des König!. Landgerichts Tübingen seine Erledigung gefunden, indem der verdächtige Friedr. Holzäpfel, Schlossergeselle von Giilrlingen, trotz seines Leugnens, des Diebstahls überwiesen und zu der Zuchthausstrafe von 2 Jahren und bjährigem Ver­lust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt wurde.

Frankfurt a. M., 9. Okt. In einem der hiesigen ersten Hotels logierte unter dem Namen eines Freiherrn von Zdeckauer ein Mann, welcher viel in Herrengesellschaft im Pal- mengarten verkehrte, Damen den Hof machte nnd bei verschie­denen groben Firmen sich als Agent eines bedeutenden Wiener, mit Holz handelnden Hauses vorstcllte. Da er im Zweispänner vorfuhr, höchst elegant gekleidet war nnd sehr kavaliermäßig auftrat, so erweckte er großes Vertrauen, und es gelang ihm, mehrere Geschäfte abzuschließcn. Bei einem dieser neuen Kunden machte er zufällig die Entdeckung, daß er kein Geld bei sich habe. Er bat um einen Vorschuß von 200 auf die abge­schlossene Lieferung. Der vorsichtige Geschäftsmann versprach ihm die Summe auf den Nachmittag, frug bei der Wiener- Firma an und erhielt die Antwort, daß der Edle v. Zdeckauer ein gemeiner Bauernfänger sein müsse. Der Firma sei er total unbekannt. Die nach dieser Auskunft sofort benachrichtigte Polizei zog Erkundigungen ein und erfuhr, daß der Herr im Opernhause weile. Als er die Vorstellung verließ, stellten sich ihm zwei Geheimpolizisten vor und nahmen ihn in Hast. Zdeckauer, dessen eigentlicher Name Goldschmidt ist, soll ein gefährlicher, lang gejuchter Verbrecher sein, der alle größeren Städte Deutschlands und Oesterreichs unsicher gemacht hat.

Hannover, 8. Okt. In der heutigen Sitzung des Provinziallandtags kam es zu einer lebhaften Auseinandersetzung zwischen der Welfenpartei und den Nationalliberalen. Grote warf Hrn. v. Bennigsen und dessen Partei vor, daß sie die Deutsch-Hannover­aner als Reichsfeinde und Franzosenfreunde bezeich- neten. Bennigsen bestritt dies entschieden. Hr. v. Lenthe erklärte die Behauptung von der Reichsfeind­schaft der Welfen für eine Verläumdung und wurde deshalb vom Vizepräsidenten Stadtdirektor Halten­hoff zur Ordnung gerufen, was jedoch die Versamm­lung nicht billigte.

Berlin, 10. Okt. Die Einladungen zur Kongo-Konferenz sind bereits ergangen. Zwischen der deutschen und der portugiesischen Regierung fand ein eigener auf die Konferenz bezüglicher Schrift­wechsel statt. Die Regierungen werden auf der Kon­ferenz lediglich durch ihre hiesigen diplomatischen Agenten, denen Experten beizugeben find, vertreten sein.

Berlin, 11. Okt. Die klerikaleNeisser Ztg." kann verraten, daß demnächst eine päpstliche Ency- klika gegen den Liberalismus erlassen werden wird. Das moderne Heidentum soll gründlich darin vorge­nommen nnd gezeigt werden, wie das religiöse, po­litische und soziale Leben der Gegenwart durch den Liberalismus vergiftet ist.

Berlin. Eine ergreifende Szene spielte sich am Mon­tag vor dem Schöffengericht der 98. Abteilung am Amtsgericht I ab. Ans der Anklagebank stand ein abgehärmtes Weib in den 30er Jahren, der Not nnd Elend aus allen Zügen sah. Auf ihrem Arme trug sie ein kleines Kind, das ebenso abge­zehrt war wie die Mutter. Die Frau hatte gebettelt, war ge­ständig und mußte bestraft werden. Das Urteil lautet ans 3 »k Geldstrafe oder einen Tug Haft. Als die Frau die An­klagebank verließ, rief sie der Vorsitzende, Amtsgerichtsrat Mollinari, an den Richtertisch und drückte ihr mit den Wor­ten:Kaufen Sic sich etwas zu essen!" einige Markstücke in die Hand. Die Schöffen folgten sofort diesem schönen Bei­spiel und händigten der Frau ebenfalls eine Unterstützung ein. Mit Thränen des Dankes in den Augen verließ die Verur­teilte den Sitzungssaal.

