Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Matt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

M121.

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den 14. Dktober.

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1884 .

Amtliches

Nagold.

Kekanntntachimg.

Kranken-Versicherung der Arbeiter betreffend.

Unter Beziehung auf die oberamtliche Bekannt­machung vom 14. August d. I., Amtsblatt Nr. 96 in obigem Betreff wird hiemit Folgendes weiter be­kannt gemacht:

Das von dem Amtsversammlungs-Ausschuß am 22. v. M. endgiltig sestgesiellte Statut der gemein­samen Ortskrankenkaffen Nagold und Altensteig wurde durch Entschließung k. Kreisregicrung vom 26. v. M. Ziffer 6979 genehmigt und da mit dem 1. Dezember 1884 alle dem Kranken-Versichernngs-Zwang unter­liegenden Personen den gemeinsamen Ortskrankenkassen Nagold und Altensteig Stadt zuzuweisen sind, soweit sie nicht Mitglieder einer Fabrik-Krankenkasse oder einer den Anforderungen des Arbeiter-Kranken Ver­sicherungs-Gesetzes entsprechenden eingeschriebenen Hilfskasse sind und die gemeinsamen Ortskrankenkassen an gedachtem Tag in Wirksamkeit treten müssen, so hat die Aufnahme der für die Durchführung des Ver- sichernngszwangs nötigen Notizen schon jetzt stattzu­finden.

Demgemäß haben alle dem Kranken-Versiche- rungszwang unterliegenden Personen, soweit sie nicht Mitglieder einer der oben bemerkten Fabrik- und ein­geschriebenen Hilfskasse sind und über den 1. Dezem­ber 1884 hinaus voraussichtlich bleiben, bis SS. Oktober 1884

durch ihre Arbeitgeber zur Kranken-Versicherung bei dem Ortsvorsteher ihres Aufenthalts-Orts mündlich oder schriftlich sich anzumelven und vom 22. d. M. ab ist auch jeder Ein- und Austritt jeder versiche­rungspflichtigen Person innerhalb 3 Tage» bei dem Ortsvorsteher anzuzeigen. Die Ortsvorsteher haben die Anmeldungen in ein Verzeichnis einzutragen, wel­ches die Rubriken zu enthalten hat:

1) Name und Gewerbe des Arbeitgebers,

2) Vor- und Zuname des Arbeiters,

3) Alter.

4) Geburts-Ort (Staat),

5) täglicher Arbeitsverdienst des Arbeiters,

und es ist dieses zu verurkundende Verzeichnis bis SV. Oktober d. I. an das Oberamt einzusenden, während die späteren An- und Abmeldungen bis auf weitere Anordnung zu sammeln und aufznbewahren sind. Wenn Personen, welche nach dem Gesetz dem Versicherungszwang unterliegen, ihre Befreiung von der Verpflichtung, Mitglied einer Ortskrankenkasse zu werden, auf Grund Z. 75 des Kranken-Versicherungs- Gesetzes in Anspruch nehmen, so haben sie seiner Zeit bei der Meldestelle den Nachweis darüber, welcher Hilfskasse sie angehören, und weiter auf Verlangen den Nachweis darüber zu liefern, daß die Hilfskasse, welcher sie angehören, ihren sämtlichen Mitgliedern wenigstens diejenigen Leistungen gewährt, welche von den gemeinsamen Ortskrankenkassen Nagold und Alten­steig zu gewähren sind.

Letzterer Nachweis ist für den Fall, daß die Kasse nicht hier oder in Altensteig ihren Sitz hat, zu führen durch Vorlage eines hinsichtlich seiner da­maligen Giltigkeit amtlich beglaubigten Exemplars des Statuts der betreffenden Kasse und eines Zeug­nisses der Gemeindebehörde des Sitzes der Kaffe darüber, daß diese Hilfskasse noch besteht und die dem Statut entsprechenden Unterstützungen thatsäch- lich gewährt.

