Line unglückliche Königin.
Historische Erzählung von R. Hoffman».
(Fortsetzung.)
Doch muß man sagen, daß diese Feindschaft gegen Anna nicht von ihren natürlichen Gegnern, wie der verstoßenen Königin Katharina und deren Anhängern ausging, denn Katharina von Aragonicn lebte mit ihrer Tochter Prinzessin Maria einsam auf dem Landsitz, der ihr nebst einer Jahrespension zum Unterhalte gewährt worden war und nahm nicht Teil an den Händeln des englischen Hofes. Die Gegner der Königin Anna erwuchsen derselben vielmehr aus den politischen und religiösen Parteikämpfen der damaligen Zeit und wirkliche Gefahr drohte ihr aus der wankelmütig und despotisch gewordenen Natur König Heinrichs VIII.
Aus den Flitterwochen, die Heinrich VIII. mit seiner jungen Gemahlin seit der im November 1532 stattgefundenen Vermählung verlebte, wurde der leidenschaftliche Herrscher schon nach wenigen Monaten jählings gerissen, denn der Papst Clemens VII. lud schon zu Anfang des Jahres 1533 den König Heinrich vor seinen kirchlichen Richterstuhl, wo sich Heinrich wegen seiner Ehescheidung und Neuvermählung verantworten sollte.
Bei der damaligen Machtstellung der katholischen Kirche war für König Heinrich die Sache sehr ernst, denn es war sicher anzunehmen, daß der geistliche Richterstuhl die gegen die kanonischen Gesetze verstoßende Ehescheidung und abermalige Vermählung Heinrichs für unrechtmäßig erklären, dessen Ehe mit Anna Boleyn aufheben und den König noch zu einer harten Kirchenbuße verurteilt haben würde, wenn sich der König gestellt hätte.
Aber das Band, welches den König Heinrich einst mit der päpstlichen Kirche verband, war bereits sehr gelockert, denn das seltsame Verhalten des Pastes während der geplanten Ehescheidung und auch der unleugbare Umstand, daß König Heinrichs Ehe mit Katharina von Aragonien, als der Witwe seines Bruders, gegen die kanonischen Gesetze, aber unter ausdrücklicher Erlaubnis des Papstes geschlossen worden, hatten Heinrichs Glaubenstreue erschüttert und er sann auf Mittel, sich der päpstlichen Gewalt zu entziehen.
Bei dem schon damals große despotische Neigungen verratenden Charakter Heinrichs mußte er bald auf ein Radikalmittel verfallen, und zwar dasjenige der Lossagung vom Papste. Es lag dieser Schritt auch deshalb sehr nahe, weil damals die große protestantische Bewegung durch die Welt ging und auch in England viele heimliche und offene Anhänger hatte.
Nicht wenig zu dem betreffenden Entschlüsse trug auch König Heinrichs junge Gemahlin bei, denn Anna's Neigung und Geistesrichtung war einer kirchlichen Reformation günstig gesinnt, wobei allerdings auch zu bedenken ist, daß Anna sowohl wie ihr königlicher Gemahl an eine Abwehr der päpstlichen Drohungen denken mußte, denn Anna Boleyn galt nach katholischem Rechte wegen ihrer angeblich widerrechtlich abgeschlossenen Ehe als eine Ehebrecherin, die eine Prinzessin von Geblüt von der Seite König Heinrichs verdrängt hatte, und wenn daher der Wille des Papstes in dem Streit siegte, durfte sich Anna Boleyn auf die ärgsten Strafen gefaßt machen.
Dagegen empörte sich natürlich Anna's Herz, zumal weil sie sich bewußt war, von ihrer Seite keinen Anlaß gegeben zu haben, um den stolzen Thron einer Königin von England zu besteigen, es war ja Alles König Heinrichs Werk und Wille gewesen und sie, das arme Hoffränlein, hat sich nach langem Sträuben dem Willen des Gewaltigen endlich fügen müssen.
Man wird es daher begreiflich finden, wenn Anna soviel in ihren Kräften stand, das Werk einer von ihrem königlichen Gemahl für England geplanten kirchlichen Reformation unterstützte und alle Gaben ihres Geistes und Herzens ausbot, um den König von dem hohen Werte einer kirchlichen Reformation zu überzeugen.
Heinrich hätte diesen Schritt aber kaum wagen können, wenn er dabei nicht von mehreren Kirchenfürsten und vielen Theologen Englands, denen die päpstliche Gewalt auch schon oft ein Stein des Anstoßes gewesen war, unterstützt worden wäre. Hauptsächlich war es der Erzbischof Cramner von Canter- bury, welcher dem Könige mit Rat und That in dem großen Vorhaben zur Seite stand und so geschah nach einiger Erwägung endlich der gewagte Schritt:
König Heinrich VIII. sagte sich und sein Reich von der päpstlichen Kirche los, ja unter der Zustimmung des Parlamentes ließ sich der König sogar selbst zum Oberhaupt und Protektor der Kirche in England machen und der Erzbischof Cranmer von Canterbury wurde der geistliche Oberhirt des Landes.
