noch den ganzen Tag 4 Spritzen und 120 Mann zu thun haben, um das immer wieder auflebende Feuer zu vertilgen. Ausgeräumt mußten ganze Reihen von Häusern werden, darunter auch das hart bedrohte, aber glücklicherweise doch unversehrt geblie­bene Rathaus mit den öffentlichen Büchern, einer Masse von Akten und teilweise auch mit privater Habe. Brandlegung aus Rache gegen Thomma scheint unzweifelhaft zu sein. (Nach neuester Mittei­lung ist der verletzte Feuerwehrmann nun gestorben).

Stuttgart, 23. Febr. Die Zahl der eingeschriebenen Wähler in Württemberg war diesmal 400039 (1884 waren es 389627). Die Zahl der abgegebenen Stimmen war dies­mal 326567 (1884: 241361). Es sind also diesmal um ein Drittel mehr Stimmen abgegeben worden. Wenn damals 100 stimmten, so stimmten diesmal 133. Auf 1000 Wäh­ler stimmten im Durchschnitt von ganz Württemberg am 21. Febr. 1887 ab 816, im Jahr 1884 nur 621. - Die stärkste Wahlbeteiligung war 1884 im 15. Wahlkreis (823 auf 1000), sodann im 3. Wahlkreis mit 809 und im 9. niit 794. Die schwächste Wahlbeteiligung war 1884 im 5. Wahlkreis mit 518, im 2. mit 522, im 16. mit 525 und im 17. und 4. mit je 548. Am 21. Februar 1887 war die stärkste Beteiligung wiederum in: 15. Wahlkreis Ehingen-Blaubeuren, wo 919 Stimmen auf 1000 Wähler abgegeben wurden; im 17. mit 911, im 6. mit 908, im 9. mit 895, im 12. mit 885, im 3. mit 878, im 1. mit 876, im 16. mit 874, im 10. mit 862 Stimmen. Eine schwächere Beteiligung an der Wahl war in denjenigen Wahlkreisen, wo kein ernstlicher Gegenkandidat vorhanden war. Allein auch in diesen Wahlkreisen war die Beteiligung eine ungemein starke. Die Wähler haben auch dort ihr Interesse an der deutschen Sache durch zahlreiches Erscheinen an der Wahlurne bekundet, ein ehrenvolles Zeichen für die Intelligenz und das politische Verständnis der würt- tcmbergischcn Wählerschaft. So gingen im 7. Wahlkreis 768, im 14. 759, im 2. 734 von 1000 zur Wahlurne; im 4. 733, im 5. 731, im 13. 730, im 8. 722, im 11. 660. Diese min­deste Zahl 660 überschreitet den Durchschnitt des Jahres 1884; damals wurden nur in 7 Wahlkreisen höhere Prozentzahlen erreicht, die anderen 10 blieben darunter.

Stuttgart, 24. Febr. Die K. Staatsregierung hat im nächsten Etat in ganz besonderer Weise ihre Fürsorge ans eine Besserstellung der Straßenwärter gerichtet. Der Gehalt der 1002 ständigen Straßenwärter, welche die ganze Arbeits­zeit ihrem Dienst zu widmen haben, »bewegt sich nach Abzug der 12 rcsp. 16 ^ betragenden Entschädigung für die An­schaffung und Unterhaltung des erforderlichen Arbeitsgeschirrs zwischen 712 und 440 Es ist nun beabsichtigt, die ge­ringeren Gehalte aller ständigen Wärter auf 500 ausschließ­lich Geschirrgcld zu erhöhen und auch die Löhnungen der 16 unständigen Wärter um 910»io aufzubessern. Zn diesem Zweck ist im Etat eine Mehrexigenz von 41634lL vorge­sehen. Weiter wird eine Erhöhung des Hutgeldes vorgeschla­gen und hiefür 1095 mehr exigiert, ferner 3416 für Geschirrgeldscrhöhnng und endlich sind 27 274in den Etat für Dienstmäntel eingestellt, indem statt der bisherigen Trag­zeit von 7 Jahren ja schon nach 5 Jahren ein neuer Man­tel abgegeben werden soll. Tic Finanzkommission genehmigte alle diese Mchrcxigenzen, stellte dabei die K. Regierung zur Erwägung anheim, ob statt der vorgcschlagenen Besserstellung der Straßenwärter durch Geldzulagc nicht ein Teil derselben zur Anschaffung und Unterhaltung weiterer Dienstkleidungs­stücke für die ständigen Straßcnwärter im Wege der Selbst- regic verwendet werden könnte.