Bezüglich der dem Reichstage zugedachten Ar­beiten hört man nur das mit Bestimmtheit, daß das Unfallversicherungsgesetz auf die Land- und Forst­wirtschaft und auf das Fuhrgewerbe ausgedehnt werden soll. Ferner kann man Anträge auf Erhöh­ung der Getreidzölle mit Sicherheit erwarten.

Daß der Sohn unseres Reichskanzlers, Graf Herbert Bismarck, bei seinem jüngsten Aufenthalt in Paris auch politische Aufträge auszurichten hatte, ist schon daraus ersichtlich, daß er nicht allein mit dem Konseil-Prüsidcnten Ferry Besuche ausgetauscht, sondern auch mit dem Direktor der politischen Abtei­lung des Ministeriums des Aeußern, Billot, konfe­riert hat.

In einem ArtikelDer Kampf gegen den Kanz­ler" sagen dieHamb. Nachr.", es scheine sich auf deutschfreisinniger Seite ein Umschwung zu grinsten des Kanzlers zu vollziehen.Derselbe wird durch das Eingeständnis des Herrn Professor Virchow charakterisiert, daß das definitive Nein des Kaisers auf das letzte Entlassungsgesuch des Kanzlers dazu nötige, zur Zeit auf die Erfüllung der fortschrittli­chen ParoleFort mit Bismarck!" zu verzichten und den Kanzler als notwendiges Uebel zu ertragen. Man mag über nationale Dankbarkeit gegenüber dem Staatsmann?, welchem nächst dem Kaiser in erster Linie das Verdienst der Einigung Deutschlands ge­bührt, denken wie man will, aber darüber wird kein unbefangener Beurteiler zweifelhaft sein können, baß

allein schon die Erhaltung des europäischen Friedens und die Fortführung der soeben erst eingeleiteten verheißungsvollen überseeischen Politik im Interesse Deutschlands das Verbleiben des Kanzlers an der Spitze der Geschäfte dringend erheischt. Nichts würde die Aussichten auf Fortführung der seit 13 Jahren zum Glücke Deutschlands so erfolgreichen Friedenspolitik, nichts die Hoffnung auf eine wirk­same Beteiligung Deutschlands an den Früchten des Verkehrs mit den der Kultur zu erschließenden Län­dern unheilvoller schwächen, nichts das Vertrauen, die Grundlage jeder gedeihlichen Entwicklung unseres Erwerbslebens, so schwer erschüttern, als eine Ge­fährdung der Stellung des Kanzlers."

In einer stürmischen Versammlung der Arbeiter in Berlin rief Schriftsetzer Werner:Richters Haupt­force besteht in Angriffen auf den Reichskanzler, der jedenfalls mehr geschaffen hat, als Herr Eugen Rich­ter". (Stürmischer Beifall.)

Bezüglich des Verhältnisses zwischen Deutsch­land und England schreibt dieMünchener A. Ztg.": An eine prinzipielle Feindschaft Deutschlands gegen England, an einen Krieg der vereinigten europäischen Flotte gegen Englands Armada braucht kein Mensch zu denken. Aber England soll den Wahnglauben aufgeben, das Weltmeer sei sein Eigentum; es brauche nur ein Stück Papier zu unterschreiben, so gehörten ihm alle Inseln und Küsten der weiten Welt. Egypten heißt die Generalprobe, auf welche Englands Macht und Englands Einsicht jetzt gestellt werden. Egypten samt dem Suezkanal sind Gegenstand europäischer Fürsorge und Beschlußfassung; keine Einzelmacht kann dort nach Belieben schalten oder gar hinterlistige Ab­sichten ins Werk setzen. Und da Frankreich dort wesentliche Interessen zu hüten hat und gleichfalls zu Europa gehört, so steht die führende Macht Eu­ropas zu Frankreich und Frankreich zu dieser füh­renden Macht, d. h. zu Deutschland.

