Amts- und Intelligenz-Blatt für den Odersntts-Bezirk Nagold.
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Samstag den 20. Dezember.
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1884.
Aßomremenis-Ginl'adung
auf den
Mit dem 1. Januar 1885 tritt wieder ein neues Abonnement ein und ist hiebei vierteljährliche und halbjährliche Bestellung zulässig. Die bisherigen Abonnenten ersuchen wir um baldige Erneuerung der Bestellung, indem hievon der ununterbrochene Empfang des Blattes abhängig ist.
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Die freundliche Aufnahme, die unser Blatt in immer weiteren Kreisen auch außerhalb des Bezirks findet, ermuntert uns, die Rcdaktionsweise in bisheriger Form weiterzuführen, nur werden bei den Fortsetzungen der Erzählungen größere als 8tägige Pausen womöglich zu vermeiden gesucht werden, wozu in letzterer Zeit der unerwartete Zugang von Inseraten Veranlassung gegeben.
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WoLiZ-Wanökal'ender
gratis zukommen wird.
Redaktion ä- Erpeditiou. Amtliches.
Nagold.
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An die K. Standesämter.
Denselben gehen die erforderlichen Formularien zu den Geburts-, Ehe- und Sterbe-Registern für das Jahr 1885 zu mit der Weisung, die Empfangsbescheinigungen sofort einzusenden.
Zugleich wird unter Hinweisung auf den Erlaß k. Ministeriums des Jnneru vom 23. Oktober 1875, Ministerial-Amtsblatt Seite 302, darauf aufmerksam gemacht, daß die Standesbeamten über die erhaltenen Formularien Buch zu führen und alljährlich bei dem Abschluß der Standes- und Neben-Register ihren Vorrat zu liquidieren, zu stürzen und das Ergebnis in dem fortlaufenden Formularien-Buche zu beurkunden haben.
Den 18. Dezember 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Gestorben den 16. Dez. in Calw: Oberamtsrichter Aug. Pcrrenon.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Nebringen, 17. Dez. Gestern abend gegen 8 Uhr ist hier ein einstöckiges, altes, sogenanntes Bödenhäusle in Flammen aufgegangen. Das Hauchen wurde nur von einer 73jährigen Frau bewohnt, welche man nirgends mehr fand, so daß die Vermutung naheliegt, dieselbe habe in den Flammen ihren Tod gefunden.
Nebringen. OA. Herrenberg. Der Ausbau der hiesigen Kirche geht nun seiner Vollendung entgegen. Am 28. Mai fand die Grundsteinlegung statt, und Dank der umsichtigen Leitung des Werkmeisters Haug aus Herrenberg kann die Kirche in 4 Wochen eingeweiht werden. Die Maler und Dekorateure sind gegenwärtig damit beschäftigt, die letzte Hand an den inneren Schmuck deS Tempels zu le
gen. Die Aufstellung der Orgel erfolgt im Laufe der nächsten Woche. Dieselbe ist von der berühmten Firma E. F. Walcker u. Cie. in Ludwigsburg iertiggestcllt, kostet 4500 Mrk. hat 11 Register und soll nach dem Gutachten von fachmännischer Seite äußerst und solide kunstgerechte Arbeit aufweisen. Das ganze Gotteshaus bildet nach seiner nunmehrigen Fertigstellung eine Zierde für unseren Ort.