Stuttgart, 24. Febr. Aus dem in der heutigen Gemcindcratssitznng vorgetragencn Geschäftsbericht des Ver- brauchssteucramtes ist zu ersehen, daß der jährliche Bierkon- snm in hiesiger Stadt auf 240 Liter pro Kops sich beziffert.

Stuttgart, 26. Febr. Aus dem Kabinet Sr. Mas. des Königs ist an den Vorstand des Wahl- komites für Gustav Siegle ein Schreiben eingetrof­fen, das der Hoffnung Ausdruck verleiht, daß dieses! Ergebnis dazu beitragen werde, die Billigung des! neuen Reichstags für die auf die Sicherung des- j Friedens und das Wohl des Reiches und seiner ^ Glieder gerichteten Maßnahmen der verbündeten Re­gierungen herbeizuführen.

Geislingen, 23. Febr. Heute früh nach 6 Uhr wurde eine leichte Erdcrschütterung hier verspürt.

In einer Korresp. der Kreuzz. aus Würt­temberg heißt es: Das Ergebnis der Reichstags­wahlen in Württemberg ist ein überaus glänzendes. Stolzer Jubel erfüllt das Land. Schon die groß­artige rege Beteiligung des Volkes an der Wahl nach einem unerhörten Wahlkampf ist hoch anzuschla­gen. Es gibt Orte, wo bis aus den letzten Mann abgestimmt worden ist, sogar in Kreisen ohne Gegen- kandidaten.

Mannheim, 22. Febr. Wie man derBad. Ldztg." mitteilt, erklärte der kath. Dekan in Walldürn seinen Gläu­bigen:Jakobini habe gegen den Willen des Papstes gcschric- ! den und sei in Folge denen vom Papst schon abgesetzt". ^

München, 23. Febr. Das Gesamtergebnis der bayerischen Wahlen ist, soweit bisher übersehbar: ! 12 Nationalliberalc, 30 Ultramontane, 1 Sozial-! demokrat, 5 Stichwahlen. Das Endergebnis nach > den Stichwahlen wird wahrscheinlich folgendes sein: ! 14 Nationalliberalc, 2 Sozialdemokraten, 1 Freisin-» Niger, 31 Zentrumsleute. !

München, 23. Febr. Der Prinzregent ant- ^ wartete, als ihm der nationalliberale Sieg in Ans- ^

bach mitgeteilt wurde, mit einem Glückwunschtele­gramm.

München, 25. Febr. In Vertretung des Prinzregenten reist Prinz Ludwig zu des Kaisers Geburtstag nach Berlin.

Der jeweilige päpstliche Gesandte in München ! soll bei dem preußischen Hof gleichzeitig beglaubigt werden. Zwischen Berlin, München und Rom fin­den zur Zeit Verhandlungen statt.

Kitzingen. In der Nähe von Würzburg ließ der Pfarrer die Leute zusammen kommen, um sie für die Wahl zu instruieren. Auf die Einrede, daß der Papst selbst wünsche,

^ daß man anders stimmen solle, erwiderte der geistliche Herr: i In Religionssachen sei der Papst unfehlbar, in politischen versteht er nichts. Darauf ein Bäuerlein: Nun, Hr. Pfarrer, da folgen wir Ihnen in der Religion und in der Politik machen wirS wie wir wollen. Lrobatnm sst!

Darm st adt, 25. Febr. Auf Rat der Aerzte hat sich Prinz Alexander, der Vater des Erkrankten, mit seiner Familie einer wiederholten Impfung un­terzogen.

Dresden, 22. Febr. Die Niederlage der Sozialisten in Sachsen ist nicht aus eine Verminde­rung der Zahl derselben zurückzuführen, im Gegen­teil ist eine Zunahme sozialistischer Stimmen von ^ 129000 auf 151000 erfolgt; aber die Beteiligung der Ordnungsparteien an der Wahl war diesmal außerordentlich groß; die Stimmenzahl der National­liberalen und Konservativen stieg von 184000 auf 335 000.

