Amts- und Intelligenz-Blatt sSr den Oberamts-Bezirk Nagold.
^-§ 145 ,
Erscheint wöchentlich öinal: Dieostaz, Donnerstag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägcrlokm) 8<1 in dem Bezirk I -ät — außerhalb des Bezirks 1 20 MonatS-
abonncment nach Verhältnis.
Dienstag den 8. Dezember.
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1884 .
Amtliches.
Nagold.
An die Orlsvorsteher.
Dieselben haben binnen 3 Tage« hieher anzuzcigen, wer als Eigentümer (die Stiftung oder die politische Gemeinde) des in der Gemeinde befindlichen Begräbnisplatzes betrachtet wird und aus welcher Casse der Begräbnisplatz thatsächlich unterhalten wird.
Den 8. Dezember 1884. .
K. Oberamt. G ü ntne r.
Nagold.
An -io Ortsvorsteher.
Jugendliche Arbeiter betreffend.
Unter Bezugnahme aus ß. 120 der Vollzugs- Verfügung zur Gewerbe-Ordnung vom 9. November 1883, Reggsbl. Sn 234 ff., erhalten die Ortsvorsteher den Auftrag, eine Uebcrsicht der in ihrem Ge- meindebczirk vorhandenen Fabriken, in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt weidm nach dem vorgeschriebenen Formular (Beilage Nr. X in obiger Verfügung), beziehungsweise Fehl-Anzeige spätestens bis 20. dieses Monats hieher einznsenden.
Den 6. Dezember 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Nagold.
Rekrutierung von 1883.
Zur Vorbereitung des Militär-Aushebungs- Geschäfts der Altersklasse 1865 erhalten
1) die k. Pfarrämter die Formularien für die Geburtslisten, um dieselben nach Z. 45 Ziff. 7 a. der Ersatz-Ordnung ausgefüllt den Ortsbehörden bis 18. Januar 1885 zu übergeben.
In die Geburtslisten sind auch Militär- Pflichtige israelitischer Religion aufzunehmen, beziehungsweise Fehl-Anzeige anzuschließen.
Etwa erforderliche Geburtsschein-Formulare können hier bezogen werden.
2) Die Drtbehörben die Formulare für die Militärstammrollcn nebst einem Plakat über die Anmeldepflicht und sind bei Anlegung derselben die Vorschriften des oben bemerkten Z. 45 genau zu beachten, sowie in Betreff des urkundlichen Abschlusses und des Eintrags etwaiger Vorstrafen in die Rubrik „Bemerkungen" die in Rüdingers Handbuch Seite 387 und 388 vorgedruckten Verfügungen.
Den 6. Dezember 1884.
K. Oberamt. Güntner.
Die zweite Dienstprüfung hat u. a. mit Erfolg bestanden: Rammele, Schulamtsverwescr in Obcrthalheim.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 4. Dez. Der „Magdeb. Ztg." schreibt man von hier: „Das Gerücht von der Verlobung des Prinzen Wilhelm mit der Prinzessin Hilda in Nassau ist offiziell nicht bestätigt worden und wieder ganz eingeschlafen. Wie man hört, ist dasselbe gleichwohl begründet, nur wird für die Veröffentlichung ein passender Zeitpunkt abgewartet. Man glaubt, daß die Veröffentlichung nun nicht lange mehr auf sich warten läßt."
Stuttgart, 6. Dez. Die zweite Kammer nahm die Commissionsanträge in der Postsparkassenfrage mit 82 gegen 5 Stimmen an. Minister v. Mittnacht erklärte, die Regierung sei der Ansicht,,das; Württemberg verfassungsmäßig nicht verpflichtet sei, die Landespost zum Betrieb der Sparkasse herzu-
gcben. Angesichts der Nützlichkeit, sowie der höheren Bedeutung der Reichsvorlagc in sozialpolitischer Hinsicht und der Vorteile der Reichsanstalt werde die Regierung aber zustimmen, wenn das Neservatrccht im Reichsgcsetzc gewahrt und die Unterstellung der Beamten unter wiirltembcrgische Verwaltung anerkannt werden. Selbstverständlich sei die Voraussetzung, daß der Weg einer selbstständigen Verständigung zwischen der Rcichspost und württembergischen Post cinschlagcn werde. Materiell erwähnte v. Mittnacht noch einiger beim Bundcsrat gestellter Anträge Württembergs, namentlich bezüglich der Reparation der Verwaltung des Sparfonds, endlich auch des freien Zustimmungsrcchts Württembergs bei allen ferneren Stadien d^s Reichsgeietzcntwurfs.