Noch wäre es vielleicht möglich gewesen, diesen Schritt rückgängig zu machen, wenn Papst Clemens einen versöhnlichen Weg eingeschlagen; aber gerade das Gegenteil davon geschah, denn der Papst schleuderte auf den König Heinrich und ganz England den Bannstuch.
Nun war die Kluft zwischen England und Rom zu groß, zu ungeheuer geworden und die Trennung Englands von der päpstlichen Kirche und der Ungehorsam König Heinrichs gegen jede päpstliche Aufforderung eine vollendete Thatsache.
Wenn man aber meint, daß Heinrichs mit dieser Trennung auch eine Verleugnung des katholischen Glaubens und eine Einführung der protestantischen Dogmen verband, so irrt man sehr, Heinrich gründete nur eine selbstständige „Anglikanische Kirche" mit katholischer Grundlage und verfolgte dabei sowohl die Anhänger der päpstlichen, als auch der protestantischen Kirche und erst in späterer Zeit, wo er fürchten mußte, von den Anhängern des Papsttums seine anglikanische Kirche bedroht zu sehen, wurde er duldsamer gegen die Protestanten.
Einfach und friedlich konnte natürlich diese große Wandlung sich für England nicht vollziehen. Heinrich fand für seine Reformation nicht nur im Auslande, beim Papste Clemens und Kaiser Karl V. viele Gegnerschaft, sondern auch im eigenen Lande. Viele Edelleute, Bürger und Bauern Englands waren mit der kirchlichen Reformation ihres Königs nicht einverstanden und Heinrich, der einmal die verhängnisvollen Bahnen des Despotismus betreten hatte, zeigte große Lust, mit den ärgsten Strafen die Widerspenstigen heimzusuchen. Er wollte alle seine Unterthanen, welche seine anglikanische Kirche nicht anerkannten, köpfen und deren Vermögen konfiscieren lassen, doch gelang es wenigstens in der ersten Zeit der Sanftmut und den gütlichen Zureden der Königin Anna, ihren Gemahl von den Hinrichtungen abzuhalten, wenn er auch die Vermögenskonsiskationen selten wieder aufhob.
So schritt Heinrich VIII. von der ungebändig- ten Leidenschaft zu der Willkürherrschaft und von dieser bei seinem ungestümen Charakter nach und nach zur vollständigen Tyrannei, denn jeder Widerspruch, jede Widerspenstigkeit reizten den König furchtbar, durch sie allein war er schon im Stande mit dem Tode zu bestrafen und eine einfache Meinungsverschiedenheit zog schon manchem ehemaligen Günstling die Ungnade des Königs zu, der geringste Anlaß, wo er sich nicht als unumschränkter Herr fühlen konnte, brachte Heinrich in Zorn, und schon irgend eine natürliche Täuschung seiner Wünsche konnte ihn rasend machen.
Bei einem solchen Gemahl hatte natürlich Anna viel, viel zu leiden, zu dulden, aber sie ertrug die schlimmsten Launen Heinrichs mit Sanftmut und zerstreute durch ihre anmutige Liebenswürdigkeit manchen bösen Gedanken ihres Gemahles zum Heile vieler Unterthanen.
Auch hatte die Königin Anna eine süße Hoffnung auf ein in einigen Monaten zu erwartendes frohes Ereignis gesetzt. Anna fühlte sich Mutter und Heinrich, der in seiner ersten Ehe nur eine Tochter gehabt, wünschte so lebhaft und leidenschaftlich sich einen Sohn und Thronfolger, daß es Anna im Stillen und laut vor ihrem Gemahle als ihr höchstes Glück bezeichnete, wenn sie demselben einen Sohn und dem Lande einen Thronfolger schenken könnte. Freilich schauderte auch Anna oft bei dem Gedanken zusammen, daß es eine Prinzessin sein könnte, die sie in banger Sehnsucht erwartete, dann war es ja nicht nach Heinrichs Willen gegangen und er, der Unbändige, konnte dann leicht zornig und ungnädig werden.
Unter diesen bangen Erwartungen und unter mancherlei Sorgen und Kämpfen an der Seite ihres Gemahles verflossen für Anna die nächsten Monate, der Sommer des Jahres 1533 neigte sich seinem Ende entgegen und die herbstliche Zeit kam heran, wo König Heinrich mit seinen Herren gern auf die Hirschjagd oder die Fasanenjagd zog.
Gern sah König Heinrich auch stolze Damen hoch zu Roß in seinem Jagdgefolge und am liebsten seine anmutige junge Gemahlin, die es so vorzüglich verstand, ihm den Unmut von der Stirn zu treiben,
an seiner Seite; aber die Königin durfte wegen ihres Zustandes jetzt an keiner Jagd teilnehmcn, sie blieb zu Hause, um ihre Kräfte und ihre Gesundheit zu schonen und König Heinrich zog mit seinem Gefolge allein in die Wälder und auf die weiten herbstlichen Tristen, wo sich das Wild aufhielt.
_(Fortsetzung folgt.)_
Allerlei.