Stuttgart, 16. Dez. In ihrer gestrigen Abendsitzung setzte die Kammer der Abgeordneten die Beratung über das Gesetz betr. die Gemcindc-Ängchörigkeit fort. Eine Reihe von Artikeln, welche die Regelung der Bürgerrechts-Verhältnisse im Auge haben, wurde ohne Debatte nach den Kommissionsanträgcn angenommen. Der zweite Abschnitt des Gesetzes normiert die Gemeindedicnste, welche sämtlichen Gemeinde-Einwohnern als gemeinsame Pflicht auferlcgt werden. Mobl stellte den Antrag, die sämtlichen darauf Bezug badenden Artikel (44—51) zu streichen, indem er die Frohnpflicht als eine Einrichtung darstellte , welche sich mit unserem modernen Recht nicht mehr vereinige. Den gleichen Standpunkt vertrat v. Bitzer, der auch die Gemeindedienstc abschaffcn wollte bis auf Fälle außerordentlichen Bedürfnisses behufs der Ausführung von Schutz- maßregcln. Die Mehrheit des Hauses wie die Regierung teilte aber nicht die Ansicht der beiden Antragsteller und nahm die Verpflichtung zu Geincindediensten, als auf althergebrachten Rcchtszuständen beruhend, in das Gesetz auf. Auch einige Amendements von Mohl, welche die Befreiung von Frauenspersonen, Sanitätsbcamtcn u. s. w. von den Geincindediensten bezweckten, wurden abgelcbnt, dagegen die Zulässigkeit, von Gemcindedicnstcn sich durch eine Geldabfiudung befreien zu können, auf Antrag von Schnaidt anerkannt. Bei dem Art. 52, welcher die Verpflichtung aller im Gemcindcbczirk wohnenden, selbstständig auf eigene Rechnung lebenden Personen zur Zahlung der Wohnstcucr ausspricht, gab Minister v. Holder eine Darlegung über die Geineindesteuerverhältnisse im allgemeinen. Von anderer Seite wurde die Befreiung der sog, Personalisten von der Wohnstener als der Humanität entsprechend dargcstellt, was Mohl vcranlaßtc, die Voraussetzung zu beantragen, daß für den Fall der Befreiung von der Wohn- steuer auch das Wahlrecht zu ruhen habe, eine Ansicht, welcher sich Freiherr von Hermann anschloß, die aber weder am Ministertisch noch im hohen Hause weitere Unterstützung fand. Die von Mohl beantragte Voraussetzung wurde abgelchnt und eine solche von der Kommission beantragte angenommen, welche ausspricht, daß das Wahlrecht der von der Wohnstener befreiten Personen — cs wurde anerkannt, daß die Berechtigung der Gemeinden zu Erhebung der Wohnstcuer so wenig als seither eine Verpflichtung zur Erhebung enthalte — keineswegs alte- riert sei. — Die erste Kammer bat die Beratung über die neue Feuerlöschordnung heute beendet. Mit ihrem Beschluß, daß die Verpflichtung der Gemeinden, den Steiger- und Retter- abtcilungen Beiträge zur Anschaffung von Dienströcken zu geben, keine obligatorische sein soll, haben die Standesherren sich in Gegensatz mit dem Wunsche der Regierung und der Kammer der Abgeordneten gesetzt.
Stuttgart, 17. Dez. Gestern setzte die Kammer der Abgeordneten die Beratung des Gemeindeangehörigkeitsgesetzes fort. Bei Art. 54, wonach Personen, die wegen gewisser Vergehen bestraft worden, aus den Gemeinden ausgewiesen werden können, entspann sich eine längere Debatte. Nachdem Berichterstatter Bcutter ausgeführt, daß die Bürger einer Gemeinde nicht ausgewiesen werden können, nahm der Abg. Göz das Wort, um seinen Bedenken gegen die in diesem Artikel der Polizei eingeräumten Machtbefugnisse Ausdruck zu geben und auch die Befürchtung auszusprechcn, daß durch diesen Artikel eine Kollision von Reichs- und Landcsgesetzgcbung bcrvorge- rufcn werden könne. Reg.-Rat Schicker versuchte die von Vorredner geäußerten Bedenken zu zerstreuen, darauf hinweisend, daß Art. 54 kein neues Recht schaffe, daß in Sachsen und Preußen ähnliche Ausweisungsbestimmungcn bestehen, in Bayern sogar wesentlich schärfere. Kollisionen zwischen Landes- und Reichsgesetzgebung seien durch Art. 54 nicht zu befürchten. Spieß stellt den Antrag, das Wildern (das von der Kommission unter den Ausweisungsgründen gestrichen war) wieder in den Artikel auszunehmen. Er wurde von v. Schab unterstützt, während Maurer sich gegen diesen Antrag wandte. Nachdem noch v. Schab, Becher, Sachs das Wort ergriffen, widerlegte Minister v. Hölder die v. Göz ausgesprochenen Befürchtungen betreffend die Kollision der Reichsgesctze mit den Bestimmungen des Art. 54 und nahm für die Polizei diejenigen Vollmachten in Anspruch, welche sie zur Ausübung der ihr übertragenen Aufgaben bedürfe. Ein Antrag v. Göz, der dahin ging, daß diejenigen, welche innerhalb der letzten 5 Jahre mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bestraft worden sind, nicht au Sgewiesen werden dürfen, wurde mit S3 gegen 30 Stimmen
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abgelehnt, dagegen der Antrag Spieß angenommen, ebenso dl Kommissionsanträgc zu Art. 54. Die übrigen Artikel des Gesetzes und die Schlußbcstimmungcn werden sodann debatteloS genehmigt, ebenso Art. 1, welcher den Inhalt des Gcmcinde- bürgerrechts zusammcnsaßt. Bei Art. 55 wurde ein Amende- mend des Abg. v. Schab des Inhalts angenommen, daß die Beschwerde gegen die ausgesprochene Ausweisung aufschiebende Wirkung haben soll, wenn sie vom ausgewiesenen selbst erhoben wird. Damit war die Beratung des Gesetzentwurfs, der auf Antrag Sachs' „Gesetz betreffend das Gemeindebürgcrrecht" heißen soll, erledigt. Die Generaldebatte über die beiden Kirchenaesetzentwürse beginnt am Donnerstag.
