kanntlich durch starke Forts in ein großes, festes Lager verwandelt worden ist.
Italien.
Nom, 24. Febr. Der König und die Königin von Württemberg haben ihre Villa in Nizza nicht verlassen.
Rom, 26. Febr. Der Cardinal-Staatssekre- tär Jak ob ini ist heute gestorben. Seit 2 Tagen sah man dem Ableben des Staatsmannes entgegen, der bis zum letzten Augenblicke die eigentliche Leitung der Angelegenheiten des päpstlichen Stuhles in Händen hatte. Cardinal Jakobini hat ein Alter von nur 55 Jahren erreicht.
Rom, 26. Febr. Die Verhandlungen wegen eines Verteidigungsbündnisses zwischen Deutschland, Oesterreich und Italien haben zu einem günstigen Schlußergebnis geführt. Trotzdem sie streng geheim geführt wurden, haben auch die übrigen daran nicht beteiligten Großmächte von dieser Allianz Kenntnis erlangt.
Am verheerendsten waren die Wirkungen des Erdbebens in Italien, insbesondere längs der Riviera. In Bajardo ist eine Kirche eingestürzt und hat 300 Personen unter ihren Trümmern begraben. Ein amtlicher Bericht stellt die Verluste an Menschenleben in folgender Weise zusammen: Bajardo 300 Tote und Verwundete, Diano Marina 250 Tote und Verwundete, Bussano 50 Tote, 36 Verwundete, Diana Castello 30 Tote, mehrere Verwundete.
Frankreich.
Paris, 23. Febr. Peyramont, Direktor der „Revanche", wurde heute verhaftet. Kein Journal mißbilligt diese Verhaftung. Die meisten Blätter erklären , daß die Preßfreiheit dabei nicht in Frage komme: die Regierung thue nur ihre Pflicht, indem sie dem Skandale der kommerziellen Ausbeutung des Patriotismus ein Ende mache.
Paris, 24. Februar. In Südfrankreich wurden drei neue Erdstöße verspürt; 10 000 Personen verließen Nizza; Mentone hat stark gelitten; aus vielen Gemeinden fehlen infolge der Verkehrsstörung die Nachrichten gänzlich. Bisher wurden 8 Tote und 22 Verwundete als Opfer der Erdstöße festgestellt.
Paris, 24. Febr. Die „Liberto" meint, Deutschland und Frankreich könnten die Neutralisie- rung.Elsaß-Lothringens vereinbaren und dadurch allem Zwist ein Ende machen. (!)
Paris, 25. Febr. Die Zahl der durch das Erdbeben Getöteten und Verwundeten in Oberitalien übersteigt 2000 Personen.
Paris, 26. Febr. Die Gerüchte über eine bevorstehende Ministerkrisis gewinnen an Konsistenz. Man nimmt an, daß etwa um Mitte März ein neues Kabinet Freycinet, gebildet aus den Mitgliedern der opportunistischen Fraktion und der radikalen Linken mit Ausschluß der äußersten Linken, das Kabinet Goblet ersetzen wird. Grauet, Lockroy und Boulanger würden jedenfalls außerhalb des neuen Ministeriums bleiben.
In Paris ist am Donnerstag ein Standbild Louis Blaues, des bekannten französischen Sozialisten , feierlich enthüllt worden. Der Schluß der Festlichkeit wurde durch Pfeifen und Schreien, sowie durch den Ruf: Es lebe die Anarchie! gestört. Ein Haufen Anarchisten suchte in den für das Publikum abgeschlossenen Raum einzudringen und geriet mit
- der Polizei, welche das Eindringen zu hindern suchte,
: in's Handgemenge. Durch Vornahme mehrerer Verhaftungen stellte die Polizei die Ordnung wieder her.
Der Berichterstatter des Figaro in Nizza CH. Limouzin gibt interessante Details über das Erdbeben. Bei dem ersten Stoß, der in aller Frühe erfolgte, stürzten eine Menge Personen nnangekleidet auf die Straße heraus, fürchtend, daß ihnen das Haus über dem Kopf einfalle. Man sah Damen im Nachthemd, Herren barfuß, die Beinkleider in der Hand tragend, auf den öffentlichen Plätzen. Diese verwandelten sich sofort in Feldlager, und waren alle von ängstlichen Personen erfüllt, welche in der abenteuerlichsten Bekleidung erschienen; dabei auch . noch Dominos und Pierrots, die direkt vom Mas- ^ kenball herkamen. Viele Personen wurden von der ! Feuerwehr aus den zerstörten Häusern herausgezo- , gen. Der General Jamais ließ sich an einem Lein- , tuch herunter. Die Aerzte hatten vollauf zu thun. Die Militärverwaltung hat auf allen Plätzen Zelte errichten lassen, unter welchen Kinder und Frauen ! sich aufhalten. Die Promenade entlang stehen geschloffene Wagen mit Personen, welche die nächste Nacht am Ufer des Meeres zuzubringcn entschlossen sind. Die Badekabinette, Omnibusse und Fiaker werden zu fabelhaften Preisen gemietet; das kleinste Wägelchen kostet 100 Frs. und es fehlt daran. Auf den Höhen von Cimiez kampieren 2000 Russen, Amerikaner und Engländer unter freiem Himmel. Viele, die nicht per Eisenbahn fortkommen konnten, fahren mit Extrafuhrwerk zu enormen Preisen. Acht : außerordentliche Züge gingen andern Tags von ; Nizza nach Paris ab mit 6000 Fremden, 3000 ^ reisten nach Italien zu ab. Ebenso haben in Mentone Einwohner und Fremde die Häuser verlassen und sitzen in Wagen am Quai du Midi. Zwei Kompagnien Jäger sind von Billafranka nach Nizza ^ beordert.
