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Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Rago

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Samstag den 1. Januar.

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1887 .

'Zum Jahreswechsel.

Das alte Jahr hat seinen Lauf beendet. Jetzt, da wir an der Schwelle des neuen, auf die verflosse­nen Monate zurückblicken, erscheinen sie uns nur als eine kurze Spanne Zeit, in denen wohl Manches begonnen, aber Wenig zur Vollendung gelangt ist. Es war ein sehr, sehr aufregendes Jahr, das Jahr 1886. Die Welt, und nicht zum mindesten Deutsch­land, ist wenig aus der Erregung hcrausgekommea. Wieder und wieder drängte sich die Frage auf die ! Lippe:Wie wird cs werden?", aber selten nur er-! folgte die Antwort. In dem Hangen und Bangen,! in dem Harren und Hoffen auf die erlösende Ent­scheidung gingen die Wochen und Monde dahin, schwand das ganze Jahr. Nun stehen wir an seinem Ausgang, und immer noch fragen wir:Wie wird! es werden?" Jeder Brust will cs scheinen, als komme ^ eine große Bölkerkatastrophe näher und näher; wir wissen nicht, wann oder wo sic hercinbrechen wird, aber das Gefühl, daß sie dereinst erscheinen wird, wird stärker und stärker. Wir freuen uns, daß wir vom nun abgelaufencu Jahr nicht durch Krieg und Kriegsnot heimgesucht worden, daß wir vom Schlimm­sten verschont geblieben, trotzdem es zeitweise mit unheimlicher Deutlichkeit auf dem Wege des Friedens auftauchtc, und deshalb sagen wir 1886, trotz der Stürme, die es gebracht, Lebewohl wie einem guten Freund, mit dem wir lange Zeit zusammen gekämpft und gearbeitet. Das Bittere, welches wir im Ver­lauf des Jahres erfahren, wird vergessen beim ver­söhnenden Abschluß; uns bleibt nur die Erinnerung an das empfangene Gute. So scheiden wir im Frie­den vom alten Jahre.

Das Jahr 1886 war reich an tragischen Er­eignissen, die mit elementarer Wucht die Völker tra­fen. In diesem Abschiedsgruß an das alte Jahr wollen wir nur zwei der bedenteudsten gedenken, die uns so recht eindringlich lehren, wie nichtig menschliches Glück und menschliche Größe! Die Er­innerung daran war zwar schon halbverwischt, aber setzt beim Rückblick auf das alte und beim Eintritt in das neue Jahr neigt mit voller Gewalt wieder die Pfingsttragödie vor unserem geistigen Auge auf, gedenken wir wiederum des erschütternden Todes des unglücklichen Ludwigs II., Königs von Bayern; sie wirkt jetzt besonders tief. Wer will klagen über wechselndes Geschick hier auf Erden, wo selbst die Großen' der Erde von solchen Schlägen betroffen werden?' Und wenige Monate nur nach dem Tode des Beherrschers des Bayernlandes traf die Kata­strophe einen anderen Fürsten, der seinen Namen vor ganz Europa geehrt und berühmt zu machen gewußt, den Fürsten Alexander von Bulgarien. Schwere, schwere Leidenstage, wie der gewöhnliche Mensch sie nur selten erlebt, brachen über den tapfe­ren Fürsten herein, die mit solcher Stärke von ihm wohl niemals geahnt waren. Lange, lange Zeit ist ganz Europa durch diese beiden Ereignisse in tiefster Erregung gehalten, und namentlich das deutsche Reich hat an dem Geschick dxr beiden Fürsten die innigste

Wiederholt auch gellte durch die Lande, und so entstanden, so schwer folgte Vertrauen auf die An­dauer des Friedens entspring:.