Vom Landgericht Stuttgart wurde der 48jährigc Kutscher I. K. Schmied von da wegen fahrlässiger Tötung zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt. Derselbe hatte seinen noch nicht 3jährigen Knaben auf ein Pferd gesetzt, das einen Coaks- wagen zog: als er Vinter den Wagen ging, um zu sperren, fiel das Kind vom Pferde und wurde vom Vordcrrade des Wageos erfaßt und totgedrückt. Man nahm auf den Schmerz des Vaters Rücksicht.
(Schwurgericht Tübingen.) Auszug aus der Liste der Geschworenen sür die Sitzungen des IV. Quartals 1884: C. Böß, Metzger und Geincindcrat in Oberjettingen, K. Botzcn- hardt stui., Rotgerber in Calw, W. Fcderhaff, Apotheker und Gem.-Rat in Calw, E. Hepp, Oberförster in Hirsau, CH. Krauß, Ockonom in Altnuifra, A. Lutz, Kunstmüllcr in Calmbach, C. Minsk, Revicrförster in Entringen, M. Proß, Bauer und Gm.-Nat in Sulz, C. G. Nanser, Ziegeleibcsitzer in Nagold, M. Secgcr, Bauer und Gm.-Rat in Nenwcilcr, B. Weber, Gemcindepflcger in Wart.
Eßlingen, 3. Dez. Bei der Bnrgcrausschußwahl siegte die gleiche Namen tragende Liste der Sozialdemokraten und Demokraten mit ca. 100 Stimmen Mehrheit.
Pforzheim, 1. Dez. Der Wahlkampf um die hiesige Oberbürgermeisterstelle wurde heute zum Austrag gebracht. Gewählt wurde Bürgermeister Kraatz in Rendsburg mit 102 Stimmen.
Köln, 5. Dez. Der Oberbürgemeister teilte den Stadtverordneten in der gestrigen Sitzung mit, daß die Stadt den Prozeß wegen der Rückgabe der in dem letzten Kriege zuviel erhaltenen Servisgelder bei dem Reichsgericht verloren habe. Köln muß ungefähr eine Viertel-Million an den Staat zurückzahlen.
Unter den dem Reichstage zugegangenen Petitionen befindet sich auch diesmal eine des Freiherrn v. Loö um Erhöhung des Zolls auf Obst und Gemüse.
Berlin, 4. Dez Der Reichstag beginnt die Etatsbc- ratnng. Abg. Herbert Bismarck tritt in Gegenwart des Reichskanzlers für Gehaltsaufbesserung der Beamten der Reichskanzlei ein, die Richter streichen und Huene kommissarischer Beratung unterziehen will. Der Reichskanzler, der zweimal warm die Position empfickstt, weist auf die Ucberarbeitnng dieser Beamten hin. Die Position geht an die Kommission. Bei dem Militäretat beantragt Richter Herabsetzung der den höheren Offizieren zustehcnden Pferdcrationen, daraus hinweisend, das; dieselben nicht so viel Pferde halten, wie sie Rationen beziehen. Nach langen Debatten, woran der Kricgsminister, Richter und Koller teilnehmcn, geht die Position an die Bud- getkommijsion, worauf Vertagung eintritt.