i England.
! London, 24. Febr. Agenten der französischen ! und der deutschen Regierung fahren fort, Militär- ^ Pferde im Norden Englands zu kaufen.
Rußland.
Petersburg, 26. Febr. Sämtliche russische Blätter sind von dem Ausfall der deutschen Reichstagswahlen nicht freudig berührt und betonen, daß Rußland jetzt die bulgarische Frage zurückstellen ^ müsse, um in einem allenfallsigen Kriege zwischen Deutschland und Frankreich die Schwächung des letzteren verhindern zu können.
Bulgarien.
S ofia, 22. Febr. Eine abermalige Berschwö- , rung gegen die Regentschaft wurde entdeckt. — Kon- ^ sistent auftretende Gerüchte prognostizieren, daß die ! demnächst zusammentretende bulgarische Sobranje den j Fürsten Alexander wieder zum Fürsten wählen (?)
! und proklamieren (??) werde.
Griechenland.
Aus Griechenland meldet der Telegraph, daß auch dort in mehreren Städten, insbesondere in Athen, am Donnerstag früh ein Erdbeben bemerkt wurde. Dasselbe scheint jedoch keinen Schaden angerichtet zu haben.
Türkei-
Konstantinopel, 26. Febr. Via Odessa eintreffende Reisende erzählen, daß in Kiew für 50000 Russen Unterkunft bestellt sei und daß ein verschanz
tes Lager für 30000 Mann bei Kiew der Vollendung entgegengehe. Eine starke Truppenbewegung vollzieht sich in der Richtung nach Fastow, einem Knotenpunkt der Warschau-Odessaer Bahn.
Amerika.
Heftige Stürme haben in diesen Tagen in den Vereinigten Staaten getobt. In Mewyork und Umgegend gab's Gewitter mit außerordentlich stark leuchtenden Blitzstrahlen. Die Stürme in den westlichen Staaten waren so furchtbar, daß mehrere Eisenbahnzüge von den Schienen hinabgeweht wurden. Verluste an Menschenleben werden jedoch nicht gemeldet. Ein Blitz entzündete die der American Dock und Trust Company gehörigen Baumwolldocks in Tompkinsville in Staten Island. Der Schaden beläuft sich auf 300 000 Dollars. Es sind 30 000 , Ballen Baumwolle verbrannt oder durch Feuer und Wasser beschädigt worden.
Kleinere Mitteilungen.
Vaihingen, 24. Febr. Gestern vormittag hat ein armer Handwerksbursche in hiesiger Stadt einen 50-Mark- schein gefunden. Der Eigentümer wurde alsbald ermittelt und gab dem ehrlichen Finder eine Belohnung von — sage 5 4 (!). Der Handwerksbursche dankte jedoch unter Zurückgabe dieses Geschenkes.
In Mnrrh ardt (Backnang) ist ein 17jährigcr Junge nach 3jähriger Abwesenheit von Hanse wieder znrückgekehrt, nachdem sein Vater bisher unter dem Verdachte gelitten, auch in 3wöchigcr Untersuchungshaft deswegen gestanden hatte, er habe diesen seinen ältesten Sohn im Alter von 14 Jahren erschlagen und ans die Seite geschafft.
Ein leichtfertiger Lehrjungc, der seiner Bosheit wegen von seinem Lehrherrn Gust. Schyle, Uhrmacher in Schonach (Mergentheim) ziemlich streng behandelt wurde, hat am letzten Sonntag, nachmittags gegen 4 Uhr, dessen ziemlich grosses ^ Wohnhaus durch Anstecken des Hcnstockes ans Rache in Brand gebracht. Das Haus brannte trotz aller Anstrengung der Feuerwehr, welche alsbald am Platze war, bis auf den Grund nieder. Sieben Familien, welche das Haus bewohnten, ohne Gesellen und Lehrlinge, deren es ungefähr 12 waren, sind obdachlos geworden. Das Hans ist versichert. Der Bursche ist geständig.
