig Nagold ein und macht auf den großen Holzreichtum jener Gegend aufmerksam. Vom Ministertisch erfolgt keine Aeußerung.
Stuttgart, 6. Juni. Eine Reihe von Jagdpächtern will beim K. Ministerium um eine Verordnung einkommen, wornach die Schonzeit der Reh- gaisen mit Rücksicht auf den harten Winter, dessen Unbill den Wildstand sehr reduziert habe, auf das ganze Jahr 1887 ausgedehnt werden soll.
Stuttgart, 7. Juni. Wie über hier, so sind auch über anderen Gegenden des Landes am Sonntag schwere Gewitter niedergegangen, die teilweise Hochwasser verursacht haben, so in Eßlingen, an der Aich, in Heilbronn, Tübingen, im untern Filsthal und in Welzheim. Allerorten wird über großen Schaden an Straßen und Feldern geklagt.
Z Reutlingen, 3. Juni. (Zur Fahnenweihe des Turnerbunds). Eine hübsche Feier steht unserer Stadt bevor, wozu die Vorbereitungen in vollem Zuge sind. Der Turnerbund gedenkt nemlich seine Fahnenweihe mit Preis- und Schauturnen und zwar in Verbindung mit seinem ersten Stiftungsfeste, am Sonntag den 3. Juli zu begehen. — An der Spitze der Festausschüsse steht als Ehrenpräsident Herr Oberbürgermeister Benz und der Vorstand des Turnerbunds Herr Professor Drück. Ein größeres Festdamenkomite aus allen Ständen hat sich gebildet, als Festplatz ist die herrlich oberhalb der Stadt gelegene, Schatten spendende städtische Renn- wiesc überlassen worden. Der Tunerbund hat heute eine Höhe von 430 Mitgliedern erreicht und ist somit nicht allein der stärkste des Achalmgaus, sondern auch einer der größten des Kreises Schwaben. Der Turnerbund, wie unsere Stadt, welche ihre Gastfreundschaft schon so oft im schönen Lichte gezeigt hat, werden Allem aufbieten, ihren werten Turngä- sten den AufeiÜMt am Fuße der Achalm so angenehm als möcMch zu machen. Mag auch der Himmel sich dem Feste dahin günstig erweisen, so wird nach den heute schon vorliegenden zahlreichen Anmeldungen seitens der Gauvercine, wie des Kreises, so insbesondere auch aus dem mittleren Neckargau, die Fahnenweihe des Turnerbunds zu einem Stelldichein vieler Turngenossen und zu einer frisch-fröhlichen Turnfeier am 3. Juli sich gestalten. Hiezu ein herzliches Gut Heil!
Bezüglich der Dampfstraßenbahn Ravensburg-Weingarten sind jetzt die Verhandlungen abgeschlossen und der definitiven Ausführung steht nichts mehr im Weg.
Der Erbgraf Friedrich von Waldburg-Wotfegg in Waldsee hat auf das Erbe seiner Ahnen verzichtet und sich nach Blijenbek in Holland begeben, um dort in die Gesellschaft Jesu einzutreten.
Münche n, 6. Juni. Soeben findet die Trauung des Premierministers Dr. v. Lutz mit Frau Rie- dinger aus dem Standesamt statt.
Augsburg, 9. Juni. Das Augsburger
Militär-Untergericht verurteilte am Samstag zwei Landwehrmänner zu je zwei Monat Gefängnis, weil sie sich aus religiösen Gründen geweigert, den Fahneneid auf den Prinzregenten als Reichsverweser zu leisten.
Binnen kurzem wird ein bayerischer Prinz in die deutsche Marine treten und seine Erziehung in Kiel erhalten. Auch Bayern will dem deutschen Vaterland zu Land und Wasser dienen.