Wer die ihm auf 22. Oktober 1884 abver­langte Aufnahme unterläßt, kann mit Geldstrafe bis

100 cM oder Haft bis 8 Tagen bestraft werden. Wer die ihm hinsichtlich der Kranken-Versicherung sonst obliegenden Verpflichtung zur An- und Abmel­dung nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe bis zu 20 vlL bestraft. Arbeitgeber, welche ihrer Anmelde­pflicht nicht genügen, sind außerdem verpflichtet, alle Aufwendungen zu erstatten, welche eine Ortskranken­kasse auf Grund der bestehenden Vorschriften zur Unterstützung einer vor der Anmeldung erkrankten Person gemacht hat.

Die Ortsvorsteher haben die angeordneten An­meldungen in das Verzeichnis um so pünktlicher ein­zutragen, als solches diesmal als Wählerliste zu ver­wenden ist.

Für die Betheiligten sind auf den Rathäusern in Nagold, Alteusteig, Haiterbach und Wildberg Ab­schriften des genehmigten Statuts der betreffenden gemeinsamen Ortskrankenkassen zur Einsicht aufgelegt.

Den 9. Oktober 1884.

K. Oberamt. Güntner.

An die Ortsvorsteher.

Reichstagswahl betreffend.

Unter Hinweisung auf den Erlaß K. Mini­steriums des Innern vom 22. v. M.. Ziffer 7821, Ministerial-Amtsblatt Seite 352 Ziffer 3 und 4 werden die Ortsvorsteher darauf aufmerksam ge­macht, daß

1) das Erkenntnis des Gemeinderats über Einsprachen gegen die Wählerliste (Z 3 des Regle­ments) und die Eröffnung desselben an die Betei­ligten längstens innerhalb drei Wochen vom Beginn der Auslegung der Wählerlisten an gerechnet, also spätestens am Montag den 20. Oktober d. I. er­folgen muß und

2) beide gleichmäßig berichtigte Exemplare der Wählerlisten am 22. Tag nach dem Beginn der Auslegung, somit am Dienstag den 21. Oktober d. I. von dem Gemeinderat beziehungsweise Teilge­meinderat definitiv abzuschließen sind (§ 4 des Reg­lements). Ueber den Vollzug dieser getroffenen An­ordnungen (oben Ziffer 1 und 2) haben die Orts­vorsteher unfehlbar am Mittwoch den 22. ds. Mts., vormittags Vollzugsanzeige zu erstatten.

Formulare zu den Wahlprotokollen sowie zu den Gegenlisten, Plakate zum Anschlägen an das Rathaus, betr. die Bekanntmachung des Wahltermins und die Bestellung der Wahlvorsteher und deren Stellvertreter und ein weiteres Plakat zum Anschlä­gen am Wahllokal am Tage der Wahl werden den Ortsvorstehern zugehen.

Nagold, den 8. Oktober 1884.

_ K. Ober a mt. Güntner.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 10. Okt. Schwurgericht. Heute kam der zweite bedeutendere und allgemeines Inte­resse erregende Fall der diesmaligen Schwurgerichts- Session zur Verhandlung. Der Postpraktikant Eugen Bommas, angestellt beim Postamt III in Stuttgart, dessen Unterschlagungen, Flucht und Wiederergrei­fung so viel von sich reden machten, sitzt auf der Anklagebank. Bommas ist 22 Jahre alt. Die An­klage lautet auf Unterschlagung von vier Geldbriefen und ein Wertpaket, enthaltend 10,809 vkL Bommas gesteht die That unumwunden ein. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten und 5jährigem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.

