Unter denselben Bedingungen wird sie die Ver­mittlung von Aalbrut übernehmen.

Gesuche mit Angabe der gewünschten Quantität sind längstens bis 1. Dezember d. I. andas Se­kretariat der Centralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" zu richten.

In den Gesuchen um Forelleneier ist auch noch anzugcben, welchen Brutapparat der Besteller besitzt.

Sollte es der Centralstelle nicht gelingen, die ganze bestellte Gesamtquantität beschaffen zn können, so behält sie sich vor, eine verhältnismäßige Ermäßi­gung der Einzelbestellungen eintreten zu lassen.

Stuttgart, den 14. Oktober 1884.

Werner.

Mer ist liberal?

Diese Frage beantwortet Or. Carl Biedermann in Leipzig, der im 1848er Parlament und in vielen Landtagen gesessen hat und durch eine lange öffent­liche Thätigkeit seinen Liberalismus bewiesen hat, wie folgt:

Etwa bis zum Jahre 1848 gab es in unserem politischen Leben nur den einen Gegensatz: liberal oder konservativ. Schon damals indeß bestand ein Unterschied zwischengemäßigten Liberalen" undent­schiedenen Liberalen" oderRadikalen". Diese Ra­dikalen nannten früher schon, gerade wie jetzt, die Gemäßigten" Abtrünnige oder Volksverräter; denn sie lassen nur ihren Liberalismus gelten. Mit dem Jahre 1848 (zum Teil auch schon früher) trat ein ganz neues Ziel politischer Bestrebungen in den Vor­dergrund, der nationale. Es gab nun im liberalen Lager zwei Parteien, die eine, welche diesem natio­nalen Gesichtspunkte äußersten Falls (wenn es nicht anders ging) den liberalen unterordnete, und eine andere, welche selbst von einem einigen Deutschland nichts wissen wollte, wenn dasselbe nicht genau nach ihrer Schablone zugeschnitten wäre. Damals wur­den wir, die wir einen monarchisch-konstitutionellen Bundesstaat (ganz ähnlich dem jetzigen Reiche) an­strebten, alsReaktionäre" dem Volke denunziert 1866, bei der Beratung der Verfassung des nord­deutschen Bundes, stimmte die Fortschrittspartei gegen diese und verlangte statt ihrer die Wiederherstellung eben jener, seinerzeit alsreaktionär" verschrieenen Reichsverfassung von 1849!" Schon aus diesen wenigen geschichtlichen Andeutungen ergiebt sich, wie vieldeutig und schwankend der Begriff desLibera­lismus" ist, wie wenig berechtigt der Anspruch einer einzelnen Partei, sich als die alleinige Vertreterin und Hüterin desselben darzustellen und Alle alsilli­beral" zu verletzen, die nicht genau ihre Wege gehen. Ganz zu schweigen, daß derFortschritt" nicht selten um taktischer Vorteile willen, z. B. um Stimmen vom Zentrum zu gewinnen, sehr wichtige, sonst von ihm eifrigst verfochteneliberale" Grundsätze preis- gegeben hat. Allerdings giebt es gewisse Grenzen, die ein liberaler Politiker nicht überschreiten kann, ohne daß er aufhörte, ein Liberaler zu sein. Wenn die nationalliberale Partei zur Verkümmerung wesent­licher, unveräußerlicher Rechte des Volkes oder der Volksvertretung, wenn sie zur Beschränkung des Bud­getrechts des Reichstages, zur Beseitigung der not­wendigen Garantien für die Unabhängigkeit des Wählens, zur Wiederherstellung der alten feudalen Zustände im Gewerbewesen, in der Landwirtschaft, in den Arbeiterverhältnissen u. s. w. die Hand bieten wollte, dann würde man sie mit Fug des Abfalles vom Liberalismus beschuldigen. Wenn dagegen die Nationalliberalen in solchen Fällen, wo es galt, einen nach vielen Seiten bedeutenden Fortschritt zu errei­chen, gewisse Unvollkommenheiten eines Gesetzes mit in Kauf nahmen und nicht darauf bestanden, daß jede, auch die äußersteliberale" Forderung, bis auf das Tüpfelchen überm i, erfüllt würde, wie beispiels­weise bei der Verfassung des Reichs und den großen Justizgesetzen, so ist es lächerlich, ihnen daraus einen Vorwurf zu machen, wie die Fortschrittspartei dies gethan hat. Oder wenn aus höheren Rücksichten auf die Wehrhaftigkeit und Sicherheit Deutschlands, sowie auf den ungestörten Verkehr, sie für das soge­nannte Militärseptennat stimmen, d. h. für eine Be­willigung der Friedensstärke auf 7 Jahre, statt, wie derFortschritt" will, auf 3 oder 1 Jahr, (weil eine so häufige Milckärdebatte nach allen diesen Seiten Nachteile hat), so ist dieser zeitweilige Verzicht auf die allerstrengste Ausübung des parlamentarischen Zustimmungsrechts vollkommen gerechtfertigt durch eben jene patriotische Rücksicht, und wenn derLibe­ralismus" darin bestände, daß man auch die höchsten ^