; Berlin, 24. Febr. Während bisher zu den i Geburtstagen unseres Kaisers nur die deutschen ! Fürsten hierhergekommen sind, um ihre Glückwünsche ! darzubringen, sind jetzt schon außer diesen für das diesjährige Fest auch von den ausländischen Höfen Besuche angemeldet. Der Kaiser von Oesterreich wird seinen Sohn, den Kronprinzen Rudolf, der Kaiser von Rußland seinen Oheim, den Großfürsten Michael Nikolajewitsch, hierher entsenden. Ebenso ist der Prinz von Wales als Vertreter der Königin von England angemeldet. Selbstredend wird bei allen diesen Besuchen strenge Rücksicht darauf genom­men werden, daß an seinem 90. Geburtstag unser Kaiser, der ja in der Erfüllung der ihm als Fest­geber und Hausherrn obliegenden Repräsentations- Pflichten gewissenhaft ist, nicht übermäßig angestrengt wird.

Berlin, 42. Febr. Nunmehr sind die Resul­tate aus allen 397 Wahlkreisen bekannt. Gewählt sind: 92 Nationalliberale, 70 Konservative, 29 Frei­konservative und 3Wilde" für das Septennat, so- i dann 12 Freisinnige, 91 Ultramontane, 14 Polen, 15 Elsäßer, 6 Sozialisten, 2 Welfen,. 1 Däne für die Opposition. 62 Stichwahlen. Bei letzteren dürfte die Opposition in den meisten Kreisen gemein­same Sache machen, so daß es der alleräußersten Anstrengung der Septennatsparteien bedarf, um ihre bis jetzt gewonnenen Mandate wenigstens um noch 1015 zu vermehren und somit eben knapp in den Besitz der absoluten Mehrheit zu gelangen.

Berlin, 24. Febr, Eine Königliche Verord­nung veröffentlicht den von den katholischen Bischöfen zu leistenden Eid. Danach schwört der Bischof dem Könige unterthänig, treu, gehorsam und ergeben zu sein, bei der Geistlichkeit und den Gemeinden Ehr­furcht und Treue gegen den König, Vaterlandsliebe und Gehorsam gegen die Gesetze zu pflegen, keine Verbindung innerhalb und außerhalb des Landes zu erhalten, welche der Sicherheit des Landes gefährlich sein könnte. Die Eidesnorm schließt: Ich verspreche dies alles umso unverbrüchlicher zu halten, als ich gewiß bin, daß ich mich durch den dem Papst und der Kirche geleisteten Eid zu nichts verpflichte, was dem Eide der Treue und dyr Unterthänigkeit gegen den König entgegen sein könne.

Berlin, 24. Febr. Die Absicht, Herrn v. Bennigsen zum Präsidenten des Reichstags'zu wäh­len, findet in der nationalliberalen Partei Wider­spruch, weil dieselbe wünscht, die Thätigkeit Bennig­sens an der Spitze der Partei zu fruktifizieren. Wahrscheinlich wird Herr v. Wedell-Piesdorf aufs neue die Stelle des ersten Präsidenten erhalten.

Berlin, 25. Febr. Nach derNordd. Allg. Ztg." ist eine päpstliche Kundgebung bevorstehend, welche die Katholiken vor Stimmenabgabe zu Gun­sten von Sozialdemokraten in den Stichwahlen warnt, nachdem in den Hirtenbriefen dieselben wiederholt als eine Gefahr für die Kirche bezeichnet werden.

Berlin, 25. Febr. Der Vorstand und die Vertrauensmänner derFreisinnigen" Magdeburgs

beschlossen, bei der Stichwahl mit aller Kraft für den Nationalliberalen, gegen den Sozialdemokraten ein­zutreten. Dadurch dürfte Magdeburg für die Na­tionalliberalen gesichert sein. Aehnliches verlautet aus Königsberg. Diefreisinnige" Wählerschaft weigert sich durch Wahl oder Stimmenthaltung So­zialdemokraten in den Reichstag zu bringen. Die Aussichten der Stichwahlen sind hiedurch erfreulich gehoben.