Stuttgart, 10. Okt. Gestern nachmittags

halb 5 Uhr trat die Kommission der Kammer der Abgeordneten für die Vorberatung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Gemeindeangehörigkeit, unter dem Vorsitz des Abgeordneten für Nagold, Regierungsdirektvr v. Luz in Reutlingen, zusammen. Berichterstatter ist der Abgeordnete für Neuenbürg, Schultheiß Beutler in Herrenalb, Mitberichterstatter der Abgeordnete für Crailsheim, Stadtschultheiß Sachs in Crailsheim. Die Kommission dürfte mit Durchberatung des 59 Artikel umfassenden Gesetzent­wurfs wohl noch diese und die nächste Woche be­schäftigt sein.

Stuttgart, 10. Okt. Zum Fall Döttling schreibt man derLudwigsb. Ztg." von hier:Was soll man dazu sagen, daß in einer hiesigen Wirt­schaft am Abend nach der Freisprechung rohe Orgien gefeiert und die Nacht bei Tanz und Spiel zugebracht wurde, bis die für Döttling zusammengebettelte Summe Rump und Stump verpraßt war. Wahr­lich, es finden sich nachgerade Elemente in der Resi­denz zusammen, die den ordnungsliebenden Bürger bange machen können."

In Stuttgart hat ein Kutschereibesitzer vor einigen Wochen einen Knecht so schwer mißhandelt, daß letzterer nunmehr gestorben ist. Gegen deu Thä- ter ist Untersuchung eingeleitet.

Stuttgart. (Volkskaffeehaus.) Die Frequenz des Volkskaffeehauses am Neckarthor nimmt beständig zu, so daß das Konnte sich die baldige Eröffnung eines zweiten in der Silberburgstraße, sog. Feuersee- Kaffeehaus, angelegen sein läßt, das an Martini ins Leben treten sollte. Während der Volksfesttage war der Besuch besonders stark; es wurden da durchschnitt­lich 500 Tassen verschiedener Getränke abgegeben. Vorher betrug die Durchschnittsziffer 180 und im Oktober schon 240 pro Tag. Am meisten wird Kaf­fee getrunken (vom 1. bis 5. Oktober 450 Tassen), dann folgt Schokolade (400 Tassen), dann Fleisch­brühe (200 Tassen) und zuletzt Thee (70 Tassen). Man sieht, daß sich die Schokolade ihrer Billigkeit und des größeren Nährwertes wegen bedeutend grö­ßerer Beliebtheit erfreut als der Thee; bei den äußerst billigen Preisen kann an einen Gewinn aus dem Ge­schäft nicht gedacht werden, und werden auch in Zu­kunft die Freunde der Arbeiter, die das Unternehmen ins Leben riefen, demselben hilfreich beistehen müssen. Die Arbeiter aber sollten sich immer noch zahlreicher einfinden und die gesunden warmen Getränke, nament­lich jetzt in der kälteren Jahreszeit, dem kalten teure­ren Bier, dem erhitzenden Schnaps vorziehen. Auch dürste wohl die Sauberkeit des Lokals eher zum Be­suche anlocken, als, wie behauptet wurde, abstoßen. Hier hören alle Standesunterschiede auf, der Mann in der Blouse, der Arbeiter mit der Schürze ist so willkommen, ja mehr willkommen als der besser Situierte, denn für jenen ist das Unternehmen ge­gründet.

Sigmaringen, 8. Okt. Zu der am 21. ds. Mts. bevorstehenden goldenen Hochzeit des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern werden großartige Vor­kehrungen getroffen. Wie bekannt, wird der Kaiser zur Feier nach Sigmaringen kommen und wird aus diesem Grunde der Aufenthalt in Baden noch etwas ausgedehnt. Auch das kronprinzliche Paar wird er­wartet. Der König und die Königin von Rumänien sind bereits nach Sigmaringen abgereist.

Der vom 28.j29. November 1882 in Gültlingen bei den Geschwistern Gackenhcimer verübte Gelddiebstahl, das Geld, 2300 betragend, wurde, wie s. Z. berichtet, bekannt­lich am 9. August d. I. unter der Esse des Schlossermeisters Sceger hier gesunden hat am 7. d. M. vor der Strafkammer