Dem Direktor der deutschen Postanstalt in Kon­stantinopel Gisecke ist kürzlich seitens der Pforte der Antrag gemacht worden, die Leitung der türkischen Postverwaltung zu übernehmen. Wie derMagdeb. Ztg." jetzt von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, ist auch von Siam das Verlangen kundgegeben, daß ein deutscher Postbeamter aus dem Verwaltungsfache die Organisation des Postwesens in Siam überneh­men möge. Es sind zu diesem Zwecke Verhandlungen mit dem Postinspektor Pankow eingeleitet worden, der bis vor kurzer Zeit in Berlin angestellt war und seit dem 1. August d. I. in Hamburg als Postinspektor thätig ist. Die Anerkennung der Tüchtigkeit deutscher Beamter und Militärs im fernen Ausland ist eine höchst erfreuliche.

Danzig. DieDanz. Ztg." schreibt: Es wird unfern Lesern die eigentümliche Uniformierung eines Teils der hiesigen Jnfanterietruppen ausgefallen sein Der blousenartige Rock, welchen im Juli hier zuersi die Landwehr probierte und den jetzt auch Mann­schaften der Linien-Jnfanterie tragen, wird bei der ganzen Armee und zwar bei allen Waffengattungen eingeführt werden. Durch die Farben der Achselklap­pen auf der Blouse werden dieselben sich von ein­ander unterscheiden. So ist die hellblaue Farbe derselben durchweg für die ganze Infanterie eingeführt. Der bisherige Waffenrock wird jedoch nicht verwor­fen, sondern verbleibt als Sonntagsrock und für Pa­radezwecke. Die Mannschaften tragen das neue Uni­formstück sehr gern, da dasselbe eine viel freiere Be­wegung gestattet und ebenso warm wie der Waffen­rock ist. Daß die Blouse besonders kleidsam ist, kann man allerdings nicht behaupten, das Auge des stram­men preußischen Soldaten kann sich nur schwer da­ran gewöhnen. Das ganze 128. Regiment ist bereits mit dem neuen Kleidungsstück versehen.

Olmü tz, 9. Okt. Gestern nachmittag fand im Emma-Schachte des Bergwerkes in Polnisch-Ostrau eine Explosion schlagender Wetter statt; es wurden etwa 20 Bergarbeiter getötet, die Zahl der Verletzten ist noch nicht festgestellt.

Schweiz.

Aus Zürich wird derN. Z. Z." folgender Vorfall erzählt: Ein neugieriger Weichenwärter hatte den Einfall, während Heizer und Maschinist beim Mittagsbrode saßen, einige Probeversuche an einer Lokomotive vorzuneh men. Die Lokomotive setzte sich in Bewegung. Dem Weichenwärter erging es wie dem Zauberlehrling:die ich rief die Geister, werde ich nicht mehr los!" Der geängstigte Mann brachte die Maschine nicht mehr zum Stehen und mußte

eine kleine unfreiwillige Fahrt mitmachen, bis eine Entgleisung auf einer Drehscheibe dem Abenteuer ein Ende setzte. Der langjährige pflichttreue Angestellte soll sich aus Furcht vor Bestrafung geflüchtet haben.

Frankreich.

Paris, 9. Okt. Ein Telegramm aus Hanoi vom gestrigen meldet: 600 Franzosen mit Artillerie, unterstützt von 3 Kanonenbooten, schlugen die Chi­nesen am Lochnau nach bstündigem Kampfe vollstän­dig, die Franzosen haben 4 Tote, darunter 1 Kapi­tän, und 20 Verwundete, darunter 1 Lieutenant. Der Vormarsch der Franzosen dauert fort.

Paris, 10. Okt. Heute fand ein Duell zwi­schen Rochefort und Fournier, dem Unterhändler bei Abschluß des Tientsin-Vertrages, wegen Rochefort's Zeitungsangriffen auf Fournier statt. Rochefort wurde am Halse, Fournier ander rechten Hüfte leicht verwundet. DemTemps" zufolge nehmen Por­tugal. Spanien, Belgien und Holland die Einladung zu der Berliner Westafrika-Kouferenz an.