Interessen des Reichs und der Nation einer bloßen Prinzipienreiterei opfern müßte, so wäre damit dem Liberalismus das Urteil gesprochen. Derartige Vor­würfe, von demFortschritt" den Nationalliberalen gemacht, sind übrigens um so weniger gerechtfertigt, als man recht gut weiß, daß die Fortschrittspartei nur darum gegen jene Gesetze zu stimmen den Mut hatte, weil sie sicher war, in der Minorität zu blei­ben, während Fortschritt und Sezessionisten zusammen nicht wagten, geschlossen gegen das Sozialistengesetz zu stimmmen, weil sie die Verantwortung, dasselbe zu Falle gebracht zu haben, scheuten. Wo blieb hier die Konsequenz desLiberalismus"?

Ich denke also, die nationalliberale Partei, wie sie durch die Parteitage zu Heidelberg, Neustadt a. d. H. und Berlin zu neuem Leben erwacht ist, kann mit gutem Gewissen vor die Wählerschaften, vor das liberale Bürgertum in Stadt und Land hintreten, denn sie arbeitet werkthätig schaffend mit an der Größe des Reiches und der Wohlfahrt des Volkes in allen seinen Schichten, ohne darum dem wahren Liberalis­mus und sei nen Lebensinteressen etwas zu vergebe n.