Frankfurt, 6. Juni. Aus der deutschen landwirtschaftlichen Ausstellung wird nicht nur eine vortreffliche Tier- und Geräte-Ausstellung geboten werden, sondern es wird auch das Stiefkind des landwirtschaftlichen Ausstellungswesens, die Produktenabteilung, angemessen vertreten sein. Allerdings nicht nur mit Produkten des Feldbaues, sondern auch, wenn der Ausdruck gestattet ist, mit Produkten der Wissenschaft. Die wissenschaftliche Abteilung ist überreich beschickt, namentlich von den landwirtschaftlichen Hochschulen Poppelsdorf, Hohenheim und Berlin. Es wird auch demjenigen, welcher der Wissenschaft fernersteht, gezeigt werden, wie dieselbe bemüht ist, die Naturgesetze zu erforschen und wie reich das Material ist, welches sie ihren Jüngern bietet. Die Hochschulen haben es als eine Ehrenpflicht angesehen, auf der ersten Ausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft zu erscheinen und damit zu dokumentieren, daß sie gern ihre sorglich gehüteten Schätze zur Verfügung der Praxis stellen und Hand in Hand mit derselben arbeiten wollen. Im Anschluß an die Ausstellung wird die zweite Wanderversammlung der Deutschen Landwirt- schaftsgcsellschaft abgehalten, auf welcher namentlich die Sektionen eingehende Beratungen pflegen werden. Jedenfalls wird Frankfurt in dieser Woche der Sammelplatz der deutschen Landwirte und aller Interessenten am Fortschritt in der einheimischen ländlichen Produktion sein; die einen werden zeigen, wie es zu machen ist, und die andern werden lernen, wie sie es machen sollen, um die deutsche Landwirtschaft, die Grundlage unseres deutschen Vaterlandes, innerlich gesund und kräftig zu erhalten.
Berlin, 4. Juni. Während der Flottenparade in Kiel nahm der Kaiser, wie nachträglich bekannt wird, den Stern von dem Schwarzen Adlerorden sich von der Brust und überreichte ihn dem neben ihm stehenden Prinzen Oskar von Schweden.
Am Dienstag ist der Reichstag wieder zusammengetreten. Auf der Tagesordnung steht hauptsächlich die Abänderung des Postdampfergesetzes.
Berlin, 4. Juni. Es heißt nun bestimmt, daß dem Reichstag in dieser Session, abgesehen von den bekannten elsäßischen Vorlagen, keine weitere Vorlage zugehen werde, die, sei es in wirtschaftlicher, sei es in politischer Beziehung, von erheblicher Bedeutung sein könnte. In Abg.-Kreisen hält man an der Hoffnung fest, daß der Reichstag, der am 7. Juni wieder Zusammentritt, am 18. Juni werde geschlossen werden können.
Berlin, 5. Juni. Die „Germania" bestätigt jetzt die früher von ihr bestrittene Meldung, daß der Herzog Paul vou Mecklenburg zum Katholizismus übergetreten sei. Herzog Paul ist augenblicklich schwer erkrankt.
Berlin, 7. Juni. Der Kaiser hat sich, wahrscheinlich bei der Fahrt auf der Pommerania, die er trotz allen Abrateus nicht hatte fallen lassen wollen, um die auf der Flotte befindlichen Mannschaften nicht zu enttäuschen, eine leichte Erkältung zugezo geu und gestern morgen das Bett gehütet.
Breslau, 5. Juni. Bei einem Brande auf dem im hiesigen Kreise belogenen Vorwerke Schüßlitz ist ein Bewohner desselben mit fünf Kindern in den Flammen umgekommen.
Hinsichtlich der Zukunft des Herzogtums Sachsen-Koburg-Gotha glaubt die Kreuzztg. versichern zu können, daß an den entscheidenden Stellen der Gedanke an eine spätere Vereinigung der Herzogtümer Koburg-Gotha und Meiningen und Erhebung derselben zu einem Großherzogtum keineswegs fallen gelassen ist, und wesentliche Schwierigkeiten sich auch der Ausführung dieses Planes nicht ent- gegcnstellen dürften.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 5. Juni. Offiziös verlautet, Fürst Nicolaus von Montenegro habe während seines jüngsten Wiener Aufenthaltes wiederholt die bestimmtesten und beruhigendsten Versicherungen über die durchaus friedliche Richtung seiner Politik gegeben und den hohen Wert hervorgehoben, den er aus