Die Bundesratsausschüsse haben ihren Bericht über das Postsparkassengesetz erstattet. Von den 48 Paragraphen, welche der Entwurf umfaßt, sind zu 21 Abänderungen von den Ausschüssen beantragt worden. Zu § 1, welcher lautet: „Das Reich übernimmt die Annahme, Verzinsung und Rückzahlung von Spareinlagen, unter Vermittelung der Postverwaltung", kündigte der sächsische Bevollmächtigte für das Plenum den Antrag an, 8 1 abzulehnen , dagegen einen Gesetzentwurf vorzuschlagen zur Regelung einer Mitwirkung der Reichspostanstal- leu bei Annahme und Auszahlung wie Uebertragung von Spareinlagen für die Landes- und Kommunal- sparkassen; unter letzteren sollen sämtliche öffentliche unter Staatsaufsicht stehende Landes-, Provinzial-, Kreis- und Gemeindesparkossen begriffen sein. Bayern beantragte als Schlußbestimmung, daß das Gesetz auf Bayern keine Anwendung finde, ebenso der würt-
tembergische Bevollmächtigte für Württemberg. Die Beschlußfassung sür beide Anträge wurde dem Plenum überlassen. Ferner behielt sich Württemberg folgenden Antrag für das Plenum vor: „Auf Württemberg findet das Gesetz mit der Maßgabe Anwendung, daß für den inneren Verkehr des Königreichs die reglementarischen und Tarifbestimmungen von der zuständigen Behörde dieses Staates erlassen werden. Die der württ. Postverwaltung für die Wahrnehmung des Sparkassendieustes zu gewährende Vergütung wird im Wege der Verständigung festgesetzt."
Fürst Bismarck soll, wie Berliner Blätter berichten, den Diätenbeschluß des Reichstages mit dem Anträge auf Berschärfung des Art. 31 der Verfassung beantworten wollen, welcher Antrag ein Verbot der Annahme irgendwelcher Entschädigung für die Uebernahme des Mandats betrifft.
Die Reichstags-Kommission für die Dampfervorlage hat sich bereits konstituiert, von den Freisinnigen, die zum Teil für die Vorlage stimmen dürften, sind vier Gegner derselben in die Kommission gewählt. In Reichstagskreisen werden neuerdings Wetten darauf angeboten, daß zwischen heute und Weihnachten die Vorlage Gesetz sein werde. Herr Windthorst, meint man, habe sich an der Debatte nicht engagieren wollen, da ein Teil des Zentrums Neigung habe, sür das Gesetz einzutreten.
Im Reichstage wurde in erster Lesung über P o std amp ferverbindun g mit überseeischen Ländern verhandelt. Es war nur ein Vvrpostengefecht, die Hauptschlacht wird in einer 21köpfigen Commission geliefert. Die Vorlage ist, wie in der Opposition anerkannt wurde, bedeutend verbessert. Es sprachen Stephan, Stiller, Caprivi, Grad, Woermann, Bamberger, Richter und Bismarck. Die Stimmung hat sich zwar gebessert, aber die Opposition stößt sich am Defizit.
Retten wir rasch noch einige mehr oder weniger geflügelte Worte aus dem Reichstage, namentlich da sie schwerlich in Büchmanns berühmtes Werk kommen. Rickert: Der Reichstag wird schwerlich eines natürlichen Todes sterben. Das Urteil des Kanzlers über den Reichstag entbehrt der gebotenen Rücksicht auf die Volksvertretung. Der Kanzler kann keinen Widerspruch vertragen. Bismarck: Wenn ich keinen Widerspruch vertragen könnte, wäre ich längst todt. Und wenn ich mich in meiner Laufbahn jedem Mehrheitsbeschlüsse der Reichstage und Kammern (1862—1866) hätte fügen wollen, wohin wären wir gekommen? Eine Monarchie ist nur diejenige, in welcher der Monarch das Veto hat und auch das Parlament. Sie hört auf diesen Namen zu verdienen, wenn der Monarch durch die Mehrheit des Parlaments gezwungen werden kann, seine Minister zu entlassen. Was die Diäten betrifft, so halte ich die Diätenlösigkeit solidarisch verbunden mit dem allgemeinen directen Wahlrecht. Es gibt Eon- zessioncn, gegen welche die Regierungen Diäten zugestehen werden. Bis jetzt hat es auch ohne Diäten nicht an Bewerbern für den Reichstag gefehlt, es war eher ein übermäßiger Antrang. Köller (Eons.) zu Rickert (D. Fr.). Ihre Course bei den Wahlen sind um 40 Proz. gefallen, ich warne Jedermann, Ihre Papiere zu kaufen. Richter (zu Köller): Ihre Papiere haben Zwangscours. Köller: Ihre Politik ist überlebt und gehört in die Rumpelkammer. Richter: Wir haben im Etat einen Zusammenbruch des jetzigen Finanzsystems. Bebel: Nein, nicht des Finanzsystems, sondern des ganzen Staats- und Wirtschaftssystems. Der Sozialdemokrat Bebel z.B,