— (Reinigen der Weinfässer.) F. Neßler warnt beim Reinigen geschimmelter Fässer dringend vor dem Behandeln mit heißem Wasser, bevor der Schimmel mit einer Bürste entfernt wurde, weil bei dem Uebergießeu des Schimmels mit heißem Wasser riechende und schmeckende Stoffe entstehen, welche in das Holz eindringen und daraus schwer zu entfernen sind. Von allen Verfahrungsweisen hält er die Ansammlung von Schwefelsäure (Vi Pfund auf 1 Hektl. Wasser) für das Beste.
— M aden im Käse. Um Käse gegen Maden zu schützen, wird in den „Alpwirtschaftlichen Monatsblättern" empfohlen, Pfeffer zu Mehl zu stampfen, ihn mit heißem Wasser auszubrühen und damit den Käse zu waschen; mit zwei Waschungen werden die Maden total vertilgt.
— (Das Absterbcn der Ferkel.) Gegen das in großen Zuchtställen oft epidemisch auftretende Erkranken und Absterben der Ferkel wird empfohlen, täglich mehrmals eine tüchtige Gabe (etwa zweiprozentig verdünnte) Carbolsäure einzugeben. Der starke Durchsall war in Folge solcher Gaben in einem derartigen Falle wie abgeschnitten und bei der täglichen Gabe von entsprechend verdünnter Carbolsäure unter das Futter erkrankte kein Ferkel mehr, während vorher jeder Wurf ganz daraufgegangen war.
— Von einem „fidelen Selbstmörder" weiß die „Charlottenburger Tagespost" Folgendes zu erzählen : Frau N. hatte sich nach dem Tode ihres Mannes, der ihr ein hübsches Vermögen hinterlassen, wieder verheiratet, und zwar mit dem Erwählten ihrer ersten Liebe. Er war Trompeter und litt an beständigen Durst; fast jede Nacht kam er in schräger Richtung nach Hause. Alle Vorstellungen von Seiten der Frau halfen nichts, so daß sie endlich auf Ehescheidung antrug. Als der geliebte Heinrich die Vorladung zum Schiedsrichter bekam, erklärte er seiner Frau, er werde etwas thun, was kein Mensch zweimal zu thun im Stande sei. Dann setzte er sich, schrieb einen Brief, steckte denselben in die Tasche und verließ das Haus. Nachmittags traf ihn ein Bekannter im Grunewald, wo er unter einem Baum lag und schnarchte wie eine Brettsäge. Neben ihm stand sein Hut und darin lag der Brief mit der Aufschrift: „An den ehrlichen Finder meines durchschossenen Leichnams." Der Freund öffnete nun den Brief und las: „Abschied von der Welt. Für mich ist Spiel und Tanz vorbei, das Lachen ist vorüber, die Welt scheint mir 'n zerbroch'nes Ei — Schwamm drüber'." Der Freund ermunterte nun den Schläfer und fragte ihn, was der Brief bedeuten solle. Der sanfte Heinrich gab gähnend und sich reckend zur Antwort: „Ich wollte mich totschießen, habe aber vergessen, den Revolver zu laden und bin vor Lebensüberdruß hier eingeschlafen." Die Frau hat den reuig Zurückgekehrten noch einmel wieder ausgenommen, nachdem er sich zu bessern feierlich gelobt hat.
— (Hcreingefallen.) Ein Berliner wartete neulich auf dem Perron eines schwäbischen Bahnhofes auf den Zug, um mitzufahren. Der Zug kommt an uno unser Reisender bemerkt, dass einige Wagenladungen Ochsen mitbefördert werden. Entrüstet geht er aus einen Kondukteur niit der Frage los: „Hör'n Se mal, Manuelen, dürfen denn hier in Schwaben mit'» Personenzuge ooch Ochsen befördert werden?" — „Jawohl, mein Herr, steiget Se no ruhig ein!" war die Antwort des Kondukteurs.
— Erste Dame: „Was schenkst Du denn Deinem Manne zum Geburtstage?" Zweite Dame: „Hundert Cigarren." Erste Dame: „Und die kosten Dich?" Zweite Dame: „Gar nichts. Seit einigen Monaten habe ihm täglich 1 oder 2 Stück aus seiner Kiste fortpraktizicrt — das merkte er nicht, und nachher freut er sich über das Geschenk und über die ihm gut schmeckende Sorte."
— Ein Wortgefecht. Herr: Kennen Sie, mein Fräulein, den Unterschied zwischen den Damen und einem Spiegel? Fräulein: Nein: der wäre? Herr: Der Spiegel reflektiert, und die Damen pflegen das in der Regel nicht zu thun! Fräulein: Hm, nicht übel; kennen Sie aber den Unterschied zwischen einem Spiegel und Ihnen? Herr: Nun? Fräulein: Der Spiegel ist geschliffen, und Sie sind ungeschliffen.
— (Gleiche Liebe) A.: „Wissen Sie, was zwischen meinem Weib und einem Griesknödel für ein Unterschied ist?" — B.: „Nein!" — A,: „Gar keiner!" — B.: „Wieso?" — A.: „Ich Hab' alle zwei zum Fressen gern!"
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Z aiser'schen Buchhandlung in Nagold.