U
Katholiken ihrerseits entfernen sich von Ihnen und nehmen die Erinnerung eines äußersten Undanks mit. Wir lassen Sie auf Ihrer Sandbank sitzen. Wir sind Ihre treuen Unterthanen gewesen, aber jetzt wollen wir nicht mehr die Düpierten sein. Die Katholiken stürzen die Könige nicht, aber bisweilen lassen sie sie fallen, das genügt. Wenn der Radikalismus morgen seine Fahne aufrichtet und Ihr Scepter zerbricht, werden wir die Achseln zucken und ruhig zu- sehen, wie die Monarchie hinstürzt, denn wir haben genug daran." — Man könnte solche Ergüsse kindisch nennen, wenn es nicht so sehr bedauerlich wäre zu sehen, wie in einem Lande, das als ein Musterstaat des Konstitutionalismus gilt, jedesmal die in die Minorität geratene Partei sich nicht allein in den Schmollwinkel stellt, sondern gleich mit Aufkündigung der Unterthanentreue vorzugehen sich erdreistet. Frankreich.
Die Wolken, die sich über dem Haupte des franz. Minister p rä sid e n t en zusammenziehen, werden immer dunkler und nicht nur die radikale Presse, sondern die gemäßigt republikanische ist es, welche ihn in gefährlicher Weise bekriegt. Auch der Ausbruch der Cholera in Paris wird seine Sorgen noch vermehren. Wie gegen ihn. so wächst die Abneigung auch gegen den Präsidenten der Republik, Grevy, dem man mit Recht seine ganz unvernünftige Milde gegen todeswürdige Verbrecher ins Wachs druckt in der Weise, daß mau ihn Io boir Oiou äos Assassins, den guten Gott der Mörder nennt. Die gemäßigte Presse protestirt entschieden gegen die unverantwortliche Begnadigung von Mördern, die oft eine ganze Reihe von Mordthaten auf dem Gewissen haben.
In Paris treten die Anarchisten mit jedem Tag kecker auf. Bereits verbreiten sie in den Kasernen mordbrennerische Aufrufe. Einer derselben lautet: „Soldaten, da ihr die Geknechteten seid, so müßt ihr die ersten sein, welche sich erheben! ahmt das Beispiel der Soldaten Spaniens nach, zumal da ihr den Vorteil besitzt, auf die Unterstützung der Massen des Volkes rechnen zu können.
Paris, 5. Nov. Laut einer Mitteilung des „National" nahm China die Mediation an, da Frankreich auf eine Entschädigung verzichtet.
Paris, 6. Nov. Die Bewegung zu Gunsten landwirtschaftlicher Schutzzölle, besonders die Getreide- und Viehzölle, treten immer mehr in den Vordergrund. Man kann von republikanischen und entschieden sreihändlerischen Deputierten die Aeußerung hören, daß sie gezwungen sein würden, für jene höheren Zölle zu stimmen, wenn anders sie nicht ihre Wiederwahl kompromittieren wollen.
Paris, 6. Nov. Ueberraschend kommt die Nachricht, daß die Cholera nunmehr auch in Paris ihren Einzug gehalten hat. Hoffen wir, daß das Erscheinen des gefürchteten Gastes ein ganz vorübergehendes sei! Ein stärkeres Umsichgreifen der Krankheit in einer Stadt von 2 300 000 Einw. wäre ein Unglück, das man sich nicht schlimm genug vorstellen kann. Durch die dann mit Sicherheit eintretende Emigration vieler Tauseude wäre auch die Gefahr der Verschleppung ins hundertfache gesteigert. Es sind übrigens in Paris schon seit längerer Zeit alle Vorbereitungen für den schlimmen Fall getroffen, daß die Cholera sich dort zeigen würde.
Paris, 7. Nov. Die Gesammtzahl der hier in den letzten drei Tagen au der Cholera Erkrankten beträgt 21, von welchen 13 starben.
Italien.
Die deutschen Künstler in Rom haben sich eine Kegelbahn, die erste in Italien, gebaut und fröhlich eingcweiht. Die erste Kugel schob Kendel, der deutsche Botschafter.
England.
London, 7. Nov. Telegramme aus New- Jork lassen befürchten, daß der Versuch gemacht werden wird, den Sieg Clevelauds durch betrügerische Stimmenzählung zu annullieren.