Ungelöst ist die Frage einer langen Fortdauer des Frieden's, wenn Kaiser Wilhelm's ehrwürdige Heldengestalt uns auch dies köstlichste Gut für die gegenwärtige Zeitperiode sichert, ungelöst ist auch so

manche Frage noch in der Entwicklung unseres deut­schen Vaterlandes. Unter lebhaften parlamentarischen Kämpfen traten wir in das Jahr 1886 ein, unter gleichem Zeichen scheiden wir aus ihm. Die Lösung der Steuerreform und die Einführung des Brannt­weinmonopols war es, welche beim Eintritt in das Jahr die Tagesdiskussion beherrschte, die Reichsmili­tärvorlage steht an der Spitze der Erörterungen beim Scheiden aus dem Jahr. Und um diese beiden wich­tigsten Gesetze schlangen sich manche kleinere, aber immer noch hochbedeutsame Gesetzesfragen, über die der Streit hin- und herwogte. Wie der äußere, so schien auch der innere Friede dann und wann be­droht, die Gefahr eines Konfliktes in naher Aussicht. Immer wieder aber ging der Sturm vorüber, es zeigte sich, daß das deutsche Reichshaus viel zu fest gefügt ist, als daß einzelne Stürme es erschüttern könnten. Vieles bleibt, wie gesagt, in seiner Lösung der Zukunft Vorbehalten; mag uns das neue Jahr diesem Ziele einen weiteren, befriedigenden Schritt entgegcnführcn. Das alte Jahr brachte uns als be­sonders freudiges Ereignis das 25jährige Regierungs- Jubiläum Kaiser Wilhelm's als preußischer König. Das war ein Festtag, und nicht allein für Preußen. Das neue Jahr bringt den 90. Geburtstag unseres i Heldenkaisers. Zum 22. März wird, das sind wir sicher, unser Volk erst recht und aus vollem Herzen stagen:Ehre, dem Ehre gebührt!"

^ Manchen Kampf gab es auch im wirtschaftlichen ! Leben, jeder friedliche Bürger hatte seinen Strauß ;u bestehen. Noch immer nicht ist die Geschäftslage i nieder eine derartige geworden, daß sie der ehrlichen l Arbeit einen solchen Erfolg gewährt, wie sie wirklich ihn verdient. Hier und da heißt es Wohl, daß es c:was besser geworden, andererseits wird aber immer noch geklagt, daß die Besserung so ungemein langsam ftrtschreite. Eine genaue Uebersicht über das Wirt- ! schaftsleben des abgelaufenen Jahres kann erst in kommenden Monaten sich ergeben. Aber was sicher ist, das ist, daß die große Mehrheit der deutschen

tieftraurige Zeit, eine Zeit, in welcher allein der De­gen den Völkern Gesetze vorschrieb. Kaiser Wilhelm's Jugend fällt in das gewaltige Ringen zwischen Europa und Napoleon, in die blutigste Kriegsperiode unseres Jahrhunderts und es ist anzunehmen, daß das schon auf den Knaben einen tiefen Eindruck gemacht hat. Der junge Prinz, der unter Waffenklirren emporwuchs, erwählte sich als seinen Spezialberuf den Soldaten­stand; er war nicht Soldat und Offizier nur dem Namen nach, sondern von vornherein der That nach. Daß in ihm echtes Soldatenblut stecke, hat, wie be­kannt, Prinz Wilhelm sehr frühzeitig durch seinen Or­donnanzritt bei Bar-sur-Aube bewiesen.

Was der junge Prinz versprochen, hat der Mann gehalten. Während der Regierung seines Va­ters noch errang sich Prinz Wilhelm durch seine scharfe und klare Auffassung, durch seine hervorragen­den Kenntnisse ein besonderes Ansehen, das mit den Jahren fortwährend stieg. Als zweitgeborener Sohn hatte der Prinz zunächst keine Aussicht auf den Thron, er meinte dem Vaterlande am besten durch Hebung der Armee und des Soldatenstandes zu die­nen. Mit solchem Eifer widmete er sich seiner Auf­gabe, daß ihm in jener Zeit der Beiname des Sol­datenprinzen erwuchs, den er lange behalten hat, und der ihm zur höchsten Ehre gereichte. Als Prinz Wilhelm nach der Thronbesteigung seines Bruders Friedrich Wilhelm IV. Thronfolger wurde und da­mit den allgemeinen Staatsgeschäften näher trat, blieb er doch noch derselbe eifrige Soldat, der er früher gewesen und bis auf diesen Tag auch geblie­ben ist. Kaiser Wilhelm's Grundsatz ist es von je­her gewesen, die Werke des Friedens nach Kräften zu Pflegen, aber um den Frieden zu erhalten, dazu bedurfte es eines starken Heeres und entsprechender Organisation. Dieses Heer und diese Organisation zu schaffen, das war das Ziel, welches Kaiser Wil­helm als Prinz von Preußen faßte und welches er auszuführen begann, nachdem er für seinen Bruder die Regierung übernommen. Was erreicht worden