Stuttgart, 17 Dez. Für die morgen beginnende Generaldebatte über die dem Landtag schon im August 1883 zugegangenen beiden Kirchengesetze sind drei Tage in Aussicht genommen. Zu dem Eintritt in die Spezialberatung, falls die Kammer diesen beschließen sollte, wird es also, da am Samstag die Weihnachtsfeiern beginnen, in diesem Jahre wohl nicht mehr kommen. — Der Kammerklub der deutschen Partei hat gestern durch seinen Vorsitzenden v. Wolfs dem Reichstagsabgeordneten Dr. v. Lenz telegraphisch seine Anerkennung für sein warmes und mannhaftes Eintreten für den Reichskanzler bei der Debatte über die zu Fall gebrachte Exigenz für einen Direktor im auswärtigen Amt ausdrücken lassen.
Stuttgart, 17. Dez Aus sicherer Quelle vernehmen wir, daß der einzige Sohn des -f württ. Gesandten von Spitzemberg in Berlin von der katholischen znr evangelischen Kirche übergetreten ist.
Stuttgart, 17. Dez. Gestern wurde der 35jährige Taglöhner Ehr. Ludw. Wenninger aus Ellhofen wegen fahrlässigen Falscheides zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Derselbe hatte, als Zeuge in einem Beleidigungsprozesfe beeidigt, seine Strafen auf Anfrage des Richters verschwiegen.
Stuttgart, 18. Dez. (Jubiläum.) Nachdem gestern vormittag schon die Jubilarin Frau Schmidt durch den Intendanten Geh. Hosrath Weither die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft im Namen des Königs empfangen hatte, fand nach der Festvorstellung am Abende noch ein Festakt auf der Bühne statt, bei welchem Weither eine Ansprache hielt und mit Ermächtigung des Königs der Jubilarin einen silbernen Lorbeerkranz übergab, der die Rollen derselben auf den Blättern enthält. Nachher übergab das Personal einen großen silbernen Blumenkorb mit Inschrift. In der Vorstellung wurde sie mit Blumen und Kränzen überschüttet.
Reutlingen, 11. Dezbr. (Beerdigung.) Heute Nachmittag um 3 Uhr fand die feierliche Vereidigung der durch den Brand in der Federnsee- struße umgekommenen 6 Personen statt. An dem Grabe sprach Herr Dekan Kalchreuter ergreifende Worte über den Text: „Ist auch ein Unglück in der Stadt, das der Herr nicht thue?" nicht ein Auge blieb trocken und tief ergriffen begaben sich die Anwesenden nach Hause.
Nach den neuesten Erhebungen über den Ausbruch des Brandes in Reutlingen ist Fahrlässigkeit oder Unvorsichtigkeit ausgeschlossen, vielmehr Brandstiftung sehr wahrscheinlich. Benz und seine ganze Familie scheinen nicht aus dem Wohnzimmer gekommen zu sein, in welchem sie durch Rauch den Erstickungstod fanden.
Schorndorf, 17. Dez. Die Verhandlungen des Reichstags, die auch in hiesigen Kreisen mit Interesse verfolgt werden, bieten für jeden Patrioten meist ein solch trauriges Bild, daß man sich über die kleinliche Nörgelei, die systematische berechnete Opposition, welche die so merkwürdig zusammengesetzte Mehrheit des Reichstages gegenüber der Reichsregie-