Berlin, 25. Febr. Die Eröffnung des Reichstags dürfte nicht durch den Kaiser erfolgen, welcher noch der Schonung bedarf. Gleichwohl darf erwartet werden, daß am Eröffnungsakt die Abgeord­neten sich zahlreich beteiligen und dieser dadurch wie­der den feierlichen Charakter gewinnt, den er früher besessen.

Berlin, 26. Febr. Nach der amtlichen Ver­öffentlichung der bei der Reichstagswahl abgegebenen Stimmen wurden für den sozialdemokratischen Kan­didaten Singer, welcher im hiesigen IV. Wahlkreis gewählt wurde, 32 064 Stimmen abgegeben, also mehr als für irgend einen anderen Kandidaten in ganz Deutschland.

Die ultramontaneKöln. Bolksztg." schreibt: So durch und durch erschwindelt und ergaunert worden ist ein Wahlergebnis in Deutschland niemals als 1887, wo der deutsche Michel sich durch die be­wußte Lügedas Septennat ist der Friede" nach allen Regeln der Kunst ins Bockshorn jagen ließ."

Gegen die Absicht mancher freisinniger Führer, bei den Stichwahlen mit den Sozialdemokraten zu- sammcnzugehen, wird in der freisinnigen Partei Wi­derspruch laut. Ein solches Vorgehen wäre gerade­zu selbstmörderisch für eine prinzipientreue liberale Partei."

Mühlhausen, 23. Febr. Dieser Tage sind 20 Ge­stellungspflichtige aus Maasmüustcr hier gefänglich cingczo- geu worden, die am letzten Sonntage einen Spaziergang in das französische Nachbardorf Rougcmont gemacht hatten und von dort mit Bändern in den französischen Landcsfarben ge­schmückt zurückkehrten.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 24. Febr. Man meldet der Str. P.: In den hiesigen diplomatischen Kreisen wird die Reise Herrn v. Keudell's nach Deutschland mit der Er­neuerung des im Mai ablaufenden Schutzvertrages Italiens mit Oesterreich und Deutschland in Verbin­dung gebracht. Man spricht davon, daß die Ver­handlungen fetzt ein günstiges Ergebnis erzielten und daß Italien die Neutralität im Falle eines russisch- österreichischen Krieges gegenüber Oesterreich verbürgt habe, was Oesterreich jedenfalls zur Befriedigung gereicht.

Nach einer Meldung desStandard" aus Pest, werden trotz des neulichen Pferdeausfuhrver­bots von Italien in Ungarn Pferde aufgekauft, was darauf hinweist, daß die Tripelallianz Deutschland- Oesterreich-Jtalien noch bestehe.

Die Abgeordneten nahmen in zweiter und drit­ter Lesung einstimmig die Landsturmkreditvorlage unter lautem Beifall des Hauses an. Im Laufe der Debatte erklärte Minister Welsersheimb: Die Regie­rung hege keinerlei kriegerische Absichten, sie thue nur, was von militärischer und politischer Seite un­vermeidlich ist. Das politische Verhältnis habe sich nicht geändert.Die Monarchie hat keine Ehrsucht; sie will den Frieden und strebt daher nach der Kraft ihn wahren zu können. Sie verfolgt auch keine In­teressen, die mit denen anderer Staaten in Konflikt geraten können. Nicht nur die Gesinnungen der Monarchen, sondern auch die Stimmung der Völker sind auf durchaus freundschaftlichen Beziehungen ge­richtet." Der Minister schließt, nochmals auf den Friedenswunsch hinweisend, in der Erwartung, das historische Wort werde auch für Oesterreich gelten: In Oesterreich ist Jeder bereit, fürs Vaterland seine Pflicht zu thun. (Lebhafter Beifall.)

Schweiz.

Das Erdbeben am Mittwoch den 23. ds. wurde auch in der ganzen Schweiz verspürt. (Auch aus Baden liegen einzelne Berichte vor.)

Auch in der französischen Schweizslocken die Geschäfte wegen der herrschenden Kriegsfurcht. In den Zeughäusern von Lyon und Besancon herrscht eine auffallende Thätigkeit, wie Schweizer Geschäfts­leute , die sich in jenen Städten aufgehalten haben, berichten. Ununterbrochen gehen von dort und aus anderen Orten militärische Transportzüge mit Mu­nition und Proviant nach Belfort ab, welches be-