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 18. Okt. Die gestrige Reichs­tagswahlversammlung im Gasthaus z. Hirsch zum Zwecke der Entgegennahme des Berichts über die seit­herige Thätigkeit unseres Abgeordneten, Hrn. Stälin, im Reichstag war sehr zahlreich besucht, und trotz­dem die späten Abendstunden hiezu gewählt wurden, hatten sich doch auch wieder viele reichstreue Freunde von Rohrdorf hiezu eingefunden. Nachdem Hr. Fab­rikant Sann Wald die Gründe kurz erörterte, wa­rum wir für unfern Bezirk wieder Hrn. Jul. Stälin als Kandidaten in Vorschlag gebracht, nahm letzte­rer selbst das Wort, um in mehr als einstündiger, klarer, phrasenloser Rede seinen bisherigen Stand­punkt zu kennzeichnen, den er in dem Reichstage ge­genüber den in demselben beratenen Gesetzen einge­nommen. Wie vor 7 Jahren zur Zeit der Kandi­datennot er es für seine Pflicht erachtete, dem an ihn ergangenen Ruf zur Annahme des Mandats für den VII. Wahlbezirk nicht aus dem Wege zu gehen, so halte er es auch jetzt für geboten, nachdem ihm ein Gegenkandidat entgegengestellt wurde, dessen politische Ansichten den seinen schnurgerade entgegenstehe, eine auf ihn fallende Wahl wieder anzunehmen; denn ob­wohl ein einiges deutsches Reich geschaffen, bedürfe die Reichsregierung immer noch jener Männer, die sie in dem Bestreben für den innern Ausbau des Reiches treu unterstützen und nicht jener, die nur verneinend und hemmend ihr entgegentreten. Redner bittet aber in den Wahlkampf leidenschaftslos einzutreten und denselben nicht in das persönliche Gebiet zu leiten. Redner entwickelt nun kurz seine Gründe, warum er den verschiedenen Gesetzen, dem Krankenunterstützungs­gesetz, der Unfallversicherung, dem Sozialistengesetz rc. seine Zustimmung gegeben; erläuterte durch einige Beispiele, wie der Getreidezoll nicht die Wirkung ge­habt habe, wie dessen Gegner prophezeiten, die eine Verteuerung des Brotes des armen Mannes in Aus­sicht stellten. Fast das gerade Gegenteil sei einge­troffen. Durch diesen Zoll seien dem Reiche über 23 Millionen zugeflossen, so daß dadurch die Matri- kularbeiträge für Württemberg um über 3 Millionen herabgemindert werden konnten. Auch einer weiteren Getreidezollerhöhung und einer Börsensteuer werde er nicht entgegenstehen, doch müsse solche ernstlich geprüft werden. Der Landmann, dessen Stand 52 Prozent der Bevölkerung ausmache, könne bei den jetzigen Fruchtpreisen nicht mehr bestehen und doch stehen immer noch größere Getreide-Einfuhren von Rußland, Amerika, Australien rc. in Aussicht; darum müsse für diesen Stand Hilfe geschaffen werden, an dessen Wohlergehen auch das des Gewerbsmannes geknüpft sei. In besonders gehobener Stimmung er­wähnte Redner auch der kürzlichen Dreikaiserzusam­menkunft, die zur Festigung des Friedens von un­serem erhabenen Reichskanzler ins Werk gesetzt wurde, wie überhaupt alle Handlungen des Fürsten Bis­marck nur dem Frieden dienten und ferner dienen werden. Wer hätte anno 1870 an einen 14jährigen Frieden glauben wollen! Allerdings sei solcher zwei­mal, durch Frankreich und dann wieder durch Ruß­land bedroht gewesen, aber durch die weise Politik unseres Reichskanzlers seien auch diese Gewitterwolken gefahrlos an uns vorübergezogen. Im Weiteren berührte geehrter Redner die von der demokratischen Partei immer angefochtene Präsenz unseres Militärs.

Allerdings, führte er aus, würde er hierin gerne zu einer Erleichterung und Verkürzung beitragen, wenn man aber die politische Lage Deutschlands ins Auge fasse und wisse, daß alle Staaten des europäischen Kontingents höhere Präsenzzeit und teurere Militär­verwaltung haben, so möchte er nicht zur Schwäch­ung unserer Militärmacht beitragen, zudem das alte Sprichwort: Wer den Frieden will, muß sich für den Krieg rüsten, immer noch seine Geltung habe. Auch würde er gerne für eine längere Festsetzung des Militär-Etats stimmen, wodurch die fortdauernde Aufwühlung der Parteileidenschaften beseitigt würde. Wie sehr der Reichskanzler auch bestrebt sei, fuhr Redner fort, den Handel und die Industrie zu heben, beweise die gegenwärtige Colonialpolitik, neuestens auch die in Aussicht genommene Kongo-Konferenz und bedauert nur, daß die Dampfervorlage ein so klägliches Ende gefunden habe, glaubt aber bei neuer Vorlage im Reichstage, daß solche fast einstimmig angenommen werden würde. Auch die Culturfrage wünscht Redner beseitigt und glaubt, daß es unserem Reichskanzler gelingen werde, diesen Streitpunkt zu beiderseitiger Befriedigung aus der Welt zu schaffen. Nach diesen Ausführungen war es für den Vortra­genden überflüssig, noch ein besonderes Programm vorzulegen, denn jeder der Anwesenden empfing den Eindruck, daß Herr Stälin unser Mann ist, dem wir mit vollem Vertrauen das Mandat übertragen können. Noch verwahrte sich Redner energisch gegen die un­gegründete Verdächtigung, daß er gegen den Holz­zoll gestimmt habe. Derselbe endete seinen oft mit Beifall unterbrochenen Vortrag mit einem be­geisterten Hoch aus Kaiser und Reich. Hr. Ober­amtsbaumeister Schuster dankte Hrn. I. Stälin für seine Mitteilungen mit einem allgemein zustim­menden Hoch. Hr. Werkmstr. Schuster forderte zur energischen Beteiligung an der Wahl auf, beson­ders möchte Nagold zeigen, daß es den vom Beob­achter bei Berichten aus Nagold stets höhnisch ge­brauchten Ausdruck:das deutsche Nagold" in Wirklich­keit verdiene. Bei dieser Wahl sei die Parole nur für oder gegen Bismarck. Hr. Gack, früher Verwaltungs­aktuar und dadurch Kenner des Landmannes, bestä­tigt, wie noth es thue, diesem Stande aufzuhelfen. Mit Dank erkennt er das Bemühen des seitherigen Abgeordneten für den Landmann an und drückt die­sen Dank ebenfalls durch ein Hoch aus. Zum Schluß erhob sich noch Hr. Rektor Dr. Brügel, erinnert an die Jahrzehnte lang begangene Feier des 18. Oktober, an deren Stelle nun eine andere von Sedan getreten; wie unser Kaiser es gewesen, der durch Beiziehung so tüchtiger treuer Ratgeber Deutsch­land einig und groß geschaffen, ihm galt das letzte, aber um so begeisterter aufgenommene Hoch. Zwei von Hrn. Commis Weber vorgetragene patriotische Gedichte, wovon er eines selbst verfaßte, fanden ebenfalls Beifall.