Paris, 10. Okt. Havas meldet aus Hanoi: Ge­stern hatte Negrier ein östündiges Gefecht mit 6000 re­gulären Chinesen, welche ein mit Schanzen umgebe­nes Centralschanzwerk bei Kep besetzt hielten. Die Chinesen leisteten namentlich in Kep und dem Cent­schanzwerk bemerkenswerten Widerstand, sie flohen schließlich, von der Rückzugslinie abgedrängt in ver­einzelten Haufen. Das ganze Kriegsmaterial, viele Maultiere und Pferde wurden von den Franzosen erbeutet. Von den Franzosen blieben ein Kapitän und 20 Mann tot, 8 Offiziere und 50 Mann sind verwundet, Negrier ist leicht verwundet. Ein amt­liches Telegramm aus Hanoi bestätigt, daß die Chinesen am Bochnan am 6. Oktober mit einem Verlust von 1000 Mann geschlagen worden seien.

Daß in der französischen Republik nicht alles Gold ist, was glänzt, wissen wir lange, und ebenso ist es ein öffentliches Geheimnis, daß trotz den Mil­liarden, welche seit 1871 auf die Herstellung der Armee verwendet wurden, dieselbe doch in einem Zu­stande ist, der viel zu wünschen übrig läßt. Was jedoch in der Republik üppig gedeiht, ist das Pro­tektionswesen, und was dabei herauskommt, dafür liegt wieder einmal ein schlagendes Beispiel vor. Kürzlich prüfte man das für die Mobilmachung der Reiterei bestimmte Pferdegeschirr in den Garnisonen von Paris, Versailles, St. Germain und Rambouillet und das Ergebnis war, daß die zu dem Geschirre verwendeten Stoffe so schlecht sind und die Arbeit so mangelhaft, daß man den ganzen Plunder nicht brauchen kann. Sämtliche Vorräte an Pferdegeschirr müssen nun ausgemustert werden. Der Spaß kostet viele Millionen, und durch die Verhandlung in der Kammer erfährt man höchstens,wer der brave Vet­ter gewesen ist", der den Schund geliefert und die blanken Napoleons eingesackt hat.

Das französische Budget gestaltet sich wenig tröstlich; nicht bloß sind in den Steuern Ausfälle im Betrag von mehr als 60 Millionen in sichere Aussicht zu nehmen, sondern auch die Ausgaben wei­sen Erhöhungen auf; so beträgt die den Eisenbahnen zu entrichtende Zinsengarautie von 28 Millionen Fr. 22 Mill. mehr als im Jahre 1883. Dadurch wächst das Defizit des Budgets auf 58 Millionen. Tirard schlägt vor, die ohnedies schon hohe Steuer auf Getränke noch zu erhöhen.

Italien.

Catania, 9. Okt. Der durch den Cyklon verursachte Schaden wird nunmehr auf fünf Millio­nen geschätzt. Bisher sind 27 Leichname und etwa 350 Verwundete ausgegraben.

Belgien-

In Belgien geht das klerikale Ministerium scharf gegen die durch das Gesetz von 1879 ge­schaffenen Schulzustände vor. Das amtliche Blatt bringt eine sieben Spalten füllende Liste von abge- setzteu Professoren und Lehrern aller Grade. Die Liberalen haben ihren Mißmut gegen die neue Ord­nung der Dinge soweit abgekühlt, daß sie sich jeder lärmenden Aeußerung enthalten; dagegen sucht der aus Rand und Band geratene Pöbel die Stimmung zu republikanischem Geschrei und zu frechen Flegel­haftigkeiten gegen die Person des Königs auszunutzen. Rußland.

Petersburg, 6. Okt. Einer Meldung der Times" zufolge sollen an der russisch-chinesischen Grenze unweit des Amur, 12 Meilen von der Grenze an der chinesischen Seite, neue Goldfelder entdeckt worden sein, und die Russen, die sich über den Ueber-