London, 7. Nov. Die Schwierigkeiten des Nilfeldzuges wachsen, die Fortschritte sind daher sehr langsam und die Arbeit ungeheuer. Es ist mit kurzen Worten gesagt der schwierigste Feldzug, den Wolseley je unternommen hat. Die Boote rücken nur mit Hilfe des Nordwindes, welcher im Januar aufhört, vor. Die Zeit zur Fahrt bis Berber ist also knapp gemessen. Selbst die canadischen Bootsleute halten die Unfälle in den Tropen für unvermeidlich.
Amerika.
Newyork, 7. November. Nach neurem Berichte hat Gouverneur Cleveland im Staate Nerv- Jork eine Mehrheit von 1200 Stimmen, wodurch seine Wahl zum Präsidenten gesichert ist.
Handel L Uerkehr.
Herrcnberg, 6. Nov. Die Ablieferung der Zuckerrüben auf dem hiesigen Bahnhöfe für die Zuckerfabrik Böblingen ist gestern beendigt worden. Das per Bahn zur Verladung gekommene Quantum beiträgt ca. 35 000 Ztr. Von der Fabrik wurde pr. Ztr. 90 -I bezahlt; cs ergibt sich somit für die allein auf hiesiger Station abgclieferten Rüben für die Produzenten die Einnahme von rund 31500 Nächst dem Hopsen ist die Zuckerrübe in unserm Bezirk ein ganz bedeutendes Handelsgewächs.
(Konkurseröffnungen.) Karl Albert Vehhl in Stuttgart, früherer Gastgeber zum Falken, Christophsstraße 24.
Aothkäppchen.
Erzählung von C. Wald heim.
I.
Im Walde.
Ein paar Kiefern, etwas Haidekraut und ein wenig Sonnenschein darüber — und welche Landschaft das gibt!
Auch die ärmste Gegend hat ihre Reize! Wie lieblich erschien dies Stückchen Haide im Abendsonnenstrahl! Die abgemäheten Getreidefelder mit den kurzen Stoppeln waren von rötlichem Schimmer übergossen, während der Wald schon dunkel und schweigend dastand. Nur einzelne Baumgruppen hoben sich magisch beleuchtet ab, während die andern in silbergraue Nebel gehüllt, nur undeutlich ihre Umrisse erkennen ließen. Es lag ein eigentümlicher Zauber schon in dieser verschiedenen Beleuchtung.
Am Rande des Waldes stand ein junger Mann in der grünen Kleidung der Forstgehilfen. Auf den Lauf seiner Flinte gestützt, verharrte er unbeweglich, die Augen auf die vor ihm liegende Landschaft gerichtet. Es leuchtete eine tiefe Innigkeit in seinem Blick, und doch zeigte sein Antlitz nicht die mindeste Spur von Leidenschaft; die Ruhe des Denkens lagerte auf der Stirn und um den festgeschloffenen ernsten Mund — es war ein Antlitz gleich dem glatten Spiegel der See, noch nicht durchfurcht vom Sturm der Leidenschaften, nicht erregt vom Drange wilder Begierden.
Die Sonne grüßte abschiednehmend mit einem glühenden Strahl, der verklärend über Wald und Felder zuckte, daun war sie verschwunden.
Der junge Mann warf seine Flinte über die Schulter und ging mit rüstigen Schritten waldeinwärts. Nach etwa einer Stunde erreichte er eine kleine Lichtung, in deren Mitte ein weißes Häuschen mit grün bemoostem Dache stand, um dessen geöffnete Fenster rotblätterige Weinranken zitterten.
„Da ist der Fritz!" erklang eine silberhelle Stimme im Innern des Hauses. Und gleich darauf trat ein junges, kam 16jähriges Mädchen auf die Schwelle.
Das war das Rothkäppchen.
Flink wie ein Vogel, anmutig wie ein Reh, sprang sie ihm entgegen unb hieng sich mit kindlichem
Geplauder an seinen Arm. Es war etwas Träumerisches und doch unbeschreiblich Frisches in dieser Tochter des Waldes. Kein Sonnenstrahl schien durch die dichten Kieferwipfel den Weg gefunden zu haben, um ihren blendenden Teint zu bräunen. Wie zwei dunkle Perlen blickten die großen Augen aus dem zarten Ge- sichtchen verwundert und schüchtern hervor, und zwei braunlockige halbgeöffnete Zöpfe sielen über den weißen Hals und Nacken herab.
„Siehst Du, ich bin doch noch fertig geworden mit dem Abendbrot und mit Allem." erzählte sie vergnügt, „und Vater neckte mich schon immer, es würde zu spät vollendet sein, weil ich vorhin so lange Kirschen pflückte. Ach so, das wollte ich Dir ja auch nicht erzählen, Du solltest recht üben nicht sein, wenn Du die Kirschsuppe auf dem Tische findest, die Du so gern ißst. Aber vor Dir kann ich doch nichts geheim halten, Du böser Mensch."