Geschäftswelt und Industrie unerschrocken und tapfer ! ist, ist bekannt, und es ist überflüssig, darauf näher im wirtschaftlichen Streite dasteht, und nicht zurück-; einzugehen.

weicht, vielmehr sich bemüht, neuen Boden zu ge-! Kaiser Wilhelm kann mit vollem Recht als Winnen. Und einer Industrie, die sich selbst nicht! der Schöpfer der modernen Armee bezeichnet werden, aufgiebt, blüht auch sicher wieder eine erfreuliche! Er reformierte zunächst die preußische Armee, und

Zukunft. Wenn aber diese gekommen, wird auch jener Klassenstreit verschwinden, der jetzt so hohe Wellen schlägt; man wird erkennen, daß der Kopf nichts ohne den Arm, der Arm aber erst recht nichts ohne den Kopf vermag. Vieles können wir so vom Neuen Jahre erwünschen; ob diese Wünsche erfüllt werden, ist fraglich, aber wir haben doch die Kraft, selbst auf ihre Erfüllung mit hinzuarbeiten. Mag uns in 1887 nicht fehlen deshalb vor Allem die Arbeitskraft und die freudige Schaffenslust.

Teilnahme genonu n. drohendes Kriegsgen: leicht die Beunruhigm. wieder die Ruhe, welche

Das achtzigjährige Militärjnbiläum

Kaiser Wilhelms wird am heutigen 1. Januar ge- ! feiert werden. Die Feier ist ebenso selten, als der ! Mann, der sie begeht. Als Friedrich Wilhelm III.

! seinem Zweitältesten Sohn im entlegenen Osten Preu- ! ßens die Lieutenants-Epauletten übergab, stand es ! schlimm um Preußen und um ganz Deutschland.

! Das heilige römische Reich deutscher Nation war I durch die Hand des Corsen zertrümmert worden;

^ Oesterreich war wiederholt von ihm besiegt. Preußen ! soeben schwer gedemütigt, die deutschen Mittel- und

es ist wahr, ausgezeichnete Helfer standen ihm bei dem schweren Werke zur Seite. Nicht minder zutref­fend ist es aber auch, daß der Kaiser selbst den An­trieb zu Allem gab, überall thätig mitwirkte, jede äußere Kleinigkeit im Militärwesen mit scharfem Auge beobachtete und verfolgte. Kaiser Wilhelm hat wirklich mitgearbeitet, nicht einfach seine Befehle ge­geben und die Ausführung angeordnet. Die preußi­sche Armee entfaltctete sich nach dem großen Kriege zur Deutschen Reichs-Armee, und heute beseelt jeden einzelnen Soldaten die treue Anhänglichkeit zu Kai­ser und Reich. Die Organisation des deutschen Hee­res ist aber n allen modernen Staaten mehr oder minder ge* lopiert worden, alle Mächte achten in militärist :ziehung auf Deutschland und verfol­gen unse. tschritte mit eifrigstem Interesse. Des­halb konn ,ir auch durchaus richtig sagen, daß

Kaiser Wik.. der Urheber der modernen Armeereform

ist. Was l Kaiser geschaffen, hat auf der ganzen ^ Erde Aner ung gefunden, und auf unsere Armee sind wir besonders stolz. Der neunzigste Ge­burtstag d Kaisers, den wir in drei Monaten be- Anlaß geben, dem greisen Herrscher

! Kleinstaaten vereinigten sich unter Napoleons Pro- gehen, Nu ^

j tektorat zum Rheinbund, und Verwandte des Jmpe- l laute Ovationen zu bereiten, ihm zu danken für Alles, ! rators wurden zu deutschen Fürsten. Es war tzine! was er in Krieg und Frieden für Deutschland ge-

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