* Nagold, 20. Okt. Auf der Fahrt nach Sigmaringen zur goldenen Hochzeitsfeier des Für­sten von Sigmaringen hat heute Nachmittags 2,11 Uhr Se. Maj. der deutsche Kaiser Wilhelm u. Se. Kgl. Hoheit der Grobherzog von Baden mittelst Extrazugs von Pforzheim her den hiesigen Bahnhof ohne Aufenthalt passiert.

Stuttgart, 15. Okt. Seit gestern ist dos Reiterstandbild des Königs Wilhelm vor der Kunst­schule aufgestellt, das matt vergoldet sich sehr schön ausnimmt. Es wurde verhüllt, um am 25. d. M. feierlich enthüllt zu werden.

Stuttgart, 15. Okt. Ein jäher Todesfall, der die Familie eines hiesigen Malers in Trauer und Bestürzung ver­setzte, erregt namentlich in ärztlichen Kreisen allgemeines Auf­sehen. Der 5jährige, kerngesunde Knabe des Malers spielte mit einigen in etwas höherem Alter stehenden Jungen auf der Straße. Einer derselben fand auf einem benachbarten Abfuhrkehrichthaufen ein dicht mit Rost bedecktes spitz zulau­fendes Stück Eisen und stach damit im Scherz den Knaben des Malers in die linke Wade. Wenige Minuten später schwoll der Fuß an, der Knabe klagte über Unwohlsein und mußte zu Bett gebracht werden. Trotzdem sofort drei Aerzte zu Hilfe gerufen wurden, erwies sich deren Hilfe fruchtlos. Unter un­säglichen Schmerzen starb das blühende Kind zwei Stunden später. Ein Starrkrampf machte seinem Leben ein Ende. Nach dem Gutachten der Aerzte war weniger der Rost die Ursache des Todes als vielmehr faulende Substanzen, die sich au dem fraglichen Eisen angesetzt hatten. Der Schmerz der Eltern, die sich so rasch des einzigen Kindes beraubt sehen, ist grenzenlos.

Stuttgart, 16. Okt. Der Kais. Deutsche Reichsanzeiger veröffentlicht, wie der St.-A. heute mitteilt, die Namen der derzeitigen Bevollmächtigten zum Bundesrat. In der Vertretung des Königreichs Württemberg hat sich nichts geändert. Als Bevoll-