Ueber die Schwelle des Hanfes trat jetzt ein ältlicher Mann mit gutmütigem roten Gesicht, dessen dunkelblondes Haar schon stark mit Grau vermischt war. Das war der pensionierte Hegemeister Söbel, der Vater des jungen Mädchens, der hier inmitten seines vielgeliebten Waldes die Ruhe des Alters genoß und seine Pension verzehrte. Der junge Mann war Forstgehilfe und wohnte seit einigen Jahren bei ihm, und seit einem halben Jahre war des Alten liebliche Tochter seine Braut.
„Nun Rothkäppchen. Wieder einmal recht nach Wunsch gegangen," neckte der alte Förster seine Tochter, indem er ihr lachend auf die Schulter klopfte. „Mit der werden Sie zur Zeit ihre Not haben, Herbert, die flattert durch das Haus wie ein Wirbelwind, wenn sie merkt, daß sie zu spät fertig werden wird."
Herbert antwortete, indem er das kleine Händchen seiner Braut innig drückte, wodurch er andeuten wollte, daß er vor angedrohter Zukunft sich nicht eben sehr fürchte. „Es wird schon gehen, nicht wahr, Liane?" sagte er, ihr mit einer Zärtlichkeit, die man dem ernsten Manne gar nicht zugetraut hatte, in die lachenden Augen blickend, „seien Sie unbesorgt, Papachen, wir werden schon mit einander fertig werden."
In der heitersten Stimmung setzten die Drei sich nieder, um ihr einfaches Mahl zu verzehren und Lianen's Kochkunst dabei die erwartete Anerkennung zu spenden.
II.
Bei der Mühle.
Am Nachmittage des folgenden Tages durchschritt der alte Förster Söbel an der Seite des jungen Forstgehilfen Herbert den Wald. Der junge Mann war auf dem täglichen Streifgange durch sein Revier begriffen, und der Alte hatte sich ihm angeschloffen, um bei dem Besitzer einer Schneidemühle Holz zu kaufen.
Inmitten einer weiten Lichtung lag das Mühlengut. Es nahm sich stattlich aus mit seinen üppigen Wiesen, auf denen wohlgenährte Rinder weideten, mit den vielen Wirtschaftsgebäuden und dem weißen, mit Pappe gedeckten Wohnhause in der Mitte. Recht wie ein vornehmer Gutsherr auf die armen Bauern sah es herab auf die winzig kleinen, verwitterten, baufälligen Holzhütten rings umher, und eben so hoch stand auch sein Besitzer über den armen Bewohnern jener Häuserchen. Die Bauern munkelten von Hexerei und unsauberen Dingen, wenn der Müller alljährlich immer bessere Ernten erhielt, und hatte doch nur denselben Boden wie sie. Freilich wenn er ihnen von Drainage, Ackerverbesserung u. s. w. sprach, auf die er so große Summen verwandte, zuckten sie die Achseln und lachten ihn hinterher aus — sie hätten sich an seiner Stelle Alles noch viel besser einzurichten gewußt. (Forts, folgt)
Bcrnnlworrlich-r R-dallsur Steinwandel in Nagold. — Druck und
Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.
Pfrondorf, OA. Nagold.
SchiisWidt-Vttpachtiliig.
Amtliche und Irivat-ILekanntmachungen.
/M
nährt, wird
Die hiesige Schafwaide, 'welche im Vorsommer 90, im Nachsommer >130 Stück er-
am Samstag den 15 .
November d. I., nachmittags 1 Uhr,
auf hiesigem Rathaus auf weitere 3 Jahre verpachtet; auswärtige Pächter haben sich mit Prädikats- und Vermö- genszengnissen zu versehen. Liebhaber sind eingel aden. _Gemeinderat.
Nagold.
Ein jnngcr
Pferdeknecht
wird gesncht; von wem? sagt die
Redaktion.
E b e r s h a r d t.
Am Samstag den 15. November, nachm. 1 Uhr,
verkauft 10 LKück
Hhalbenglische
MiUchnikine
Johannes Rothfus, Bauer.
Geld- und Krikf-Korverte
bei G. W. Zaiscr.
W i l d b e r g.
Ein mit guten Zeugnissen versehener tüchtiger
Ackerbauer
findet sofort Stelle bei
G. Wid maier z. Mittelmühle.
- ^
Alte Sorte« Federn bei G. M. Zaifer.