„Ich bin der Reichstag skandidat Reißt) aus". Mit diesen Worten stellte sich der sozialdemokratische Schneider dieses Namens ans Erfurt den versammelten bäuerlichen Wählern in Elxleben vor. Tiefes Schweigen. Dann steht ein großer, starker Wähler auf und sagt: Erlauben Sie, daß ich mich auch vorstellc, ich bin der Landmann Sch meißle aus! Der Schneider sieht seinen Mann, dann die lachenden Bauern an und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Der „Deutsche" in Gondershausen verbürgt die Geschichte.
(Großer Elcphantenfang). In Dhnbri in Indien gelang es dem Oberausseher der Elephantcnzwingcr, Sander- son, 120 Elcphantcn ans einmal abznfangcn. Sic stellen einen Gesamtwert von wenigstens 10000 Lst. dar oder vielleicht noch mehr, denn die Minderung ihrer Unentbehrlichkeit durch die Eisenbahnen wird durch ihr reißendes Ansstcrbcn ausgewogen. Vor 30 Jahren wurden sie in Ceylon wegen des Schadens, den sic den Reisfeldern anthatcn, gewaltsam : ansgerottet, weshalb man ihrer innerhalb 10 Jahren 6000 erschoß. Sie zu zähmen und abzurichten, ist natürlich der Zweck ihres FangeS; leider aber stirbt inchr als die Hälfte der gezähmten Tiere und die übrigen vermehren sich nur selten in der Gefangenschaft.
: Bildungsstandpunkt in Europa. Von 100
Personen können lesen: in Deutschland 94, in Oesterreich 88,
: in England 91, in Frankreich 88, in Italien 74, in Spanien 69 und in Rußland 83; können lesen, schreiben und rechnen: in Deutschland 89, in Oesterreich 78, in England 81, in : Frankreich 77, in Italien 63, in Spanien 49, und in Rußland 39; sind einer fremden Sprache mächtig: in Deutschland 69, in Oesterreich 61, in England 34, in Frankreich 29, in Italien 28, in Spanien 13, in Rußland 23; sind cinigcr- i maßen mit den Klassikern vertraut: in Deutschland 32, in ^ Oesterreich 13, in England 21, in Frankreich 20, in Italien 17, in Spanien 7 und in Rußland 2. _
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nazold. — Druck und Bsrlaa der G. W. -i a i i e r'schen Duchöandlunj! in Naqold.
K. Amtsgericht Nagold.
In dem Konkursverfahren über das Vermögen der
Friederike Heinrike Auguste geb. Baumgarth, Wittwe und Alleinerbin des verst. Karl Heinrich Glaser, gewes. Adlerwirths in
Wildberg,
ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters und zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußver- zeichniß, der Schlußtermin auf
Dienstag den 29. März 1887, Vormittags */-9 Uhr, anberaumt.
Den 26. Februar 1887.
Gerichtsschreiber Brodbeck.
Amtliche und Arivat-Aekanntmachungen.
Oberthalhei m.
Bekanntmachung an Erbschafts-Gläubiger.
Der Nachlaß des verstorbenen Josef Wittel , gewesenen Krämers in Oberthalheim, ist überschnldet und es ist deshalb die Erbschaft nicht angetreten worden. Die Gläubiger desselben werden hievon mit der Aufforderung in Kennlniß gesetzt, ihre Ansprüche, soweit es noch nicht geschehen,
binnen zwei Wochen
bei dem Waisengericht Oberthalheim anzumelden und zu erweisen, widrigenfalls sie bei der in dem Auseinandersetzungs- Verfahren sich vollziehenden Befriedi
gung der bekannten Gläubiger nicht berücksichtigt werden.
Nagold, den 26. Februar 1887.
K. Gerichtsnotariat. M a y e r.
Stadt-Gemeinde Nagold.
Nndelstammholz-
Berkaus.
Im Distrikt Bühl,Abt.Mäsle und Distrikt Mittlerbcrgle, Abt. kleines Stadtäckerle, Heerstraß-Ebene und Steinhaufen-Ebene kommen am
Samstag den 5. März einzeln zum Aufstreich:
80 Stück Langholz I., II. u. III. Klasse, 12 Stück Sägholz I., II. u. III. Klaffe, ^ worunter 80 Rottannen und 12 Forchen,
! insbesondere auch für Schreiner und Kübler tauglich;
ferner 35 Stück rottannenes Stammholz V. Klasse, gereppelt in 4 Losen i und 10 Stück ditto nicht gereppelt einzeln (zu Gerüsten in Hopfengärten tauglich).
! Zusammenkunft nachmittags 1 Uhr im Schlag Wäsle am vordern Feld-Eck auf der alten Heerstraße.
Der Waldschütz wird die Stämme auf rechtzeitiges Verlangen vorher vorzeigen.
Gemeinderat.